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Einzelfallhelfer - Sozialhilfe - Beschäftigung


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 1. Senat Entscheidungsdatum 16.01.2015
Aktenzeichen L 1 KR 326/12 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 7 SGB 5

Leitsatz

Zu den Voraussetzungen einer abhängigen Beschäftigung als Einzelfallhelfer bei einer Beauftragung direkt durch den Sozialhilfeträger

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. Juni 2012 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2) bis 4), die diese selbst zu tragen haben.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist der sozialversicherungsrechtliche Status des Beigeladenen zu 1) während seiner Tätigkeit für den Kläger.

Am 2. und 24. November 2009 schloss der Kläger mit dem Beigeladenen zu 1) zwei Verträge über eine „freie Mitarbeit“, wonach der Beigeladene zu 1) als Einzelfallhelfer für jeweils ein Kind in der Zeit vom 9. Oktober 2009 bis 8. Oktober 2010 mit vier Kontaktstunden wöchentlich zuzüglich 15 Prozent Zusammenhangsarbeit und vom 23. November 2009 bis zum 22. November 2010 mit sechs Kontaktstunden wöchentlich zuzüglich 15 Prozent Zusammenhangsarbeit eingesetzt werden sollte. In § 1 Abs. 2 der Verträge wurde versichert, dass der Beigeladene zu 1) nicht in die Verwaltungsorganisation eingegliedert ist, die Aufträge in eigener Verantwortung ausführe und im Rahmen des festgelegten Inhalts allein über die Art und Weise der Auftragserfüllung entscheide. Er unterliege keinem Weisungs- oder Direktionsrecht, habe aber fachlich grundlegende Vorgaben des Klägers zu beachten. Der Kläger werde weder Steuern noch Versicherungsbeiträge aus dem Honorar abführen, auf die Vergütung entfallende Steuern und Beiträge solle der Beigeladene zu 1) selbst tragen. Der Vertrag sollte jederzeit kündbar sein, mehr als die Schriftform wurde dafür nicht vereinbart. Der Beigeladene zu 1) wurde zur höchstpersönlichen Leistungserbringung verpflichtet, nur für Ausnahmefälle (Krankheit, Urlaub) war die Möglichkeit einer Abweichung vorgesehen. Der Beigeladene zu 1) sollte berechtigt sein, auch für andere Auftraggeber außerhalb der Berliner Verwaltung tätig zu werden. Den Ort seiner Tätigkeit sollte er nach freiem Ermessen wählen dürfen. Für seine Tätigkeit sollte der Beigeladene zu 1) ein Stundenhonorar von 21,- € erhalten. Es würden maximal 18 Stunden in der Woche vergütet, wobei Stunden für verschiedene Bezirksämter zusammen gerechnet werden sollten. Während eines noch anhängigen Statusfeststellungsverfahrens bei der Beklagten sollte die Vergütung vorerst nur gemindert um 21 Prozent ausgezahlt werden.

Am 5. Februar 2009 übersandten der Kläger und der Beigeladene zu 1) der Beklagten einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status des Beigeladenen zu 1) mit dem Ziel feststellen zu lassen, dass ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nicht vorliege. Nach Auswertung des übersandten Vertrages und der von dem Kläger und dem Beigeladenen zu 1) zur Ausgestaltung des Dienstverhältnisses gemachten Angaben hörte die Beklagte die Klägerin und die Beigeladene zu 1) mit Schreiben vom 22. Februar 2010 dazu an, dass sie beabsichtige, eine Bescheid über das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung zu erlassen. Ungeachtet der Gegenvorstellungen des Klägers stellte die Beklagte mit an den Kläger und den Beigeladenen zu 1) gerichtetem Bescheid vom 24. März 2010 fest, dass der Beigeladene zu 1) seit dem 9. Oktober 2009 in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis bei der Klägerin stehe. Es bestehe Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Für die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses spreche, dass die Fallverantwortung auch während des Einsatzes des Einzelfallhelfers bei dem zuständigen Sachbearbeiter des Amtes bleibe. Der Kläger legte Widerspruch ein, mit dem er u.a. das Rundschreiben I Nr. 9 / 2009 der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales über die Gewährung von Einzelfallhilfe im Rahmen der Eingliederungshilfe nach dem sechsten Kapitel SGB XII außerhalb von Diensten nach dem zehnten Kapitel SGB XII vorlegte. Der Widerspruch wurde von der Beklagten durch Widerspruchsbescheid vom 16. September 2010 zurückgewiesen.

