Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 4. Senat | Entscheidungsdatum | 07.09.2017 | |
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Aktenzeichen | OVG 4 B 20.15 | ECLI | ECLI:DE:OVGBEBB:2017:0907.4B20.15.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 850 Abs 1 ZPO, § 850 Abs 2 ZPO, § 850 Abs 4 ZPO, § 850a Nr 2 ZPO, § 850a Nr 4 ZPO, § 35 Abs 1 InsO, § 80 Abs 1 InsO, § 313 Abs 1 S 1 InsO, § 17a Abs 5 GVG, § 54 Abs 1 BeamtStG, § 54 Abs 2 S 1 BeamtStG, § 67 BBesG, § 1 Abs 3 BBesG BE, § 3 Abs 1 BBesG BE, § 1 SZG, § 20 TVöD |
Die jährliche Sonderzahlung nach dem Berliner Sonderzahlungsgesetz wird nach den landesgesetzgeberischen Vorstellungen auch aus Anlass des Weihnachtsfestes gezahlt, um den damit in Zusammenhang stehenden Bedürfnissen des Beamten Rechnung zu tragen.
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 v.H. des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Der Kläger, Treuhänder im Verbraucherinsolvenzverfahren über das Vermögen der im Dienst des Beklagten stehenden Polizeiobersekretärin N... (im Folgenden: die Beamtin), begehrt die Zahlung eines Pfändungsbetrags in Höhe von 141,95 EUR an die Insolvenzmasse.
Mit Beschluss des Amtsgerichts Wedding vom 1. März 2012 wurde über das Vermögen der Beamtin das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Treuhänder bestellt. Das beklagte Land führte seit diesem Zeitpunkt die sich jeweils monatlich ergebenden pfändbaren Anteile der Besoldung der Beamtin – soweit diese bestanden – an die Insolvenzmasse ab. Für den Monat Dezember 2012 leistete das beklagte Land keine Zahlungen.
Mit Schreiben vom 24. April 2013 forderte der Kläger von dem Polizeipräsidenten in Berlin für den Monat Dezember 2012 die Zahlung eines Pfändungsbetrags in Höhe von 141,95 EUR an die Insolvenzmasse; dabei ging er von einem pfändbaren Nettoeinkommen der Beamtin in Höhe von 1.705,62 EUR unter Berücksichtigung einer bestehenden Unterhaltspflicht für eine Person aus. Hierauf teilte der Polizeipräsident in Berlin dem Kläger unter dem 26. April 2013 mit, dass die Beamtin im Monat Dezember 2012 eine jährliche Sonderzahlung in Höhe von 521,56 EUR brutto erhalten habe, und wies darauf hin, dass Weihnachtsvergütungen nach § 850a Nr. 4 der Zivilprozessordnung bis zum Betrag der Hälfte des monatlichen Arbeitseinkommens, höchstens aber bis zu einem Betrag in Höhe von 500,00 EUR unpfändbar seien und sich deshalb im Monat Dezember 2012 ein pfändbarer Betrag in Höhe von lediglich 0,20 EUR ergebe. Mit Schreiben vom 3. Mai 2013 erklärte der Kläger gegenüber dem Polizeipräsidenten in Berlin unter Verweis auf eine Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin vom 19. Februar 2013 (- 16 Ca 14619/12 -) zur Pfändbarkeit einer Jahressonderzahlung nach dem TVöD, zu der (teilweisen) Unpfändbarkeit der jährlichen Sonderzahlung nach dem Sonderzahlungsgesetz eine andere Rechtsauffassung zu vertreten. Unter dem 6. Mai 2013 antwortete der Polizeipräsident in Berlin dahingehend, dass er an seiner bereits geäußerten Rechtsauffassung festhalte, und verwies darauf, dass hier nicht die Pfändbarkeit einer Jahressonderzahlung nach TVöD, sondern die einer jährlichen Sonderzahlung an eine Beamtin nach dem Sonderzahlungsgesetz Berlin in Streit stehe.
