Gericht | VG Cottbus 6. Kammer | Entscheidungsdatum | 29.08.2013 | |
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Aktenzeichen | 6 K 372/12 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 12c Abs 2 KAG BB, § 850 Abs 1 ZPO, § 163 AO, § 227 AO, § 23 SGB 1, § 54 SGB 1, § 49a Abs 4 S 1 Nr 3 StrG BB, § 49a Abs 4 S 3 StrG BB, § 49a Abs 1 S 3 StrG BB, § 49a Abs 2 StrG BB, § 49a Abs 3 StrG BB |
1. Die finanziellen Verhältnisse der in § 49a Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 und Sätze 3 und 4 Brandenburgisches Straßengesetz (BbgStrG) als Gebührenpflichtige genannten Personen gehören nicht zu den Umständen, die bei der Frage, ob eine öffentlichen Straße nach Maßgabe des § 49a BbgStrG gereinigt oder wintergewartet wird, zu berücksichtigen sind. Nach § 49 a Abs. 1 Satz 3 und Abse. 2 und 3 BbgStrG richten sich vielmehr Art und Umfang der Reinigung nach den örtlichen Erfordernissen, wobei die Pflicht zur ordnungsgemäßen Reinigung derjenigen zur verkehrsmäßigen Reinigung, welche einen Teil der Wegebaulast darstellt, vorgeht. Bindendes gesetzliches Merkmal und Anknüpfungspunkt für die Gebührenerhebung ist mithin allein die Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Reinigung nach den örtlichen (Reinigungs-)Erfordernissen gemäß § 49 a Abse. 1 und 2 BbgStrG. Unter ordnungs- oder polizeirechtlicher "Reinigung" (bzw. Winterwartung) ist insoweit diejenige Reinigung (Winterwartung) zu verstehen, die nach überkommener Auffassung innerhalb der bebauten Ortschaften zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung aus allgemeinen ordnungsrechtlichen bzw. polizeilichen, insbesondere aus gesundheits(polizei)lichen Gründen, namentlich zur Reinhaltung, Räumung oder Säuberung der Straße bzw. des Weges zum Zwecke der Erleichterung des Verkehrs, zur Verhinderung von Krankheiten und Seuchen, aber auch aus Gründen der öffentlichen Sauberkeit und zur Förderung des kommunalen Lebens, oder - insbesondere im Bereich der Winterwartung - aus Gründen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs geboten ist. Ergibt allerdings die Prüfung, dass hiernach keine (ordnungsgemäße) Reinigungspflicht besteht, sind weitere Reinigungen solche, die nicht mehr von § 49 a BbgStrG gefordert und damit nicht geboten i.S.d. Norm sind. Wenn keine Reinigungspflicht nach dem BbgStrG besteht, dürfen die Gemeinden keine Gebühren für anderen Rechtsquellen entspringende Reinigungen verlangen.
2. Im Bereich des Winterdienstes ist zudem zu berücksichtigen, dass die ordnungsgemäße Reinigung im dargelegten Sinne eine Winterwartung nur auf gefährlichen und verkehrswichtigen Straßen bzw. Stellen der Fahrbahn innerhalb der geschlossenen Ortslagen gebietet; nur hier ist zu räumen bzw. bei Schnee- und Eisglätte zu streuen.
3. Bei der Verpflichtung zur Berücksichtigung von Billigkeitsgründen gemäß § 163 AO handelt es sich nicht um eine ateriell rechtliche, sondern lediglich um eine verfahrensrechtliche Pflicht. Eine Entscheidung nach § 163 AO ist insoweit gegenüber der Abgabenfestsetzung ein selbständiger Verwaltungsakt, mit dem sie zwar äußerlich verbunden werden kann, aber nicht muss. Hat eine Gemeinde im Veranlagungsverfahren nicht über den (teilweisen) Billigkeitserlass entschieden, liegt einzig ein Bescheid vor, der die nach Maßgabe der landes- und ortsrechtlichen Bestimmungen entstandene Abgabe der Höhe nach festsetzt und ggf. zur Zahlung auffordert, nicht aber ein den Gegenstand der Billigkeit regelnder Verwaltungsakt. Der allein die Abgabenfestsetzung (und das Leistungsgebot) enthaltene Bescheid ist als solcher rechtmäßig, und zwar selbst dann, wenn es sich bei dem von der Gemeinde unberücksichtigten Billigkeitsgrund um einen solchen handelt, der möglicherweise kraft Antrags oder von Amts wegen hätte berücksichtigt werden müssen. Aus diesem Grund ist im Fall einer Verletzung dieser (verfahrensrechtlichen) Berücksichtigungspflicht ein ergangener Abgabenbescheid nicht im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO rechtswidrig und unterliegt nicht der Aufhebung. Ein Abgabenpflichtiger kann vielmehr sein Interesse an einem (teilweisen) Billigkeitserlass gemäß § 163 AO nicht mit einer Anfechtungsklage gegen den Abgabenbescheid, sondern nur (nach entsprechendem Vorverfahren) mit einer auf den Ausspruch der Billigkeitsmaßnahme gerichteten Verpflichtungsklage verfolgen.
