Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 22. Senat | Entscheidungsdatum | 23.08.2012 | |
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Aktenzeichen | L 22 R 831/11 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 256a SGB 6 |
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 17. März 2011 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten höhere Altersrente für Frauen unter Berücksichtigung der in den Jahren 1968 bis 1986 gezahlten Jahresendprämien.
Die im September 1935 geborene Klägerin ist Diplom-Wirtschaftlerin (Urkunde der Hochschule für Ökonomie B vom 21. Dezember 1960). In diesem Beruf war sie auch am 30. Juni 1990 beschäftigt. Zum 01. Mai 1971 war sie der freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) beigetreten.
Auf den im Oktober 1994 gestellten Antrag bewilligte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (nachfolgend ebenfalls Beklagte genannt) mit Bescheid vom 10. August 1995 Altersrente für Frauen ab 01. Oktober 1995 bei 57,8464 persönlichen Entgeltpunkten (Ost). Sie rechnete hierbei die Arbeitsverdienste u. a. für die Zeiträume vom 01. Januar 1971 bis 28. Februar 1971, vom 01. Mai 1971 bis 15. September 1973 und vom 01. Januar 1974 bis 31. Dezember 1978 bis zur Beitragsbemessungsgrenze an.
Im September 2007 beantragte die Klägerin die Neuberechnung ihrer Rente unter Berücksichtigung erhaltener Jahresendprämien. Sie bezog sich auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 23. August 2007 – B 4 RS 4/06. Sie legte Bescheinigungen ihrer Beschäftigungsbetriebe über der Höhe nach bezifferter Jahresendprämien für die Jahre 1968 bis 1986 vor.
Auf den Bescheid der Beklagten als Zusatzversorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme vom 14. Februar 2008, mit dem die Berücksichtigung von zusätzlichen Arbeitsentgelten (Jahresendprämien) abgelehnt worden war, weil die Voraussetzungen des § 1 Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) nicht erfüllt seien, machte die Klägerin geltend, ungeachtet dessen, dass unstrittig keine Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem festzustellen seien, seien auch bei ihr Jahresendprämien zu berücksichtigen. Jahresendprämien ausschließlich für Mitarbeiter eines Versorgungssystems anzurechnen, sei als Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung zu werten.
Mit Bescheid vom 14. März 2008 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheides vom 10. August 1995 nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ab. Nach § 256 a Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 SGB VI könnten lediglich die Verdienstbestandteile berücksichtigt werden, die dem Grunde nach der Beitragspflicht zur Sozialversicherung unterlegen hätten. Das genannte Urteil des BSG habe nur Auswirkungen auf Versicherte mit Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem im Sinne des AAÜG.
Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 02. Juli 2008 zurück.
Dagegen hat die Klägerin am 17. Juli 2008 beim Sozialgericht Frankfurt (Oder) Klage erhoben.
Sie hat gemeint, es sei streitig, ob Jahresendprämien als Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV zu qualifizieren seien. Es sei nicht nachvollziehbar, dass die Entscheidung des BSG nur Auswirkungen auf Versicherte mit Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem habe. Die Zahlung von Jahresendprämien sei völlig unabhängig davon erfolgt, ob jemand einem Zusatzversorgungssystem zugeordnet gewesen sei. Die Berücksichtigung der Jahresendprämie nur für Personen, die einem Zusatzversorgungssystem zugeordnet gewesen seien, verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz, indem ohne sachlichen Grund bei einzelnen Rentenberechtigten die erzielten Jahresendprämien als Einkünfte bei der Rentenberechnung berücksichtigt würden, bei anderen Berechtigten, wie hier der Klägerin, jedoch nicht. Der Begriff des Arbeitsentgeltes sei mit dem Begriff des Arbeitsverdienstes identisch, was sich aus der unmittelbaren Verweisung in § 6 Abs. 1 AAÜG auf § 256 a Abs. 2 SGB VI ergäbe. Die Klägerin habe für Jahresendprämien keine Pflichtbeiträge abführen können.