Die von dem Kläger am 14. Mai 2013 erhobene Klage, mit der er beantragte, den Beklagten zu verurteilen, an ihn 141,95 EUR nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, hat das Verwaltungsgericht Berlin mit Urteil vom 8. Januar 2014 abgewiesen und dies wie folgt begründet: Die Klage, für die der Verwaltungsrechtsweg eröffnet sei und auf die sich der Beklagte trotz fehlenden Vorverfahrens rügelos eingelassen habe, sei unbegründet. Der Kläger habe keinen Zahlungsanspruch gegen den Beklagten. Der Beklagte habe den pfändbaren Teil der Besoldung der Beamtin für den streitigen Monat zutreffend berechnet, denn die an die Beamtin im Monat Dezember 2012 gewährte jährliche Sonderzahlung sowie der Sonderbetrag für Kinder in Höhe von insgesamt 521,56 EUR stellten einen (teilweise) unpfändbaren Bezügebestandteil nach § 850a Nr. 4 ZPO dar. Diese Bestimmung begründe Pfändungsschutz für Bezüge, die dem Schuldner und seiner Familie besondere Anschaffungen zum Weihnachtsfest ermöglichen sollten. Allerdings sei „Weihnachtsvergütung“ im Sinne der Vorschrift nicht nur die klassische „Weihnachtsgratifikation“, die als Beitrag zu den erhöhten Aufwendungen des Arbeitnehmers oder Beamten geleistet werde, sondern sie könne auch eine Sondervergütung für erbrachte Arbeit im laufenden Kalenderjahr sein, sofern sie aus Anlass des Weihnachtsfests gezahlt werde. Das ergebe sich vor allem aus dem Wortlaut des § 850a Nr. 4 ZPO, wonach der Wortteil „Vergütung“ darauf schließen lasse, dass auch Zuwendungen mit Vergütungscharakter wie beispielsweise Jahres- und Treueprämien dem Pfändungsschutz unterfallen könnten. Bei der Sonderzahlung für Beamte und dem Sonderbetrag für Kinder handele es sich um eine einheitlich zu betrachtende Weihnachtsvergütung im Sinne des § 850a Nr. 4 ZPO. Bei der Auslegung komme es maßgeblich auf die Konzeption und die Ausgestaltung der im Rahmen des Beamtenrechts getroffenen konkreten Regelungen an. Aus dem Wortlaut des Sonderzahlungsgesetzes lasse sich nicht eindeutig klären, ob es sich bei der jährlichen Sonderzahlung an Landesbeamte und dem Sonderbetrag für Kinder um eine Weihnachtsvergütung handele. Indizwirkung komme aber dem nach § 7 Abs. 2 SZG zwingend aus-gestalteten Zahlungszeitpunkt zu, wonach die Sonderzahlung und der Sonderbetrag für Kinder mit den Bezügen für den Monat Dezember zu zahlen seien. Die zeitliche Nähe der Auszahlung zur Weihnacht spreche für eine anlässlich des Weihnachtsfests geleistete Zahlung, reiche allein allerdings nicht für die Begründung des Pfändungsschutzes. Ergänzende Anhaltspunkte für die Annahme einer Weihnachtsvergütung ließen sich nicht nur § 2 Abs. 1 Alt. 1 SZG entnehmen, wonach Voraussetzung für den Anspruch auf Gewährung einer Sonderzahlung und eines Sonderbetrags für Kinder sei, dass der Berechtigte am 1. Dezember in einem der bezeichneten Rechtsverhältnisse stehe, sondern auch dem Umstand, dass bei Ausscheiden einer berechtigten Person während des laufenden Kalenderjahrs eine anteilige Auszahlung der Sonderzahlung oder des Sonderbetrags nicht erfolge. Zudem spreche die Auszahlung der jährlichen Sonderzahlung zusammen mit dem Sonderbetrag für Kinder, der allein eine soziale Zweckbindung habe, für das Vorliegen einer Weihnachtsvergütung. Ausschlaggebend für die Annahme einer Weihnachtsvergütung im Sinne des § 850a Nr. 4 ZPO seien die Gesetzesmaterialien zum Sonderzahlungsgesetz. Diese machten deutlich, dass es sich bei der jährlichen Sonderzahlung zwar nicht um eine reine Weihnachtsgratifikation, sondern um eine Vergütungszahlung – nämlich eine Treueprämie – handele, diese aber unmissverständlich aus Anlass des Weihnachtsfests ausgezahlt werde. Der Sonderbetrag für Kinder hingegen könne aufgrund seiner sozialen Zweckbindung als Weihnachtsgratifikation ohne Vergütungscharakter eingeordnet werden. Vor dem Hintergrund der dargelegten entstehungsgeschichtlichen Charakterisierung der jährlichen Sonderzahlung und des Sonderbetrags für Kinder als Weihnachtsvergütung im Sinne des § 850a Nr. 4 ZPO komme den Regelungen in § 2 Abs. 1 Alt. 2 und § 5 Abs. 2 SZG nur untergeordnete Bedeutung zu.