4. Auch Billigkeitsgründe gemäß § 12c KAG bzw. gemäß §§ 222, 227 AO sind nicht bereits im Heranziehungs bzw. Festsetzungsverfahren gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 4 lit. b) KAG, sondern erst im Erlass- bzw. Erhebungsverfahren gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 5 KAG zu berücksichtigen. Sowohl die Stundung als auch der Erlass einer Abgabenschuld nach vorgenannten Vorschriften sind vom Entstehen der Abgabenschuld zu unterscheiden. Gestundet oder erlassen werden kann nur eine bestehende Abgabenschuld. Eine vom Kläger begehrte Billigkeitsentscheidung ist insoweit - ebenso wie eine Billigkeitsentscheidung nach § 12 Abs. 1 Nr. 4 lit. b) KAG i. V. m. § 163 AO - gegenüber der Abgabenfestsetzung ein selbständiger Verwaltungsakt, der die Rechtmäßigkeit des Abgabenbescheids unberührt lässt. Dies hat zur Folge, dass ein Abgabenpflichtiger sein Interesse an einer Billigkeitsentscheidung nach § 12c KAG bzw. §§ 222, 227 AO nicht mit einer Anfechtungsklage gegen den Abgabenbescheid, sondern - ggf. nach erfolglos gebliebener Antragstellung bei dem Einrichtungsträger - nur mit einer auf die Zulassung der Billigkeitsmaßnahme gerichteten Verpflichtungsklage verfolgen kann.
5. Unter persönlichen Billigkeitsgründen sind solche zu verstehen, die sich aus der Person oder den persönlichen Verhältnissen des Abgabenpflichtigen selbst ergeben (sog. Erlassbedürftigkeit) und die er selbst nicht in vorwerfbarer Weise verschuldet hat (sog. Erlasswürdigkeit). Eine Erlassbedürftigkeit kann bei natürlichen Personen bestehen, die sonst ihre Existenzgrundlage verlören. Persönliche Billigkeitsgründe liegen insbesondere vor, wenn der Abgabenpflichtige in eine unverschuldete finanzielle Notlage geraten ist oder durch die Abgabenfestsetzung oder/und Erhebung geriete, so dass dessen notwendiger Lebensunterhalt dauerhaft gefährdet würde. Eine Billigkeitsmaßnahme ist aber nur dann gerechtfertigt, wenn die wirtschaftliche Notlage durch die abgabenmäßige Inanspruchnahme selbst verursacht würde, d.h., wenn die Erhebung der Abgabe eine wesentliche Ursache für die Existenzgefährdung darstellte. Es muss ein konkreter Zusammenhang zwischen der Erhebung bzw. Einziehung der Abgabe und den persönlichen Verhältnissen des Abgabenschuldners bestehen. Eine abweichende Festsetzung bzw. ein Erlass führte hier zu keinem wirtschaftlichen Vorteil.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zu Straßenreinigungsgebühren.
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Flur X, Flurstück x, A-Straße in Cottbus.
Mit Bescheid vom 10. Juni 2012 zog der Beklagte den Kläger u.a. zu Straßenreinigungsgebühren für das Kalenderjahr 2012 in Höhe von 63,26 Euro heran.
Hiergegen legte der Kläger am 24. Juni 2012 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus: Aufgrund seiner Zahlungsunfähigkeit, auf die er bereits im Vorfeld der Veranlagung mit Schreiben vom 25. August 2011 hingewiesen habe, sei er nicht in der Lage, Straßenreinigungsgebühr zu bezahlen. Es sei insoweit rechtswidrig, dass die Stadtverordnetenversammlung bei der Entscheidung, den Winterdienst für die A-Straße einzuführen, seine Leistungsfähigkeit nicht berücksichtigt habe.
Diesen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 6. März 2012 zurück. Zur Begründung führte er aus: Die vom Kläger vorgebrachten Argumente seien für die Veranlagung irrelevant. Er könne jedoch einen Stundungsantrag stellen.
Mit seiner am 6. April 2012 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Zur Begründung stützt er sich zunächst auf sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren. Ergänzend führt er aus: Der Beklagte habe nicht nachgewiesen, dass der Stadtverordnetenversammlung sein Schreiben vom 25. August 2011 bei der Beschlussfassung über die Einführung des Winterdienstes für die A-Straße vorgelegen habe. Mit seiner Klage wolle er erreichen, dass der Beklagte ihn von der Bezahlung von Gebühren für den Straßenwinterdienst befreie, weil sein wirtschaftlicher und sozialer Zustand durch kriminelle Handlungen der Cottbuser Stadtverwaltung entstanden sei. Für alle weiteren Verpflichtungen zum Leben blieben ihm nach Abzug seiner Zahlungen an die Rentenkasse von seiner Rente in Höhe von 699,53 Euro, die in Höhe von 47,59 Euro bezuschusst werde, nur 548,18 Euro. Von einer weiteren Beweisführung hinsichtlich seiner sozialen Lage nehme er Abstand.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
den Bescheid vom 10. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. März 2012 hinsichtlich der darin festgesetzten Straßenreinigungsgebühr aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung stützt er sich auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid. Ergänzend trägt er vor: Soweit sich der Kläger auf seine Zahlungsunfähigkeit berufe, könne dies als Antrag auf Erlass der Gebühr gemäß § 12c Abs. 2 Kommunalabgabengesetz (KAG) auszulegen sein. Dies setze jedoch in materiell-rechtlicher Hinsicht voraus, dass die Einziehung der Gebühr nach Lage des Falles unbillig sei. Dies habe der Kläger nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Der bloße Hinweis auf seine Rente genüge insoweit nicht. Zudem bleibe es dem Kläger unbenommen, zunächst diejenigen Mittel auszuschöpfen, die das Sozialrecht zur Verfügung stelle, um etwa seine Rente aufzustocken. Der Kläger müsse darüber hinaus ggf. zunächst einen Stundungsantrag stellen.