Dagegen richtet sich die am 15. Oktober 2010 bei dem Sozialgericht Berlin eingegangene Klage. Mit der Klagebegründung legte der Kläger an die Eltern der betreuten Kinder gerichtete Bescheide über die Bewilligung von Einzelfallhilfe, von seinen Fallmanagern erstellte Gesamtpläne nach § 58 SGB XII und einen von dem Beigeladenen zu 1) angefertigten Abschlussbericht vor. Der Beigeladene zu 1) erklärte, dass er die Tätigkeit als Einzelfallhelfer weiter fortsetze.

Das Sozialgericht hat durch Urteil vom 20. Juni 2012 die Klage abgewiesen. Unter Gesamtbewertung der Umstände des Falles schlössen insbesondere die Verpflichtung zur höchstpersönlichen Leistungserbringung und das Fehlen eines relevanten Unternehmerrisikos mit entsprechenden unternehmerischen Chancen eine Zuordnung zum Typus der selbständigen Tätigkeit aus. Zu berücksichtigen sei, dass für die konkrete Ausgestaltung der zu erbringenden Leistungen erheblicher Spielraum bestehe. Zudem gebe das Sozialleistungsrecht vor, dass qualifiziertes Fachpersonal eingesetzt werden müsse. Beides sei Merkmal jeglicher pädagogischen/therapeutischen und kreativen Tätigkeit, ohne dass daraus auf den Status geschlossen werden könne. Es bleibe der Behörde überlassen, ob sie die zu erbringenden Sachleistungen durch eigene Mitarbeiter oder freie Träger gewähre. Auch eine Einzelperson könne grundsätzlich im Wege einer abhängigen Beschäftigung oder als freiberuflicher Leistungserbringer eingesetzt werden. Obwohl die Verträge an mehreren Stellen von einer weisungsfreien, nicht sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit sprechen würden, sei die höchstpersönliche Leistungserbringung und die Beachtung grundlegender Vorgaben vereinbart worden. Eine Selbständigkeit sei insbesondere dadurch geprägt, dass der übernommene Auftrag auch an Mitarbeiter delegiert werden könne. Die Vereinbarung der höchstpersönlichen Leistungserbringung sei bei Selbständigen grundsätzlich durch eine Erhöhung des Honorars zu berücksichtigen, für die es vorliegend aber keine Anhaltspunkte gebe. Deswegen sei die Verpflichtung zur höchstpersönlichen Leistungserbringung als Umstand zu bewerten, der den Leistungserbringer fest in das Verhältnis zwischen Amt und Hilfeberechtigtem einbinden solle. Das gelte trotz der bestehenden pädagogischen Freiräume und der nicht im Vertrag vorgenommenen Vorgabe von Arbeitszeit und -ort. Die ausdrückliche Erlaubnis, einer anderen beruflichen Tätigkeit nachzugehen, sei vor dem Hintergrund des vereinbarten geringen Umfangs von Arbeitszeit und Vergütung zu sehen. Unergiebig sei die Verwendung des Begriffs der „freien Mitarbeit“ im Vertrag und die Abrede, dass keine soziale Absicherung durch den Kläger erfolge. Auch das Fehlen eines erheblichen unternehmerischen Risikos für den Beigeladenen zu 1) spreche für eine nichtselbständige Tätigkeit. Die Vereinbarungen sahen kontinuierliche Entgelte vor, so dass unternehmerische Gewinnchancen fehlten. Zu berücksichtigen sei, dass der Kläger an andere freie Träger Vergütungen in Höhe von mindestens 30,- € zahle. In Relation dazu sei die von dem Kläger an den Beigeladenen zu 1) gewährte Vergütung zu gering, um dem Einkommen einer qualifizierten selbständigen Fachkraft zu entsprechen. Der Beigeladene zu 1) sei wegen seiner langen Berufserfahrung als für die Bewältigung gehobener fachlicher Anforderungen qualifiziert anzusehen.