Die vom Senat gegen das Urteil zugelassene Berufung hat der Kläger am 2. Dezember 2015 wie folgt begründet: Die Sonderzahlung nach dem Berliner Sonderzahlungsgesetz sei im Wesentlichen als Treue- bzw. Bonusprämie mit eigenständigem Vergütungscharakter, keinesfalls aber – wie erstinstanzlich angenommen – als einheitliche Vergütung aus Anlass des Weihnachtsfestes zu beurteilen. Die Komponente der Vergütung werde nicht nur durch die Bestimmungen in § 5 Abs. 3 und § 6 Abs. 2 SZG in den Vordergrund gerückt, sondern auch durch § 5 Abs. 2 SZG verdeutlicht. Der in § 7 Abs. 1 SZG geregelte Zeitpunkt der Auszahlung in der Nähe des Weihnachtsfests stelle lediglich ein Indiz dar, das jedoch nur von gänzlich untergeordneter Bedeutung sei; der Zahlungstermin dürfte nur auf haushaltstechnische Gründe zurückzuführen sein und könne mit Blick auf die in § 67 Abs. 2 BBesG enthaltene, zu ganz unterschiedlichen Regelungen ermächtigende Länderöffnungsklausel zur Regelung der Zahlungsweise ohnehin nicht über den Charakter der Sonderzahlung als Weihnachtsvergütung entscheiden. Die Gesetzesmaterialien böten jedenfalls keine hinreichende Grundlage für die Interpretation des Verwaltungsgerichts, weil dort gerade ausdrücklich darauf hingewiesen worden sei, dass die Bezeichnung „Jährliche Sonderzahlung“ die „Lösung von den bisherigen Anlässen – Weihnachtsfest und Urlaubszeit –“ kenntlich mache. Die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte zu vergleichbaren Sonderzahlungen stehe der Auffassung des Verwaltungsgerichts im Übrigen entgegen. Schließlich sei die Sonderzahlung auch nicht als Treuegeld im Sinne des § 850a Nr. 2 ZPO zu betrachten, weil sie nicht erst bei einer langjährigen Betriebszugehörigkeit gewährt werde, sondern im Zusammenhang mit der erbrachten Jahresdienstleistung stehe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 8. Januar 2014 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, an ihn 141,95 EUR mit Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 14. Mai 2013 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil und tritt der Berufung entgegen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streitakte, die Personalakte der Beamtin (2 Bände) und die Verwaltungsvorgänge des Polizeipräsidenten in Berlin (2 Hefter) Bezug genommen, die vorgelegen haben und deren Inhalt – soweit wesentlich – Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Sie ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage auf Zahlung pfändbarer Bezügebestandteile für den Monat Dezember 2012 in Höhe von 141,95 EUR zu Recht abgewiesen. Die Klage ist zwar zulässig, aber unbegründet.
I.
Die Zulässigkeit der Klage unterliegt keinen Einwänden.
Das Verwaltungsgericht ist zunächst davon ausgegangen, dass der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten gemäß § 54 Abs. 1 BeamtStG eröffnet ist. Hieran ist der Senat gebunden. Er prüft nach § 17a Abs. 5 GVG nicht, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist.
Der Umstand, dass vor Erhebung der Klage kein ordnungsgemäßes Vorverfahren durchgeführt worden ist, wie es § 54 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG für alle Klagen im Sinne des § 54 Abs. 1 BeamtStG vorschreibt, führt nicht zur Unzulässigkeit der Klage. Das Verwaltungsgericht hat hierzu unter Berufung auf die maßgebliche und auch vom Senat für zutreffend erachtete Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteile vom 20. April 1994 – 11 C 2.93 – juris Rn. 18, und vom 23. Oktober 1980 – 2 A 4.78 – juris Rn. 20) beanstandungsfrei angenommen, dass sich der Beklagte auf die Klage insofern ohne vorherige Rüge sachlich eingelassen habe und sich ein Vorverfahren vor diesem Hintergrund als entbehrlich erweise.
II.
Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Kläger als Treuhänder im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beamtin hat keinen Zahlungsanspruch gegen den Beklagten. Wie das Verwaltungsgericht hegt der Senat keine Bedenken gegen die von dem Beklagten durchgeführte Berechnung des pfändbaren Teils der Besoldung der Beamtin für den streitigen Monat; der Beklagte hat die an die Beamtin im Monat Dezember 2012 gewährte jährliche Sonderzahlung sowie den Sonderbetrag für Kinder nach den §§ 1 ff. des Gesetzes über die Gewährung einer jährlichen Sonderzahlung (Sonderzahlungsgesetz – SZG) vom 5. November 2003 (GVBl. S. 538) in Höhe von insgesamt 521,56 EUR zu Recht als (teilweise) unpfändbaren Bezügebestandteil nach § 850a Nr. 4 ZPO behandelt.
Auf § 3 Abs. 1 Satz 1 des Bundesbesoldungsgesetzes des Landes Berlin (BBesG Bln) vom 21. Juni 2011 (GVBl. S. 266), wonach Beamte Anspruch auf Besoldung haben, kann sich der Kläger nicht erfolgreich berufen. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstandene Besoldungsansprüche fließen zwar der Insolvenzmasse zu (vgl. § 35 Abs. 1 InsO) und unterliegen damit der Verfügungsbefugnis des als Insolvenzverwalter fungierenden Treuhänders (s. dazu § 80 Abs. 1, § 313 Abs. 1 Satz 1 InsO). Das gilt jedoch nur insofern, als es sich dabei nicht um Besoldungsbestandteile handelt, die Pfändungsschutz nach § 850 Abs. 1, Abs. 2, §§ 850a bis 850i ZPO genießen (vgl. § 36 Abs. 1 InsO). Bei den hier streitigen Beträgen (Sonderzahlung und Kindersonderbetrag), die nach § 850 Abs. 4 ZPO ungeachtet ihrer landesbesoldungsrechtlichen Einordnung als sonstige Bezüge (vgl. § 1 Abs. 3 BBesG Bln und § 850 Abs. 2 ZPO: „Dienstbezüge der Beamten“) zum Arbeitseinkommen zählen, handelt es sich indes um Weihnachtsvergütungen im Sinne des § 850a Nr. 4 ZPO; sie sind nach dieser Vorschrift bis zum Betrag der Hälfte des monatlichen Arbeitseinkommens, höchstens aber bis zum Betrag von 500 EUR unpfändbar.
