Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 11. Senat | Entscheidungsdatum | 10.05.2011 | |
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Aktenzeichen | L 11 SB 285/09 B | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 118 Abs 1 S 1 SGG, § 197a SGG, § 411 Abs 1 ZPO, § 411 Abs 2 ZPO, § 3 Abs 2 GKG, Nr 7504 GKVerz |
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 26. Juni 2009 wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Die gemäß §§ 172, 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Beschwerde, die angesichts dessen, dass das einen Ordnungsgeldbeschluss betreffende Beschwerdeverfahren nicht kontradiktorisch ausgestaltet ist, keinen Beschwerdegegner kennt, ist nicht begründet. Der Ordnungsgeldbeschluss des Sozialgerichts Berlin vom 26. Juni 2009 ist nicht zu beanstanden.
Gemäß § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 411 Abs. 1 und 2 der Zivilprozessordnung kann gegen einen Sachverständigen nach Fristsetzung und fruchtlosem Ablauf einer Nachfrist ein zuvor angedrohtes Ordnungsgeld verhängt werden, wenn der Sachverständige seiner Verpflichtung zur Erstattung eines Gutachtens bis dahin nicht nachgekommen ist. Ein solcher Fall liegt hier vor.
Der Beschwerdeführer wurde mit Beweisanordnung vom 28. Juli 2008 zur Erstattung eines Gutachtens verpflichtet. Ihm wurde eine Frist zur Abgabe des Gutachtens von drei Monaten gesetzt. Der Gutachtenauftrag nebst Aktenvorgängen ging dem Beschwerdeführer ausweislich des aktenkundigen Empfangsbekenntnisses am 1. August 2008 zu. Nach fruchtlosem Fristablauf und Erinnerungsschreiben vom 14. Januar 2009 wurde dem Beschwerdeführer mit gerichtlichem Schreiben vom 16. März 2009 eine Nachfrist von einem Monat ab Zugang dieses Schreibens gesetzt. Schon in diesem Schreiben wurde er auf die Möglichkeit hingewiesen, dass im Falle des fruchtlosen Ablaufs der Frist Ordnungsgeld gegen ihn verhängt werden könne. Mit weiterem Schreiben vom 5. Mai 2009 wurde dem Beschwerdeführer nochmals eine Nachfrist von einem Monat ab Zugang dieses Schreibens gesetzt. Auch in diesem Schreiben wurde er auf die Möglichkeit hingewiesen, dass im Falle des fruchtlosen Ablaufs der Frist Ordnungsgeld gegen ihn verhängt werden könne. Dieses Schreiben wurde dem Beschwerdeführer ausweislich der aktenkundigen Postzustellungsurkunde am 13. Mai 2009 zugestellt. Mit Schreiben vom 23. Mai 2009 erklärte der Beschwerdeführer, ein erster Untersuchungstermin habe jetzt stattfinden können. Am 25. Mai 2009 werde eine testpsychologische Untersuchung, in der darauf folgenden Woche dann die abschließende psychiatrische Untersuchung durchgeführt. Das Gutachten werde er dann bis zum 15. Juni 2009 vorlegen. Nachdem auch der 15. Juni 2009 fruchtlos verstrichen war, hat das Sozialgericht Berlin mit Beschluss vom 26. Juni 2009 ein Ordnungsgeld gegen den Beschwerdeführer in Höhe von 500,- Euro verhängt. Gegen den ihm am 7. Juli 2009 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 9. Juli 2009 Beschwerde eingelegt. Am gleichen Tag hat er das Gutachten vorgelegt.