Mit Urteil vom 17. März 2011 hat das Sozialgericht im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung die Klage abgewiesen: Der Bescheid vom 10. August 1995 sei nicht zurückzunehmen, da er nicht rechtswidrig sei. Die von 1968 bis 1986 gezahlten Jahresendprämien seien kein Arbeitsverdienst im Sinne des § 256 a Abs. 2 SGB VI. Die Jahresendprämien seien lohnsteuerfrei gewesen und hätten nicht der Beitragspflicht zur Sozialversicherung unterlegen. § 256 a Abs. 3 Satz 1 SGB VI sei nicht einschlägig, denn die Jahresendprämien seien nicht wegen etwaiger Beitragsbemessungsgrenzen oder bestehender Anwartschaften in einem Sonderversorgungssystem beitragsfrei gewesen. Sie seien vielmehr von der Beitragspflicht zur Sozialversicherung befreit gewesen. Das Urteil des BSG - B 4 RA 4/06 R erfasse lediglich Versicherte, die in der DDR Ansprüche auf Zusatzversorgung erworben hätten und deren Ansprüche nach den Vorschriften des AAÜG in die bundesdeutsche Rentenversicherung überführt worden seien. Im Rahmen dieser Ansprüche seien bei der Berechnung des Verdienstes nach § 6 Abs. 1 AAÜG auch die so genannten Jahresendprämien zu berücksichtigen. Entgegen der Ansicht der Klägerin habe das BSG ausdrücklich klargestellt, dass das Einkommen bzw. Entgelt im Sinne des § 6 Abs. 1 AAÜG nicht dem Verdienst im Sinne des § 256 a SGB VI entspreche. Dies stelle auch keine verfassungsrechtlich zu beanstandende Ungleichbehandlung dar. Wie das BSG im genannten Urteil ausgeführt habe, bezweckten die Zusatz- und Sonderversorgungssysteme der DDR, ihre Mitglieder besserzustellen. Diese Sonderstellung sei ein sachgerechter und gewichtiger Grund, um bei § 6 Abs. 1 AAÜG nicht an die Beitragspflichtigkeit des Arbeitsentgeltes anzuknüpfen, während dies bei Angehörigen der Sozialpflichtversicherung und der freiwilligen Zusatzversicherung im Rahmen des § 256 a Abs. 2 SGB VI erfolge.
Gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 25. Juli 2011 zugestellte Urteil richtet sich die am 09. August 2011 eingelegte Berufung der Klägerin, mit der sie ihr bisheriges Vorbringen aufrechterhält.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 17. März 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 14. März 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. Juli 2008 zu verurteilen, den Bescheid vom 10. August 1995 unter Berücksichtigung der in den Jahren 1968 bis 1986 gezahlten Jahresendprämien zurückzunehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten (), die bei der Entscheidung vorgelegen haben, verwiesen.
Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 14. März 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. Juli 2008 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte den Bescheid vom 10. August 1995 unter Berücksichtigung der in den Jahren 1968 bis 1986 gezahlten Jahresendprämien zurücknimmt.
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X gilt: Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.
Danach erweist sich der Bescheid vom 14. März 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. Juli 2008 als rechtmäßig. Der Bescheid vom 10. August 1995 ist nicht zurückzunehmen, denn bei Erlass dieses Bescheides wurde weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen. Die gezahlten Jahresendprämien sind bei der Rentenberechnung nicht zu berücksichtigen.
Die Klägerin hat im Zeitraum vom 1968 bis 1986 Beitragszeiten im Beitrittsgebiet zurückgelegt.
Auf diese Beitragszeiten findet § 256 a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 SGB VI Anwendung. Danach gilt: Für Beitragszeiten im Beitrittsgebiet nach dem 08. Mai 1945 werden Entgeltpunkte ermittelt, indem der mit den Werten der Anlage 10 SGB VI vervielfältigte Verdienst (Beitragsbemessungsgrundlage) durch das Durchschnittsentgelt für dasselbe Kalenderjahr geteilt wird. Als Verdienst zählen der tatsächlich erzielte Arbeitsverdienst und die tatsächlich erzielten Einkünfte, für die jeweils Pflichtbeiträge gezahlt worden sind, sowie der Verdienst, für den Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung oder freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung für Zeiten vor dem 01. Januar 1992 oder danach bis zum 31. März 1999 zur Aufrechterhaltung des Anspruches auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (§ 279 b SGB VI) gezahlt worden sind. Als Verdienst zählen auch die nachgewiesenen beitragspflichtigen Arbeitsverdienste und Einkünfte vor dem 01. Juli 1990, für die wegen der im Beitrittsgebiet jeweils geltenden Beitragsbemessungsgrenzen oder wegen in einem Sonderversorgungssystem erworbener Anwartschaften Pflichtbeiträge oder Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung nicht gezahlt werden konnten.
