Toolbar-Menü
 
Sie sind hier: Gerichtsentscheidungen Recht der Landesbeamten

Recht der Landesbeamten


Metadaten

Gericht VG Frankfurt (Oder) 2. Kammer Entscheidungsdatum 14.05.2012
Aktenzeichen 2 L 359/11 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 123 VwGO

Tenor

1. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1. und des Beigeladenen zu 2.

2. Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Antragstellers,

dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig zu untersagen, die im Rahmen der Polizeistrukturreform „Polizei 2020“ ausgeschriebenen Dienstposten eines Wachdienstführers im Wach- und Wechseldienst bei der Polizeiinspektion ... mit den Beigeladenen zu besetzen, bis über den Widerspruch des Antragstellers und seine Bewerbung um den Dienstposten erneut entschieden und eine Rechtsschutzfrist von weiteren zwei Wochen abgelaufen ist,

hat keinen Erfolg.

Nach § 123 Abs. 1 S. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden. Der materielle Anspruch (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der Sache (Anordnungsgrund) müssen glaubhaft gemacht werden (§ 123 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung).

Es fehlt vorliegend bereits an einem Anordnungsgrund. Der Antragsteller hat nicht dargelegt und es ist auch nicht ersichtlich, welche wesentlichen Nachteile im Sinne des § 123 Abs. 1 VwGO mit dem begehrten Verbot der Dienstpostenübertragung abgewendet werden sollen. Die streitbefangenen Dienstposten sollen nicht im Wege der Beförderung und irreversiblen Verleihung eines Statusamtes vergeben werden, sondern durch jederzeit wieder rückgängig zu machende schlichte Dienstpostenübertragung. Es liegt mithin ein Fall der sogenannten Dienstpostenkonkurrenz vor.

In den Fällen einer jederzeit wieder rückgängig zu machenden schlichten Dienstpostenübertragung ohne Beförderung und Verleihung eines neuen Statusamtes fehlt es regelmäßig an einem Anordnungsgrund (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 05. November 2010 – OVG 6 S 41.10 -, S. 2 des Entscheidungsabdruckes). Die Annahme eines Anordnungsgrundes aufgrund der Gefahr der Erlangung eines tatsächlichen Bewährungsvorsprungs (vgl. hierzu auch: OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 31. März 2008 – OVG 6 S 1.08 -, S. 10 des Entscheidungsabdruckes) verlangt nach Auffassung der Kammer zumindest, dass eine Beförderung im Zusammenhang mit der Dienstpostenvergabe jedenfalls hinreichend konkret in Aussicht steht. Mit der Besetzung oder Nichtbesetzung des umstrittenen Postens muss eine statusrechtliche Entscheidung oder auch nur Vorentscheidung verbunden sein (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 05. März 2007 - OVG 4 S 9.06 -, S. 2 des Entscheidungsabdruckes). Daran fehlt es vorliegend. Der Antragsgegner hat mitgeteilt, dass im unmittelbaren Zusammenhang mit der Dienstpostenbesetzung keine Beförderungen im Raum stehen. Hinzu kommt, dass nach der Auswahlpraxis des Antragsgegners – welche durch die anlässlich der Polizeistrukturreform erstellte „Handlungsanleitung für die Personalauswahlkommissionen für die Besetzung der Dienstposten der Besoldungsgruppen A 12 und A 13 BBesO“ vom 05. September 2011 konkretisiert worden ist - bei der Auswahl unter Bewerbern dem von ihnen jeweils innegehabten Dienstposten und damit einem daraus eventuell resultierenden Bewährungsvorsprung augenscheinlich keine Bedeutung zukommt. Der Antrag ist im Ergebnis auf die Erlangung eines – grundsätzlich unzulässigen - vorbeugenden vorläufigen Rechtsschutzes gerichtet, weil mit ihm lediglich die im Wege einer Umsetzung vorzunehmende Besetzung einer Stelle verhindert werden soll, deren Innehabung in einem zukünftigen Beförderungsverfahren keinen Auswahlvorteil bedingen könnte.