Die Kammer konnte gemäß § 6 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) durch den Vorsitzenden als Einzelrichter entscheiden, da diesem der Rechtsstreit durch Beschluss der Kammer vom 3. Januar 2013 zur Entscheidung übertragen worden ist. Ferner konnte der Vorsitzende trotz Ausbleibens des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung verhandeln und in der Sache entscheiden, da dieser rechtzeitig und ordnungsgemäß und unter Hinweis auf die Folgen seines Ausbleibens geladen worden ist, vgl. § 102 Abs. 2 VwGO. Der Kläger hat zwar seine Terminsverhinderung wegen eines Todesanfalls angezeigt, jedoch – abgesehen davon, dass er eine Glaubhaftmachung unterlassen hat – keine Terminsverlegung beantragt, so dass für eine solche keine Veranlassung bestand.
Soweit der Kläger sinngemäß die Aufhebung des Gebührenbescheides vom 10. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. März 2012 hinsichtlich der darin festgesetzten Straßenreinigungsgebühren begehrt, ist die zulässige Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1, 1. Alt. VwGO) unbegründet. Der angefochtene Straßenreinigungsgebührenbescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger (daher) nicht in seinen Rechten, vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Der Gebührenbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides findet in der Satzung der Stadt Cottbus über die Erhebung von Straßenreinigungsgebühren vom 30. November 2011 (Straßenreinigungsgebührensatzung – StrRGBS 2011), die am 1. Januar 2012 in Kraft getreten ist (§ 7 StrRGBS 2011), eine i.S.d. § 2 Abs. 1, Sätze 1 und 2 des Kommunalabgabengesetzes (KAG) hinreichende Rechtsgrundlage.
Die Straßenreinigungsgebührensatzung 2011 weist keine formellen Satzungsfehler auf. Sie wurde ordnungsgemäß mit der Angabe von Ort und Datum vom Bürgermeister der Stadt Cottbus ausgefertigt und im Amtsblatt für die Stadt Cottbus vom 17. Dezember 2011 bekanntgemacht, wobei diese Veröffentlichung den Vorgaben des § 16 der Hauptsatzung der Stadt Cottbus vom 25. März 2009, an deren Wirksamkeit gleichfalls keine Zweifel bestehen, genügte. Es sind auch keine materiellen Satzungsfehler, die zur Unwirksamkeit der Satzung führen könnten, ersichtlich (vgl. bereits Urteil der Kammer vom 21. August 2013 – 6 K 552/12 -, veröff. in juris). Solche Bedenken an der materiellen Wirksamkeit der genannten Satzung sind vom Kläger auch nicht (substantiiert) geltend gemacht worden.
Soweit der Kläger rügt, bei der Anordnung der Einführung des Winterdienstes für die Fahrbahn der A-Straße (Reinigungsklasse – Rk 60) durch die 3. Satzung zur Änderung der Satzung der Stadt Cottbus über die Straßenreinigung (Straßenreinigungssatzung) vom 26. Oktober 2011, an deren formeller Wirksamkeit ebenso wie an der Wirksamkeit der Satzung der Stadt Cottbus über die Straßenreinigung (Straßenreinigungssatzung) vom 26. November 2008 keine Bedenken bestehen, seien seine wirtschaftlichen Verhältnisse nicht berücksichtigt worden, ist dies unerheblich, so dass auch den diesbezüglichen „Anträgen“ des Klägers jeweils auf Seite 3 der beiden Fassungen des Schriftsatzes vom 30. Mai 2013 nicht weiter nachzugehen war und es nicht darauf ankommt, ob dem Kläger insoweit im behördlichen Verfahren eine zureichende Akteneinsicht gewährt wurde.
Die finanziellen Verhältnisse der in § 49a Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 und Sätze 3 und 4 Brandenburgisches Straßengesetz (BbgStrG) als Gebührenpflichtige genannten Personen gehören nicht zu den Umständen, die bei der Frage, ob eine öffentlichen Straße nach Maßgabe des § 49a BbgStrG gereinigt oder wintergewartet wird, zu berücksichtigen sind.Nach § 49 a Abs. 1 Satz 3 und Abse. 2 und 3BbgStrG richten sich vielmehr Art und Umfang der Reinigung nach den örtlichen Erfordernissen, wobei die Pflicht zur ordnungsgemäßen Reinigung derjenigen zur verkehrsmäßigen Reinigung, welche einen Teil der Wegebaulast darstellt, vorgeht. Bindendes gesetzliches Merkmal und Anknüpfungspunkt für die Gebührenerhebung ist mithin allein die Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Reinigung nach den örtlichen (Reinigungs-)Erfordernissen gemäß § 49 a Abse. 1 und 2 BbgStrG (vgl. OVG Berlin- Brandenburg, Beschluss vom 1. Juli 2008 – 1 A 1.07 -, veröff. in juris; VGCottbus, Beschl. vom 18. Januar 2012 – 6 L 79/11 -, zit. nach juris Rn. 17 ff.). Unter ordnungs- oder polizeirechtlicher „Reinigung“ (bzw. Winterwartung) ist insoweit diejenige Reinigung (Winterwartung) zu verstehen, die nach überkommener Auffassung innerhalb der bebauten Ortschaften zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung aus allgemeinen ordnungsrechtlichen bzw. polizeilichen, insbesondere aus gesundheit(spolizei)lichen Gründen, namentlich zur Reinhaltung, Räumung oder Säuberung der Straße bzw. des Weges zum Zwecke der Erleichterung des Verkehrs, zur Verhinderung von Krankheiten und Seuchen, aber auch aus Gründen der öffentlichen Sauberkeit und zur Förderung des kommunalen Lebens, oder – insbesondere im Bereich der Winterwartung – aus Gründen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs geboten ist (so zutreffend zur dortigen Rechtslage etwa Hessischer VGH, Urteil vom 5. Februar 1980 – II OE 150/77 -, HessVGPspr. 80, 61; Wichmann, Straßenreinigung und Winterdienst in der kommunalen Praxis, 7. Aufl. 2013, Rn. 345; Wendrich NZV 1990, 89; vgl. auch S. 1, Allgemeines der Gesetzesbegründung zur Einführung des § 49 a BbgStrG in LT- Drs. 2/1853).Ergibt allerdings die Prüfung, dass hiernach keine (ordnungsgemäße) Reinigungspflicht besteht, sind weitere Reinigungen solche, die nicht mehr von § 49 a BbgStrG gefordert und damit nicht geboten i.S.d. Norm sind. Wenn keine Reinigungspflicht nach dem BbgStrG besteht, dürfen die Gemeinden keine Gebühren für anderen Rechtsquellen entspringende Reinigungen verlangen. Nach dem BbgStrG darf man auf keine darüber hinaus gehende Erfüllung von Verkehrssicherungspflichten oder auf zusätzliche Serviceleistungen bei der Daseinsvorsorge abstellen, um die Erhebung von Gebühren zu rechtfertigen. Die verkehrsmäßige Reinigungspflicht kann die polizeimäßige Reinigungspflicht nicht erweitern. Erfüllt daher die Kommune über ihre polizeilichen bzw. straßenrechtliche Reinigungspflichten hinaus ihre Verkehrssicherungsplicht, ist dies rechtlich ebenso zulässig wie nach Gebührenrecht unerheblich. Kommunen dürfen nur für das von ihnen straßenreinigungsrechtlich Verlangte, also für die ordnungs- bzw. polizeirechtliche Reinigung Gebühren fordern (vgl. zum Ganzen Wichmann a.a.O. Rn 345). Durch § 49 a Abse. 1 bis 2 BbgStrG wird insoweit die öffentliche Einrichtung Straßenreinigung, für deren Benutzung Gebühren erhoben werden, verbindlich räumlich und sachlich- gegenständlich determiniert (vgl. zur dortigen Rechtslage OVG Nordrhein- Westfalen, Urteil vom 14. Dezember 1989 – 9 A 1718/88 -, OVGE 42, 30, 43 f.14.; Schmidt StGR 1992, 293, 296). Überschreitungen des von § 49 a BbgStrG gesetzten gegenständlichen, räumlichen und inhaltlichen Rahmens sind keine Straßenreinigung mehr i.S.d. Vorschrift. Ergibt die Prüfung, dass hiernach keine Reinigungspflicht besteht, sind weitere Reinigungen solche, die nicht mehr von § 49 a BbgStrG gefordert und damit nicht geboten i.S.d. Norm sind. Satzungsrechtliche Regelungen, die dem nicht Rechnung tragen, sind unwirksam (vgl. zum Ganzen Wichmann a.a.O. Rn 345). Im Bereich des – hier relevanten - Winterdienstes ist zudem zu berücksichtigen, dass die ordnungsgemäße Reinigung im dargelegten Sinne eine Winterwartung nur auf gefährlichen und verkehrswichtigen Straßen bzw. Stellen der Fahrbahn innerhalb der geschlossenen Ortslagen gebietet; nur hier ist zu räumen bzw. bei Schnee- und Eisglätte zu streuen (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 1990 – III ZR 217/89 -, NJW 1991, 33; Urteil vom 9. Oktober 2003 – III ZR 8/03 -, DVBl. 2004, 513; OLG München, Urteil vom 5. Oktober 1989 – 1 U 2344/89 -, NJW-RR 1990, 1121; OVG Brandenburg, Urteil vom 22. August 1995 – 2 U 1/95 -, VersR 1995, 1439; ferner die umfangreichen Nachweise bei Wichmann, a.a.O., Rn. 38 und Rn. 43). Gefährliche Stellen existieren, wenn wegen ihrer eigentümlichen Gestaltung oder wegen bestimmter, nicht ohne weiteres erkennbarer Umstände ein Unfall selbst dann naheliegt, wenn man die im Winter allgemein erforderliche Sorgfalt walten ließe, also dort, wo unvermutete Gefahren auftreten können, die selbst bei einer winterlichen Bedingungen angepassten Fahrweise nicht mehr zu meistern sind. Das sind etwa solche