Diese Regelung knüpft am Sozialversicherungsrecht der DDR an. Dieses kannte für die Einnahmen aus einem Arbeitsrechtsverhältnis den Begriff des Arbeitsverdienstes: Werktätige sind während der Dauer eines Arbeitsrechtsverhältnisses bei der Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten pflichtversichert, wenn der monatliche Arbeitsverdienst mindestens 75 DM beträgt. Beitragspflichtig bei der Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten sind die nach § 14 pflichtversicherten Werktätigen mit dem der Lohnsteuer unterliegenden Arbeitsverdienst ohne Berücksichtigung von Freigrenzen und steuerfreien Beträgen (s. Anlage 1, Ziffer 5). Der Teil des Arbeitsverdienstes, der den Betrag von 600 DM monatlich übersteigt, ist nicht beitragspflichtig (§ 14 Abs. 1, § 67 Abs. 1 und 2 Verordnung über die Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten vom 21. Dezember 1961 – GBl DDR II 1961, 533 – SVO 1961). Werktätige sind während der Dauer eines Arbeitsrechtsverhältnisses bei der Sozialversicherung pflichtversichert. Grundlage für die Berechnung der Beiträge sind die der Lohnsteuer unterliegenden Arbeitsverdienste der Werktätigen ohne Berücksichtigung von Steuerfreigrenzen und steuerfreien Beträgen, soweit in gesonderten Rechtsvorschriften nichts anderes festgelegt ist. Der Teil des Arbeitsverdienstes, der den Betrag von 600 Mark monatlich übersteigt, ist nicht beitragspflichtig. Die Werktätigen können für diesen Teil des Arbeitsverdienstes bis zu höchstens 1.200 Mark monatlich eine freiwillige Zusatzrentenversicherung abschließen (§ 7 Abs. 1 Satz 1, § 10 Abs. 1 und 2 Verordnung über die Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten vom 14. November 1974 – GBl DDR I 1974, 531 – SVO 1974). Alle Werktätigen sind während der Dauer eines Arbeitsrechtsverhältnisses bei der Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten (nachfolgend Sozialversicherung genannt) pflichtversichert. Grundlage für die Berechnung der Beiträge der Betriebe und der Werkstätten zur Sozialpflichtversicherung (nachfolgend Beiträge genannt) sind die der Lohnsteuer unterliegenden Bruttoverdienste der Werktätigen ohne Berücksichtigung von Steuerfreigrenzen und steuerfreien Beträgen sowie das Lehrlingsentgelt. Der Teil des Bruttoverdienstes, der den Betrag von 600 Mark im Kalendermonat übersteigt, ist nicht beitragspflichtig. Werktätige, deren Bruttoverdienst die Höchstgrenze für die Beitragspflicht zur Sozialversicherung von 600 Mark im Kalendermonat übersteigt, können entsprechend den Rechtsvorschriften der freiwilligen Zusatzrentenversicherung beitreten (§ 2 Abs. 1 Satz 1, § 16 Abs. 1 und 2 Verordnung zur Sozialpflichtversicherung der Arbeiter und Angestellten vom 17. November 1977 – GBl DDR I 1977, 373 – SVO 1977).
Dementsprechend setzt die Berücksichtigung von Einnahmen aus einem Arbeitsrechtsverhältnis als Verdienst nach § 256 a Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 SGB VI voraus, dass nach dem Recht der DDR entweder Pflichtbeiträge bzw. Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung gezahlt wurden oder zumindest Arbeitsverdienste erzielt wurden, die dem Grunde nach beitragspflichtig waren, für die jedoch wegen der im Beitrittsgebiet jeweils geltenden Beitragsbemessungsgrenzen (von 600 Mark monatlich) oder wegen in einem Sonderversorgungssystem erworbener Anwartschaften Beiträge nicht gezahlt werden konnten.
Jahresendprämien waren, wie das Sozialgericht ebenfalls zutreffend ausgeführt hat, in dem hier zu berücksichtigenden Zeitraum bereits dem Grunde nach nicht zur Sozialversicherung beitragspflichtig, so dass für sie Pflichtbeiträge oder Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung - überhaupt - nicht gezahlt werden konnten.