Bei einer Dienstpostenkonkurrenz kommt die Annahme eines Anordnungsgrundes zwar unter dem Gesichtspunkt, die Erlangung eines Bewährungsvorsprunges durch den ausgewählten Bewerber zu vermeiden, grundsätzlich in Betracht, es ist dabei jedoch nach verschiedenen Fallgruppen zu differenzieren:

Ohne Weiteres liegt dann ein Anordnungsgrund vor, wenn die in Streit stehende Dienstpostenübertragung in eine Ernennung oder Beförderung – ggf. nach einer konkret bestimmten Bewährungszeit auf dem Dienstposten - münden soll, denn in diesen Fällen erlaubt die Auswahlentscheidung zu seinen Gunsten dem erfolgreichen Bewerber nicht nur den Bewährungsvorsprung zu gewinnen, vielmehr hat sich bereits in der Übertragung des Dienstpostens die Beförderungsentscheidung manifestiert. Der Weg zu einer dann irreversiblen Verleihung eines Statusamtes ist bereits beschritten.

In den anderen Fällen einer bloßen Dienstpostenkonkurrenz kommt demgegenüber ein Anordnungsgrund nach Auffassung der Kammer nur in Ausnahmefällen in Betracht.

In der Rechtsprechung auch des Bundesverwaltungsgerichts wird er allerdings zum Teil unter Verweis auf den ansonsten zugunsten des ausgewählten Bewerbers bis zur Entscheidung des Gerichts in der Hauptsache entstehenden Bewährungsvorsprung angenommen. Hierbei wird darauf abgestellt, dass bei einer Konkurrenz um die Übertragung eines Dienstpostens – ausgehend von einem ohne weiteres für die Erhebung einer Klage in der Hauptsache gegebenen Rechtschutzbedürfnis - der unterlegene Bewerber um eine Stelle, die nach dem Leistungsgrundsatz gemäß Art. 33 Abs. 2 GG besetzt werden soll, auch dann ein Rechtsschutzbedürfnis für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gemäß § 123 Abs. 1 VwGO haben soll, wenn die Stellenbesetzung rückgängig gemacht werden kann, weil der ausgewählte Bewerber ohne Beförderung auf die Stelle versetzt oder umgesetzt werden soll. Wenn Bewerber im Wege der Umsetzung um einen freien Dienstposten konkurrieren, richte sich der Bewerbungsverfahrensanspruch des übergangenen Bewerbers weniger gegen den ausgewählten Konkurrenten als vielmehr darauf, den ausgeschriebenen Dienstposten frei zu halten. Dieses im Mittelpunkt des Konkurrentenstreits stehende Interesse sei auch dann noch gegeben, wenn der Dienstposten im Wege einer Umsetzung besetzt worden ist, die notfalls rückgängig gemacht werden kann, denn der ausgewählte Bewerber auf dem Dienstposten gewinne einen Erfahrungsvorsprung, der mit der Länge des Hauptverfahrens zunehme und ihm auch dann verbleibe, wenn sich im späteren Hauptverfahren die zu seinen Gunsten getroffene Personalentscheidung als rechtswidrig erweisen sollte (so: BVerwG, Beschluss vom 11. Mai 2009 – 2 VR 1/09 -, BVerwG, Beschluss vom 27. September 2011 – 2 VR 3/11 -; vgl. auch: BayVGH, Beschluss vom 20. Oktober 2011 – 3 CE 11/2001 –, jeweils zitiert nach Juris). Allerdings schränkt das BVerwG die vorstehend skizzierten Grundsätze zum einen dahin gehend ein, dass in diesen Fällen ein Anordnungsgrund aufgrund eines beurteilungsrelevanten Erfahrungsvorsprungs noch nicht bei einer nur kurzen Wahrnehmung des Dienstpostens entstehen soll, sondern erst nach einer gewissen Zeit der eigenverantwortlichen Aufgabenerfüllung auf dem Dienstposten, die in der Regel mehr als sechs Monate betragen soll (BVerwG, Beschluss vom 29. April 2010 - 1 WDS-VR 2/10 -, zitiert nach juris). Dieser Zeitraum ist vorliegend allerdings erreicht, denn die streitbefangenen Dienstposten sind seit dem November 2011 mit den Beigeladenen kommissarisch besetzt und eine zeitliche Begrenzung der kommissarischen Wahrnehmung ist nicht vorgesehen. Zum anderen hat das BVerwG seine Rechtsprechung jedoch auch dahin gehend relativiert, dass es einen Anordnungsgrund in den Fällen der Übertragung eines Beförderungsdienstpostens (Hervorhebung durch die Kammer) annimmt ( BVerwG, Beschluss vom 25. Oktober 2011 – 2 VR 4/11 -, zitiert nach Juris).