Gegen das ihm am 2. Juli 2012 zugestellte Urteil richtet sich die am 1. August 2012 bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingegangene Berufung des Klägers. Er macht folgendes geltend: Für die Feststellung einer nichtselbständigen Beschäftigung sei zunächst von dem Wortlaut der geschlossenen Verträge auszugehen (Hinweis auf BSG v. 25. August 2008 – B 12 KR 13/07 R). Es gebe eine Reihe von Tätigkeiten, die sowohl in abhängiger Beschäftigung als auch in selbständiger Tätigkeit ausgeübt werden könnten. Hier hätten es die Vertragsparteien in der Hand, sich zwischen den Alternativen zu entscheiden. Entgegen dem Sozialgericht ergebe eine rechtliche Auswertung der vertraglichen Regelungen, dass die Merkmale einer selbständigen Tätigkeit überwiegen würden. Der Beigeladene zu 1) habe seine Tätigkeit auch tatsächlich wie vereinbart in eigener Verantwortung auf der Grundlage eines individuellen Hilfeplans erbracht, der die Zielvorgaben des Gesamtplans konkretisierte. Mit den Mitarbeitern des Klägers habe er sich erst wieder nach einem Jahr getroffen, nur bei einem der Kinder habe schon nach einem halben Jahr eine Helferkonferenz stattgefunden. Das Sozialgericht habe die Bedeutung des Höchstpersönlichkeitsgrundsatzes und des Unternehmerrisikos verkannt. Eine Höchstpersönlichkeit der Leistungserbringung könne auch bei unstrittig selbständigen Tätigkeiten vereinbart werden. Das Sozialgericht habe übersehen, dass die behindertenspezifischen Leistungen der Eingliederungshilfe ein hohes Maß an Vertrauen des Kindes zu seiner Bezugsperson erforderten. Deswegen sei ein häufiger Wechsel der Person des Leistungserbringers sachwidrig. Für Ausnahmefälle sei im Vertrag die Möglichkeit einer Vertretung vorgesehen. Die Tätigkeit eines Einzelfallhelfers nach dem SGB XII sei auch mit der eines Familienhelfers, über die das BSG am 15. April 2012 – B 12 KR 14/10 R entschieden habe, nicht zu vergleichen. Ein Gesamtplan nach § 58 SGB XII koordiniere lediglich und regele keine individuellen Hilfen. Das unternehmerische Risiko des Klägers ergebe sich aus der jederzeitigen Kündigungsmöglichkeit des Vertrags und der Tatsache, dass nur die geleisteten Stunden auch vergütet wurden. Zudem komme dem Kriterium des Unternehmerrisikos im Bereich der sozialen Dienste ohnehin grundsätzlich nur eine untergeordnete Bedeutung zu. Auch würde die Weisungsabhängigkeit des Beigeladenen zu 1) weitgehend fehlen, weil er selbst entscheiden könne, wann er arbeiten wolle und wann er die für ein Jahr in Form eines Stundenkontingents gewährten Betreuungsleistungen erbringe. Auch Weisungen über den Ort der zu erbringenden Leistungen und die Art der Ausführung der Arbeit würden nicht erteilt. Der Beigeladene zu 1) nutze keine betrieblichen Einrichtungen des Klägers für seine Tätigkeit. Sein unternehmerisches Risiko könne sich auch gerade in der zu geringen Vergütung verwirklicht haben. Denn es sei nicht unüblich, dass Betriebe in Zeiten geringen Auftragsvolumens auch Aufträge annähmen, die keinen Gewinn, sondern sogar Verlust produzierten. Der Beigeladene zu 1) hätte nicht von dem Kläger entgegen seinem Willen einem anderen zu betreuenden Kind zugeordnet werden können. Einzelfallhelfer im Angestelltenverhältnis seien von dem Land Berlin nicht beschäftigt worden. Der erkennende Senat habe in drei Entscheidungen (Urt. v. 17. Januar 2014 – L 1 KR 175/12 und L1 KR 137/13) und Urt. v. 17. Januar 2014 – L 1 KR 137/13) entschieden, dass Einzelfallhelfer ihre Tätigkeit als Selbständige ausübten. Das müsse auch für den vorliegenden, so noch nicht vom Senat entschiedenen Fall gelten, dass der Vertragspartner des Einzelfallhelfers nicht ein Dienst, sondern das Land Berlin selbst sei. Im Gegensatz zu den entschiedenen Fällen sei der Beigeladene zu 1) nicht zu einer monatlichen Rücksprache mit dem zuständigen Koordinator verpflichtet gewesen. Das Rundschreiben I Nr. 9 / 2009 vom 12. August 2009 sei dem Beigeladenen zu 1) weder ausgehändigt worden, noch sei seine Geltung vertraglich vereinbart worden. Es habe verwaltungsinternen Charakter, seine Inhalte seien nicht 1:1 umgesetzt.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. Juni 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. September 2010 aufzuheben und festzustellen, dass der Beigeladene zu 1) mit seiner Tätigkeit für den Kläger weder in der Kranken-, Pflege und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung versicherungspflichtig noch wegen Geringfügigkeit versicherungsfrei ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das Urteil des BSG vom 25. April 2012 (B 12 KR 14/10 R) sei auch für den vorliegenden Sachverhalt zu beachten. Der Unterschied zwischen Familienhelfern und Einzelfallhelfern sei nicht so groß, dass das Kriterium der Höchstpersönlichkeit weniger bedeutsam wäre. Das Urteil des Sozialgerichts sei nicht zu beanstanden. In Bezug auf das Unternehmerrisiko ergebe sich aus der Entscheidung des BSG, dass unternehmerische Chancen nur zu erkennen seien, wenn ein Einkommen erzielt werde, das oberhalb einer tariflichen oder einzelvertraglichen Vergütung als Angestellter liege. Das BSG habe auch ebenso wie das Sozialgericht der Verpflichtung zur höchstpersönlichen Leistungserbringung erheblichen Indizcharakter für eine abhängige Beschäftigung beigemessen. Eine Delegationsmöglichkeit, von der praktisch keinen Gebrauch gemacht werden, widerlege die Indizwirkung nicht. Zutreffend habe das Sozialgericht auch darauf hingewiesen, dass die auf eine weisungsfreie Tätigkeit hindeutenden Inhalte des Vertrags an anderer Stelle wieder relativiert würden. Umstände, welche für die Einzelfallhilfe typisch wären wie die freie Wahl des Einsatzortes könnten nicht für die Begründung der Selbständigkeit der Tätigkeit herangezogen werden. Maßgebend für die Stellung des Beigeladenen zu 1) im Prozess der Leistungserbringung seien die auf landesrechtlicher Grundlage erlassenen Ausführungsvorschriften zur Eingliederung behinderter Menschen nach dem SGB XII sowie das dem Verwaltungshandeln zugrunde liegende Rundschreiben I Nr. 9 / 2009 der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales vom 12. August 2009, auch wenn dessen normative Kraft fraglich sein könnte. Aus Ziffern 4 und 7 ergäben sich Pflichten des Einzelfallhelfers zur Dokumentation und Kontrollrechte des Klägers.

Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts ist zutreffend. Der Bescheid der Beklagten vom 24. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. September 2010 ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Beigeladene zu 1) unterlag in seiner Tätigkeit für die Klägerin als Einzelfallhelfer in der Zeit ab dem 9. Oktober 2009 der Versicherungspflicht in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung.

Der Eintritt von Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung und der Arbeitsförderung wegen Aufnahme einer abhängigen Arbeit bestimmt sich nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III, § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 1 Nr. 1 SGB VI und § 20 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI. Der Begriff der Beschäftigung wird in § 7 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch - SGB IV - näher definiert. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

Abzugrenzen ist eine die Versicherungspflicht begründende abhängige Beschäftigung von einer selbständigen Tätigkeit. Nach der Rechtsprechung des BSG liegt eine Beschäftigung vor, wenn die Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit erbracht wird. Dieses Merkmal ist bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb gegeben, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und mit seiner Tätigkeit einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung erfassenden Weisungsrecht unterliegt. Dabei kann sich die Weisungsgebundenheit insbesondere bei Diensten höherer Art zu einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinern. Dagegen ist eine selbständige Tätigkeit durch ein eigenes Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen freie Gestaltung von Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob eine abhängige Beschäftigung oder Selbständigkeit vorliegt, richtet sich danach, welche der genannten Merkmale bei Betrachtung des Gesamtbildes der Verhältnisse überwiegen. Bei der Abwägung müssen alle nach Lage des Einzelfalles relevanten Indizien berücksichtigt und innerhalb einer Gesamtschau gewichtet und gegeneinander abgewogen werden (vgl. zum Ganzen BSG Urt. v. 25. April 2012 – B 12 KR 24/10 R – juris Rn 16).

