Gericht | OLG Brandenburg 3. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 16.02.2021 | |
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Aktenzeichen | 3 U 6/17 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2021:0216.3U6.17.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 22.12.2016 abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 7.650,34 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 07.01.2016 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 88 % und die Beklagte zu 12 % zu tragen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des tenorierten Betrages abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
6. Der Berufungsstreitwert beträgt 56.183,43 €.
I.
Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten zu Schadenersatzleistungen für ein verletztes Pferd.
Der Kläger ist Eigentümer und Halter des im April 2011 geborenen Hengstes „(X)“, die Beklagte Betreiberin einer Pferdepension in L…. Der Kläger transportierte das streitgegenständliche Tier am 30.08.2012 zu dem Hof der Beklagten, wo es ohne weitere Eingliederungsmaßnahmen auf die Junghengstweide verbracht wurde, auf der sich eine bereits existierende Herde von 5 Tieren im Alter von 1 1/2 bis etwa 2 1/2 Jahren befand. Zwischen den Parteien ist streitig, ob es in diesem Zusammenhang zu massiven Attacken der Herdenmitglieder gegen den Junghengst des Klägers kam und inwieweit die Vorgehensweise der Beklagten vorherigen Absprachen der Parteien entsprach.
Unter dem 02.09.2012 verschrifteten der Kläger und die Beklagte den von ihnen verabredeten Pferdeeinstellungsvertrag (Bl. 37 ff GA) in der Weise, dass die Beklagte dem Kläger in ihrer Stallanlage gegen Entgelt einen „Platz in der Fohlenherde“ vermiete (§ 1) und sich zur (Robust-)Haltung sowie Fütterung des Tieres verpflichtete. Gemäß § 11 Satz 2 des Einstellungsvertrages sollte die Beklagte nicht haften, soweit etwaige Ansprüche nicht von ihrer Betriebshaftpflichtversicherung abgedeckt würden; hiervon ausgenommen sein sollten nach Satz 3 derselben Vorschrift allerdings solche, die auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Handlung der Beklagten oder einer Person beruhten, für die die Beklagte kraft Gesetzes hafte. Unter § 14 des Vertrages versicherte der Kläger, der sein Pferd „auf eigene Gefahr zusammen mit anderen gleichaltrigen Pferden ... auf die Weide stellte“, im Schadensfall an seinem Pferd gegen die Beklagte keine Schadenersatzansprüche zu richten. Entsprechend § 13 sollten Vertragsänderungen der Schriftform bedürfen und mündliche Nebenabsprachen keine Gültigkeit besitzen.
Nachdem der Kläger in der Folgezeit zunächst die Mitteilung erhalten hatte, sein Junghengst sei in die bestehende Herde integriert, berichtete die Beklagte am 06.09.2012 der Lebenspartnerin des Klägers, der Zeugin Dr. A…, gegenüber davon, „(X)“ habe aus dem Herdenverband herausgenommen werden müssen, da eines seiner Gliedmaße geschwollen sei. Die später herangezogene Tierärztin Dr. Re… stellte am Vorderbein des Tieres eine Hautverletzung (Phlegmone) fest, die sogleich verbunden sowie mit Antibiotika und Schmerzmitteln versorgt wurde. Als sich im folgenden aus Sicht des Klägers keine greifbare Besserung im Zustand des Tieres einstellte, verbrachte der Kläger den Hengst am 12.10.2012 in eine Pferdeklinik, in der dieser mehrere Wochen lang behandelt wurde, ehe er zu weiteren Therapiemaßnahmen auf den Reiterhof der Zeugin Dr. H… in De… verbracht wurde.
Der Kläger hat bereits erstinstanzlich die Auffassung vertreten, die Regelungen gemäß § 14 Abs. 1, 2 des Einstellungsvertrages stellten Allgemeine Geschäftsbedingungen dar, die angesichts des darin enthaltenen umfassenden Haftungsausschlusses gegen § 309 Nr. 7 BGB verstießen, und dazu dargelegt, sie seien von der Beklagten in gleicher Form mehrfach gegenüber Einstellern verwendet worden, ohne dass es zwischen den Parteien zu Vertragsverhandlungen darüber gekommen sei; § 14 beziehe sich dabei allenfalls zulässig auf das allgemeine Haltungsrisiko, nicht aber auf Pflichtverletzungen der Beklagten, die sich vorliegend auch als im Sinne von § 11 des Vertrages grob fahrlässig darstellten; ein vollständiger Haftungsausschluss sei von den Parteien nicht gewollt gewesen, die Haftungsfreizeichnung habe vielmehr lediglich das allgemeine, letztlich nicht vermeidbare Risiko abdecken sollen, das mit der Herdenhaltung von Pferden verbunden ist; der Sache nach sei die Vereinbarung als Verwahrungsvertrag zu qualifizieren.
Ferner hat der Kläger behauptet, die Parteien hätten über den verschrifteten Vertragsinhalt hinaus vereinbart, dass das Fohlen ausschließlich mit gleichaltrigen Hengsten Weidegang erhalten sollte; Absprachen der Parteien über die Art und Weise einer Integration des Tieres in die bestehende Herde habe es nicht gegeben; sachgerecht wäre allerdings eine schrittweise Integration des Tieres in die Herde gewesen, und zwar anfangs durch Blick-, später auch Körperkontakte mit zunächst niederrangigen Pferden auf einem abgezäunten Teilbereich der Weide und erst nachfolgender Zusammenführung der gesamten Herde; kurz nach dem Verbringen „(X)“ auf die nicht abgezäunte Junghengstweide sei dieser deshalb auch von den mutmaßlichen Leittieren, deutlich älteren Hengsten, in eine Ecke der Koppel gedrängt und durch einen heftigen Tritt mit den Hintergliedmaßen in die Rippen sowie Bisse in die Kuppe und hintere Rückenpartie massiv angegangen worden; Versuche der Mitarbeiter der Beklagten, die Herde von „(X)“ abzulenken, seien fehlgeschlagen; diese hätten jedoch das beobachtete Verhalten der Zeugin A… gegenüber als normale Rangordnungskämpfe dargestellt und die Bedenken der Zeugin wegen des Altersunterschiedes der Junghengste zu zerstreuen versucht; während „(X)“ am 30.08.2012 noch kräftig und energiegeladen gewesen sei, sei er am 07.09.2012 mit trittbedingten teilweise offenen Hautwunden (z.B. am Rücken) übersät gewesen, und sein Körper habe zahlreiche z.T. tiefe Biss- und Schlagverletzungen (u.a. an der Stirn), Tritt- und Schürfwunden (am Kopf), einen massiven Bluterguss an der Brust und starken Schlagverletzungen an den Seiten aufgewiesen; ferner sei ein trübes Auge festzustellen gewesen und er habe einen schlappen Eindruck gemacht; der Zustand des Tieres habe sich nach dem 07.09.2012 noch verschlimmert: der Hengst habe sich kaum mehr im Schritt bewegen und den Kopf über die Höhe des Buggelenkes heben können, am 18.09.2012 sei das Tier schließlich abgemagert und noch weiter geschwächt gewesen und habe ein hochgradig ataktisches Gangbild gezeigt; die daraufhin diagnostizierte spinale Ataxie (vgl. die Stellungnahme Dr. F… vom 02.08.2016, Bl. 105 f GA) sei durch die Angriffe der übrigen Junghengste auf der Weide der Beklagten verursacht worden, ohne dass es dafür eingetretener Wirbelfrakturen bedurft habe; eine genetische Veranlagung scheide nach dem Ergebnis eines bei „(X)“ im Alter von drei Monaten vorgenommenen Gentests (Bl. 111 GA) aus und wäre im Übrigen schon vor den streitgegenständlichen Vorfällen aufgefallen; das Tier sei aufgrund dessen als Reit- und Zuchtpferd ungeeignet.
Der Kläger beziffert den ihm entstandenen Schaden auf insgesamt 56.183,43 €, und zwar in Form einer Wertminderung bzw. des entgangenen Gewinns aus einem unterbliebenen Weiterverkauf des Pferdes in Höhe von 30.000 € sowie in Höhe der Anschaffungs-, Transport- und Behandlungskosten des Tieres von 26.183,33 €; er verlangt ferner die Erstattung einer nicht anrechenbaren außergerichtlichen Rechtsanwaltsvergütung in Höhe von 1.954,46 € (Belege Bl. 346 ff GA; die Beklagte hat den geltend gemachten Schaden nach Grund und Höhe bestritten.
Wegen der Einzelheiten des Klägervorbringens wird auf den Inhalt der Klageschrift vom 22.12.2015 Bezug genommen.