Maßgebend für die Auslegung sowohl des Begriffs der Weihnachtsvergütungen im Sinne des § 850a Nr. 4 ZPO als auch für die interpretatorische Einordnung der Jahressonderzahlung als entsprechende Vergütung ist der in der jeweils maßgeblichen Norm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist. Der Erfassung des objektivierten Willens des Gesetzgebers dienen die anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung aus dem Wortlaut der Norm, der Systematik, ihrem Sinn und Zweck sowie aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte, die sich gegenseitig ergänzen und unter denen keine einen unbedingten Vorrang vor einer anderen hat (vgl. BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 – 2 BvR 2628/10 u.a. – juris Rn. 66; im Anschluss daran Senatsurteil vom 19. April 2017 – OVG 4 B 20.14 – juris Rn. 21).
1. „Weihnachtsvergütung“ im Sinne des § 850a Nr. 4 ZPO ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich der Senat bezogen auf die Alimentation eines Beamten anschließt, nicht nur die „Weihnachtszuwendung“, die der Dienstherr als Beitrag zu den erhöhten Aufwendungen des Beamten leistet, sondern kann auch eine Sonderzuwendung bzw. Sonderzahlung für erbrachte Arbeit sein, sofern sie aus Anlass des Weihnachtsfestes bzw. zweckgerichtet im Zusammenhang mit Weihnachten gezahlt wird (vgl. zu einer Jahressonderzahlung an Beschäftigte kommunaler Arbeitgeber BAG, Urteil vom 14. März 2012 – 10 AZR 778/10 – juris Rn. 9; zu einer Sparkassensonderzahlung BAG, Urteil vom 18. Mai 2016 – 10 AZR 233/15 – juris Rn. 10; ebenso im Anschluss an diese Rechtsprechung für eine Jahressonderzahlung nach § 20 Abs. 1 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder BVerwG, Urteil vom 26. November 2013 – 2 C 17.12 – juris Rn. 14; den Ansatz des BAG ebenfalls vertretend VG Düsseldorf, Urteil vom 20. Dezember 2016 – 23 K 449/16 – juris Rn. 30, 53; zu Anlassbezogenheit bzw. Zweckbindung als Erfordernis für eine Weihnachtsvergütung s. außerdem VGH München, Beschlüsse vom 5. Oktober 2007 – 3 ZB 07.1510 – juris Rn. 6 und vom 24. Oktober 2007 – 3 ZB 06.2358 – juris Rn. 4; OVG Koblenz, Urteil vom 17. August 2012 – 10 A 10330/12 – juris Rn. 25).
Dieses Verständnis legt zunächst der Wortlaut nahe. Die Bezugnahme auf Weihnachten lässt ohne Weiteres des Schluss zu, dass die Zuwendung aus diesem Anlass geleistet sein muss. Aus dem Wortteil „Vergütung“ ergibt sich, dass auch Zahlungen zum Abschluss eines Jahres etwa in der Form einer Prämie oder des so genannten „13. Monatsgehalts“ dem Pfändungsschutz unterliegen (BAG, Urteil vom 18. Mai 2016, a.a.O., Rn. 11 m.w.N.). Systematische und teleologische Erwägungen verdeutlichen diesen Sinngehalt. § 850a ZPO nimmt nach näheren Maßgaben bestimmte zweckgebundene bzw. anlassbezogene Gratifikationen, Beihilfen, Entschädigungen und sonstige Zahlungen von der Pfändung vollständig oder teilweise aus, um aus sozialen Gründen (zu dem sozialpolitischen Zweck s. Brehm, in: Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl. 2004, § 850a Rn. 1; Boewer/Bommermann, Lohnpfändung und Lohnabtretung in Recht und Praxis, 1987, Rn. 6; Smid, in: Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung, 2. Aufl. 2000 bis 2002, § 850a Rn. 16; Stach, AiB 2016, S. 61, 62) überwiegend zu gewährleisten, dass ein bestimmter erhöhter Aufwand ungeachtet der Zwangsvollstreckung gedeckt werden kann (vgl. BAG, a.a.O., Rn. 11 f.). Eine historische Betrachtung bestätigt den Befund. Für die als Vorbild des § 850a Nr. 4 ZPO dienende Norm des § 3 Nr. 4 der Verordnung zur einheitlichen Regelung des Pfändungsschutzes für Arbeitseinkommen (Lohnpfändungsverordnung) vom 30. Oktober 1940 (RGBl. I S. 1451) war anerkannt, dass sich die Pfändungsfreiheit von Weihnachtsvergütungen unter dem Gesichtspunkt rechtfertigen lässt, dem Vergütungsempfänger gewisse besondere Anschaffungen im Zusammenhang mit Weihnachten zu ermöglichen, sie aber im Hinblick auf die vielfach bestehende Übung, die Vergütung als ein „13. Monatsgehalt“ zu bemessen, nicht vollständig dem Zugriff zu entziehen, sondern bezogen auf den Umfang der Pfändbarkeit wie ein Monatsgehalt zu behandeln (so Jonas/Stagel, Die Lohnpfändungsverordnung vom 30. Oktober 1940, 1940, S. 21).