Straßenstellen, an denen ein Kraftfahrer erfahrungsgemäß bremsen, ausweichen oder sonst ihre Fahrtrichtung oder Geschwindigkeit ändern, z.B. scharfe, unübersichtliche oder sonst schwierig zu durchfahrende Kurven, Gefällestrecken, Kreuzungen und Straßeneinmündungen – jedenfalls, wenn sie unübersichtlich sind, Verengungen sowie zu Glätte neigende Brücken und Straßen an Wasserläufen. Gerade diese Umstände können bei Eis- und Schneeglätte zum Schleudern oder Rutschen und damit Unfällen führen (vgl. Wichmann, a.a.O., Rn. 44, 45, 46, 49, 50 jew. m.w.N.). Verkehrswichtig sind etwa verkehrsreiche Durchgangsstraßen, Ortsdurchfahrten (von klassifizierten Straßen), Orts- bzw. Stadtteilverbindungsstraßen sowie die vielbefahrenen innerörtlichen Hauptverkehrsstraßen (vgl. Wichmann, a.a.O., Rn. 52 m.w.N.), ferner Straßen mit Schul- oder Linienbusverkehr (vgl. OLG Nürnberg, Urteil vom 10. Oktober 1990 – 4 U 1834/90 -, NVwZ 1991, 203, 204; OLG Hamm, Urteil vom 12. Dezember 1997 – 9 U 168/97 -, S. 5 des E.A.; VG Würzburg, Urteil vom 13. Januar 2009 – W 4 K 08.1706 -, zit. nach juris, Rn. 20; LG Freiburg, Urteil vom 26. Oktober 1990 – 8 O 85/90 -, BGWZ 1992, 521; a.A. Wichmann, a.a.O., Rn. 55 m.w.N.). Auch bei Anliegerstraßen ist eine Verkehrswichtigkeit und damit eine Gebührenerhebung nicht von vornherein ausgeschlossen (vgl. VerfGH Berlin, Beschluss vom 13. Juni 2003 -161/00 -, zit. nach juris; OVG Mecklenburg- Vorpommern, Beschluss vom 21. Dezember 1995 - 6 L 200/95 -,LKV 1996, 379-382; Hessischer VGH, Urteil vom 11. Mai 2011 - II A 2249/78 -, zit. nach juris; OVG Nordrhein- Westfalen, Urteil vom 29. Mai 1979 -II A 2249/78 -, zit. nach juris; VG Minden, Urteil vom 4. Oktober 2007 - 9 K 3719/06 -, zit. nach juris; VG Oldenburg, Urteil vom 27. Mai 2004 - 2 A 115/02 -, zit. nach juris). Etwas anderes mag für solche – verkehrsberuhigte - Anliegerstraßen und –wege gelten, die ausschließlich von Anliegern genutzt werden (vgl. VG Dresden, Beschluss vom 29. Januar 2009, a.a.O.; Wichmann, a.a.O., Rn. 52, 53 jew. m.w.N.).
Dafür dass gemessen an diesen Anforderungen die Einführung des Winterdienstes für die A-Straße fehlerhaft wäre und infolgedessen keine Straßenreinigungsgebühren erhoben werden könnten, hat der Kläger nichts vorgetragen und ist auch sonst nichts ersichtlich. Zwar sind die Verwaltungsgerichte in der Regel verpflichtet, jede mögliche Aufklärung des Sachverhalts bis an die Grenze des Zumutbaren zu versuchen, sofern die Aufklärung nach ihrer Meinung für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich ist. Der Grundsatz der Amtsermittlung des § 86 Abs. 1 VwGO findet jedoch in der Mitwirkungspflicht der Beteiligten seine Grenze. Diese besteht nicht nur darin, das Gericht bei der Erforschung des Sachverhalts zu unterstützen, sondern auch und gerade darin, dass ein Kläger die zur Begründung seines Rechtsbehelfs und seiner Einwendungen dienenden Tatsachen und Beweismittel nach § 82 Abs. 1 Satz 2 VwGO angeben soll. Solange er dieser Pflicht nicht nachkommt, überprüfbare Tatsachen vorzutragen, braucht das Gericht der bloßen Möglichkeit fehlerhafter Satzungsbestimmungen nicht nachzugehen. Insoweit ist insbesondere bei der Überprüfung von Kalkulationen aufgrund der Bindung der öffentlichen Verwaltung ein Recht und Gesetz gemäß Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) davon auszugehen, dass Aufklärungsmaßnahmen nur insoweit angezeigt sind, als sich dem Gericht im Sinne einer Plausibilitätskontrolle nach den beigezogenen Unterlagen oder Sachvortrag der klagenden Partei Fehler und/oder Widersprüche aufdrängen. Lässt es die klagende Partei insoweit an substantiiertem Sachvortrag fehlen, begnügt sie sich vielmehr mit schlichtem Bestreiten der jeweiligen Kostenansätze oder Spekulationen und ergibt sich auch aus den Unterlagen im Sinne einer Plausibilitätskontrolle kein konkreter Anhaltspunkt für einen fehlerhaften Kostenansatz, hat es hiermit sein Bewenden. Die Untersuchungsmaxime ist keine prozessuale Hoffnung, das Gericht werde mit ihrer Hilfe schon die klagebegründenden Tatsachen finden (vgl. zuletzt Urteil der Kammer vom 21. August 2013, a.a.O.).
Gründe, die für die Rechtswidrigkeit der konkreten Veranlagung des Klägers sprechen könnten, sind gleichfalls nicht ersichtlich.