Eine abhängige Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) ergibt sich noch nicht daraus, dass der Kläger ihn mit der Erbringung von Leistungen der Einzelfallhilfe nach den Vorgaben des SGB XII beauftragt hat. Den Trägern der Sozialhilfe steht es nach dem SGB XII frei, die Leistungen der Sozialhilfe im Wege des Gewährleistungsverantwortungsmodells durch den Abschluss von Verträgen nach §§ 75 SGB XII mit selbständigen Trägern zu erbringen (BSG, Urt. v. 2. Februar 2010 – B 8 SO 20/08 R – juris Rn 12). Das SGB XII enthält also nicht die Vorgabe, dass die Sozialhilfeträger die von ihnen zu erbringenden Leistungen der Eingliederungshilfe gemäß § 54 SGB XII nur mit eigenen Beschäftigten erfüllen dürfen. Nach dem Leistungserbringungsrecht des SGB XII dürfen Leistungen der Einzelfallhilfe sowohl durch abhängig Beschäftigte als auch durch selbständig Tätige erbracht werden (LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 9. Juli 2014 – L 9 KR 134/12 – juris Rn 113, ebenso Urteile des erkennenden Senats vom 17. Januar 2014 – L 1 KR 175/12 und L1 KR 137/13 und vom 28. März 2014 – L 1 KR 20/12 sowie für Leistungen nach dem SGB VIII bereits BSG, Urt. v. 25. April 2012 – B 12 KR 24/10 R – juris Rn 18-20).

Bei der Zuordnung der Tätigkeit eines Einzelfallhelfers zu dem Typus der abhängigen Beschäftigung oder der selbständigen Tätigkeit sind einige der bereits genannten, im Rahmen des § 7 SGB IV für die Abgrenzung entwickelten Kriterien von vornherein ohne Bedeutung. Denn angesichts der äußeren Umstände, welche die Ausübung der Tätigkeit eines Einzelfallhelfers prägen, haben sie keine Aussagekraft dafür, ob die Tätigkeit in Abhängigkeit oder als Selbständiger verrichtet wird. Das betrifft die Fragen des Unternehmerrisikos, der Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation, das Nutzen fremder Arbeitsmittel und die freie Zeiteinteilung. Insoweit ist die Tätigkeit dadurch bestimmt, dass die Träger der Sozialhilfe auch an selbständige Leistungserbringer („Träger“) einen bestimmten Stundensatz zahlen, der sich nicht an einem besonderen unternehmerischen Erfolg, sondern an der Dauer der erbrachten Dienstleistung orientiert. Deswegen stellt es kein Argument für oder gegen die Selbständigkeit eines einzeln beauftragten Einzelfallhelfers dar, dass er wegen des festen Stundensatzes nicht das Risiko trägt, Arbeitsleistungen zu erbringen ohne eine Vergütung dafür zu erhalten. Typisch für die Tätigkeit eines Einzelfallhelfers ist, dass er seine Tätigkeit mit dem zu betreuenden Kind oder Jugendlichen und in dessen Wohnumfeld erbringt, dabei alleine arbeitet und nicht in einen betrieblichen arbeitsteiligen Prozess eingebunden ist. Das Fehlen des für eine abhängige Beschäftigung eigentlich kennzeichnenden Faktors einer intensiven arbeitsteiligen Einbindung in eine fremde betriebliche Organisation vermag daher nicht zu belegen, dass ein Einzelfallhelfer als Selbständiger tätig geworden ist. Umgekehrt spricht nicht für eine abhängige Beschäftigung, dass sich ein Einzelfallhelfer für die zeitliche Verabredung seiner Tätigkeit an den terminlichen Möglichkeiten des von ihm zu betreuenden Kindes oder Jugendlichen zu orientieren hat. Diese Notwendigkeit ergibt sich nämlich aus der Natur der Sache und würde sich bei einem selbständigen Einzelfallhelfer gleichermaßen stellen.