Die Beklagte hat behauptet, der streitgegenständliche, nach Mietrecht zu beurteilende, Vertrag und insbesondere die dortigen Vereinbarungen zu §§ 11 und 14 seien zwischen den Parteien im Einzelnen ausgehandelt worden; inhaltlicher Schwerpunkt sei die Vermietung des Platzes in einer Herde gewesen, wohingegen die Fütterungs- und Obhutspflichten in den Hintergrund getreten seien. Die Sache betreffend sei mit der Zeugin Dr. A… vor Vertragsschluss abgesprochen worden, den Junghengst direkt in die Herde zu integrieren; eine Abgrenzung der Weide sei nach den örtlichen Bedingungen auch nicht möglich gewesen und hätte zudem für alle beteiligten Tiere größeren Stress bedeutet. Die Integration des Junghengstes sei zudem problemlos verlaufen, die von der Gegenseite behaupteten Vorgänge vom 30.08.2012 hätten tatsächlich nicht stattgefunden; die Integration sei engmaschig überwacht worden; bei der Integration von Tieren in eine bestehende Herde seien Rangordnungskämpfe, zumal bei der vereinbarten Robusthaltung, unvermeidbar, hätten aber fallbezogen nur im allgemein üblichen Rahmen stattgefunden; das Entstehen von verletzungsbedingten Phlegmonen könne in diesem Zusammenhang nicht verhindert werden; der Zustand des klägerischen Pferdes habe sich nach dem 30.08.2012 weder kontinuierlich und massiv verschlechtert, noch habe nach der Behandlung vom 07.09.2012 kein normaler Wundheilungsprozess stattgefunden; die behauptete Ataxie könne ebenso gut fütterungs-, haltungs-, nutzungsbedingt oder aufgrund eines schweren Traumas mit Verletzung des Hals- oder Rückenmarks, etwa nach einem Überschlag, entstanden sein, ohne dass sie, die Beklagte, hierauf Einfluss gehabt haben müsse.
Das Landgericht hat die Klage nach Beweiserhebung über das Vorliegen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen mit Urteil vom 22.12.2016 abgewiesen (Bl. 164 ff GA). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, die Haftung der Beklagten für die streitgegenständlichen Schäden sei vertraglich wirksam ausgeschlossen worden; der Kläger habe gemäß § 14 des Einstellungsvertrages unabhängig vom Grad des Verschuldens der Gegenseite auf die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen wirksam verzichtet; wenn in derselben Vorschrift von gleichaltrigen Pferden die Rede sei, bedeute dies bei natürlicher Betrachtung nicht, dass nur ganz exakt gleichaltrige Tiere hätten zusammen gehalten werden sollen, was nahezu undurchführbar sei; auch dreijährige Tiere gälten noch als Fohlen; der Kläger habe dabei nicht den Beweis zu erbringen vermocht, dass die Beklagte den vorliegenden vertraglichen Haftungsausschluss vorformuliert habe; die gemäß § 445 ZPO vernommene Beklagte habe im Gegenteil dargelegt, die Parteien hätten die von ihr gewünschte Haftungsfreistellung gemeinsam formuliert; dabei sei unerheblich, dass die Beklagte eingeräumt habe, denselben Haftungsausschluss in zwei weitere Pferdeeinstellungsverträge des Klägers aufgenommen zu haben. Wegen der weiteren Urteilsbegründung wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO auf den Inhalt der erstinstanzlichen Entscheidung Bezug genommen.
Mit seiner form- und fristgerecht eingereichten Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Rechtsschutzziel weiter. Er rügt, das erstinstanzliche Urteil halte einer rechtlichen und tatsächlichen Überprüfung nicht stand und trägt dazu insbesondere vor, der Einzelrichter der Zivilkammer habe mit Blick auf das Vorliegen allgemeiner Geschäftsbedingungen bereits übersehen, dass er, der Kläger, lediglich eine Hobbyzucht betreibe, weshalb die Rentabilitätsvermutung nicht gelte und der vorliegende Vertrag als Verbrauchervertrag im Sinne des
§ 310 Abs. 3 BGB anzusehen sei; allgemeine Geschäftsbedingungen gälten demzufolge (auch bei nur einmaliger Verwendung) als gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden, was jedoch gerade nicht der Fall gewesen sei; der mit der Beklagten geführte E-Mail-Verkehr belege entgegen der Annahme des Landgerichts gerade, dass diese regelmäßig gleichartige Vertragsformulare verwendet habe (vgl. Bl. 157 vom 20.09.2012: „Es ist nicht üblich, die Verträge zu ändern“); der gegenteilige Sachvortrag der Beklagten sei ohne Substanz gewesen und hätte eine Vernehmung der Beklagten als Partei tatsächlich nicht gerechtfertigt; jedenfalls hätte insofern auch er, der Kläger, als Partei gehört werden müssen, abgesehen davon, dass das Gericht seinem entsprechenden Beweisangebot zur Vernehmung der Zeugin Dr. A… (Schriftsatz vom 15.12.2016, Bl. 159 GA) übergangen habe; diese habe auch dazu bekunden sollen, dass die Beklagte gleichartige Verträge gegenüber anderen Einstellern verwende; inhaltlich verstießen die verwendeten Haftungsfreizeichnungsklauseln gegen §§ 307 Abs. 2 Nr. 2 und 309 Nr. 7b BGB, insbesondere weil sie auch Kardinalpflichten umfassten, einen unzulässigen, weil inhaltlich nicht klar umgrenzten, Versicherungsvorbehalt enthielten und Personenschäden von dem Haftungsausschluss nicht ausgenommen worden seien; die Klauseln seien dessen ungeachtet nicht - wie vom Landgericht angenommen - im Sinne eines umfassenden Haftungsausschlusses zu verstehen, sondern überwälzten lediglich das allgemeine Risiko der Pferdehaltung auf den Kläger.
Der Sache nach habe das Instanzgericht, so der Kläger, verkannt, dass es sich bei der streitgegenständlichen Vereinbarung um einen Verwahrungsvertrag mit den entsprechenden Folgen für die Beweislastverteilung handele; die Beklagte habe nicht lediglich die Unterbringung des Tieres geschuldet, sondern auch dessen Fütterung und Pflege; da die Schadenursache aus dem Gefahrenbereich der Beklagten stamme - eine regelgerechte Integration des Junghengstes in die Herde und eine Überwachung dieses Vorganges hätten, wie bereits erstinstanzlich vorgetragen, nicht stattgefunden, ferner seien die Herdenmitglieder zu alt gewesen -, hafte die Beklagte dafür nach § 280 BGB i.V.m. § 695 BGB. Bei dem geschädigten Pferd handele es sich um einen rassereinen Shagrya-Araber.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 22.12.2016 - Az. 6 O 348/15 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,
1. an ihn 56.183,43 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einem Betrag in Höhe von 50.106,70 € seit dem 21.05.2014 und im Übrigen ab Rechtshängigkeit (07.01.2016) zu zahlen;
2. an ihn eine nicht anrechenbare außergerichtliche Rechtsanwaltsvergütung in Höhe von 1.954,46 € nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit (07.01.2016) zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie stützt mit näheren Ausführungen die landgerichtliche Entscheidung, verweist vor allem darauf, der Sachvortrag des Klägers lasse sich nicht in der Weise verstehen, dass er sich in der Frage der Vertragsverhandlungen bereits in erster Instanz auf Zeugenbeweis berufen habe, und wiederholt ihr erstinstanzliches Sach- und Rechtsvorbringen. Insbesondere bestreitet sie eine traumatische Genese etwaiger bei dem klägerischen Pferd vorhandener Verletzungen und Verletzungsfolgen sowie Vertragspflichtverletzungen ihrerseits. Ferner ist sie der Auffassung, der Kläger habe den Beweis der Rassereinheit seines Pferdes nicht geführt.
Der Senat hat mit Beschluss vom 17.08.2017 (Bl. 267 ff GA) Beweis über die Behauptung der Beklagten erhoben, eine direkte Integration des streitgegenständlichen Junghengstes sei nach den Gegebenheiten des Falles angezeigt gewesen, durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen U… S…. Aufgrund Beschlusses vom 15.01.2019 hat er ferner Beweis über die Behauptungen des Klägers erhoben, der Junghengst leide an einer nicht genetisch oder anlagebedingten spinalen Ataxie, die er sich auf der Weide der Beklagten zugezogen habe, und das Tier sei aufgrund dieser Erkrankung für Reitzwecke nicht geeignet sowie auch anderweitig nicht nutzbar, wodurch sich sein Verkaufswert um 30.000 € mindere, durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens der Sachverständigen Dr. A… R…. Wegen des Ergebnisses dieser Beweiserhebungen wird auf den Inhalt der unter dem 06.01.2018 erstatteten schriftlichen Gutachten des Sachverständigen S… (Bl. 276 ff GA) und der Sachverständigen Dr. R… vom 15.07.2019 (Bl. 448 ff GA) sowie ihrer ergänzenden mündlichen Ausführungen zu Protokoll des Senats vom 18.12.2018 (Bl. 378 ff GA) und vom 01.12.2020 (Bl. 584 ff GA) Bezug genommen. Schließlich hat der Senat Beweis über die Behauptung der Beklagten erhoben, die Mitarbeiter der Beklagten hätten bei der Verbringung „(X)“ auf die Junghengstweide die übrigen Herdenmitglieder nicht durch zusätzliche Futtergaben abzulenken versucht, durch Vernehmung der Zeuginnen E…, N… und B…. Wegen des Beweisergebnisses wird ebenfalls auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 18.12.2018 (Bl. 378 ff GA) verwiesen.