Dies ergibt sich aus folgenden Vorschriften: § 16 der Verordnung über die Bildung und Verwendung des Prämienfonds in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben und den VVB (Zentrale) für das Jahr 1968 vom 02. Februar 1967, GBl. DDR II 1967, 103: „Prämien aus dem Prämienfonds, einschließlich der Jahresendprämie gehören nicht zum Durchschnittsverdienst. Sie sind lohnsteuerfrei und unterliegen nicht der Sozialversicherungspflicht.“; § 11 der Verordnung über die Bildung und Verwendung des Prämienfonds in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben, volkseigenen Kombinaten, den VVB (Zentrale) und Einrichtungen für die Jahre 1969 und 1970 vom 26. Juni 1968, GBl. DDR II 1968, 490: „Prämien aus dem Prämienfonds einschließlich der Jahresendprämie gehören nicht zum Durchschnittsverdienst. Sie sind lohnsteuerfrei und unterliegen nicht der Beitragspflicht zur Sozialversicherung.“; § 16 der Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur- und Sozialfonds für das Jahr 1970 vom 20. Januar 1971, GBl. DDR II 1971, 105: „Prämien aus dem Prämienfonds einschließlich der Jahresendprämien gehören nicht zum Durchschnittsverdienst. Sie sind lohnsteuerfrei und unterliegen nicht der Beitragspflicht zur Sozialversicherung.“; § 11 der Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur- und Sozialfonds für volkseigenen Betriebe im Jahr 1972 vom 12. Januar 1972, GBl. DDR II 1972, 49: „Prämien aus dem Prämienfonds einschließlich der Jahresendprämien gehören nicht zum Durchschnittsverdienst. Sie sind lohnsteuerfrei und unterliegen nicht der Beitragspflicht zur Sozialversicherung.“; § 14 Abs. 1 der Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds für volkseigene Betriebe vom 09. September 1982, GBl. DDR I 1982, 595: „Prämien aus dem Prämienfonds einschließlich der Jahresendprämien gehören nicht zum Durchschnittslohn. Sie sind lohnsteuerfrei und unterliegen nicht der Beitragspflicht zur Sozialversicherung.“
Dass Prämienzahlungen, für die keine Pflichtbeiträge gezahlt worden sind bzw. die auch nach den Rechtsvorschriften der DDR keiner Beitragspflicht unterlagen, rentenrechtlich irrelevant sind, hat das BSG in seinem Urteil vom 11. Dezember 2002, B 5 RJ 14/00 R, dem der Senat folgt und dem auch das Sozialgericht ausdrücklich gefolgt ist, festgestellt. Dort heißt es (abgedruckt in SozR 3-2600 § 256a Nr. 10 = BSGE 90, 197):
"Versichert und damit rentenrechtlich relevant sind Arbeitsverdienste und Einkünfte regelmäßig nur durch Beitragszahlungen; ausgeklammert bleiben daher - wie bereits vom LSG zutreffend ausgeführt worden ist - die von der Klägerin zusätzlich geltend gemachten Prämienzahlungen und angeblichen Belohnungen, für die keine Pflichtbeiträge gezahlt worden sind bzw. die auch nach den Rechtsvorschriften der DDR keiner Beitragspflicht unterlagen. § 256 a Abs. 2 Satz 2 und 3 SGB VI in der Fassung des 2. AAÜG-Änderungsgesetzes ebenso wie § 256 Abs. 3 Satz 1 und 2 SGB VI bestimmen zwar Ausnahmen, die es ermöglichen, tatsächlich erzielten Arbeitsverdienst, für den keine Beiträge zur Sozialversicherung gezahlt worden sind, zu berücksichtigen. Diese Sonderregelungen greifen jedoch bei der Klägerin nicht ein."
Diese Rechtsprechung des BSG ist nicht durch das Urteil vom 23. August 2007, B 4 RS 4/06 R (abgedruckt in SozR 4-8570 § 6 Nr. 4) überholt. Dort heißt es:
„... § 6 Abs. 1 S. 1 AAÜG definiert nicht den Begriff des Arbeitsentgelts…
Auch die Bezugnahme auf den ‚Verdienst’ mit dem Klammerzusatz ‚§ 256 a Abs. 2 SGB VI’ in § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG beinhaltet keine Definition.