In anderen Teilen der Rechtsprechung wird die Herleitung eines Anordnungsgrundes unter dem Gesichtspunkt einer in der Zukunft möglichen Beförderungskonkurrenz zwischen dem für den Dienstposten ausgewählten Beamten und dem unterlegenen Bewerber jedenfalls dann praktiziert, wenn die Innehabung des streitbefangenen Dienstpostens und die damit verbundene Bewährung quasi die zwingende Voraussetzung für eine weitere Beförderung ist (so für sogenannte Sockeldienstposten bei der Polizei: OVG Lüneburg, Beschluss vom 21. September 2011 – 5 ME 241/11 -, zitiert nach Juris). Um einen Anordnungsanspruch danach begründen zu können, müsse die Auslese für Beförderungsämter auf die Auswahl unter den Bewerbern um Beförderungsdienstposten vorverlagert sein (BVerwG, Beschluss vom 25. Oktober 2011 – 2 VR 4/11 -, zitiert nach Juris, m. w. N.).

Die Bejahung eines Anordnungsgrundes bei lediglich bloßer Konkurrenz um die Übertragung eines Dienstpostens ohne weitergehende qualifizierende Umstände ist jedoch als zu weitgehend anzusehen. Sie würde im Ergebnis zur Gewährung von vorbeugendem vorläufigem Rechtsschutz und damit einer unzulässigen Erweiterung des Regelungsgegenstandes der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO führen. Auch stellt sie einen bedenklichen Eingriff in das Organisationsermessen des Dienstherrn dar, denn in den Fällen einer Anordnung der Untersagung einer vorläufigen Besetzung des Dienstpostens mit dem ausgewählten Bewerber stellt sich die Frage, wen er – jedenfalls bis zur Entscheidung in der Hauptsache – mit den Aufgaben betrauen soll. Würde er den jeweiligen Antragsteller dazu heranziehen, so gewönne dieser – trotz noch ausstehender Hauptsacheentscheidung – den ggf. zu erlangenden Bewährungsvorsprung. Fiele die Wahl auf einen nicht beteiligten Dritten, würde dies u. U. eine Verletzung des Leistungsgrundsatzes und ggf. eine erneute Auseinandersetzung um die Aufgabenwahrnehmung unter anderen Beteiligten auslösen. Den Dienstposten demgegenüber bis zur endgültigen rechtskräftigen Entscheidung nicht besetzt zu lassen, dürfte in vielen Fällen – so auch vorliegend – die Aufgabenerfüllung behindern oder gar unmöglich machen und mithin dienstlichen Belangen zuwiderlaufen.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO; die Beigeladenen haben eigene Anträge gestellt. Die Streitwertfestsetzung beruht nach ständiger Rechtsprechung des OVG Berlin-Brandenburg (stellvertretend Beschlüsse vom 13. September 2010 - 4 S 16.10 -, vom 18. Oktober 2010 - 4 S 37.10 – sowie vom 24. September 2009 – 4 S 53.09 -, zitiert nach juris) auf § 52 Abs. 2 i. V. m. § 53 Abs. 2 Nr. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) und beträgt danach 5.000,00 €.