I.
Der 1950 geborene türkische Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner am 15. Juni 2009 erhobenen Klage VG 24 K 212.09 auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis und Aufhebung der Abschiebungsandrohung im Bescheid des Antragsgegners vom 13. Mai 2009.
Nach einem mehrjährigen erfolglosen Asylverfahren in Deutschland heiratete der Antragsteller kurze Zeit nach Rückkehr in seine Heimat eine 1963 geborene und seit Ende 1968 in Deutschland lebende türkische Staatsangehörige, die Ende November 1988 erstmals eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis und Mitte 1990 eine Aufenthaltsberechtigung erhielt, die als Niederlassungserlaubnis fortgilt. Mit Visum zum Ehegattennachzug reiste der Antragsteller Ende 1989 erneut in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo er im Wesentlichen fortlaufend verlängerte Aufenthaltserlaubnisse, zuletzt bis zum 13. Oktober 2008, erhielt. Die Eheleute haben drei in den Jahren 1986, 1991 und 1996 geborene Kinder.
Den erneuten Aufenthaltserlaubnisverlängerungsantrag des Antragstellers lehnte der Antragsgegner unter Androhung der Abschiebung durch Bescheid vom 13. Mai 2009 ab und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, er nehme mit seiner Familie seit Jahren öffentliche Leistungen zum Lebensunterhalt in Anspruch und erfülle damit den Regelversagungsgrund des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG. Zwar könne gemäß § 30 Abs. 3 AufenthG gleichwohl die Aufenthaltserlaubnis nach Ermessen verlängert werden, jedoch erfülle er im Hinblick auf eine rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (Kokaingemisch) zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen durch Urteil vom 15. September 2008 auch den Ausweisungstatbestand des § 54 Nr. 3 AufenthG. Ein Ermessen sei bei dieser Entscheidung nicht eröffnet. Ein atypischer Fall läge nicht vor. Von der Ausweisung selbst werde zur Ermöglichung von Besuchsaufenthalten bei seiner Familie und wegen der erstmaligen Verurteilung abgesehen. Rechte nach dem Assoziationsratsbeschluss Nr. 1/80 (ARB 1/80) habe er nicht erworben.
Den hiergegen gerichteten Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO hat das Verwaltungsgericht durch Beschluss vom 30. November 2009 mit der Begründung abgelehnt, der Antragsteller habe keinen Anspruch auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis, denn die Familie beziehe schon seit mehreren Jahren Leistungen nach dem SGB II. Es liege auch im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK kein atypischer Fall vor, da es seiner Ehefrau wegen fehlender wirtschaftlicher Integration, d.h. fast durchgängiger Arbeitslosigkeit, trotz des langjährigen Aufenthalts in Deutschland ebenso wie dem minderjährigen Sohn zumutbar sei, dem Antragsteller, der erst mit 49 Jahren hier wieder eingereist sei und sich hier ebenfalls nicht integriert habe, in die Türkei zu folgen. Das nach § 30 Abs. 3 AufenthG eröffnete Ermessen habe der Antragsgegner fehlerfrei ausgeübt. Wegen seiner strafrechtlichen Verurteilung und damit des Vorliegens des Ausweisungsgrundes gemäß § 54 Nr. 3 AufenthG liege auch die Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG nicht vor. Rechte nach Art 7 ARB 1/80 habe der Antragsteller nicht erworben, da seine Ehefrau nicht während des hierfür erforderlichen Zeitraums von drei Jahren dem regulären Arbeitsmarkt angehört habe.
II.
Die Beschwerde des Antragstellers hat Erfolg. Das nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu berücksichtigenden Beschwerdevorbringen rechtfertigt es, den angefochtenen Beschluss zu ändern und die aufschiebende Wirkung der gegen den aufenthaltsbeendenden Bescheid vom 13. Mai 2009 anhängigen Klage anzuordnen, denn es zeigt ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids auf, deren Klärung dem Hauptsacheverfahren vorzubehalten ist und die seine sofortige Vollziehung derzeit nicht zulassen.