II.
Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers hat nur teilweise Erfolg.
Dem Kläger stehen die behaupteten Schadenersatzansprüche gegen die Beklagte aus § 280 Abs. 1 i.V.m. §§ 688 ff BGB und § 823 BGB im tenorierten Umfang (§§ 249 ff BGB) zu.
1. Die Vereinbarungen der Parteien stellen sich im Rechtssinne als Verwahrungsvertrag
(§ 688 ff BGB) dar.
Tierbetreuungsverträge stellen sich regelmäßig als typengemischte Verträge dar, die miet-, verwahrungs- und dienstvertragliche und daneben auch werkvertragliche Elemente aufweisen. Auf solche Verträge wendet der Bundesgerichtshof die Schwerpunkttheorie an. Danach ist ein typengemischter Vertrag grundsätzlich nach einem einzigen Vertragsrecht zu beurteilen, nämlich nach demjenigen, in dessen Bereich der Schwerpunkt des Vertrages liegt (vgl. BGH NJW 2005, 2008). Mietvertragliche Regelungen finden Anwendung, soweit sich die vertragliche Hauptpflicht des Betreuenden in der Gewährung von Obdach - eines Stalles, einer Pferdebox, eines Käfigs o.ä.- beschränkt; schuldet der Betreuende nach dem Vertragsinhalt über die Überlassung eines umschlossenen Raumes hinaus als vertragswesentlich auch die Fütterung des Tieres bzw. Reinigung der Pferdebox, treten also dienst- bzw. kaufrechtliche Elemente hinzu, bestehen gewisse Parallelen zum Beherbergungsvertrag, bei dem nach herrschender Meinung ebenfalls noch das Mietrecht dominiert (vgl. Münch.Komm./Häublein, BGB, vor § 535 Rz. 34 m.w.N.). Beim Einstellungsvertrag kommt hingegen als vertragswesentlich und typusprägend die Pflicht zur Übernahme der Fürsorge und Obhut für das Lebewesen hinzu; entsprechende Vereinbarungen haben schwerpunktmäßig verwahrungsrechtliche Elemente mit der Folge, dass der Vertrag als Verwahrungsvertrag anzusehen ist (OLG Oldenburg MDR 2011, 473; OLG Brandenburg NJW-RR 2006, 1558 m.w.N.; OLG Schleswig OLGR 2000, 248 ff; Staudinger/Reuter, BGB, 2006, vor § 688 Rz. 27); verpflichtet sich der Betreuer jedoch typenprägend zur Ausbildung, Abrichtung des Tieres oder gegenüber dem Vertragspartner zu andersgearteten Leistungen unter Inanspruchnahme des Tieres (etwa Reitunterricht), sind die normativen Regelungen über den Dienstvertrag anzuwenden, sofern nicht ein bestimmter (Ausbildungs-)Erfolg geschuldet wird (dann: Werkvertrag), vgl. OLG Hamm RdL 2016, 46.
Das vorliegende Vertragsverhältnis ist nach diesen Maßstäben als Verwahrungsvertrag zu qualifizieren. Zwar deutet sich nach dem Wortlaut des § 1 der geschlossenen Vereinbarung zunächst an, die Beklagte habe keinerlei Obhuts-, Fürsorge- und Überwachungspflichten für den einzustellenden Junghengst des Klägers übernehmen wollen, wenn es darin heißt, es werde der Platz in einer Fohlenherde vermietet. Indes ist am Wortlaut der Vereinbarung dann nicht festzuhalten, wenn die Parteien übereinstimmend anderweitige Regelungen haben treffen wollen. Dies ist hier anzunehmen. Nach § 2 des Vertrages hatte die Beklagte weitergehend „die Haltung und Fütterung des Pferdes“ in Form des Tränkens, der Gabe von Mineralien und ggf. Zufütterung mit Heu übernommen, war nach § 6 berechtigt, tierärztliche Behandlungen anzuordnen und der Kläger hatte nach § 4 als Vergütung einen „Pensionspreis“ zu zahlen. Das Vertragswerk ist ferner ausdrücklich als Einstellvertrag bezeichnet, für den aber die Pflicht zur Obhut über das Tier typusprägend ist (vgl. Häublein, Der Pferdeeinstellvertrag zwischen Miet- und Verwahrungsrecht, in: NJW 2009, 2982). Danach stellen sich die von der Beklagten übernommenen Betreuungsleistungen als nicht nur unwesentlich dar, berücksichtigt man etwa die Fütterungspflicht und die Gesundheitssorge. Vielmehr umfasste die Betreuung des Junghengstes im Gegenteil einen in zeitlicher und tatsächlicher Hinsicht signifikanten Teil der von der Beklagten übernommenen Verpflichtungen, zu denen lediglich noch die Unterbringung des Tieres hinzukam, während das Tier nach dem Gesamtzusammenhang der Regelungen auch ohne ausdrückliche Absprache dem Eigentümer unbeschadet zurückgegeben werden sollte. Damit sind die Regelungen des Verwahrungsvertragsrechtes anzuwenden (so für einen ähnlichen Fall sog. Viehgräsungsverträge auch OLG Hamm, Urteil vom 13.05.2004 - 24 U 22/04 - zit. nach juris; anders aber OLG Oldenburg, Beschluss vom 03.04.2018 - 11 U 79/17 -, Bl. 371 ff GA).
Dass sowohl das Amtsgericht Schöneberg als auch das Landgericht Berlin bei gleicher Vertragsgrundlage abweichend von einem mietrechtlichen Schwerpunkt der nämlichen Vereinbarungen ausgegangen sind (Urteilsabschriften vom 04.09.2014, Bl. 56 ff GA, und vom 25.08.2015, Bl. 63 ff GA), bindet den Senat nicht; auch wird dieses Auslegungsergebnis der Komplexität des Vertragsinhaltes nicht gerecht.
2. Dabei haben die Parteien entgegen der Rechtsansicht des Landgerichts auch nicht vertragliche Schadenersatzansprüche der vorliegenden Art durch §§ 11, 14 des Einstellungsvertrages ausgeschlossen. Es ist vielmehr zu konstatieren, dass die Beklagte die streitgegenständlichen Verletzungen durch eine grob fahrlässige Verletzung der von ihr übernommenen Obhutspflichten verursacht hat und die Regelung gemäß § 14 des Vertrages ihrer Haftung nicht entgegensteht. Danach kommt es nicht streitentscheidend darauf an, ob es sich bei den entsprechenden Regelungen um wirksam vereinbarte allgemeine Geschäftsbedingungen handelt.
A. § 14 der Vereinbarung statuiert zwar für sich allein betrachtet die Verpflichtung des sein Pferd auf eigene Gefahr einstellenden Klägers, im Schadenfall keine Schadenersatzansprüche gegen die Beklagte zu stellen. Dem Kläger, der sich abweichend darauf beruft, die nämliche Regelung habe die Beklagte lediglich von durch die allgemeine Tiergefahr verursachten Schäden freistellen wollen, ist allerdings zuzugestehen, dass sich bei einem wortgetreuen Verständnis des § 14 die weitere Regelung in § 11 des Einstellungsvertrages unklar bzw. unpassend darstellt, wonach die Beklagte die Haftung für grob fahrlässiges oder vorsätzliches Fehlverhalten übernehme, beide Vorschriften gleichsam im Widerstreit zueinander stehen, was allerdings ein Indiz dafür abgibt, dass die Beklagte sie aus anderen Vertragswerken, kaum zueinander passend, übernommen und sie dabei ein Spannungsverhältnis verursachend neu zusammengestellt, die Vertragsbedingungen mithin im Sinne allgemeiner Geschäftsbedingungen dem Kläger gestellt hat. § 11 der Vereinbarung lässt nämlich eine Haftung der Beklagten im Umfang ihrer Betriebshaftpflicht sowie für grob fahrlässiges sowie vorsätzliches Fehlverhalten ausdrücklich zu. Nach dem objektiven
Empfängerhorizont der getroffenen Regelungen ist § 14 des Einstellvertrages daher in der Weise zu verstehen (§§ 133, 157 BGB), dass der Kläger lediglich anerkannt hat, Ansprüche gegen die Beklagte nur unter den Voraussetzungen gemäß § 11 des Vertrages zu stellen, also nicht willkürlich darüber hinausgehende, für die eine vertragliche Grundlage fehlte.