Sie verdeutlicht zweierlei. Zum einen stellt sie klar, dass der Verdienst im Sinne des § 256 a Abs. 2 SGB VI im Rahmen des AAÜG ausschließlich das erzielte Arbeitsentgelt (oder -einkommen) ist. Zum andern weist sie darauf hin, dass dem nach § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG festzustellenden Arbeitsentgelt die gleiche Bedeutung zukommt, wie dem Verdienst im Sinne des § 256 a Abs. 2 SGB VI. Dieser dient dazu, den - fiktiven - Vorleistungswert zur bundesdeutschen Rentenversicherung, ausgedrückt in Entgeltpunkten (vgl. § 256 a Abs. 1 SGB VI), zu bestimmen. Keineswegs ist aufgrund der Bezugnahme das berücksichtigungsfähige Entgelt im Rahmen des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG nach den Regeln des § 256 a Abs. 2 SGB VI zu ermitteln; denn zum einen werden Zusatz- und Sonderversorgungsberechtigte von dieser Norm thematisch überhaupt nicht erfasst. Zum andern hätte dies zur Folge, dass nur der Verdienst feststellungsfähig wäre, für den Beiträge zur Sozialpflichtversicherung der DDR und ggf. zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) entrichtet worden wären.
... Die Zusatz- und Sonderversorgungssysteme der DDR bezweckten, ihre Mitglieder besser zu stellen. Diese Sonderstellung, soweit durch den Einigungsvertrag geschützt, ließ sich nur dadurch in der bundesdeutschen Rentenversicherung erfassen, dass die Möglichkeit eröffnet wurde, ggf. auch höhere Verdienste zur Ermittlung des - fiktiven - Vorleistungswerts einzustellen, als sie aufgrund der Mitgliedschaft in der Sozialversicherung der DDR und ggf. der FZR hätten berücksichtigt werden können. Da manche Versorgungssysteme der DDR keine Beitragspflicht, insbesondere keine eigenen Beitragslasten der Arbeitnehmer, vorsahen, ist es konsequent, dass § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG nur auf das ‚erzielte Arbeitsentgelt’ abstellt, und zwar unabhängig von einer Beitragspflicht. Die Bezugnahme dieser Norm auf den Verdienst im Sinne des § 256 a Abs. 2 SGB VI bezweckt lediglich, die Funktion des Verdienstes aufzuzeigen, nicht aber eine - sinn- und zweckwidrige - Übernahme des Verdienstbegriffs aus § 256 a Abs. 2 SGB VI vorzuschreiben.
Welche inhaltliche Bedeutung dem Begriff ‚Arbeitsentgelt’ im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG zukommt, bestimmt sich nach § 14 SGB IV.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ... ist dem Entgeltbegriff im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG der bundesdeutsche Begriff des Arbeitsentgelts im Sinne von § 14 Abs. 1 SGB IV zugrunde zu legen. Dagegen ist rechtlich nicht an das DDR-Recht anzuknüpfen. Denn Zweck der Regelung der §§ 5 bis 8 AAÜG ist - wie schon angesprochen -, die für die Rentenbestimmung des - fiktiven - Vorleistungswerts zur bundesdeutschen Rentenversicherung relevanten Tatsachen vorzumerken, damit ab In-Kraft-Treten des SGB VI zum 01.01.1992 im gesamten Bundesgebiet der Wert des Rentenrechts nach der einheitlich anzuwendenden Rentenformel (§ 64 SGB VI) bestimmt werden konnte bzw. kann. Demzufolge kann sich auch der Vorleistungswert der ehemals Zusatz- und Sonderversorgungsberechtigten nur nach Bundesrecht bestimmen mit der Folge, dass die Frage, ob in der DDR erzielte Einkünfte auch aus einer von einem Versorgungssystem erfassten Beschäftigung als Arbeitsentgelt zu qualifizieren sind, ausschließlich nach Bundesrecht zu beantworten ist. ... Ebenso wenig kommt es darauf an, ob das Arbeitsentgelt in der DDR einer Beitragspflicht (BSG, Urteil vom 02.08.2000, B 4 RA 41/99 R) oder einer Steuerpflicht (dazu sogleich) unterlag, wie nunmehr auch die Beklagte einräumt. ...“