Soweit der Kläger der Sache nach bemängelt, aus dem angefochtenen Bescheid sei nicht ersichtlich, dass der Antragsgegner eine abweichende Festsetzung aus Billigkeitsgründen gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 4 lit. b) KAG i.V.m. § 163 Abgabenordnung (AO) geprüft habe, führt dies nicht zur Rechtswidrigkeit der Gebührenfestsetzung. Die Gemeinde hat persönliche Billigkeitsgründe nach der zitierten Vorschrift (vgl. hierzu noch unten) grundsätzlich nur auf entsprechenden Antrag hin zu beachten (vgl. bereits Beschluss der Kammer vom 27. Januar 2011 – 6 L 272/11 -, zit. nach juris). Ungeachtet der Frage, ob insoweit das Schreiben des Klägers vom 25. August 2011 als ein solcher Antrag angesehen werden kann und unabhängig davon, ob die Gemeinde sachliche Billigkeitsgründe (vgl. auch dazu noch unten) bereits im Heranziehungsverfahren von Amts wegen zu beachten hat (ohne Differenzierung insoweit etwa Klein, Abgabenordnung, Komm., 11. Aufl. 2012, § 163 Rn. 125 f.), handelt es sich bei einer insoweit anzunehmenden Berücksichtigungspflicht – eine solche unterstellt – nicht um eine materiell- rechtliche, sondern lediglich um eine verfahrensrechtliche Pflicht. Eine Entscheidung nach § 163 AO ist insoweit gegenüber der Abgabenfestsetzung ein selbständiger Verwaltungsakt, mit dem sie zwar äußerlich verbunden werden kann, aber nicht muss. Hat eine Gemeinde im Veranlagungsverfahren nicht über den (teilweisen) Billigkeitserlass entschieden, liegt einzig ein Bescheid vor, der die nach Maßgabe der landes- und ortsrechtlichen Bestimmungen entstandene Abgabe der Höhe nach festsetzt und – wie hier – ggf. zur Zahlung auffordert, nicht aber ein den Gegenstand der Billigkeit regelnder Verwaltungsakt. Der allein die Abgabenfestsetzung (und das Leistungsgebot) enthaltene Bescheid ist als solcher rechtmäßig, und zwar selbst dann, wenn es sich bei dem von der Gemeinde unberücksichtigten Billigkeitsgrund um einen solchen handelt, der möglicherweise kraft Antrags oder von Amts wegen hätte berücksichtigt werden müssen. Aus diesem Grund ist im Fall einer Verletzung dieser (verfahrensrechtlichen) Berücksichtigungspflicht ein ergangener Abgabenbescheid nicht im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO rechtswidrig und unterliegt nicht der Aufhebung. Ein Abgabenpflichtiger kann vielmehr sein Interesse an einem (teilweisen) Billigkeitserlass gemäß § 163 AO nicht mit einer Anfechtungsklage gegen den Abgabenbescheid, sondern nur (nach entsprechendem Vorverfahren) mit einer auf den Ausspruch der Billigkeitsmaßnahme gerichteten Verpflichtungsklage verfolgen (so bereits Beschluss der Kammer vom 27. Januar 2012, a.a.O.; wie hier BVerwG, Urteil vom 4. Juni 1982 – 8 C 90.81 -, NJW 1982, 2682; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 18. Januar 2006 – 9 ME 299/04 -, zit. nach juris; VGH Baden- Württemberg, Beschluss vom 11. April 1986 – 2 S 2061/85 -, VBlBW 1987, 141; OVG Sachsen- Anhalt, Beschluss vom 29. Juni 2000 – 2 M 48/00 -, zit. nach juris; Beschluss vom 19. Februar 2004 – 2 M 333/03 -, zit. nach juris; Hessischer VGH, Urteil vom 27. Juni 1984 – V OE 56/82 -, zit. nach juris; OVG Nordrhein- Westfalen, Urteil vom 4. Dezember 2001 – 15 A 5566/99 -, zit. nach juris; VG Magdeburg, Urteil vom 24. Februar 2004 – 4 A 38/03 -, zit. nach juris; VG München, Urteil vom 24. September 2009 – M 10 K 08.6067 -, zit. nach juris).
Vorstehende Ausführungen gelten entsprechend, soweit unter Zugrundelegung des Vortrages des Klägers ein Erlass der festgesetzten Gebühr gemäß § 12 c Abs. 2, 1. Hs. KAG bzw. gemäß dem insoweit gleichlautenden § 12 Abs. 1 Nr. 5 lit. a) KAG i.V.m. § 227 AO im Raume stehen sollte. Ungeachtet der Frage, ob die Gemeinde persönliche Billigkeitsgründe nach der zitierten Vorschrift (vgl. hierzu noch unten) grundsätzlich nur auf entsprechenden Antrag hin zu prüfen hat, ob insoweit der Widerspruch des Klägers vom 24. Januar 2012 – zumindest auch - als ein solcher Antrag angesehen werden kann und unabhängig davon, ob die Gemeinde sachliche Billigkeitsgründe (vgl. auch dazu noch unten) bereits im Heranziehungsverfahren von Amts wegen zu beachten hat (ohne Differenzierung insoweit etwa Klein, a.a.O., § 227 Rn. 28), hat entgegen der Ansicht des Klägers der Beklagte Billigkeitsgründe nach den zitierten Vorschriften nicht bereits im Heranziehungs- bzw. Festsetzungsverfahren gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 4 lit. b) KAG, sondern erst im Erlass- bzw. Erhebungsverfahren gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 5 KAG zu berücksichtigen. Insoweit gilt für § 12 c KAG nichts anderes als für §§ 222, 227 AO. Sowohl die Stundung als auch der Erlass einer Abgabenschuld nach vorgenannten Vorschriften sind vom Entstehen der Abgabenschuld zu unterscheiden. Gestundet oder erlassen werden kann nur eine bestehende Abgabenschuld (vgl. bereits Beschluss