Auch wenn die Beklagte im Zuge ihrer Vernehmung als Partei vor dem Landgericht am 22.12.2016 (Bl. 160 f GA) zu erkennen gegeben hat, dass sie sich tatsächlich von jeder Haftung für Verletzungen des Hengstes (X) freizeichnen wollte, indem es darin etwa heißt - Bl. 161 -: „Weil bei Junghengsten immer die Gefahr besteht, dass sie sich beim Rangkämpfen verletzen, und ich bei Familie G… so ein Bauchgefühl hatte, habe ich dann darum gebeten, dass wir im Vertrag klarstellen, dass ich für Verletzungen nicht hafte. Wir haben dann ... die in § 14 enthaltene Klausel gemeinsam formuliert“, lässt sich daraus aber gerade nicht ableiten, dass der Kläger dieses Ansinnen auch in dem von der Beklagten gewollten Sinne verstanden hat bzw. verstehen musste. Im Gegenteil konnte er das Ansinnen der Beklagten unter Berücksichtigung der unberührt bleibenden weiteren Regelungen in § 11 in dem soeben skizzierten, die Vereinbarungen harmonisierenden Sinne verstehen, wie dies auch ein objektiver Empfänger der Erklärungen der Beklagten getan hätte.
B. Vor diesem Hintergrund ergibt sich aber bereits eine vertragliche Haftung der Beklagten daraus, dass sie ihr obliegende vertragliche Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Betreuung des streitgegenständlichen Pferdes nicht nur leicht fahrlässig verletzt hat, wie sich den Ausführungen des im Berufungsrechtszug gehörten Sachverständigen S… entnehmen lässt, weil sie gegen ihr erkennbare, allgemein anerkannte Vorgaben zur Eingewöhnung neuer Mitglieder in eine bestehende Junghengstherde verstoßen hat (vgl. die Ausführungen des Sachverständigen in seinem mündlichen Gutachten im Senatstermin vom 18.12.2018, S. 9: „Wie hier verfahren worden ist, dass das Pferd einfach auf die Koppel gelassen wurde, so verfährt man üblicherweise nicht. Das wird zwar öfters so gehandhabt, das ist aber sträflicher Leichtsinn.“): dies allerdings, wie jedoch festzustellen, nur, soweit sie über den Versicherungsumfang der Betriebshaftpflichtversicherung hinaus haften wollte, denn nach dem unwidersprochenen Sachvortrag des Klägers wäre der streitgegenständliche Schaden nicht schon über die Betriebshaftpflichtversicherung der Beklagten abrechenbar gewesen, da die Vertragsbedingungen dieser Unternehmen üblicherweise gerade den Ersatz von Schäden an eingestellten Pferden ausschließen; insofern hätte es vielmehr einer Obhutsversicherung bedurft, die die Beklagte aber gerade nicht abgeschlossen hat (vgl den Schriftsatz des Klägers vom 19.06.2017, Bl. 242 GA).
3. Unter Berücksichtigung des Vorstehenden schuldete die Beklagte als Verwahrerin gemäß
§ 695 BGB, den in seine Obhut gegebenen Junghengst ordnungsgemäß, also unverletzt, wieder an den Kläger herauszugeben. Bei Rückgabe des Verwahrungsgutes in nicht ordnungsgemäßem Zustand gelten insofern die Grundsätze der Haftung nach Verantwortungsbereichen (vgl. OLG Schleswig aaO und OLGR 2001, 285 f; Palandt/Grüneberg, BGB 80.Aufl., § 280 Rz. 40) mit der Folge, dass eine Beweislastumkehr eintritt und die Beklagte die Beweislast dafür trifft, dass der eingetretene Zustand nicht auf einer ihr zurechenbaren schuldhaften Pflichtverletzung beruht. Dabei gilt Folgendes:
Grundsätzlich muss ein Verwahrer, wenn er den Entlastungsbeweis in Bezug auf eine in seinem Verantwortungsbereich beschädigte Sache führen will, aufklären, wie es ohne sein Verschulden zu der Beschädigung gekommen ist. Dabei dürfen an den Beweis keine überhöhten Anforderungen gestellt werden (OLG Oldenburg aaO; OLG Schleswig aaO). Der Entlastungsbeweis ist danach regelmäßig erbracht, wenn der Verwahrer die Ursache der Beschädigung nachweist und dartut, dass er diese nicht zu vertreten hat oder wenn er die Ursache wahrscheinlich macht und beweist, dass er hierfür nicht einzustehen hat (OLG Oldenburg aaO). Ist die konkrete Ursache nicht aufklärbar, kann sich der Verwahrer durch den Beweis entlasten, dass er die ihm obliegende Sorgfalt beachtet hat und keine ernsthafte Möglichkeit offenbleibt, dass auf seiner Seite ein Vertretenmüssen vorliegt (OLG Oldenburg aaO).
A. Soweit zwischen den Parteien bereits streitig ist, dass der Junghengst „(X)“ vor Einstellung in die Herde der Beklagten noch gesund war, insbesondere nicht bereits an einer genetisch bedingten spinalen Ataxie litt, die ihn als Reit- und Zuchttier ungeeignet macht, hat der Kläger den hierfür erforderlichen Beweis auf der Grundlage des Gutachtens der Sachverständigen Dr. R… und der darin in Bezug genommenen ärztlichen Berichte erbracht. Die Sachverständige hat hierzu überzeugend ausgeführt, aus der Gesamtbetrachtung der vom Kläger vorgelegten Unterlagen ergebe sich, dass das streitgegenständliche Pferd im Oktober 2012 an einer hochgradigen spinalen Ataxie gelitten habe, die sich infolge eines massiven Zervikaltraumas entwickelt haben dürfte. Bereits der ärztliche Befundbericht der den Junghengst im Zeitraum vom 12.-19.10.2012 behandelnden Pferdeklinik S… (Anlage K 12, Bl. 343 ff GA) habe diese Diagnose zum Untersuchungszeitpunkt bestätigt, und dieser Befund korrespondiere mit dem vom Kläger dargelegten Verhalten des Tieres, bewegungslos und mit gesenktem Kopf herumzustehen; das geschilderte Verhalten des Tieres entspreche demjenigen bei Vorliegen einer traumatischen Ataxie im Bereich der Halswirbelsäule; die Dramatik der klinischen Symptomatik und der Verlauf der zunächst schweren Ataxie schlössen zudem eine angeborene oder gar ererbte degenerative Veränderung des Kleinhirns als Ursache der schweren Bewegungskoordinationsstörung aus, die sich - anders als fallbezogen - im weiteren Verlauf der Behandlung auch weder hätte heilen lassen noch insoweit überhaupt eine Zustandsverbesserung hätte erwarten lassen.
B. Die Beklagte hat ihre Obhutspflichten gegenüber dem Pferd „(X)“ grob fahrlässig missachtet, indem sie das Tier unsachgemäß in die bestehende Junghengstgruppe eingegliedert hat.
Insofern kann sich die Beklagte nicht schon darauf zurückziehen zu behaupten, diese habe auf einer mit dem Kläger getroffenen Absprache beruht (Bl. 29; dagegen Kläger Bl. 80 GA). Der Kläger kann nämlich insoweit als wissenschaftlicher Laie eingestuft werden. Er hat zwar eingeräumt, die Pferdezucht als Hobby zu betreiben; daraus ergibt sich aber noch nicht, dass er sich über eventuelle Risiken einer Direkteingliederung von Pferden bewusst gewesen sein musste bzw. war; darüber hinaus sind seine bisherigen Zuchtversuche bescheiden gewesen, indem es sich bei „(X)“ um seinen ersten entsprechenden Versuch gehandelt hat, so dass die Beklagte vorab auf das mit der Direkteingliederung verbundene Gefahrenpotential hätte hinweisen müssen: Sie hat ja selbst davon gesprochen, dass die Einfügung von Junghengsten in eine bestehende Gruppe nicht immer einfach und mit Rangkämpfen verbunden ist (vgl. die Parteivernehmung der Beklagten vom 22.12.2016, Bl. 161ff, 162).
Die Beklagte kann sich auch nicht damit entschuldigen, selbst bei Einhaltung ihrer Obhutspflicht die Verletzungen des Tieres nicht hätte verhindern zu können. Es besteht zwar auch nach schrittweiser Integration eines in eine bestehende Herde einzugliedernden Pferdes die latente Gefahr, dass dieses bei anschließenden Rangkämpfen im Herdenverband insbesondere im Bereich der Wirbelsäule durch Tritte verletzt werden und auf diese Weise eine (traumatisch bedingte) Ataxie entstehen kann. Aber ungeachtet dessen, dass es hierbei selbst bei zunächst unproblematisch verlaufender Eingliederung wegen der Unberechenbarkeit tierischen Verhaltens nach den Darlegungen des Sachverständigen S… im Senatstermin vom 18.12.2018 (Bl. 387 GA) jedenfalls anfänglich einer engmaschigeren Überwachung als nur in Form einer (wie von der Beklagten zugestanden) einmaligen täglichen Kontrolle bedurft hätte, ist damit noch nicht der Beklagten obliegende Nachweis fehlenden Verschuldens geführt, wäre die Verletzungsgefahr durch Rangordnungskämpfe doch im Fall schrittweiser Integration erheblich geringer gewesen: Die Klägerin hätte mithin, um den Verschuldensvorwurf entkräften zu können, zumindest alle gebotenen und ihr konkret möglichen erfolgversprechenden Maßnahmen ergreifen müssen, um die Integration „(X)“ in die Junghengstherde zu erleichtern.