Kommt es für die Einordnung einer Zuwendung als „Weihnachtsvergütung“ entscheidend darauf an, ob diese Leistung dem Gesichtspunkt der erwarteten vermehrten Bedürfnisse des Schuldners aus Anlass des Weihnachtsfestes Rechnung trägt (so Boewer/Bommermann, a.a.O., Rn. 493), dann ist es unschädlich, wenn neben diesem Zweck weitere Motive (z.B. Ausdruck der Zufriedenheit mit den Leistungen des Beamten, Dank für die Treue, Ansporn für die Zukunft u.ä.) treten, solange die im vorliegenden Zusammenhang maßgebliche Zweckbindung hierdurch nicht in den Hintergrund tritt oder gar verdrängt wird. Einer Beschränkung auf „reine“ Weihnachtsgratifikationen ist die zuvor wiedergegebene Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gerade entgegengetreten. Sie ließe sich zudem nicht mit dem sozialpolitischen Zweck des § 850a ZPO vereinbaren, dem Schuldner ein menschenwürdiges Dasein ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfe zu vermitteln und ihn zu motivieren, seinen Lebensunterhalt aus eigener Kraft zu verdienen (vgl. zu diesen Zwecken VG Düsseldorf, a.a.O., Rn. 38 ff. u.a. unter Hinweis auf BT-Drucks. 8/693, S. 45 und 14/6812, S. 8; zum Pfändungsschutz nach § 850a ZPO aus sozialen Gründen s. ferner BAG, Urteil vom 17. April 2013 – 10 AZR 59/12 – juris Rn. 28). Auch das Gläubigerinteresse erfordert eine entsprechende Einengung des Anwendungsbereiches der Norm nicht. Diesem Interesse wird bereits dadurch im hinreichenden Maße genügt, dass sich der Pfändungsschutz nach § 850a Nr. 4 ZPO nur auf einen Teil der „Weihnachtsvergütung“ bezieht, indem mit dieser Regelung ein Höchstbetrag von 500 EUR als pfändungsfrei bestimmt wird.
2. Ausgehend von dem zuvor erörterten Verständnis sind Sonderzahlungen und Sonderbeträge für Kinder nach den §§ 1 ff. SZG als „Weihnachtsvergütung“ im Sinne des § 850a Nr. 4 ZPO anzusehen. Die Auslegung der maßgeblichen Bestimmungen ergibt, dass der Landesgesetzgeber diese Zuwendungen auch mit der nicht nur untergeordneten Zielsetzung geschaffen hat, die anlässlich des Weihnachtsfestes naturgemäß vermehrt auftretenden Bedürfnisse des Beamten zu befriedigen.
a) Die für eine Anwendung des § 850a Nr. 4 ZPO erforderliche Zweckrichtung der „jährlichen Sonderzahlung“ und des Sonderbetrages für Kinder erschließt sich aus den Gesetzesmaterialien; der Senat teilt die dazu geäußerte Ansicht des Verwaltungsgerichts.
Der Gesetzesbegründung zum Sonderzahlungsgesetz (AbgH-Drucks. 15/1970) lässt sich entnehmen, dass der Landesgesetzgeber mit der jährlichen Sonderzahlung im Wesentlichen zweierlei bezweckt, einerseits die Anerkennung der Jahresleistung des Beamten und andererseits die Berücksichtigung des besonderen finanziellen Bedarfs im Zusammenhang mit dem Weihnachtsfest. Beide Zusammenhänge werden durch folgende – in ihrer Gesamtheit zu betrachtende – Formulierungen ausgedrückt, ohne dass sich Unterschiede in der Wertigkeit der verfolgten Zweckrichtungen erkennen ließen:
„a) Allgemeines: ... Die jährliche Sonderzahlung ist nunmehr für den Beamtenbereich auch als Anerkennung einer Jahresleistung zu sehen. Ein Bezug zum Weihnachtsfest bleibt in der Weise erhalten, dass die jährliche Sonderzahlung weiterhin als Einmalzahlung im Monat Dezember ausgezahlt wird. ...“ (a.a.O., S. 5; Hervorhebungen durch den Senat)
„b) Einzelbegründung: ... Zu § 5: Mit der Gewährung eines einheitlichen Betrages für die aktiven Beamtinnen und Beamten einerseits und Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfängern andererseits werden die geleisteten Dienste für das Land Berlin unabhängig von den individuell zustehenden Bezügen anerkannt ... Die Sonderzahlung steht im Zusammenhang mit der erbrachten Jahresleistung. ...“ (a.a.O., S. 6)
„... Zu § 7: ... Die Auszahlung im Dezember trägt einerseits dem Gedanken der Anerkennung für erbrachte Dienste im zurückliegenden Jahr und andererseits dem Bezug zum Weihnachtsfest Rechnung. ...“ (a.a.O., S. 7; Hervorhebungen durch den Senat)
Zum Sonderbetrag für Kinder heißt es in der Gesetzesbegründung zudem:
„Zu § 6: ... Der Sonderbetrag ist als eine ergänzende soziale Komponente zu verstehen. ...“