der Kammer vom 27. Februar 2012 – 6 L 218/10 -, S. 16 ff. des E.A.; BFH, Beschluss vom 30. April 2003 - XI B 175/02 - , zit. nach juris; OVG Sachsen, Beschluss vom 17. September 2009 - 5 D 76/09 - , zit. nach juris; VG Augsburg, Urteil vom 12. Mai 2009 –Au 1 K 08.1600, zit. nach juris). Dies wird auch in der Begründung des Vierten Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes deutlich, wenn es dort heißt: „Die Regelungen entsprechen §§ 222 Satz 1 und 2 sowie § 227 AO. Sie wurden in das KAG aufgenommen, um die Möglichkeit von Billigkeitslösungen im Heranziehungsverfahren herauszustreichen“ (vgl. Gesetzesbegründung, Drucksache 4/7225, S. 13). Die vom Kläger begehrte Billigkeitsentscheidung ist insoweit – ebenso wie eine Billigkeitsentscheidung nach § 12 Abs. 1 Nr. 4 lit. b) KAG i. V. m. § 163 AO - gegenüber der Abgabenfestsetzung ein selbständiger Verwaltungsakt, der die Rechtmäßigkeit des Abgabenbescheids unberührt lässt. Dies hat zur Folge, dass ein Abgabenpflichtiger sein Interesse an einer Billigkeitsentscheidung nach § 12c KAG bzw. §§ 222, 227 AO nicht mit einer Anfechtungsklage gegen den Abgabenbescheid, sondern – ggf. nach erfolglos gebliebener Antragstellung bei dem Einrichtungsträger - nur mit einer auf die Zulassung der Billigkeitsmaßnahme gerichteten Verpflichtungsklage verfolgen kann (so bereits Beschluss der Kammer vom 27. Februar 2012, a.a.O.; wie hier BVerwG, Urteil vom 4. Juni 1982 – 8 C 90.81 -, NJW 1982, 2682; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16. März 2009 - 12 E 163/09 - , zit. nach juris; BayVGH, Beschluss vom 23. Oktober 2006 - 23 ZB 06.1956 - , zit. nach juris; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 31. Juli 2002 - 1 L 14/02 - , zit. nach juris, hinsichtlich Straßenreinigungsgebühren; VG Greifswald, Urteil vom 12. März 2003 - 3 A 319/01 - , zit. nach juris; VG München, Beschluss vom 13. April 2011 – M 10 S 10.6255 - , zit. nach juris).
Aber auch soweit man das Klagebegehren des Klägers gemäß § 88 VwGO dahingehend auslegt, er erstrebe – ggf. hilfsweise - im Erhebungsverfahren den Erlass der bereits festgesetzten Gebühr gemäß § 12 c Abs. 2, 1. Hs. KAG bzw. gemäß dem insoweit gleichlautenden § 12 Abs. 1 Nr. 5 lit. a) KAG i.V.m. § 227 AO oder ggf. auch gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 4 lit. b) KAG i.V.m. § 163 AO eine abweichende Festsetzung der Abgabe aus Billigkeitsgründen (vgl. zur Möglichkeit einer Entscheidung über eine abweichende Festsetzung nach § 163 AO auch nach – sogar bestandskräftiger – Festsetzung der Abgabe Klein, a.a.O., § 163 Rn. 125 ff., Rn. 138), hat ein solches Begehren keinen Erfolg.
Dabei mag dahinstehen, ob eine insoweit statthafte Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1, 2. Alt. VwGO mangels Durchführung eines Vorverfahrens gemäß § 68 Abse. 1 und 2 bereits unzulässig wäre oder ob insoweit das Schreiben des Klägers vom 25. August 2011 als Antrag auf abweichende Festsetzung bzw. der Widerspruch des Klägers vom 24. Januar 2012 – jedenfalls zugleich - als Erlassantrag – soweit man diese jeweils für erforderlich erachtet (vgl. bereits oben und Klein, a.a.O., § 163 Rn. 126 und § 227 Rn. 28) - angesehen werden können, über die der Beklagte im Sinne des § 75 VwGO bis zum heutigen Tag ohne zureichenden Grund nicht entschieden hätte. Denn jedenfalls ist eine solche Verpflichtungsklage unbegründet. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf abweichende Festsetzung gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 4 lit. b) KAG i.V.m. § 163 AO noch auf Erlass der festgesetzten Gebühr gemäß § 12 c Abs. 2, 1. Hs. KAG bzw. § 12 Abs. 1 Nr. 5 lit. a) KAG i.V.m. § 227 AO, vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.
Wie bereits oben ausgeführt, können gemäß § 163 Satz 1 AO i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 4 lit. b) KAG – soweit hier von Interesse - Abgaben niedriger festgesetzt werden, wenn die Erhebung der Abgabe nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Gemäß § 12 c Abs. 2, 1. Hs. KAG bzw. dem insoweit gleichlautenden § 12 Abs. 1 Nr. 5 lit. a) KAG i.V.m. § 227 können Gemeinden und Gemeindeverbände Ansprüche aus dem Abgabenschuldverhältnis ganz oder teilweise erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.
Sachliche Unbilligkeit ist gegeben, wenn die Festsetzung der Abgabe zwar an sich dem Gesetz nach seinem Wortlaut, Sinn und seiner Systematik entspricht, aber den Wertungen des Gesetzgebers im konkreten Einzelfall derart zuwiderläuft, dass die Abgabenerhebung als unbillig erscheint und zu einem vom Gesetzgeber offensichtlich nicht gewollten Ergebnis führt (vgl. hierzu bereits oben und BVerfG, Beschluss vom 5. April 1978 – 1 BvR 117/73 -, BVerfGE 48, 102; BFH, Urteil vom 11. Dezember 1986 – IV R 77/84 -, zit. nach juris). Hierfür macht der Kläger nichts geltend und ist auch sonst nichts ersichtlich.
