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Zulassungsbegehren; EdB; Informationszugang; Gehälter der EdB-Geschäftsführer; Prüfungsvorgänge der BaFin gegenüber einer Bank; personenbezogene Daten; keine Einwilligung der Betroffenen; Verfügungsberechtigung der verpflichteten Stelle; Zuständigkeit; identischer Antrag bei BaFin; keine Gewährung des Informationszugangs durch EdB


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 12. Senat Entscheidungsdatum 09.03.2015
Aktenzeichen OVG 12 N 44.13 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 5 Abs 1 S 1 IFG, § 7 Abs 1 S 1 IFG

Leitsatz

Zur (fehlenden) Verfügungsberechtigung einer Entschädigungseinrichtung nach dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz über Informationen betreffend Prüfvorgänge der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht nach dem Kreditwesengesetz bei einem Kreditinstitut gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 IFG

Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 15. März 2013 wird abgelehnt.

Die Kosten des Zulassungsverfahrens trägt die Klägerin.

Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 10 000 EUR festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegen auf der Grundlage der mit dem Zulassungsvorbringen erhobenen Rügen bzw. als grundsätzlich bedeutsam aufgeworfenen Fragestellungen nicht vor.

1. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend entschieden, dass der Auskunft über die Geschäftsführervergütung bei der Beklagten der Schutz der personenbezogenen Daten und die fehlende Einwilligung der Geschäftsführer nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG entgegensteht. Da es im Jahr 2003 nur zwei Geschäftsführer bei der Beklagten gegeben hat, entfällt der gebotene Schutz personenbezogener Daten nicht durch die von der Klägerin angestrebte Auskunft zur Summe der gezahlten Geschäftsführergehälter. Das Argument, dass das exakte Gehalt jedes der Geschäftsführer nicht ermittelbar sei, wenn nur der Gesamtverdienst beider angegeben werde. Es ist zwar richtig, dass die Ermittlung des exakten Gehalts jedes der Geschäftsführer zusätzliches Wissen zur Höhe einer der beiden Vergütungen voraussetzt. Wird jedoch – auf welchem Wege auch immer – solches Zusatzwissen erlangt, läuft der Schutz personenbezogener Daten beider Betroffener infolge der Auskunft leer. Diese Situation unterscheidet sich wesentlich von derjenigen aggregierter Daten einer Vielzahl von Personen, bei der Kenntnis der Zugehörigkeit eines Datensatzes zu einer bestimmten Person regelmäßig noch keinen Rückschluss auf die Zuordnung der übrigen Daten und deren Reanonymisierung zulässt. Davon abgesehen ermöglicht schon die Teilbarkeit der mitgeteilten Summe durch die Zahl der Geschäftsführer Spekulationen über die gezahlte Vergütung, deren Vermeidung auch vom Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) umfasst ist. Dass unter den hier vorliegenden Gegebenheiten der Schutz personenbezogener Daten vorrangig ist, bedarf auch keiner grundsätzlichen Klärung in einem Berufungsverfahren, sondern versteht sich von selbst. Nichts anderes gilt für das Auskunftsbegehren betreffend die Angabe des Gesamtverdienstes des Geschäftsführers W., wobei das Zulassungsvorbringen insoweit zusätzlich verkennt, dass auch der Gesamtverdienst einer Person über mehrere Jahre hinweg ein personenbezogenes Datum ist, dessen Schutzwürdigkeit unabhängig davon besteht, ob aus dem Gesamtverdienst auf den Einzelverdienst eines Jahres oder bestimmter Zeiträume geschlossen werden kann.

Die darüber hinaus als rechtsgrundsätzlich dargestellte Frage, ob die Beklagte durch „Flucht“ in eine private Rechtsform Intransparenz hinsichtlich der Gehälter ihrer Leiter und ihrer Mittelverwendung schaffen kann und darf, würde sich in einem Berufungsverfahren nicht stellen. Das vorliegende Verfahren hat das Bestehen eines Anspruchs auf Informationszugang unter den gegebenen organisatorischen Verhältnissen zum Gegenstand, nicht eine gutachterliche Äußerung zu der Frage, bei welcher Organisationsform die größtmögliche Transparenz gewährleistet ist. Wäre die Beklagte im Übrigen als Bundesbehörde organisiert und ihre Leiter nach dem Bundesbesoldungsgesetz bezahlte Beamte, ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin die begehrte Information hinsichtlich der Bewertung des Leitungsamtes dem Gesetz entnehmen könnte (vgl. § 9 Abs. 3 IFG); die Höhe des konkreten Gehalts in allen seinen Bestandteilen bliebe aber auch dann ein § 5 IFG unterfallendes personenbezogenes Datum, das nicht ohne die Einwilligung des Betroffenen mitgeteilt werden dürfte (vgl. zum IFG Bln: Senatsurteil vom 27. Januar 2011 – OVG 12 B 69.07 - OVGE 32, 27, juris Rn. 31 f.).