Dass die Direktintegration nach Lage des Falles, und zwar auch unter Berücksichtigung der vom Kläger gewünschten Robust-/Herdenhaltung seines Fohlens, keine nach wissenschaftlichen Erkenntnissen angemessene Form der Zusammenführung einer Herde mit einem Neumitglied war, lässt sich dem vom Senat eingeholten Gutachten des Sachverständigen S…, eines gelernten Pferdewirtschaftsmeisters, klar entnehmen. Der Sachverständige hat auch im Rahmen seiner mündlichen Vernehmung durch den Senat am 18.12.2018 die Notwendigkeit einer behutsamen Integration betont, alles andere (wie bereits ausgeführt) als „sträflichen Leichtsinn“ und damit sinngemäß als grob fahrlässig bezeichnet und in seinem schriftlichen Gutachten den vom Kläger hierzu vorgetragenen notwendigen Ablauf als sachgerecht bestätigt (Bl. 10 f des Gutachtens, Bl. 285 f GA). Er hat nachvollziehbar eingeschätzt, die Beklagte habe als Leiterin eines staatlich anerkannten Ausbildungsbetriebes für Pferdewirte die entsprechenden Kenntnisse haben müssen, indes zugleich ausgeführt, bei der Integration von Neulingen in eine bestehende Herde von Pferden werde es unabhängig davon immer zu „mehr oder minder starken“ Rangordnungskämpfen kommen, ob die Integration in einem Laufstall oder auf einer Weide erfolge: Das Verletzungsrisiko sei grundsätzlich unabhängig vom Platzangebot, und die Herde werde den Neuling „immer verfolgen und die Rangordnung klären“ (Bl. 17 des Gutachtens, Bl. 292 GA). Der Sachverständige hat jedoch unter Vorlage überzeugender Belege (Fotos, Skizzen etc.) nachgewiesen, dass eine behutsame, das Verletzungsrisiko minimierende und schrittweise Eingewöhnung „(X)“ entgegen der Behauptung der Beklagten problemlos durch das Abtrennen und Unterteilen der Weidefläche der Junghengstweide hätte realisiert werden können, ohne dass bei den Tieren dadurch Stress entstanden wäre, auch weil diese sich nicht aus dem Sichtfeld verloren hätten (vgl. Bl. 10 des Gutachtens, Bl. 285 GA).
Dass es tatsächlich schon während der Direktintegration des klägerischen Fohlens am 31.08.2012 und auch nachfolgend zu Rangordnungskämpfen gekommen ist, in deren Verlauf das Tier getreten, gebissen und gekniffen worden ist sowie sich Verletzungen im Wirbelsäulenbereich zugezogen hat, hat die im Senatstermin vom 18.12.2018 erfolgte Vernehmung der Zeugen E…, N… und B… zwar nicht ergeben. Die Zeugin E… hat hierzu angegeben, die Verbringung des Fohlens auf die Junghengstweide beobachtet und in diesem Zusammenhang keine Angriffe der Herdenmitglieder wahrgenommen zu haben; gleiches gelte hinsichtlich späterer, einmal täglich durchgeführter, Kontrollgänge; die Zeugin N… hat die Angaben der Zeugin E… in der Weise bestätigt, dass die Herdenmitglieder den auf die Koppel verbrachten Junghengst „(X)“ beschnuppert und begrüßt hätten, ohne dass es während ihrer Anwesenheit von etwa 1/2 Stunde zu Bissen und Tritten gekommen sei, soweit sie das Geschehen noch erinnere; auch der Zeuge B… hat den Verlauf der Integration „S…“ dahingehend geschildert, die Tiere hätten sich - soweit von ihm während der ersten halbe Stunde beobachtet - „normal wie bei einer Eingliederung“ beschnuppert und seien zusammen gelaufen, wobei es „ein aggressives Verhalten wie Beißen oder Schlagen“ nicht gegeben habe; auch während weiterer, einmal täglich stattfindender Kontrollgänge, habe sich dieser Gesamteindruck in der Folgezeit bestätigt und ihm sei insofern „nichts Besonderes“ aufgefallen. Nicht von der Hand zu weisen ist außerdem der mit den Ausführungen des Sachverständigen S… korrespondierende Hinweis der Beklagten, dass es im Falle der - von den Parteien gerade vereinbarten - Robusthaltung von Pferden im Herdenverband immer wieder zu körperlichen Auseinandersetzungen unter den Tieren kommen wird; allerdings kann dies gerade nicht bedeuten, dass die Art der Integration belanglos und die Haftung des Verwahrers für dadurch eingetretene Schäden in jedem Fall ausgeschlossen wäre.
Jedenfalls verbleibt es aber dabei, dass das Hengstfohlen auf dem Pferdehof der Beklagten durch tierisches Verhalten verletzt worden ist, wie es von der Sachverständigen Dr. R… in ihrem schriftlichen Gutachten nachvollziehbar eingeschätzt worden ist, ohne dass allerdings der genaue Ablauf der Ereignisse noch ermittelt werden könnte. Denn die Beklagte selbst hat veranlasst, dass „(X)“ aus dem Herdenverband genommen wurde, weil eines seiner Gliedmaßen geschwollen gewesen ist, was sie der Zeugin Dr. A… am 06.09.2012 unstreitig mitgeteilt hat; diese Verletzung und der insgesamt schlechte Allgemeinzustand des Tieres haben in der Folge dann in eine stationäre Behandlung des Tieres gemündet, in deren Verlauf sich der massiv beeinträchtigte Gesundheitszustand des Tieres feststellen ließ (vgl. den Befund der Pferdeklinik S…, Anlage K12, Bl. 343 ff GA).
Die Beklagte hat den Beweis nicht erbracht, im Zusammenhang mit der - anerkannten wissenschaftlichen Regeln zuwiderlaufenden - Integration des klägerischen Pferdes ihrerseits alles Erforderliche getan zu haben, um den Eintritt eines Schadens bei diesem zu verhindern. Der Sachverständige S… hat im Zuge seiner Anhörung durch den Senat dargelegt, dass Hengste bei körperlichen Auseinandersetzungen hochsteigen, mit den Vorderhufen ausschlagen und beißen, mithin die streitgegenständlichen Verletzungen zwanglos eine Folge von Rangkämpfen in der Herde der Beklagten sein können. Schon vor diesem Hintergrund und mit Blick auf die nicht erfüllten, allgemein bekannten wissenschaftlichen Vorgaben bei der Integration von Junghengsten hat er zudem eingeschätzt, die der Zuführung des Fohlens nachfolgende lediglich täglich einmalige Kontrolle des Herdenverhaltens sei „zu wenig“, angesichts der bestehenden Risiken vielmehr eine engmaschigere Kontrolle im Abstand von höchstens 3 bis 4 Stunden notwendig gewesen, bis sich hätte feststellen lassen, dass das Tier sich in die Gruppe integriert habe. Auch diese Ausführungen des Sachverständigen erscheinen logisch und überzeugen, hätte doch eine engmaschigere Überwachung der Herde das Verletzungsrisiko für „(X)“ tatsächlich verringern können, indem Attacken der Herdenmitglieder gegen ihn hätten mutmaßlich früher erkannt, die Gruppe danach zeitnah getrennt und weitere Verletzungen des Tieres verhindert werden können.
