Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 27. Senat | Entscheidungsdatum | 05.11.2010 | |
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Aktenzeichen | L 27 R 618/10 B PKH | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 73a SGG, § 114 ZPO |
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 31. Mai 2010 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Die Beschwerde des Klägers ist zulässig, insbesondere statthaft nach § 172 Sozialgerichtsgesetz (SGG), in der Sache jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht den Antrag des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren erster Instanz abgelehnt.
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Prozesskostenhilfe, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 114 Zivilprozessordnung –ZPO–). Der unbestimmte Rechtsbegriff der hinreichenden Erfolgsaussicht ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) verfassungskonform auszulegen. Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 3 GG und dem aus Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG folgenden Gebot effektiven Rechtsschutzes gebietet eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes. Hierbei braucht der Unbemittelte allerdings nur einem solchen Bemittelten gleichgestellt zu werden, der seine Prozessaussichten vernünftig abwägt und dabei auch das Kostenrisiko berücksichtigt. Dementsprechend darf die Prüfung der Erfolgsaussichten jedenfalls nicht dazu führen, über die Vorverlagerung der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe dieses Verfahren an die Stelle des Verfahrens der Hauptsache treten zu lassen (BVerfG, Beschluss vom 28. November 2007, 1 BvR 68/07). Aus diesem Grunde dürfen insbesondere schwierige, bislang nicht geklärte Rechts- und Tatfragen in dem Verfahren der Prozesskostenhilfe nicht entschieden werden, sondern müssen über die Gewährung von Prozesskostenhilfe auch von dem Unbemittelten einer prozessualen Klärung im Verfahren der Hauptsache zugeführt werden können (BVerfG a.a.O).
Vor diesem Hintergrund ist ausgehend von dem für das Hauptsacheverfahren zugrunde zu legenden Sachantrag eine hinreichende Erfolgsaussicht bereits dann gegeben, wenn das Gericht den klägerischen Rechtsstandpunkt aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder für zumindest vertretbar hält bzw. – sofern der Tatsachenstoff noch nicht geklärt ist – eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht kommt und keine konkreten und nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Rechtsschutzsuchenden ausgehen würde (so BVerfG a.a.O. mit weiteren Nachweisen).
2. Auch nach den vorstehenden Maßstäben ist indessen der von dem Kläger beabsichtigten Rechtsverfolgung im maßgeblichen Zeitpunkt für die Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag, nämlich dem Tag des Eingangs der vollständigen Unterlagen über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, eine hinreichende Erfolgsaussicht abzusprechen. Denn der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wurde erst gestellt, nachdem das Sozialgericht bereits durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens den Sachverhalt geklärt hatte. Zu diesem – allein maßgeblichen – Zeitpunkt war eine weitere Sachaufklärung nicht geboten. Der Sachverständige verfügt als Chirurg auch über die nötige fachliche Qualifikation auf orthopädischem Gebiet, da die Fachgebiete der Orthopädie und Chirurgie nach den maßgeblichen ärztlichen Weiterbildungsordnungen als eng verwandt anzusehen sind. Darüber hinaus ist gerade der vom Sozialgericht beauftragte Sachverständige in besonderem Maße mit sozialmedizinischen Fragen vertraut, verfügt über umfassende Erfahrung und ist ohne weitere auch in der Lage gewesen, die in Rede stehenden Fragen hinsichtlich der zu bewertenden Schmerzerkrankungen zu beantworten.
3. Dieser Entscheidung steht auch nicht entgegen, dass der Senat dem Kläger für das Berufungsverfahren in der Hauptsache mit Wirkung vom 8. Juli 2010 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten gewährt hat. Denn insoweit bestehen – anders als im erstinstanzlichen Verfahren – jedenfalls teilweise Erfolgsaussichten insofern, als das Rentenbegehren des Klägers auch im Hinblick auf mögliche, nach Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens eingetretene gesundheitliche Verschlechterungen zu prüfen und insoweit ein erneuter sozialmedizinischer Aufklärungsbedarf nicht von vornherein zu verneinen ist.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 73a SGG, 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG nicht anfechtbar.