Zwar dürfte davon auszugehen sein, dass die für die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis gemäß § 30 Abs. 3 in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG im Regelfall erforderliche Sicherung des Lebensunterhalts ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel auf der Grundlage der vorliegenden Erkenntnisse bis zum maßgeblichen Zeitpunkt des Ablaufs der Beschwerdebegründungsfrist am 4. Januar 2010 nicht hinreichend verlässlich gesichert war. Der Antragsteller selbst hat erstmals zum 1. Mai 2009, d.h. nach Anhörung zur beabsichtigten Ablehnung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis Ende Januar 2009, eine nicht den familiären Lebensunterhalt deckende Tätigkeit im Rahmen einer sogenannten MAE-Maßnahme mit einer Mehraufwandsentschädigung von 1,50 EUR pro Stunde und 30 Stunden wöchentlich aufgenommen. Soweit mit der weiteren Beschwerdebegründung vom 17. März 2010 nunmehr nach deren Ablauf zum 31. Januar 2010 auf Erwerbseinkommen des Antragstellers von 1200,00 € brutto verwiesen wird, ist dies schon wegen des zwischenzeitlichen Ablaufs der Begründungsfrist nicht zu berücksichtigen. Auch seine Ehefrau hat nach seiner Einreise - von vereinzelten sehr kurzfristigen Beschäftigungen abgesehen - über viele Jahre keinerlei Erwerbstätigkeit ausgeübt und erst zum April 2009 eine auf acht Monate befristete Arbeit als Teilnehmerin einer RBM-Maßnahme aufgenommen und ab 1. Dezember 2009 eine dreimonatige Weiterbildung absolviert.
Ferner hat der Antragsteller aufgrund seiner strafgerichtlichen Verurteilung wegen eines Betäubungsmitteldelikts - unstreitig – einen Ausweisungstatbestand gesetzt, so dass auch die Regelerteilungsvoraussetzung nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG nicht erfüllt ist.
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts weist der Fall jedoch Besonderheiten auf, die eine Abweichung von der gesetzlichen Regelfolge des § 5 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AufenthG nicht von vornherein ausschließen. Ein Ausnahmefall ist gegeben, wenn besondere, atypische Umstände vorliegen, die so bedeutsam sind, dass sie das sonst ausschlaggebende Gewicht der gesetzlichen Regel beseitigen. Solche Umstände könnten sich hier aus Art. 6 GG und Art. 8 EMRK im Hinblick darauf ergeben, dass die Aufenthaltsbeendigung des Antragstellers der Fortsetzung seiner familiären Lebensgemeinschaft mit seiner Ehefrau und dem gemeinsamen minderjährigen Kind entgegenstünde und ihm allenfalls Besuchs-aufenthalte ermöglichen würde. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die bereits im Alter von fünf Jahren eingereiste Ehefrau des Antragstellers mittlerweile mehr als 40 Jahre in Deutschland lebt und über einen verfestigten Aufenthaltsstatus in Form einer Niederlassungserlaubnis verfügt. Es liegt nahe, dass es sie vor besondere Schwierigkeiten stellen würde, dem Antragsteller in die Türkei zu folgen, um die familiäre Lebensgemeinschaft dort fortzusetzen. Entsprechendes gilt mindestens ebenso für den jetzt 14-jährigen gemeinsamen Sohn, der seit seiner Geburt in Deutschland lebt. Auch ist nicht zu vernachlässigen, dass der Antragsteller selbst sich mittlerweile ebenfalls seit ca. zwanzig Jahren hier erlaubt aufhält. Alldem steht zwar gegenüber, dass der Antragsteller wegen eines Betäubungsmitteldelikts verurteilt werden musste, und es beiden Eheleuten nicht gelungen ist, ihren Unterhaltsbedarf aus eigener Kraft nachhaltig zu sichern. Jedoch ist auch in Rechnung zu stellen, dass die Verurteilung des Antragstellers zu einem deliktspezifisch eher geringen Strafmaß von 120 Tagessätzen Geldstrafe führte, und dass sich jedenfalls in jüngerer Zeit beide Eheleute teilweise erfolgreich um die Ausübung einer Erwerbstätigkeit bemüht haben.
Eine abschließende Gewichtung der widerstreitenden Belange ist dem Hauptsacheverfahren vorzubehalten, in dem im Übrigen auch der - vom Antragsteller nicht gerügte und deshalb hier nicht entscheidungstragende - Umstand zu würdigen sein wird, dass der angefochtene Bescheid die mit der Beschwerdeerwiderung reklamierte Ermessensausübung nach § 27 Abs. 3 Satz 2 AufenthG zumindest bei summarischer Prüfung nicht erschließt. Für die im Rahmen von § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Abwägung ist dem Interesse des Antragstellers, seine im Bundesgebiet bestehende familiäre Lebensgemeinschaft vorläufig fortzuführen, gegenüber dem vom Antragsgegner geltend gemachten öffentlichen Interesse an einer sofortigen Aufenthaltsbeendigung der Vorrang einzuräumen. Ob die vom Antragsteller ferner geltend gemachten assoziationsrechtlichen Ansprüche bestehen, bedarf hier keiner Entscheidung.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 und 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).