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Erschließungsbeitragsbescheid; Straßenbaubeitragsbescheid; Grundstückskaufvertrag; Beitragsverzicht; Rechtsnachfolge; Bindungswirkung; Aufrechnung


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 9. Senat Entscheidungsdatum 09.01.2013
Aktenzeichen OVG 9 S 40.12 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 80 VwGO, § 146 VwGO, § 135 BauGB, § 226 AO, § 227 AO

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 11. Mai 2012 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Beschwerde trägt die Antragstellerin.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 1.184,20 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Mit Erschließungsbeitragsbescheid vom 1. Dezember 2011 zog der Antragsgegner die Antragstellerin für die erstmalige Herstellung der Fahrbahn und der Regenentwässerung der S..., mit Straßenbaubeitragsbescheid vom 1. Dezember 2011 für die Verbesserung und Erneuerung der Beleuchtung und der unselbstständigen Grünanlagen der gleichen Straße heran. Das Verwaltungsgericht hat die aufschiebende Wirkung der Widersprüche der Antragstellerin in Höhe von je einem Drittel der geforderten Beiträge mit der Begründung angeordnet, der Antragstellerin stehe wegen der schon erfolgten anderweitigen Erschließung ihres Grundstücks durch die B... eine Eckgrundstücksermäßigung zu; im Übrigen hat das Verwaltungsgericht den Eilantrag der Antragstellerin abgelehnt.

II.

Die gegen die Teilablehnung ihres Eilantrags gerichtete Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg.

Das Verwaltungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass Abgabenbescheide der hier in Rede stehenden Art nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO kraft Gesetzes sofort vollziehbar sind und die aufschiebende Wirkung wegen § 80 Abs. 5 und 4 Satz 3 VwGO nur anzuordnen ist, wenn die sofortige Vollziehung der Bescheide eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hat oder an der Rechtmäßigkeit der Bescheide ernstliche Zweifel bestehen, das heißt die Bescheide nach überschlägiger Prüfung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit rechtswidrig sind. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat das Verwaltungsgericht verneint. Die fristgerecht dargelegten Beschwerdegründe, bei denen die Prüfung im Beschwerdeverfahren ansetzt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), geben keinen Anlass zu einer anderen Bewertung.

1. Die Antragstellerin macht geltend, an der Rechtmäßigkeit des Erschließungsbeitragsbescheides und des Straßenbaubeitragsbescheides bestünden ernstliche Zweifel, nachdem es in § 5 eines zwischen ihrer Großmutter und der Stadtgemeinde T... am 21. Oktober 1931 geschlossenen notariellen Grundstückskaufvertrages unter anderem heißt:

"Käuferin ist verpflichtet, alle Bedingungen zu erfüllen, die mit Rücksicht auf eine spätere Erschließung des Geländes von der Stadtgemeinde T... von ihr verlangt werden sollten. Eckgrundstücke sind dabei nur mit den Kosten eines Straßenzuges, und zwar desjenigen, an den sie mit der längeren Front angrenzen, heranzuziehen. Die Kosten, welche durch die Regulierung der anderen Straßen entstehen, sind anteilig auf die sonstigen Anlieger dieser Straße zu verteilen. Zu der Verpflichtung gehört auch die Tragung der Kosten für die behelfsmäßige Straßenbefestigung mit Bordsteinen, soweit die Käuferin nach dem vorher Gesagten zu diesen Kosten herangezogen wird."

Dies greift zunächst schon nicht in Bezug auf den Erschließungsbeitragsbescheid. Es ist schon fraglich, ob die Stadt T... überhaupt Rechtsnachfolgerin der seinerzeit vertragsschließenden Stadtgemeinde T... geworden ist (vgl. dazu OLG Brandenburg, Urteil vom 13. Dezember 1994, 6 U 32/94, LKV 1996, 464). Weiter ist fraglich, ob die erschließungsbeitragsrechtlichen Voraussetzungen dafür vorliegen, dass die seinerzeitige Regelung heute noch beachtlich ist. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass eine Gemeinde an einen Beitragserlass, der noch unter Geltung des vor Inkrafttreten des BBauG maßgeblichen Rechts vertraglich vereinbart worden ist, nur gebunden ist, wenn und soweit die Voraussetzungen des § 135 Abs. 5 BauGB erfüllt sind, die Freistellung also auch nach geltendem Recht zulässig wäre (vgl. Driehaus, in: Berliner Kommentar zum BauGB, Rdnr. 33 zu § 135 BauGB unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 23. August 1974, IV C 38.72, Baurechtssammlung 37, 215; ebenso Löhr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 11. Auflage, Rdnr. 26 zu § 135 BauGB; Kniest, in: Ferner/Kröninger/Aschke, BauGB, 2. Aufl., Rdnr. 7 zu § 135 BauGB). Diese Fragen können hier indessen offen bleiben. Denn auch bei gegebener heutiger Verbindlichkeit des vertraglich vereinbarten Beitragsverzichts zwischen der Antragstellerin und der Stadt T... würde ein Übergehen des Beitragsverzichts nicht zur Rechtswidrigkeit des erlassenen Erschließungsbeitragsbescheides führen; vielmehr müsste die Antragstellerin den Beitragsverzicht in einem gesonderten Erlassverfahren (§ 227 AO) durchsetzen, also gegebenenfalls auch eine entsprechende Verpflichtungsklage erheben (vgl. hierzu Driehaus, a. a. O., Rdnr. 35).

Die angeführte Vertragspassage führt weiter auch nicht zu ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des Straßenbaubeitragsbescheides. Auch insoweit stellt sich die Frage der Rechtsnachfolge der Stadt T... und der Auswirkungen alter Erlassverträge auf heutige Beiträge. Darüber hinaus wäre zusätzlich auch zu prüfen, ob die angeführte Vertragspassage überhaupt (auch) Erneuerungs- und Verbesserungsmaßnahmen erfasst. Schließlich müsste sich die Antragstellerin auch insoweit wiederum auf ein gesondertes Erlassverfahren verweisen lassen.

2. Die von der Antragstellerin hilfsweise für den Fall ausgesprochene Aufrechnung, "dass die Sebastian-Bach-Straße entgegen diesseitiger Auffassung den längeren Straßenzug darstellen sollte", greift ebenfalls nicht. Es ist nicht erkennbar, dass die insoweit von der Antragstellerin angeführte Bedingung gegeben wäre.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).