4. Der geltend gemachte Schadenersatz steht dem Kläger seiner Höhe nach nur teilweise zu.
A. Soweit der Kläger den Ersatz einer Wertminderung bzw. eines entgangenen Gewinns von 30.000 € verlangt, ist der Senat mit Blick auf die behauptete Erwerbsoption nicht zu der Überzeugung gelangt, dass mit der in § 252 BGB geforderten Wahrscheinlichkeit der geltend gemachte Veräußerungsgewinn erzielt worden wäre. Gemäß § 252 S. 2 BGB gilt der Gewinn als entgangen, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte. Im vorliegenden Fall soll nach dem Vorbringen des Klägers die Zeugin Dr. H… für das Fohlen „(X)“ bereits in dessen Geburtsjahr ein Kaufangebot abgegeben haben, wobei die Übergabe erst im April 2014 stattfinden sollte, und die Zeugin schließlich von einem Erwerb Abstand genommen hat; ein Vertragsabschluss war mithin nach dem Verständnis des Senats noch nicht erfolgt, da anderenfalls keine Abstandnahme von dem Erwerb hätte stattfinden können. Dies erscheint auch ohne weiteres plausibel, weil angesichts der insofern bestehenden Entwicklungsrisiken kein wirtschaftlich denkender Teilnehmer am Rechtsverkehr ein gerade geborenes Tier zu Reit- oder Zuchtzwecken ankaufen wird. Vor diesem Hintergrund mag der etwaige Zuchterfolg des Klägers bei ihm die Hoffnung geweckt haben, für das Tier später einen hohen Preis erlösen zu können. Dass dies tatsächlich hätte gelingen können, ist aber in einem solchen Maße ungewiss, dass der von ihm angesetzte Veräußerungsgewinn der Schadensberechnung nicht zugrunde gelegt werden kann. So hätte sich etwa noch herausstellen müssen, ob das Fohlen die Reitausbildung erfolgreich durchlaufen wäre, so dass noch keine Erfolge vorlagen, welche in das Wahrscheinlichkeitsurteil hinsichtlich der weiteren Entwicklung einfließen könnten, und die Prognose in hohem Maße spekulativ bleibt. Tragfähige Grundlagen für eine Beweisaufnahme bzw. Schätzung im Sinne von § 287 ZPO bestehen angesichts dessen nicht.
Von einer Vernehmung der zum Gerichtstermin vom 01.12.2020 nur vorbereitend geladenen Zeugin Dr. H… hat der Senat deshalb abgesehen. Die Zeugin ist im Übrigen zwar selbst Tierärztin, der von dem Kläger erzielbare Kaufpreis stellt aber für sich allein betrachtet noch keinen objektiv zugrunde zu legenden wertbildenden Faktor für das Tier im Sinne von
§ 251 BGB dar, können in diesem Zusammenhang etwa auch Affektionsinteressen in die Kaufpreisgestaltung eingeflossen sein. Ein nicht ersatzfähiges Affektionsinteresse liegt zwar nur vor, wenn sich kein Markt für das entsprechende Rechtsgut gebildet hat; letzterenfalls ist der dort erzielbare Preis zu ersetzen, etwa auch bei Pferden (Palandt/Grüneberg, BGB,
80. Aufl. § 251 Rz. 15; OLG Köln VersR 1962, 1074; OLG Koblenz VRS 1999, 86 ff; OLG Stuttgart NJW-RR 2012, 472). So liegt der Fall hier aber nicht. Der Umstand, dass ein Käufer, der wie im vorliegenden Fall die Zeugin Dr. H… mit dem Kläger freundschaftlich verbunden ist, gegebenenfalls dazu bereit gewesen wäre, einen nach Lage des Falles, nämlich den Feststellungen der Sachverständigen Dr. R…, weit überhöhten, dem Marktwert des Tieres nicht entsprechenden, Kaufpreis zu zahlen, rechtfertigt jedenfalls bei Pferdeverkäufen noch nicht den Schluss darauf, dass sich für das Tier (das Fohlen „(X)“) tatsächlich ein entsprechender Markt gebildet hätte, der den Ansatz des vorgeblichen Kaufpreises als Marktwert rechtfertigte. Für die Annahme eines gesteigerten Marktwertes wäre vielmehr entscheidend, ob verschiedene sachkundige Marktteilnehmer zur Zahlung eines entsprechenden bzw. ähnlichen Kaufpreises bereit gewesen wären (so auch OLG Koblenz aaO, zitiert bei juris, dort Rz. 33 ff; OLG Stuttgart NJW-RR 2012, 472 f); anderenfalls bestünde nicht ausschließbar die Möglichkeit, dass Affektionsinteressen des Einzelfalls, etwa das subjektive Schönheitsempfinden eines einzelnen, als objektive Marktinteressen bewertet würden, obwohl der Markt auf entsprechende Kategorien keine Rücksicht nimmt (anders als etwa in dem Fall, dass mehrere Pferdesportler mit internationaler Turniererfahrung aufgrund ihres Eindrucks von dem Tier hohe Erwartungen in dasselbe im Hinblick auf künftige Turniersiege setzen und trotz des Risikos einer Fehleinschätzung zur Zahlung eines hohen Kaufpreises bereit sind, OLG Koblenz aaO). Dass hohe Liebhaberpreise für Tiere wie das des Klägers nicht gezahlt werden, hat aber die Sachverständige Dr. R… anhand entsprechender Internetrecherchen überzeugend feststellen können.
Entscheidend bleibt damit der objektive Wert des Tieres, soweit er durch die von der Beklagten zu verantwortende Schädigungshandlung beeinträchtigt worden ist. Diese Wertminderung hat der Senat sachverständig ermitteln lassen.
Mit Blick auf die geltend gemachte Wertminderung ist der Kläger den ihm obliegenden Beweis für sein Vorbringen weitgehend schuldig geblieben. Die Wertminderung des Tieres liegt bei lediglich 1.000 €.
Die Sachverständige Dr. R…, öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für die Zucht, Haltung und Bewertung von Pferden, hat hierzu in ihrem schriftlichen Gutachten vom 15.07.2019 (Bl. 448 ff, 454, 457 ff GA) nachvollziehbar ausgeführt, das streitgegenständliche (mittlerweile 9 Jahre alte Pferd) leide derzeit nur noch an einer geringgradigen Störung der Bewegungskoordination, die für einen Nichtfachmann kaum wahrnehmbar sei; ein Kreuzen der Vorderbeine habe nur mit Mühe passiv erreicht werden können und sei von „(X)“ stets zügig korrigiert worden, und es habe auch ein physiologischer Muskeltonus bestanden; die nur noch geringgradige Ataxie schließe eine Nutzung des Wallachs für Reitzwecke nicht grundsätzlich aus, vielmehr ließen sich geringgradig ataktische Pferde für Freizeitzwecke nutzen und fänden selbst im Turnier- und Spitzensport noch Verwendung. Gleichwohl sei aber die bei dem streitgegenständlichen Tier vorhandene Bewegungskoordinationsstörung marktwertmindernd zu berücksichtigen, wobei indes zu berücksichtigen sei, dass es sich um ein kleinwüchsiges Pferd handele, das allenfalls für den anspruchslosen, leichtgewichtigen Freizeitreiter geeignet sei, d.h. für eine nur sehr eingegrenzte Klientel; diese Klientel suche wiederum unkompliziert reitbare umgängliche Pferde, nicht aber Pferde mit Bewegungskoordinationsstörungen und einer jahrelangen Krankheitsgeschichte, die noch dazu - wie das Pferd „(X)“ - in keiner Weise ausgebildet, auch nicht angeritten und somit derzeit gar nicht reitbar sind; im Ergebnis sei „(X)“ derzeit allenfalls geeignet als Beistellpferd oder als Anlernpferd zu Freizeitreitzwecken für Liebhaber kleiner Pferde; bei der Bewertung des Verkehrswertes für das Tier spiele, so die Sachverständige weiter und - im Rahmen ihrer mündlichen Anhörung durch den Senat am 01.12.2020 sowie in ihrem Schreiben vom 03.12.2020 (Bl. 591 ff GA) - klarstellend, der Umstand eine weitere maßgebliche Rolle, dass ein Abstammungsnachweis nicht vorhanden gewesen sei; der ärztliche Bericht der Pferdeklinik S… vom 19.12.2012 (K 12, Bl. 343 f GA) nenne weder Signalement, Abstammung oder Lebensnummer des Pferdes und das vom Kläger vorgelegte Musterungsprotokoll (Bl. 441 GA) stelle ebenfalls keinen geeigneten Abstammungsnachweis dar, denn es handele sich lediglich um ein tierärztlich aufgenommenes Signalement des damaligen Fohlens; ein - insoweit aussagekräftiger - Equidenpass sei vom Kläger indes erst 2021 beantragt worden (Bl. 478 GA); da das Kaufinteresse an Beistell-/Anlernpferden ohne Abstammungsnachweis sehr gering sei, so Dr. R… weiter, sei bei dem streitgegenständlichen Tier in Verbindung mit seiner kaum mehr vorhandenen ataktischen Symptomatik eine Verkehrswertminderung derzeit nicht mehr festzustellen; nach Eintritt des schädigenden Ereignisses im Jahr 2012 sei „(X)“, dessen damaliger Marktwert aufgrund des fehlenden Abstammungsnachweises unter Berücksichtigung entsprechender Angebote auf einschlägigen Verkaufsplattformen allenfalls 1.000 € betragen habe, allerdings aufgrund der erlittenen schweren Bewegungskoordinationsstörung wertlos gewesen; die Verkehrswertminderung im Jahre 2012 habe daher zu diesem Zeitpunkt in Höhe des Marktwertes von 1.000 € gelegen; hierbei, so die Sachverständige im Rahmen ihrer Anhörung durch den Senat, sei letztlich maßgeblich, dass der Markt Abstammungsnachweise in Form entsprechender amtlicher Papiere verlange; lägen diese nicht vor, reduziere dies unabhängig davon maßgeblich den Kaufpreis, ob das Tier tatsächlich reinrassig sei; die Marktteilnehmer ließen sich nicht auf Abstammungsnachweise über Dritturkunden ein; es komme ihnen darauf an, ob das jeweilige Pferd Papiere - einen vom Zuchtverband ausgestellten Pferdepass - habe oder nicht; diese Papiere könnten und würden vom zuständigen Zuchtverband für arabische Pferde auf Antrag erteilt, wenn beide Eltern im Zuchtbuch eingetragen seien und eine ordnungsgemäße Abfohlmeldung vorliege; ohne Ausstellung entsprechender Papiere gelte der Abstammungsnachweis - wie hier mit Blick auf das Schädigungsjahr 2012 - als nicht geführt.
