Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 2. Senat | Entscheidungsdatum | 25.06.2013 | |
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Aktenzeichen | OVG 2 N 55.10 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 124 Abs 2 Nr 1 VwGO, § 124 Abs 2 Nr 3 VwGO, § 74 BauO BB, § 34 Abs 1 BauGB, § 40 Abs 1 S 1 Nr 8 BauGB, § 40 Abs 2 BauGB, Art 14 GG |
Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das den Klägern und dem Beklagten am 1. Juni 2010 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam wird abgelehnt.
Die Kosten des Zulassungsverfahrens tragen die Kläger.
Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 5.000 Euro festgesetzt.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
1. Der geltend gemachte Zulassungsgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor. Derartige Zweifel bestehen dann, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung der angegriffenen Entscheidung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden und nicht nur die Begründung der angefochtenen Entscheidung oder nur einzelne Elemente dieser Begründung, sondern auch die Richtigkeit des Ergebnisses der Entscheidung derartigen Zweifeln unterliegt. Das zur Begründung des Zulassungsantrages mit Schriftsätzen vom 16. Juni, 29. Juni und 10. August 2010 Dargelegte erfüllt diese Anforderungen nicht.
Das Verwaltungsgericht hat die angefochtene Beseitigungsanordnung für rechtmäßig gehalten, weil der zu beseitigende Zaun im Zeitpunkt seiner Errichtung und auch seitdem jederzeit öffentlich-rechtlichen Vorschriften widersprochen habe. Der Zaun sei ohne die damals erforderliche Baugenehmigung errichtet worden. Seit dem In-Kraft-Treten des Bebauungsplanes Nr. 8 der Gemeinde Groß Glienicke „Seepromenade/
Dorfstraße“ im Jahr 1999 verstoße er gegen die Festsetzungen dieses Bebauungsplanes; sein Ermessen habe der Beklagte fehlerfrei ausgeübt.
Soweit die Kläger rügen, dass der Zaun, soweit er auf dem Flurstück 98/1 der Flur 16 liege, entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts im Innenbereich i.S.v. § 34 Abs. 1 BauGB errichtet worden sei, weil dieses Flurstück von der durch die Gemeinde Groß Glienicke am 26. Mai 1993 erlassenen Innenbereichssatzung erfasst sei, was zur Folge habe, dass der vor In-Kraft-Treten des Bebauungsplans errichtete Zaun insoweit Bestandsschutz genieße, zeigen sie keine ernstlichen Richtigkeitszweifel auf. Die Kläger legen bereits nicht schlüssig dar, dass vor In-Kraft-Treten des Bebauungsplans eine wirksame Innenbereichssatzung existierte. Sie haben mit der Zulassungsbegründung lediglich den von der Gemeindevertretung in ihrer Sitzung am 26. Mai 1993 gebilligten Entwurf einer Innenbereichssatzung vorgelegt. Aus den eingereichten Unterlagen geht außerdem hervor, dass die Gemeindevertretung in derselben Sitzung beschlossen hat, den Entwurf der Satzung in der Zeit vom 23. Juni 1993 bis zum 23. Juli 1993 öffentlich auszulegen und gemäß § 34 Abs. 5 BauGB a.F. die Träger öffentlicher Belange sowie die benachbarten Gemeinden am Verfahren zu beteiligen. Dass nach Abschluss des Beteiligungsverfahrens der Satzungsentwurf durch die Gemeindevertretung unverändert beschlossen und anschließend öffentlich bekannt gemacht worden ist, ergibt sich aus dem Vorbringen der Kläger jedoch nicht.