Aus diesen Ausführungen wird klar, dass für den Personenkreis mit Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem bei der Ermittlung der Entgeltpunkte der Verdienst nach dem AAÜG zugrunde zu legen ist, der nach anderen Vorschriften zu ermitteln ist als der Verdienst für den Personenkreis der Versicherten, die - wie die Klägerin - Beitragszeiten in der (allgemeinen) Sozialversicherung der DDR (Sozialpflichtversicherung und FZR) zurückgelegt haben. Dies ergibt sich im Übrigen auch aus der Vorschrift des § 259 b Abs. 1 SGB VI, wonach für Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem im Sinne des AAÜG bei der Ermittlung der Entgeltpunkte der Verdienst nach dem AAÜG zugrunde zu legen ist. Die Vorschrift ergänzt bzw. verdrängt die Regelungen der §§ 256 bis 259 a SGB VI, soweit diese den für die Ermittlung von Entgeltpunkten maßgebenden Verdienst für Beitragszeiten im Beitrittsgebiet regeln: Die Ermittlung von Entgeltpunkten erfolgt, auch wenn nachgewiesene Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem vorliegen, nach § 256 a Abs. 1 SGB VI, wobei der zugrunde zu legende Verdienst jedoch nicht nach § 256 a Abs. 2 und 3 SGB VI, sondern nach den Vorschriften des AAÜG zu ermitteln ist (vgl. Diel in Hauck/Haines, SGB VI, Kommentar, § 259 b Rz. 6). Da die Klägerin nicht zum Personenkreis der Zusatz- oder Sonderversorgten gehört, richtet sich der der Rentenberechnung zugrunde zu legende Verdienst allein nach der Vorschrift des § 256 a Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 SGB VI.
Wenn nach dem Urteil des BSG vom 23. August 2007 – B 4 RS 4/06 R das berücksichtigungsfähige Entgelt im Rahmen des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG nicht nach den Regeln des § 256 a Abs. 2 SGB VI zu ermitteln ist, kann notwendigerweise entgegen der Ansicht der Klägerin der Begriff des Arbeitsentgeltes in § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG nicht mit dem Begriff des Arbeitsverdienstes in § 256 a Abs. 2 Satz 1 SGB VI identisch sein. Dafür bietet schon der Wortlaut des § 256 a Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 SGB VI keinen Anhalt, denn der bundesdeutsche Begriff des Arbeitsentgelts nach § 14 SGB IV findet dort keinerlei Erwähnung. Dies ist auch folgerichtig, denn, wie bereits dargelegt, kannte das Sozialversicherungsrecht der DDR den Begriff des Arbeitsentgeltes nicht. Demgegenüber knüpft das Recht der Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland an diesen Begriff an: Versicherungspflichtig sind Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind (§ 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI). Beitragsbemessungsgrundlage für Versicherungspflichtige sind die beitragspflichtigen Einnahmen (§ 161 Abs. 1 SGB VI). Beitragspflichtige Einnahmen sind bei Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt werden, das Arbeitsentgelt aus der versicherungspflichtigen Beschäftigung (§ 162 Nr. 1 erste Alternative SGB VI).
Der Senat vermag ebenso wie das Sozialgericht eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) nicht zu erkennen.
Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleichzubehandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht nur dann, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG; vgl. dazu im Einzelnen die vom Sozialgericht genannten Entscheidungen des BVerfG).
Wenn, wie das BSG im Urteil vom 23. August 2007 – B 4 RS 4/06 R zutreffend ausgeführt hat, die Zusatz- und Sonderversorgungssysteme der DDR bezweckten, ihre Mitglieder besserzustellen, so darf der bundesdeutsche Gesetzgeber diese im Recht der DDR angesiedelte, also nicht vom bundesdeutschen Gesetzgeber erst geschaffene, rechtliche Sonderstellung, soweit diese durch den Einigungsvertrag geschützt ist, als einen sachgerechten Grund bewerten, der eine ungleiche Behandlung hinsichtlich der Anrechnung von Jahresendprämien bei Personen mit Anwartschaften aus einem Zusatzversorgungssystem einerseits gegenüber Personen mit Anwartschaften aus der Sozialpflichtversicherung und der freiwilligen Zusatzrentenversicherung andererseits rechtfertigt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.