Die Sachkunde der Sachverständigen Dr. R… steht für den Senat außer Zweifel. Der Einholung eines weiteren Gutachtens zu der nämlichen Beweisfrage bedarf es nicht. Die Sachverständige hat ihren fachlichen Standpunkt in ihren schriftlichen Gutachten und ihrer Anhörung durch den Senat überzeugend und mit Nachdruck, jedoch ohne einseitige Belastungstendenz gegenüber dem Kläger vertreten. Sie ist seit Jahren als öffentlich bestellte Sachverständige für das Fachgebiet der Zucht, Haltung und Bewertung von Pferden tätig und verfügt über einschlägige Erfahrungen; dass sie sich, wie auf Nachfragen des Klägervertreters selbst eingeräumt hat, im Bereich der Züchtung arabischer Pferde nicht im Einzelnen auskennt, jedenfalls die Namen berühmter arabischer Zuchthengste nicht nennen bzw. einordnen konnte, disqualifiziert sie nicht. Der Kläger ist jeden substantiierten Sachvortrag des Inhalts schuldig geblieben, dass es für die Bewertung arabischer Pferde anderer Bewertungskriterien als derjenigen bedarf, die die Sachverständige angesetzt hat; der bloße Verweis darauf, entsprechend qualifizierte andere Sachverständige gelangten in vergleichbaren Fällen regelmäßig zu erheblich höheren Marktwerten, ist für den Senat schlechthin nicht nachvollziehbar, zumal im Ergebnis vorgenommener Internetrecherchen andere Sachverständige auch nicht mit besonderen Qualifikationen zur Wertermittlung für bestimmte Pferderassen werben und das sachverständig beratene OLG München den Verkehrswert zweier mit einer noch dazu seltenen und begehrten Rappfarbe ausgestatteten Vollblutaraberhengste für das Jahr 1990 nur mit lediglich 12.000 bis 15.000 DM festgestellt hat (OLG München Urt. v. 15.10.2003 - 7 U 2703/03, BeckRS 2005, 01724).
B. Hinsichtlich des weiteren verlangten Schadenersatzes in einer Gesamthöhe von 26.183,43 € ist zunächst bereits festzustellen, dass die geltend gemachten Kosten für die Anschaffung und Haltung des streitgegenständlichen Pferdes gänzlich nicht erstattungsfähig sind. Es kann nicht festgestellt werden, dass es sich um auf das Schadensereignis zurückzuführende kausale Schäden handelt, worauf der Senat den Kläger bereits mit Verfügung vom 12.06.2018, Bl. 362 GA, hingewiesen hat, ohne dass der Kläger dem entgegengetreten wäre. Es steht nämlich gerade nicht fest, dass „(X)“ unfallbedingt gar nicht mehr nutzbar, also für den Kläger wertlos geworden ist. Im Gegenteil hat die Sachverständige Dr. R… in ihrem schriftlichen Gutachten vom 15.07.2019 gerade ausgeführt, dass Pferde nach Art des vorliegenden aufgrund ihrer nur geringen Bewegungseinschränkungen sehr wohl reitlichen Zwecken dienen können, so sie denn entsprechend ausgebildet worden sind; dass der Kläger diese Ausbildung unterlassen hat, ist jedenfalls nicht der Beklagten rechtsnachteilig anzulasten, wäre sie doch - nach der Genesung des Tieres - durchaus möglich gewesen.
Mithin entfallen
aaa) die behaupteten Transportkosten der Stute zum Hengst einschl. Anmietung Leihanhänger und Fahrzeit (460 + 240 €, Bl. 21 GA)
bbb) die Kosten für die Haltung der Mutterstute während der Tragezeit (1.650 €)
ccc) die Kosten für Aufzucht und Haltung von Stute und Fohlen (300 € + 1.750 €)
ddd) die Kosten für die Haltung des Hengstes bis August 2012 (1.700 €)
eee) die Kosten für die Haltung des Hengstes in der Pension der Beklagten (360 €)
fff) die Deckgebühr (1.000 €)
ggg) die Kosten für die Haltung des Tieres für Januar bis April 2014 (680 €)
hhh) die weiteren Aufzuchtkosten (i.ü. unklar, wodurch sie angefallen sind; 150 €)
iii) die Tierarztkosten für die vorgeburtlichen Untersuchungen (160 €)
jjj) die Tierarztkosten im Rahmen der Geburt (350 €)
kkk) die Hufschmiedkosten (K10, Bl. 354 GA, insgesamt 106,54 €) und
lll) die Kosten für eine Wurmkur (60 €),
Insgesamt ergeben sich daraus Abzüge in Höhe von 8.966,54 €.
Darüber hinaus ist auch ein Rechtsgrund für die Erstattung der Fahrkosten für die Verbringung des Fohlens zum Hof der Beklagten im Vorfeld seiner Eingliederung nicht ersichtlich. Vor allem handelt es sich nicht um nutzlose Aufwendungen, denn das streitgegenständliche Tier ist von der Beklagten bis zu seiner Herausnahme betreut und versorgt worden. Daraus ergeben sich weitere Abzüge in Höhe von (80 + 90 € =) 170 €.
Die Kosten für „Sonderfutter September und Oktober 2012“ in Höhe von 65 € sind trotz Bestreitens (Bl. 36 GA) nicht belegt und daher ebenfalls nicht ersatzfähig.
Danach verbleibt ein Restbetrag von 17.046,89 €.
Von diesem hat der Kläger zunächst die Intensivpflegekosten für die Zeit vom November 2012 bis Dezember 2013 durch die Zeugin Dr. H… in Höhe von 12.599,96 € (K 4, Bl. 347 f GA) hinreichend belegt. Diese Behandlung erklärt auch die geltend gemachten Transportkosten von der Klinik in D… (S…) zum Pflegeplatz nach De…, dem Sitz der Zeugin, in Höhe von 940 und 420 €. Die Beklagte hat diese Kosten zwar bestritten und zudem ihre Erforderlichkeit und Kausalität durch das Schadensereignis in Abrede gestellt. Insofern trifft es auch zu, dass sich aus der eingereichten Rechnung der Zeugin nicht ergibt, um welche „intensivpflegerische Maßnahmen“ es sich im Einzelnen gehandelt hat, welches Ergebnis sie gezeitigt hatten und ob sie überhaupt zur Behandlung des Tieres erforderlich waren. Indes hat die vom Senat beauftragte Sachverständige Dr. R… feststellen können, dass „(X)“ zwischenzeitlich weitgehend genesen ist und bei ihm eine nur noch geringfügig ausgeprägte Ataxie besteht. Da weitergehende Behandlungsmaßnahmen als die streitgegenständlichen und entsprechend belegten nicht ersichtlich sind, die rein tierklinische Behandlung angesichts der Schwere der bei dem Tier aufgetretenen Verletzungen zu dessen endgültiger Rekonvaleszenz offenkundig aber nicht ausreichte, erweist es sich letztendlich gleichwohl als plausibel, dass im sich anschließenden Zeitraum eine intensive weitreichende Betreuung des Tieres im dargelegten Umfang - Box, Verpflegung und Krankengymnastik - stattfinden musste. Eines weitergehenden Nachweises bedurfte es daher ohne darüber hinausgehendes substantiiertes Gegenvorbringen der Beklagten nicht.
Auch die grundsätzliche Erforderlichkeit der Kosten für Transporte des Tieres von der Pension der Beklagten zu den Tierkliniken in F… bzw. von dort nach D… (210 + 150 € und 130 + 90 €) erschließt sich nachvollziehbar aus dem Gesamtzusammenhang der erforderlichen Behandlungsmaßnahmen. Dass dafür die Anmietung eines Pferdeanhängers erforderlich war, der Kläger also keinen eigenen besaß, hat der Kläger zwar nicht nachgewiesen; insoweit müsste im Übrigen eine Miete angefallen sein, während der Kläger pauschal 1 € pro km in Ansatz bringt. Dieser Ansatz ist allerdings nicht zu beanstanden und bietet eine hinreichende Schätzgrundlage im Sinne von § 287 ZPO, hätte der Kläger doch unter Inanspruchnahme eigener Transportmöglichkeiten ohne weiteres entsprechend hohe Kosten für Pflege, Wartung und Betankung gehabt.