Soweit die Kläger geltend machen, der streitgegenständliche Zaun habe sich vor In-Kraft-Treten des Bebauungsplanes auch deshalb nicht im Außenbereich befunden, weil zwischen dem unterhalb des ehemaligen Kolonnenweges verlaufenden Grundstücksteil und der Villenbebauung auf der anderen Seite des Weges ein solch enger Zusammenhang bestehe, dass der gesamte Garten zum Innenbereich im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB gehöre, übersehen sie, dass die von ihnen angeführte Rechtsprechung des 11. Senats des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg keine Rückschlüsse auf die bauplanungsrechtliche Situation zulässt. Die von den Klägern zitierte Entscheidung bezieht sich auf die tatbestandlichen Voraussetzungen des naturschutzrechtlichen Betretungsrechts nach § 44 Abs. 1 BbgNatSchG. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt, dass die nach der genannten Vorschrift anzustellende Abgrenzung der freien Landschaft zur bebauten Ortslage nicht nach bauplanungsrechtlichen Maßstäben erfolgt, weil die bauplanungsrechtliche Abgrenzung, ob eine Fläche in einem zusammenhängend bebauten Ortsteil i.S.v. § 34 BauGB liegt, im naturschutzrechtlichen Kontext nicht maßgebend ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 2. April 2009 - OVG 11 B 7.08 -, juris Rn. 34 ff.).
Vor diesem Hintergrund ist auch der nicht weiter begründete Einwand der Kläger, der Zaun sei bei seiner Errichtung als Einfriedung gemäß § 67 Abs. 6 Nr. 2 BbgBO a.F. genehmigungsfrei gewesen, unschlüssig. Nach dieser Vorschrift bedurften Einfriedungen unter bestimmten Voraussetzungen nur dann keiner Genehmigung, wenn sie nicht im Außenbereich lagen. Mit der bauplanungsrechtlichen Würdigung des Verwaltungsgerichts, der sich vom Uferstreifen bis zum ehemaligen Kolonnenweg erstreckende Grundstücksteil nehme nicht am Bebauungszusammenhang im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB teil (UA S. 7), setzt sich das Zulassungsvorbringen indessen nicht auseinander.
Die Einwände der Kläger gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Errichtung des Zaunes habe gegen § 48 Abs. 1 des damals geltenden Brandenburgischen Naturschutzgesetz verstoßen, führen nicht zur Zulassung der Berufung. Bei den Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu § 48 Abs. 1 BbgNatSchG a.F. handelt es sich um einen weiteren selbstständig tragenden Begründungsansatz („Des Weiteren verstieß die Errichtung des Zaunes …“, UA S. 8). Das Verwaltungsgericht hat seine Annahme, die Anlage sei im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet worden, daneben darauf gestützt, dass der Zaun bei seiner Errichtung nach damaliger Rechtslage einer Baugenehmigung bedurft habe, die jedoch nicht erteilt worden sei (UA S. 8). Weil jedenfalls die insoweit erhobenen Rügen nicht durchgreifen, kann offen bleiben, ob die zu § 48 Abs. 1 BbgNatSchG a.F. erhobenen Einwände der Kläger Erfolg hätten, denn dieser Begründungsansatz kann hinweg gedacht werden, ohne dass sich an der Richtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts, die Anlage sei im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet worden, etwas änderte.
Die sich auf die Schutzzwecke von § 3 der Landschaftsschutzverordnung Königswald beziehenden Ausführungen der Kläger sind nicht geeignet, ernstliche Richtigkeitszweifel zu begründen, denn das Verwaltungsgericht hat seine Annahme, die Beseitigungsanordnung sei rechtmäßig, nicht darauf gestützt, dass ein Verstoß gegen diese Verordnung vorliege.
Soweit die Kläger sich gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts wenden, der Zaun verstoße gegen die Festsetzungen des Bebauungsplans, weil der Plan für den Bereich zwischen Uferweg und Ufer eine öffentliche Grünfläche festsetze und dies einer Bebauung mit jeglichen baulichen Anlagen entgegenstehe, zeigen sie keine ernstlichen Richtigkeitszweifel auf. Ihr Einwand, der Bebauungsplan lasse einen Zaun bis 1,25 m zu, ist unschlüssig. Die von den Klägern für ihre Auffassung herangezogene Begründung des Bebauungsplans, wonach Einfriedungen eine Höhe von 1,25 m nicht überschreiten dürfen, bezieht sich allein auf Baugebiete (vgl. Begründung zum Bebauungsplan, Februar 1999, S. 29 Ziffer 7.2). Die Fläche, auf der sich der Zaun befindet, ist indessen nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts im Bebauungsplan als öffentliche Grünfläche ausgewiesen.