Nicht der äußere Rahmen einer bestehenden betrieblichen Organisation, sondern die Fähigkeiten, Kenntnisse und Erfahrungen des konkret und einzeln handelnden Einzelfallhelfers sind prägend für die Ausgestaltung der täglichen Arbeit eines Einzelfallhelfers. Die mit der Art der Tätigkeit einhergehende inhaltliche Gestaltungsfreiheit vermag aber alleine nicht zu begründen, dass Einzelfallhelfer regelmäßig als Selbständige anzusehen wären. Denn auch die einem Dienstverpflichteten bei der Ausgestaltung seiner Tätigkeit gewährte weitgehende inhaltliche Freiheit widerspricht nicht der Annahme von abhängiger Beschäftigung, wenn die Tätigkeit funktionsgerecht dienende Teilhabe an einem fremden Arbeitsprozess bleibt (BSG, Urt. v. 9. Dezember 1981 – 12 RK 4/81). Entscheidend für den sozialversicherungsrechtlichen Status des Beigeladenen zu 1) ist deswegen, wie seine Tätigkeit im Einzelnen organisiert und ausgestaltet gewesen ist. Mit dieser Maßgabe sieht sich der Senat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 25. April 2012 – B 12 KR 24/10 R und B 12 KR 14/10 R), welches im Rahmen der Überprüfung der abhängigen Beschäftigung eines Familienhelfers nach dem SGB VIII für erheblich gehalten hat, ob und inwieweit (finanzielle) Unterschiede zu (schon tatsächlich) abhängig Beschäftigten gemacht worden sind, der Familienhelfer einseitig von seinem Arbeitsauftrag abgezogen werden konnte, er zur höchstpersönlichen Leistungserbringung verpflichtet war und ob und in welchem Umfang der Träger Kontrollbefugnisse ausübte. Insoweit gilt für die Behandlung der Einzelfallhelfer nichts anderes als für die rechtliche Beurteilung von Lehrtätigkeiten, für die in der Rechtsprechung des BSG anerkannt ist, dass eine abhängige Beschäftigung nicht bereits deswegen anzunehmen ist, weil dem Dozenten der äußere Ablauf seiner Lehrtätigkeit vorgegeben wird (vgl. BSG Urt. v. 12. Februar 2004 – B 12 KR 26/02 R – juris Rn 29 ). Dabei führt auch der Zwang, sich inhaltlich an Rahmenvorgaben auszurichten, nicht zur Annahme von Weisungsgebundenheit. Tätigkeiten bleiben nämlich weisungsfrei, wenn zwar ihre Ziele vorgegeben werden, die Art und Weise der Ausführung aber dem Dienstleister überlassen bleibt. Entsprechend hat der Senat etwa auch für die Selbständigkeit vom Bundesrat beauftragter Führer des Besucherdienstes entscheidend darauf abgestellt, dass diese als Honorarkräfte im Kernbereich ihrer Tätigkeit frei waren (Urt. v. 15. Juli 2011 – L 1 KR 206/09 – juris Rn 171).

Auszugehen für die Zuordnung einer Tätigkeit zum Typus einer abhängigen Beschäftigung ist zunächst von den zwischen den Beteiligten getroffenen vertraglichen Abreden. Die sich aus dem Vertragstext ergebende Einordnung muss aber auch vor den tatsächlichen Verhältnissen bestehen können. Denn das Entstehen von Versicherungspflicht ergibt sich aus dem Gesetz und ist nicht Gegenstand einzelvertraglicher Vereinbarungen. Entscheidend für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist deswegen (auch) die tatsächliche Ausgestaltung der Verhältnisse, welchen gegebenenfalls sogar stärkeres Gewicht als abweichenden vertraglichen Regelungen zukommen kann (Urteil des BSG vom 28. Mai 2008 – B 12 KR 13/07 R – juris Rn 17; Urteil vom 24. Januar 2007 – B 12 KR 31/06 R – juris Rn 17).