2. Die Richtigkeit des Urteils steht auch nicht in Frage, soweit das Verwaltungsgericht bezüglich der Klageanträge zu 1 e) und f), 2 a) sowie b) – Dokumente 98 und 103 - angenommen hat, der Beklagten fehle hinsichtlich dieser Informationen die Verfügungsberechtigung nach § 7 Abs. 1 Satz 1 IFG, weil Urheber der Informationen die im Rahmen ihrer Zuständigkeit handelnde Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen und nicht die Beklagte sei. Nach der genannten Vorschrift entscheidet über den Informationszugang die Behörde, die zur Verfügung über die begehrten Informationen berechtigt ist. Das Verwaltungsgericht hat diese Bestimmung in Übereinstimmung mit der Begründung des Gesetzes (BT-Drucks. 15/4493, S. 14) und der hierzu vorliegenden höchstrichterlichen Rechtsprechung (BVerwG, Urteil vom 3. November 2011 – 7 C 4.11 – NVwZ 2012, 251; juris Rn. 27) als Zuständigkeitsbestimmung aufgefasst und allein in der Zugehörigkeit bestimmter Informationen zu den Akten einer informationspflichtigen Stelle noch nicht zugleich die Verfügungsberechtigung gesehen (vgl. auch BVerwG, a.a.O.). Dabei hat es zwar in Übereinstimmung mit der Senatsrechtsprechung (zuletzt Urteile vom 28. Januar 2015 – OVG 12 B 21.13 –, juris Rn. 18, und vom 6. November 2014 – OVG 12 B 14.13 –, juris Rn. 26) angenommen, dass grundsätzlich jede durch das Gesetz verpflichtete Stelle zur Verfügung über eine nicht nur ihr, sondern auch anderen Stellen vorliegende Information berechtigt ist. Es hat sodann aber den Fall als Ausnahme angesehen, in dem der Zugang – wie hier – bei mehreren informationspflichtigen Stellen zu inhaltlich identischen Informationen beantragt wird, die eine der Stellen im Rahmen der ihr obliegenden Aufgaben erhoben oder selbst geschaffen hat, während sie der anderen Stelle nur informationshalber übermittelt worden sind. In einem solchen Fall liege die Verfügungsberechtigung bei der Behörde, der die Urheberschaft und damit die größte Sachnähe zum Verfahren zukomme.

Soweit das Zulassungsvorbringen Richtigkeitszweifel an der Entscheidung daraus herleiten möchte, dass gesetzlich Fälle des Auseinanderfallens von Informationsbesitz und Verfügungsbefugnis nur in den – fallbezogen nicht einschlägigen – Konstellationen des § 3 Nr. 5 und 7 IFG geregelt seien, verkennt es, dass diese Normen den Anspruch auf Informationszugang bei jeder Stelle ausschließen, die über die Information verfügt, während das Verwaltungsgericht die Klägerin vorliegend auf den bei der sachnäheren Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht gestellten Antrag verwiesen hat.

Auch die Rüge, das Verwaltungsgericht habe lediglich vermutet, dass die eingeforderten Informationen auch bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vorliegen und hätte deshalb den Rechtsstreit wegen Vorgreiflichkeit einer diesbezüglichen Entscheidung des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main aussetzen müssen, führt nicht zum Vorliegen des Zulassungsgrundes. Fehlt der Beklagten nach der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts die Verfügungsbefugnis über die bei ihr vorhandene Information, war das Verfahren auf Informationszugang bei der verfügungsberechtigten Behörde nicht vorgreiflich im Sinne von § 94 VwGO für die (klagabweisende) Entscheidung im vorliegenden Verfahren. Das Verfahren über den bei der zuständigen Behörde gestellten Antrag bietet vielmehr den einzigen und alleinigen Weg für den Informationszugang. Für die von der Klägerin geäußerte Vermutung, die Bundesanstalt könne zu den Fragen zu 1 e) und 1 f) keine Auskunft erteilen, fehlt dagegen jeder Anhalt. Die Fragen betreffen die aufsichtliche Prüfung und die Durchführung von Sonderprüfungen nach dem Kreditwesengesetz bei einem Bankinstitut. Es ist daher davon auszugehen, dass Unterlagen hierüber zu den Akten der Behörde gelangt sind, die solche Prüfungen durchgeführt oder veranlasst hat.

3. Die Rechtssache hat auch mit der Frage keine grundsätzliche Bedeutung, ob „es tatsächlich weitere gesetzlich nicht geregelte ungeschriebene Fälle gibt, in denen der Informationsbesitz und die Verfügungsbefugnis auseinanderfallen können“. Dass nämlich das Gesetz insoweit offen ist, hat das Bundesverwaltungsgericht bereits rechtsgrundsätzlich entschieden, wenn es in dem Urteil vom 3. November 2011 ausgeführt hat (a.a.O. Rn. 27): „Mit diesem Kriterium (Anm. d. Senats: der Verfügungsberechtigung) macht das Gesetz deutlich, dass die lediglich faktische Verfügungsmöglichkeit im Unterschied etwa zu § 2 Abs. 4 Satz 1 UIG (siehe dazu Reidt/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht I, § 2 UIG Rn. 53) nicht ausreicht. Die Verfügungsberechtigung liegt aber auch nicht bereits dann vor, wenn die Information nach formalen Kriterien ordnungsgemäß Teil der Akten der grundsätzlich informationspflichtigen Behörde ist. Die ordnungsmäßige Zugehörigkeit zu den Akten ist nur notwendige, nicht aber hinreichende Bedingung für die Verfügungsberechtigung.“

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 und 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).