Anders als der Kläger zu bedenken gibt, lässt sich aus der nachfolgend (mit dem Kontext) zitierten (hier durch eine Unterstreichung hervorgehobenen) Passage nicht entnehmen, dass sich der Landesgesetzgeber mit der Sonderzahlung und dem Sonderbetrag für Kinder im Widerspruch zu seinen nachfolgenden (zuvor wiedergegebenen) Ausführungen von dem Anlass des Weihnachtsfestes lösen wollte:
„Mit dem Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 2003/2004 vom ... (BGBl. I S. ...) schöpft der Bund seine konkurrierende Gesetzgebung nach Artikel 74a des Grundgesetzes für die Gewährung einer jährlichen Sonderzuwendung und eines jährlichen Urlaubsgeldes nicht mehr aus. Den Ländern werden für diese Bezahlungsbereiche eigenständige Handlungs- und Gestaltungsmöglichkeiten eingeräumt. Mit der Freigabe dieser Regelungen hat der Bundesgesetzgeber auch klargestellt, dass jährliche Sonderzahlungen nicht zum Kernbereich der Alimentation zu zählen sind und eine amtsbezogene Ausgestaltung nicht geboten ist. Die Bezeichnung des neuen Bezügebestandteils ,Jährliche Sonderzahlung ̒ macht die Lösung von den bisherigen Anlässen – Weihnachtsfest und Urlaubszeit – deutlich. Die Sonderzahlungen können nunmehr monatlich als Zulage oder auch als Einmalzahlung in einem beliebigen anderen Monat gewährt werden.“
Die Gesetzesbegründung gibt an dieser Stelle nur die seinerzeit neuen bundesrechtlichen Handlungs- und Gestaltungsmöglichkeiten wieder, wie sie der Bundesgesetzgeber im Zusammenhang mit der Neufassung der Länderöffnungsklausel des (bis zum 30. Juni 2009 geltenden und danach außer Kraft getretenen) § 67 a.F. BBesG („Jährliche Sonderzahlungen“) ausgedrückt hat. Diese Klausel geht auf eine Bundesratsinitiative zurück, die auf eine Erweiterung der besoldungs- und finanzpolitischen Gestaltungsmöglichkeiten gerichtet war. In der Begründung zu dem Bundesratsentwurf zu einem – auch das Bundesbesoldungsgesetz – betreffenden Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften (BT-Drucks. 15/1021) wurde u.a. die Absicht bekundet, das Bundesbesoldungsrecht so zu öffnen,
„dass die Länder die Höhe der Sonderzuwendung bis zu einer bundesgesetzlich festgelegten Obergrenze eigenverantwortlich und abweichend vom Bundesrecht festlegen können. Sie sollen dabei auch die Zahlungsweise und den Rechtscharakter dieser Leistung eigenverantwortlich bestimmen können“ (a.a.O., S. 7).
Weiter wird dort erläutert:
„Ein breiterer Handlungsspielraum ermöglicht auch die Berücksichtigung von regionalen, sozialen und leistungsbezogenen Gesichtspunkten durch die Länder“ (a.a.O.).
Zu § 67 a.F. BBesG heißt es in der Entwurfsbegründung (a.a.O., S. 8):
„Die Länder können die Höhe der Sonderzuwendung abweichend vom bundesrechtlich geltenden Bemessungsfaktor eigenverantwortlich festsetzen. Damit werden einerseits die Kompetenzen der Länder gestärkt. Andererseits wird durch die bundesgesetzliche Obergrenze von 100 vom Hundert des Grundbetrages gewährleistet, dass die Länderregelungen untereinander und auch gegenüber dem Bund nach oben hin nicht zu stark voneinander abweichen können.
Auf dieser Grundlage soll es den Ländern auch gestattet sein, die innere Ausgestaltung der Sonderzuwendung abweichend vom Bund zu regeln. Der im Bundesrecht geregelte Anspruch dem Grunde nach bleibt davon unberührt. Auf diese Weise ist auch innerhalb des Bundesrechts eine möglichst weitgehende Regelungsfreiheit der Länder gegeben. Einzelheiten bleiben den Landesgesetzen vorbehalten.“
Die Bundesregierung ist diesem Ansinnen beigetreten und hat in ihrer Begründung zu einer Neufassung des Gesetzesantrags u.a. ausgeführt (a.a.O., S. 9):
„Die Bundesregierung stimmt den vom Bundesrat im Einzelnen vorgeschlagenen Rahmenvorgaben, Höchstgrenzen und Gestaltungsoptionen zu. Bisher wurden die jährliche Sonderzuwendung und das Urlaubsgeld bundeseinheitlich nach dem Gesetz über die Gewährung einer jährlichen Sonderzuwendung und dem Urlaubsgeldgesetz gewährt. Zukünftig soll die Möglichkeit geschaffen werden, Höhe, Zahlungsweise bzw. den Rechtscharakter dieser Leistungen selbst bestimmen zu können. Lediglich der Höchstbetrag der Sonderzahlungen als Rahmenvorgabe soll weiterhin bundeseinheitlich gesetzlich geregelt werden“ (in diesem Sinne auch a.a.O., S. 12 f.).