Der zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu 1) geschlossene „Vertrag über freie Mitarbeit“ spricht zwar dem ersten Anschein nach dafür, dass die Beteiligten eine selbständige Tätigkeit vereinbaren wollten. Dafür spricht schon seine Überschrift und die ausdrückliche Festlegung, dass der Beigeladene zu 1) nicht in die Verwaltungsorganisation eingegliedert sei. Der Vertrag enthält aber offensichtlich keine abschließende Regelung der von dem Beigeladenen zu 1) zu erfüllenden Verpflichtungen. Die eigentlichen Vorgaben für die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) ergaben sich nämlich nicht aus dem geschlossenen Vertrag, sondern aus dem von dem Kläger beschlossenen Gesamtplan nach § 58 SGB XII als Koordinierungs- und Kontrollinstrument für die Eingliederungshilfe (vgl. 10c der Ausführungsvorschriften zur Eingliederung behinderter Menschen nach dem SGB XII). Unstreitig ist, dass der Beigeladene zu 1) bei der Ausführung die Ziele der Maßnahme beachtet hat, wie sie im Gesamtplan formuliert worden sind, dass er dem Fallmanager des Klägers Auskünfte erstattete, dass er an regelmäßigen Helferrunden teilgenommen hat und dass er einen jährlichen Abschlussbericht über die Einzelfallhilfe zu fertigen hatte. Dies ergibt sich sämtlich aus den Angaben des Beigeladenen zu 1) im Verwaltungsverfahren. Der unterzeichnete Vertragstext enthält zu diesen Fragen aber keine eigenen Festlegungen, sondern verweist lediglich allgemein auf die Zielsetzung des Gesamtplans und der Kostenübernahme. Danach teilt der erkennende Senat die Bedenken des 9. Senats des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg (Urt. v. 9. Juli 2014 – L 9 KR 134/12), dass die von dem Kläger formularmäßig verwendeten Vertragsklauseln über die Erbringung von Leistungen der Einzelfallhilfe in freier Mitarbeit nicht die für die Beteiligten tatsächlich für maßgeblich gehaltenen Rechte und Pflichten dokumentierten sollten, sondern entsprechend den Vorgaben des Rundschreibens I Nr. 9 / 2009 vorrangig mit dem Ziel formuliert wurden, den bloßen Anschein einer selbständigen Tätigkeit zu setzen.

In tatsächlicher Hinsicht war der Beigeladene zu 1) stärker in die Organisation des Klägers eingebunden, als durch den Vertrag dokumentiert ist. Dazu ist auf die regelmäßige Teilnahme des Beigeladenen zu 1) an Helferrunden zu verweisen, die nicht notwendigerweise nur einmal im Jahr stattfanden. Zudem unterlag der Beigeladene zu 1) entsprechend 4.3 des Rundschreibens I Nr. 9 / 2009 einer Dokumentationspflicht, welche die Pflicht zur Vorlage der Dokumente auf Anforderung des Sozialhilfeträgers umfasste. Ob diese Verpflichtung tatsächlich eingefordert wurde, ist für ihren Bestand ohne Bedeutung. Sie war – ungeachtet der Frage der normativen Verbindlichkeit des Rundschreibens im Verhältnis zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu 1) – jedenfalls Bestandteil des von dem Kläger in seinem Verhältnis zu den Einzelfallhelfern in Anspruch genommenen Verhaltensrepertoires. Auch unterlag der Beigeladene zu 1) dauernd zumindest einer potenziellen Kontrolle seiner Tätigkeit durch den Kläger, da dieser der Adressat für eventuelle Rückmeldungen war, die von den Eltern der betreuten Kinder an ihn als dem Sozialhilfeträger gerichtet wurden. Durch die Vereinbarung eines jederzeitigen und voraussetzungslosen Kündigungsrechts hatte der Kläger zudem dafür gesorgt, dass er nicht die ausdrückliche Vereinbarung eines Weisungsrechts brauchte, um gegebenenfalls seine eigenen Vorstellungen über die Ausgestaltung der Tätigkeit gegenüber dem Einzelfallhelfer durchsetzen zu können.