Unter persönlichen Billigkeitsgründen sind solche zu verstehen, die sich aus der Person oder den persönlichen Verhältnissen des Abgabenpflichtigen selbst ergeben (sog. Erlassbedürftigkeit) und die er selbst nicht in vorwerfbarer Weise verschuldet hat (sog. Erlasswürdigkeit). Eine Erlassbedürftigkeit kann bei natürlichen Personen bestehen, die sonst ihre Existenzgrundlage verlören. Persönliche Billigkeitsgründe liegen insbesondere vor, wenn der Abgabenpflichtige in eine unverschuldete finanzielle Notlage geraten ist oder durch die Abgabenfestsetzung oder/und Erhebung geriete, so dass dessen notwendiger Lebensunterhalt dauerhaft gefährdet würde. Eine Billigkeitsmaßnahme ist aber nur dann gerechtfertigt, wenn die wirtschaftliche Notlage durch die abgabenmäßige Inanspruchnahme selbst verursacht würde, d.h., wenn die Erhebung der Abgabe eine wesentliche Ursache für die Existenzgefährdung darstellte. Es muss ein konkreter Zusammenhang zwischen der Erhebung bzw. Einziehung der Abgabe und den persönlichen Verhältnissen des Abgabenschuldners bestehen. Eine abweichende Festsetzung bzw. ein Erlass scheidet demgegenüber aus, wenn eine solche bzw. ein solcher dem Abgabenpflichtigen ohnehin nicht mehr helfen könnte bzw. sich auf seine wirtschaftliche Existenz mangels Durchsetzbarkeit des Abgabenanspruchs nicht konkret auswirkte. Eine Billigkeitsmaßnahme aus persönlichen Gründen kommt daher nicht in Betracht, wenn der Abgabenpflichtige in wirtschaftlichen Verhältnissen lebt, die wegen des Pfändungsschutzes eine Durchsetzung der Abgabenansprüche derzeit ausschließen; eine abweichende Festsetzung bzw. ein Erlass führte hier zu keinem wirtschaftlichen Vorteil (vgl. BFH, Beschluss vom 24. Oktober 1988 - X B 54/88 -, BFH/NV 1989, 285; Beschluss vom 20.03.1998 - V B 141/97 -, BFH/NV 1998, 1191; vgl. zum Ganzen auch Klein, a.a.O., § 163 Rn. 84 ff., 15 ff.).
Unter Zugrundelegung vorstehender Ausführungen kommt eine abweichende Festsetzung der Gebühr oder ein Erlass derselben mangels Erlassbedürftigkeit des Klägers nicht in Betracht. Zwar hat sich der Kläger insoweit darauf berufen, er sei finanziell nicht leistungsfähig. Unabhängig davon, dass der Kläger sich insoweit darauf beschränkt hat, die Höhe der von ihm bezogenen Rente mitzuteilen, dies jedoch nicht glaubhaft gemacht und zudem auf eine Darlegung seiner sonstigen wirtschaftlichen Verhältnisse bewusst verzichtet hat, scheidet eine abweichende Festsetzung bzw. ein Erlass aus, weil sich – unter Zugrundelegung des Vortrages des Klägers – eine solche bzw. ein solcher dem Kläger ohnehin nicht mehr helfen könnte und sich auf seine wirtschaftliche Existenz mangels Durchsetzbarkeit des Abgabenanspruchs nicht konkret auswirkte. Denn nach seinen eigenen Ausführungen, die die Kammer ihrer Entscheidung zugrunde legt, verfügt der Kläger nur über eine monatliche Rente von insgesamt (unter Einbeziehung der von ihm mitgeteilten Bezuschussung) 747,12 Euro. Für die Pfändbarkeit von Sozialleistungen, zu denen Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und die Altersrente gehören (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 lit. b SGB I), sind die Regelungen des § 54 SGB I zu beachten. Nach § 54 Abs. 4 SGB I können Ansprüche auf laufende Geldleistungen wie Arbeitseinkommen gepfändet werden. § 850c Absatz 1 Satz 1 Zivilprozessordnung ( ZPO) in der Fassung der Bekanntmachung des Bundesministeriums der Justiz vom 9. Mai 2011 (BGBl. I S. 825) bestimmt, dass Arbeitseinkommen unpfändbar ist, wenn es nicht mehr als 1.028,89 Euro monatlich beträgt. Der Kläger genießt insoweit ohnehin bereits jetzt Pfändungsschutz. Zwar kann Unbilligkeit insofern selbst dann vorliegen, wenn die Durchsetzung des Abgabenanspruchs wegen des Vollstreckungsschutzes ausgeschlossen ist, die Abgabenrückstände aber den Abgabenpflichtigen hindern, eine neue Erwerbstätigkeit zu beginnen und sich eine eigene, von Sozialhilfeleistungen unabhängige wirtschaftliche Existenz aufzubauen (vgl. BFH, Urteil vom 27. September 2001 - X R 134/98 -, zit. nach juris). Hierfür ist vorliegend jedoch weder vom Kläger etwas vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.
Gründe, an der Rechtmäßigkeit der Höhe der Veranlagung zu zweifeln, hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers weder geltend gemacht noch sind solche ersichtlich.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).