Die weiteren Tierarztkosten gemäß Rechnungen K 5 - K 8 (Bl. 349 ff GA) sind mit Ausnahme eines Teilbetrages von 47,12 €, der für die Durchführung einer Wurmkur angefallen ist, die auch ohne den Eintritt der streitgegenständlichen Verletzungen hätte durchgeführt werden müssen, grundsätzlich voll erstattungsfähig (insgesamt in Höhe von 1.799,71 €). Nach Rechnungsinhalt und angegebenem Behandlungszeitraum liegt es auf der Hand, dass die abgerechneten Behandlungen (neurologische Untersuchungen, Szintigraphie) durch die streitgegenständlichen Verletzungen bedingt sind, die die Beklagte zu vertreten hat.
Die Musterungskosten und die Laborkosten für den durchgeführten Gentest (150 € + 45 €) sind ebenfalls grundsätzlich erstattungsfähig, da es sich bei „(X)“ tatsächlich, wie von der Sachverständigen Dr. R… festgestellt, um ein reinrassiges Araberpferd handelt und von weiteren Zuchtmaßnahmen aufgrund der streitgegenständlichen Verletzungen abgesehen worden ist.
C. Die im skizzierten Umfang nachgewiesenen Kosten der Heilbehandlung seines Pferdes kann der Kläger allerdings nur in eingeschränktem Umfang von der Beklagten erstattet verlangen.
Der zum Schadenersatz Verpflichtete hat dem Geschädigten gemäß § 249 Abs. 1 BGB vollständige Restitution zu leisten. Im Fall der Verletzung einer Person oder Beschädigung einer Sache - entsprechend ist die Verletzung eines Tieres zu behandeln, vgl. § 90 a S. 3 BGB - kann der Geschädigte statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen (§ 249 Abs. 2 BGB). Nach § 251 Abs. 2 S. 1 BGB kann der Ersatzpflichtige allerdings den Gläubiger in Geld entschädigen, wenn die Herstellung nur mit unverhältnismäßigen Aufwendungen möglich ist. Diese Ersetzungsbefugnis kann der Schuldner auch gegenüber dem Zahlungsanspruch aus § 249 Abs. 2 BGB geltend machen (BGHZ 102, 322 ff = NJW 1988, 1835; BGH NJW 2006, 2399). Sie ist eine besondere Ausprägung von Treu und Glauben und begrenzt die Ersatzpflicht unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit (BGHZ 63, 295 ff = NJW 1975, 640; BGH NJW 2009, 1066; BGHZ 200, 350 = NJW 2015, 468). Die Zumutbarkeitsgrenze ist durch eine Güter- und Interessenabwägung zu ermitteln (BGHZ 63, 295 ff = NJW 1975, 640; BGH NJW-RR 2007, 1553), bei der auch andere Umstände als das reine Wertverhältnis zu berücksichtigen sind (BGH NJW 1988, 699 ff; BGH NZM 2010, 442).
Im Fall der Verletzung eines Tieres bestimmt § 251 Abs. 2 S. 2 BGB angesichts der herausgehobenen Anerkennung des Tierschutzes durch die Rechtsordnung (Art. 20 a GG, § 1 TierSchG) weiter, dass die aus der Heilbehandlung des Tieres entstandenen Aufwendungen nicht bereits dann unverhältnismäßig sind, wenn sie dessen Wert erheblich übersteigen. Ausgehend von der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf und schmerzempfindliches Lebewesen verbietet diese Vorschrift bei der Schadensbemessung eine streng wirtschaftliche Betrachtungsweise (BT-Drs. 11/5463, 5). Das bedeutet zwar nicht, dass eine Verpflichtung zum Schadensersatz in unbegrenzter Höhe besteht (vgl. BT-Drs. 11/5463, 7 und BT-Drs. 11/7369, 7; OLG Schleswig, MDR 2014, 1391 = BeckRS 2014, 19540 MünchKommBGB/Oetker, 8. Aufl., § 251 Rn. 58). Unter der Voraussetzung, dass eine Heilbehandlung tatsächlich durchgeführt wurde (vgl. BT-Drs. 11/5463, 6 und BT-Drs. 11/7369, 7), verlangt § 251 Abs. 2 BGB aber, dass dem Interesse des Schädigers, nicht mit den Behandlungskosten belastet zu werden, bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht nur der Wert des Tieres gegenübergestellt wird, sondern auch das aus der Verantwortung für das Tier folgende immaterielle Interesse an der Wiederherstellung seiner Gesundheit und seiner körperlichen Integrität (vgl. Staudinger/Schiemann, BGB, Neubearb. 2005,
§ 251 Rn. 27; Erman/Ebert, BGB, 14. Aufl., § 251 Rn. 25 f.; Lorz, MDR 1990, 1057 ff). So können bei Tieren mit einem geringen materiellen Wert Behandlungskosten auch dann ersatzfähig sein, wenn sie ein Vielfaches dieses Wertes ausmachen (vgl. BT-Drs. 11/5463, 5; vgl. OLG München, VersR 2011, 1412 = BeckRS 2011, 10024; MünchKommBGB/Oetker,
§ 251 Rn. 62; vgl. auch LG Bielefeld, NJW 1997, 3320 für Tiere ohne Marktwert). Immer bedarf es jedoch einer wertenden Gesamtbetrachtung aller Umstände des konkreten Einzelfalls (vgl. BGHZ 63, 295 = NJW 1975, 640; BGH NJW 1993, 3321; BGHZ 59, 365 = NJW 1973, 138; BGHZ 200, 350 = NJW 2015, 468). Nach Auffassung des Gesetzgebers kommt es dabei auf das Maß des Verschuldens des Schädigers, das individuelle Verhältnis zwischen dem Geschädigten und dem verletzten Tier sowie darauf an, ob die aufgewendeten Heilbehandlungskosten aus tiermedizinischer Sicht vertretbar gewesen sind (vgl. BT-Drs. 11/5463, 7). Diese Aufzählung schließt weitere dem Normziel dienende Kriterien im Einzelfall nicht aus.
Der Senat sieht vor diesem Hintergrund einen Teilbetrag in Höhe von 6.000 € des dem Kläger entstandenen materiellen Schadens als im Rahmen von § 251 Abs. 2 Satz 2 BGB noch verhältnismäßig und damit erstattungsfähig an. Anders als bei Sachschäden beschränkt sich die Ersatzfähigkeit der Wiederherstellungskosten nicht auf 130 % des objektiven Sachwertes (von hier 1.000 €), vgl. Münch.Komm. BGB/Oetker, 8. Aufl., § 251 Rz. 61. Zu berücksichtigen ist vielmehr insbesondere, dass die sträflich leichtsinnig handelnde Beklagte ein sehr erhebliches Verschulden an der Schädigung des streitgegenständlichen Pferdes trifft, es sich bei diesem zwar um ein in erster Linie nur mehr den privaten Interessen des Klägers dienendes, aber rassereines Tier handelt und der Kläger an ihm zudem ein erhebliches Affektionsinteresse hat, weil es sich um das erste und einzige von ihm gezüchtete Tier handelt. Weiter ist zu beachten, dass „(X)“ im Zeitpunkt seiner Schädigung noch sehr jung - im Fohlenalter - war, dabei ein Lebensalter von über 20 Jahren erreichen kann, seine aktuellen Einschränkungen allerdings nur noch gering sind. Angesichts dieser Umstände und der dem Kläger entstandenen hohen notwendigen Heilbehandlungskosten erscheint trotz des eingetretenen nur geringen Wertverlustes der Ansatz eines Vielfachen des festgestellten Zeitwertes von 1.000 €, hier ausnahmsweise des sechsfachen Betrages, gerechtfertigt (vgl. auch OLG München VersR 2011, 1412 f).
D. Die erstattungsfähigen Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung betragen, ausgehend von einem Gebührenstreitwert von 7.000 €, unter Ansatz der vom Kläger verlangten, vorliegend angemessenen 1,3 fachen Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV-RVG, der Telekommunikationspauschale gemäß Nr. 7002 VV-RVG und der hinzuzurechnenden Mehrwertsteuer (Nr. 7008 VV-RVG) 650,34 € (526,50 € + 20 € + 103,84 €).
5. Die tenorierte Verzinsung der bestehenden Ansprüche rechtfertigt sich aus § 291 BGB. Einen weitergehenden Verzugsschaden hat der Kläger trotz der entsprechenden Rüge der Beklagten gemäß deren Klageerwiderung vom 29.03.2016 nicht dargelegt.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
7. Der Senat hat die Revision gegen seine Entscheidung nicht zugelassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen dafür nicht vorliegen.