Entscheidend für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung spricht hier der Vergleich mit den Verträgen, welche der Kläger über die Erbringung von Einzelfallhilfe mit freien Trägers geschlossen hat. Nach der Rechtsprechung des BSG muss die Zuordnung einer Tätigkeit, die wie die eines Einzelfallhelfers grundsätzlich in der Form einer abhängigen Beschäftigung oder einer selbständigen Tätigkeit ausgeübt werden kann, auch vor einem Vergleich bestehen. Werden für dieselbe Tätigkeit sowohl Selbständige als auch abhängig Beschäftigte eingesetzt, setzt die Zuordnung der Tätigkeit zum Typus der Selbständigkeit voraus, dass sich ihre Ausgestaltung erkennbar von der einer abhängigen Beschäftigung unterscheidet (BSG Urt. v. 25. April 2012 – B 12 KR 4/10 R und B 12 KR 24/10 R). Entsprechend kann die Einordnung einer Tätigkeit zum Typus der Selbständigkeit auch daran scheitern, dass erhebliche Unterschiede gegenüber anderen praktizierten Formen einer selbständigen Tätigkeit gemacht werden, welche in der Sache nicht zu erklären sind.

So liegt es hier. Das gilt zunächst hinsichtlich der Frage der höchstpersönlichen Leistungserbringung. Der Kläger setzt – wie gerichtsbekannt ist – für die Erbringung von Einzelfallhilfe auch freie Träger als Dienste ein und stellt diesen frei, wen sie konkret als Einzelfallhelfer einsetzen, was die Möglichkeit einer Auswechselung des Einzelfallhelfers einschließt. Wenn diese Möglichkeit bei der Gewährung von Einzelfallhilfe außerhalb von Diensten nicht eröffnet ist, wird ein erheblicher Unterschied gemacht, für den kein sachlich rechtfertigender Grund erkennbar ist. Der Kläger gesteht den Diensten offenbar eine weitergehende Entscheidungsbefugnis zu als den einzelnen Einzelfallhelfern. Noch deutlicher ist die unterschiedliche Behandlung bei der Frage der Honorierung. Die freien Träger als Dienste erhalten ein Stundenhonorar in Höhe von 30,- €, der Beigeladene zu 1) dagegen nur in Höhe von 21,- €. Warum das Land diese Unterschiede macht, wird nicht erklärt und ist auch nicht ersichtlich. Der Vortrag des Klägers, dass sich gerade in der Akzeptanz auch besonders niedriger Preise das freie Unternehmertum zeige, ist keine Erklärung, sondern Zynismus. Für das Handeln der öffentlichen Hand beim Einkauf von Betreuungsleistungen ist nämlich charakteristisch, dass für dieselben Leistungen auch derselbe Lohn gezahlt wird. Entsprechend differenzieren die in dem Rundschreiben I Nr. 9/2009 vorgesehenen Sätze auch nicht nach der Bereitschaft des Einzelfallhelfers, sich aus wirtschaftlicher Not unter den Marktpreis drücken zu lassen, sondern nach seiner Qualifikation. Welche zusätzlichen Leistungen freie Träger erbringen, die als Dienste von dem Kläger beauftragt werden, ist nicht ersichtlich. Deswegen liegt es nahe, das höhere Honorar der Dienste durch die ihnen eingeräumten weitgehenderen Befugnisse und/oder als Zuschlag für selbständige Tätigkeit zu erklären. Der Kläger hat die Leistungen des Beigeladenen zu 1) nicht nur kontrolliert und gesteuert; die von ihm vorgenommene Ausgestaltung der Verhältnisse schränkt die Freiräume und Möglichkeiten des Beigeladenen zu 1) auch über das Maß hinaus ein, das der Kläger anderen (selbständigen) Leistungserbringern einräumt.

Der Senat geht davon aus, dass die Übertragung von Tätigkeiten der Einzelfallhilfe außerhalb von Diensten in der in dem Rundschreiben I Nr. 9 / 2009 vorgesehenen Form von dem Kläger vor allem deswegen gewählt wurde, um die bei einer abhängigen Beschäftigung abfallenden Sozialabgaben einzusparen. Für den Senat steht danach fest, dass die tatsächliche Ausgestaltung der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) nicht wie im Vertrag deklariert durch die alleinige Verantwortlichkeit und Entscheidungsbefugnis des Beigeladenen zu 1) gekennzeichnet war.

Nach alledem war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergeht nach § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG liegen nicht vor.