Die Ausgestaltung der Zweckrichtung wird von diesen Handlungs- und Gestaltungsmöglichkeiten umfasst; der Umstand, dass § 67 Abs. 2 a.F. BBesG als Ermächtigungsgrundlage keinerlei Bezug zu Weihnachten oder zum Monat Dezember hat, erweist sich nach alledem als bedeutungslos (a.A. VGH München, Beschlüsse vom 5. Oktober 2007, a.a.O., Rn. 8; und vom 24. Oktober 2007, a.a.O., Rn. 6, der die gesetzgeberischen Spielräume zu eng fasst).
Über seine Optionen war sich der Berliner Landesgesetzgeber bewusst, wie die zuvor betrachteten Gesetzesmaterialien zum Sonderzahlungsgesetz belegen. Dort findet sich aber keine Aussage darüber, dass von der Möglichkeit Gebrauch gemacht werden solle, sich – in Übereinstimmung mit dem neu eröffneten Spielraum – gänzlich vom Anlass „Weihnachtsfest“ zu lösen. Soweit der Senat die erörterte Gesetzesbegründung in seinem Beschluss vom 12. August 2015 (– OVG 4 N 7.14 – juris Rn. 6, 9) so wie hier der Kläger gedeutet hat, hält er daran nicht mehr fest, zumal diese Interpretation nicht zu erklären vermag, aus welchen Gründen bei der Darstellung der Konzeption des Gesetzentwurfs sowie in der Einzelbegründung ausdrücklich auf den Bezug zum Weihnachtsfest abgehoben wird. Dass insoweit haushaltstechnische Gründe maßgeblich sein sollten, wie der Kläger meint, lässt sich aus der Gesetzesbegründung jedenfalls nicht ablesen.
Die gesetzgeberische Intention, die jährliche Sonderzahlung auch als Gratifikation zum Weihnachtsfest auszugestalten, verdeutlicht sich auch darin, dass die Gesetzesbegründung – noch bevor mit ihr die Motive für die Gewährung der hier betrachteten Leistungen bezeichnet werden – hervorhebt, die inhaltliche Ausgestaltung der Sonderzahlung sei an das bisherige Sonderzuwendungsgesetz angelehnt (vgl. AbgH-Drucks. 15/1970, S. 5). Denn für die Sonderzuwendung nach dem Sonderzuwendungsgesetz war nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannt, dass dieser höchstrichterlich mit dem Synonym „Weihnachtszuwendung“ (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Juli 1977 – 6 C 24.75 – juris Rn. 14) versehene Besoldungsbestandteil eine zusätzliche besondere Zahlung als Anerkennung für geleistete Dienste, eine auch in die Zukunft gerichtete Treueprämie und, wie sich insbesondere aus der historischen Entwicklung und aus dem Zeitpunkt der Zahlung ergibt, eine Sonderleistung zur Deckung des im Weihnachtsmonat entstehenden besonderen Bedarfes darstellt (BVerwG, Urteil vom 17. Juli 1969 – 2 C 97.67 – juris Rn. 35; im Anschluss daran für eine landesrechtliche Zuwendungsregelung BVerwG, Urteil vom 15. Juli 1977, a.a.O., Rn. 15). Der zuletzt genannte Zweck war nicht etwa mit der Aufhebung des Gesetzes über die Gewährung von Weihnachtszuwendungen vom 16. April 1964 (BGBl. I S. 278) und dem Inkrafttreten des Gesetzes über die Gewährung einer jährlichen Sonderzuwendung vom 15. Juli 1965 (BGBl. I S. 609) entfallen. Hierfür lässt sich jedenfalls nicht der im Bericht des Innenausschusses zu dem Entwurf eines Sonderzuwendungsgesetzes enthaltene Hinweis auf den beabsichtigten Ersatz der Weihnachtszuwendung durch ein so genanntes „dreizehntes Monatsgehalt“ fruchtbar machen. Die Formulierung lautet (BT-Drucks. IV/3282, S 1 f.):
„Mit der Gewährung einer jährlichen Sonderzuwendung für Beamte, Richter und Soldaten folgt der Entwurf dem durch die Tarifpolitik im öffentlichen Dienst vorgezeichneten Weg in der Ablösung der Gewährung von Weihnachtszuwendungen, wie sie für Beamte durch das Weihnachtszuwendungsgesetz begründet worden ist. Dabei wird deutlich, dass es übereinstimmend Absicht im öffentlichen Dienst ist, damit den ersten Schritt zu einem dreizehnten Monatsgehalt zu tun.“
Denn diese Betrachtungsweise belegt lediglich, dass die Sonderzuwendung nach den Vorstellungen des Gesetzgebers über den – gesetzestechnisch im Sonderzuwendungsgesetz unverändert ausgedrückten – Bezug zum Weihnachtsfest hinaus weiteren Zwecken dienen sollte; die beschriebene „Neuorientierung“, die neue Bezeichnung als „jährliche Sonderzuwendung“ und die an den Gedanken der „Betriebstreue“ anknüpfenden Neuregelungen des Sonderzuwendungsgesetzes vermögen die Schlussfolgerung, dass der Gesetzgeber sich mit alledem von dem traditionellen Anlass lösen wollte, nicht im hinreichenden Maße zu rechtfertigen. Nicht zuletzt die bereits wiedergegebene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zeigt, dass die Sonderzuwendung trotz dieser Änderungen auch als „Weihnachtszuwendung“ verstanden worden ist (a.A. VG Düsseldorf, a.a.O., Rn. 84 ff.). Der Berliner Landesgesetzgeber knüpft an diese Vorstellungen an.