Bei dieser Sachlage ist die Festsetzung eines Ordnungsgeldes gegen den Beschwerdeführer nicht zu beanstanden. Hinreichende Entschuldigungsgründe für die Nichterstattung des Gutachtens hat der Beschwerdeführer nicht angeführt. Er trägt vor, die übertragenen Gutachtenaufträge nach Dringlichkeit abzuarbeiten. Dabei hätten Haft-, Unterbringungs- und bestimmte Familiensachen Vorrang. Der Beschwerdeführer hat zum Beleg seiner Belastungssituation eine Aufstellung der Fälle vorgelegt, für die bei ihm in der Zeit vom 2. September 2008 bis zum 22. April 2009 Gutachtenaufträge eingegangen seien. Die Ausführungen des Beschwerdeführers mögen zwar sein Verhalten allenfalls erklären, sind jedoch keine hinreichende Entschuldigung. Eine solche setzt voraus, dass trotz gebotener Sorgfalt die Fristversäumnis nicht vermeidbar war. Solche Gründe sind hier nicht glaubhaft gemacht. So ist es nicht nachvollziehbar, dass sich der Beschwerdeführer zur Fristsetzung von drei Monaten durch das Sozialgericht überhaupt nicht äußerte, auf eine Erinnerung sowie die erste – nicht zugestellte Nachfristsetzung – nicht reagierte und auf die zweite Nachfristsetzung auf seine Überlastungssituation einerseits nicht hingewiesen und die von ihm selbst genannte Frist am 15. Juni 2009 andererseits nicht eingehalten hat. Es hätte ihm oblegen, frühzeitig auf seine Überlastung hinzuweisen und gegebenenfalls zu beantragen, dass das Sozialgericht ihn vom Gutachtenauftrag entbindet. In Anbetracht der extrem langen Zeitspanne zwischen Gutachtenauftrag am 1. August 2008 und dem Gutachteneingang beim Sozialgericht am 9. Juli 2009 ist das Verhalten des Beschwerdeführers nicht entschuldbar. Aus der vorgelegten Liste kann der Senat im Übrigen die behauptete Dringlichkeit der jeweiligen Gutachtenaufträge und warum eine Einbestellung der Klägerin nicht deutlich früher möglich war, nicht erkennen. Die Voraussetzungen zur Verhängung von Ordnungsgeld sind damit erfüllt.
Ermessensfehler bei der Ordnungsgeldverhängung dem Grunde nach sind hier nicht erkennbar. Auch die Höhe des festgesetzten Ordnungsgeldes begegnet keinen Bedenken. Ermessensfehler sind auch insoweit für den Senat nicht feststellbar. Die Ermessensausübung hat sich insbesondere an der Schwere der Pflichtverletzung und der Bedeutung des Gutachtens für die Entscheidung zu orientieren (vgl. nur Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 6. Oktober 2009 - L 2 SB 7/09 B – juris). Die Schwere der Pflichtverletzung ergibt sich neben der extrem langen Dauer bis zum Eingang des Gutachtens auch aus der bereits dargestellten Nichtreaktion auf mehrere gerichtliche Schreiben und der Tatsache, dass der Beschwerdeführer auch die von ihm selbst genannte Frist nicht eingehalten hat. Die Bedeutung des Gutachtens für den Rechtsstreit ergibt sich bereits daraus, dass das Sozialgericht gehalten war, dem Antrag der Klägerin gemäß § 109 SGG zu entsprechen. Bei dieser Sachlage ist das festgesetzte Ordnungsgeld von 500,- Euro nicht zu beanstanden, da es sich innerhalb des vorgegebenen Rahmens von 5,- bis 1.000,- Euro (vgl. Artikel 6 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch) im mittleren Bereich bewegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung. Der Beschwerdeführer gehört nicht zu den in § 183 SGG genannten Personen. Eine Kostenentscheidung ist notwendig, weil Gerichtskosten nach § 3 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes in Verbindung mit Nr. 7504 des Kostenverzeichnisses anfallen dürften (vgl. auch Bundesfinanzhof, Beschluss vom 7. März 2007 - X B 76/06 – juris). Zwar handelt es sich bei dem hier vorliegenden Beschwerdeverfahren um kein kontradiktorisches Verfahren, so dass es keine Beteiligten gibt, die einander Kosten erstatten könnten (vgl. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17. Juli 2009 - L 5 AS 1110/09 B; Bundesgerichtshof<BGH>, Beschluss vom 12. Juni 2007 - VI ZB 4/07 -, beide bei juris). Soweit der BGH in dem genannten Beschluss ausführt, die Auslagen gingen zu Lasten der nach dem Schlussurteil kostenpflichtigen Partei, so dass eine gesonderte Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren nicht zu ergehen habe, folgt der Senat dem für das sozialgerichtliche Verfahren jedenfalls dann nicht, wenn die gegebenenfalls notwendige Kostengrundentscheidung für das zugrunde liegende Hauptsacheverfahren - wie hier - nach § 193 SGG zu ergehen hat. Denn nach § 193 SGG wird nur über die außergerichtlichen Kosten der am Hauptsacheverfahren Beteiligten entschieden. Es fallen also in der Hauptsache keine Verfahrenskosten an, unter die man die Kosten des Beschwerdeverfahrens fassen könnte. Im vorliegenden erledigten Hauptsacheverfahren, in dem aufgrund eines mit Schriftsatz vom 8. September 2009 abgegebenen Kostengrundanerkenntnisses des Beklagten eine gerichtliche Kostenentscheidung nicht zu ergehen hatte, gilt nichts anderes. Denn auch das Kostengrundanerkenntnis umfasst nur die außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).