Ohne Erfolg wenden sich die Kläger gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Bebauungsplan Nr. 8 „Seepromenade/Dorfstraße“ führe nicht zu einem ungerechtfertigten Eingriff in ihre Eigentumsrechte aus Art. 14 GG. Soweit die Kläger monieren, sie müssten „völlig entschädigungslos die Aushöhlung ihres Eigentums akzeptieren“, sind sie darauf zu verweisen, dass das Planungsschadensrecht bei der Festsetzung einer Fläche – wie hier - als öffentliche Grünfläche, soweit den Eigentümern Vermögensnachteile entstehen, einen Anspruch auf Entschädigung bzw. auf Übernahme der Flächen vorsieht (vgl. § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 BauGB i.V.m. § 40 Abs. 2 BauGB). Soweit sie auf die Griebnitzsee-Rechtsprechung des Senats (vgl. z.B. Urteil vom 28. Mai 2009 – OVG 2 A 14.08 -, juris Rn. 62 f.) verweisen und meinen, aus ihr folge, dass der Bebauungsplan die privaten Belange der Eigentümer so sehr vernachlässige, dass er wegen Verstoßes gegen Art. 14 GG als nichtig anzusehen sei, übersehen sie, dass sie mit ihren im Schriftsatz vom 29. Juni 2010 erhobenen Angriffen die Rechtsverbindlichkeit des zuletzt am 15. September 2000 bekannt gemachten Bebauungsplanes nicht mehr in Frage stellen können. Denn auch im Falle einer inzidenten Kontrolle des Bebauungsplanes würden die Rügefristen des Baugesetzbuches gelten (vgl. Beschluss des Senats vom 16. Mai 2012 – OVG 2 S 4.12 -, BA S. 4 und Urteil vom 26. April 2012 – OVG 2 B 26.10 -, juris Rn. 22). Danach wären etwaige Mängel der Abwägung im Rahmen einer inzidenten Normenkontrolle nicht mehr zu berücksichtigen, da diese nach den insoweit anwendbaren Vorschriften der Planerhaltung, die im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Bebauungsplanes galten, unbeachtlich sind, wenn sie nicht innerhalb von sieben Jahren seit Bekanntmachung der Satzung schriftlich gegenüber der Gemeinde geltend gemacht worden sind (vgl. § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB in der Fassung vom 8. Dezember 1986 [BGBl. I S. 2191] i.V.m. § 233 Abs. 2 Satz 3 BauGB). Dass dies geschehen ist, legen die Kläger in der Zulassungsbegründung nicht dar.
Schließlich ist die Berufung nicht zuzulassen wegen der Rüge der Kläger, das verwaltungsgerichtliche Urteil setze sich in Widerspruch zur Rechtsordnung in Brandenburg, weil § 1 Abs. 1 der Hundehalterverordnung vom 16. Juni 2004 ihnen die Errichtung eines Zaunes vorschreibe. Die Kläger legen bereits nicht schlüssig dar, dass sie im Fall der Beseitigung des Zaunes gegen Vorschriften der Hundehalterverordnung verstoßen würden. Nach deren § 1 Abs. 1 muss ein befriedetes Besitztum, auf dem ein Hund gehalten wird, gegen ein unbeabsichtigtes Entweichen des Hundes angemessen gesichert sein. Würde die mit dem Zaun hergestellte Einfriedung der Fläche zwischen dem ehemaligen Kolonnenweg und dem Uferstreifen beseitigt, läge in Bezug auf diese Fläche kein befriedetes Besitztum mehr vor, so dass insoweit auch keine Pflicht zur Sicherung gegen das unbeabsichtigte Entweichen eines Hundes bestünde.
2. Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen. Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache setzt voraus, dass eine bisher weder höchstrichterlich noch obergerichtlich beantwortete konkrete und zugleich entscheidungserhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen und erläutert wird, warum sie über den Einzelfall hinaus bedeutsam ist und im Interesse der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung der Klärung in einem Berufungsverfahren bedarf. Dem wird die Antragsbegründung nicht gerecht. Die Kläger tragen in ihrem Schriftsatz vom 16. Juni 2010 zum Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung lediglich vor, weshalb das angefochtene Urteil nach ihrer Auffassung gegen Art. 14 GG und Art. 1 des Ersten Zusatzprotokolls zur EMRK verstoße, ohne eine entscheidungserhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage zu formulieren, die klärungsbedürftig ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).