b) Die in der Gesetzesbegründung deutlich werdenden Intentionen des Landesgesetzgebers spiegeln sich in der Systematik des Sonderzahlungsgesetzes wider.
Die in § 7 Abs. 2 SZG vorgesehene Zahlung der Sonderzahlung und des Sonderbetrages für Kinder mit den laufenden Bezügen für den Monat Dezember ist (auch) Ausdruck des Bezuges dieser Leistungen zum Weihnachtsfest. Wegen der in der Gesetzesbegründung noch hinreichend deutlich gewordenen Vorstellung des Landesgesetzgebers lässt sich die Auffassung des Bundesarbeitsgerichts, ohne ergänzende Anhaltspunkte könne die Fälligkeit einer Zahlung in zeitlicher Nähe zu Weihnachten nur bei einer reinen Gratifikation durchgreifendes Indiz für das Vorliegen einer „Weihnachtsvergütung“ sein, nicht aber bei einer Zahlung mit Vergütungscharakter (vgl. BAG, Urteile vom 14. März 2012, a.a.O., Rn.16; vom 18. Mai 2016, a.a.O., Rn. 18), im vorliegenden Fall nicht fruchtbar machen, zumal – über die Gesetzesbegründung hinaus – weitere ergänzende Anhaltspunkte bestehen: Wie bereits erstinstanzlich zutreffend ausgeführt, ergeben sie sich aus der Regelung in § 2 Abs. 1 Var. 1 SZG, wonach Voraussetzung für den Anspruch auf Gewährung einer Sonderzahlung und eines Sonderbetrags für Kinder ist, dass der Berechtigte am 1. Dezember in einem der bezeichneten Rechtsverhältnisse steht, ferner aus dem Verzicht auf eine Bestimmung, die bei Ausscheiden einer berechtigten Person während des laufenden Kalenderjahrs eine anteilige Auszahlung der Sonderzahlung oder des Sonderbetrags vorschreibt, sowie aus dem Umstand, dass die jährliche Sonderzahlung zusammen mit dem (einer sozialen Zweckbindung unterliegenden) Sonderbetrag für Kinder ausgezahlt wird.
Dass die klägerseits hervorgehobenen Bestimmungen in § 2 Abs. 1 Var. 2 SZG, der als weitere Anspruchsvoraussetzung für die Gewährung der jährlichen Sonderzahlung das ununterbrochene Bestehen eines Dienstverhältnisses bei einem öffentlich-rechtlichen Dienstherrn seit dem ersten nicht allgemein freien Tag des Monats Juli normiert, und § 5 Abs. 2 SZG, wonach eine anteilige Kürzung der Sonderzahlung vorgesehen ist, wenn der Beamte nicht während des gesamten Kalenderjahrs in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stand, hingegen dem Treuegedanken verpflichtet sind (s. dazu BAG, Urteile vom 14. März 2012, a.a.O., Rn.17 f.; vom 18. Mai 2016, a.a.O., Rn. 19 f.), stellt die hier vertretene Interpretation nicht in Frage, da der besagte Gedanke lediglich (gleichberechtigt) neben die zuvor erörterte Intention tritt, ohne sie zu verdrängen bzw. ohne den Charakter der Leistungen als „Nur-Betriebstreueprämie“ entscheidend zu bestimmen.
c) Der Wortlaut des Sonderzahlungsgesetzes bleibt hingegen unergiebig. Er enthält zwar – wie übrigens auch das frühere Sonderzuwendungsgesetz – keinen Hinweis darauf, dass die jährliche Sonderzahlung und der Sonderbetrag für Kinder aus Anlass des Weihnachtsfestes gezahlt werden. Allerdings deutet auch die Bezeichnung „jährliche Sonderzahlung“ nicht zwingend darauf, dass es sich insoweit nur um eine auf das gesamte Kalenderjahr bezogene Leistung handeln muss (so zu der Formulierung „Jahressonderzahlung“ in § 20 TVöD/VKA das BAG, Urteil vom 18. Mai 2016, a.a.O., Rn. 15). Der Terminus lässt sich auch so verstehen, dass die Zahlung einmal im Jahr („jährlich“) erfolgt.
Auf die Frage, ob es sich bei der „jährlichen Zuwendung“ um ein Treugeld im Sinne des § 850a Nr. 2 ZPO handelt, kommt es nach alledem nicht an.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Die Revision ist gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, § 127 Nr. 1 und 2 BRRG zuzulassen.