Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 95. Senat | Entscheidungsdatum | 22.08.2011 | |
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Aktenzeichen | OVG 95 A 4.10 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 99 Abs 1 S 2 VwGO, § 7 S 1 InfFrG BE |
Es wird festgestellt, dass die Weigerung der obersten Aufsichtsbehörde, die Akten vollständig und ungeschwärzt vorzulegen, rechtswidrig ist.
Der Antrag der Klägerin hat Erfolg.
I.
Der Antrag ist zulässig. Das Verwaltungsgericht als Gericht der Hauptsache hat die Erheblichkeit des Akteninhalts für die Entscheidung des bei ihm anhängigen Rechtsstreits um das Recht der Klägerin auf Akteneinsicht nach dem Informationsfreiheitsgesetz (im Folgenden: IFG) - wie in der Regel geboten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. April 2011 - BVerwG 20 F 20.10 -, juris Rn. 8) - durch einen den Anforderungen (vgl. dazu BVerwG, a.a.O.) entsprechenden Beweisbeschluss vom 26. August 2010 festgestellt.
II.
Der Antrag ist auch begründet. Die Weigerung der obersten Aufsichtsbehörde, eine vollständige und ungeschwärzte Akte vorzulegen, ist nicht nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO gerechtfertigt.
Nach dieser Vorschrift kann die zuständige oberste Aufsichtsbehörde die Vorlage von Urkunden oder Akten, die Übermittlung elektronischer Dokumente und die Erteilung von Auskünften verweigern, wenn das Bekanntwerden des Inhalts dieser Urkunden, Akten, elektronischen Dokumente oder dieser Auskünfte dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde oder wenn die Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach geheim gehalten werden müssen.
1. Die Sperrerklärung vom 16. September 2010 führt zwar mit dem Hinweis auf fiskalische Interessen, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sowie Geheimhaltungsinteressen des Abgeordnetenhauses von Berlin Gesichtspunkte an, die die Verweigerung der Aktenvorlage nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO grundsätzlich rechtfertigen könnten. Die Sperrerklärung ist jedoch nicht hinreichend konkret, weil sie die Geheimhaltungsgründe den verschiedenen Aktenbestandteilen nicht nachvollziehbar zuordnet.
a) Die Verweigerung der Vorlage von Akten in einem gerichtlichen Verfahren erfordert eine konkrete Zuordnung der Geheimhaltungsgründe zu den jeweiligen Aktenbestandteilen. Pauschale oder zusammenfassende Erklärungen in der Sperrerklärung genügen hierfür nicht. Auch dass umfangreiche Aktenbestände betroffen sind, ist kein Grund, in einer Sperrerklärung nur pauschale oder zusammenfassende Erklärungen ausreichen zu lassen (BVerwG, Beschluss vom 6. April 2011, a.a.O., Rn. 13 m.w.N.; VGH Kassel, Beschluss vom 11. Oktober 2010 - 27 F 1081/10 -, WM 2011, 553, juris Rn. 9).
b) Dem wird die Sperrerklärung der obersten Aufsichtsbehörde nicht gerecht. Sie äußert sich hinsichtlich des Umfangs der Zurückhaltung von Akten nur pauschal dahingehend, die Vorlage eines ungeschwärzten vollständigen Originalvorgangs werde verweigert, und beruft sich zur Begründung auf eigene Geheimhaltungsinteressen des Beklagten sowie auf solche der Beigeladenen und des Abgeordnetenhauses von Berlin, ohne aufzugliedern, welche genauen Aktenbestandteile hiervon betroffen und welche Geheimhaltungsinteressen für die Verweigerung im Einzelnen maßgeblich sind.
c) Hierüber hilft die vom Beklagten mit Schriftsatz vom 4. Juni 2010 vorgelegte Tabelle nicht hinweg, in der zu einzelnen Blattzahlen der streitgegenständlichen Verwaltungsakte Gründe für die Verweigerung der Akteneinsicht angegeben sind.
(1) Die Tabelle ist dem Gericht der Hauptsache im dort anhängigen, auf Verpflichtung des Beklagten zur Gewährung von Akteneinsicht nach dem IFG gerichteten Verfahren vorgelegt worden. Hieraus ist zu schließen, dass mit ihr Geheimhaltungsgründe nach dem IFG in Anspruch genommen werden. Die Geheimhaltungsgründe nach dem in der Hauptsache maßgeblichen Fachgesetz einerseits und nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO andererseits können sich aber voneinander unterscheiden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. April 2010 - BVerwG 20 F 13.09 -, BVerwGE 136, 345, juris Rn. 24).
(2) Es ist auch nicht erkennbar, dass sich die oberste Aufsichtsbehörde den Inhalt der Tabelle bei der Abgabe ihrer für die Prüfung des Senats im Zwischenverfahren maßgeblichen Sperrerklärung zu eigen machen wollte, zumal sich zu einzelnen Gesichtspunkten sowohl der Sperrvermerk (vgl. etwa S. 3 f.) als auch die Tabelle (insoweit zu Bl. 434-437) verhalten. Die Sperrerklärung nimmt insgesamt nicht auf die Tabelle Bezug. Zwar wird der Beklagte durch die oberste Aufsichtsbehörde auch vor dem Gericht der Hauptsache vertreten. Ein einheitlicher Wille zur Verweigerung der Akteneinsicht aus bestimmten Gründen wird jedoch nicht nach außen erkennbar, umso weniger, weil das Gericht der Hauptsache den für die Sperrerklärung maßgeblichen Beweisbeschluss erst nach Vorlage der Tabelle sowie der geschwärzten Akte erlassen hat.
(3) Unabhängig davon stimmen die Angaben in der Tabelle an mehreren Stellen nicht mit dem Akteninhalt überein oder lassen sich nicht erklären. So führt die Tabelle zu Bl. 42-61, 86-95 und 98-107 aus „Wie 75-84“; dort heißt es, die Aktenvorlage werde (nur) teilweise verweigert. In der geschwärzten Verwaltungsakte fehlen Bl. 42-61, 86-95 und 98-107 jedoch völlig. Das Gleiche gilt hinsichtlich der mehrfachen Bezugnahme in der Tabelle auf Bl. 434-437. Ferner handelt es sich bei den der Verwaltungsakte - laut der Tabelle - mit Rücksicht auf eine Zustimmungsverweigerung der Beigeladenen zu 1. nicht beigefügten Unterlagen bisweilen (z.B. Bl. 181) um solche des Beklagten, die sich zu dessen (eigenem) Standpunkt verhalten, und nicht um Dokumente der Beigeladenen zu 1.
d) Angesichts der vorgenannten Mängel und des nicht mehr übersichtlichen Umfangs der Akte (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Juli 2010 - BVerwG 20 F 11.10 -, NVwZ 2010, 1493, juris Rn. 9) ist es nicht Aufgabe des Senats im Zwischenverfahren, durch einen umfänglichen Vergleich der vollständigen, geheimen Akte mit dem vom Beklagten dem Gericht der Hauptsache vorgelegten, teils gekürzten, teils geschwärzten Aktenstück, ergänzt durch Lektüre des schriftsätzlichen Vorbringens des Beklagten sowie der mit Schriftsatz vom 4. Juni 2010 eingereichten Tabelle, eigene Ermittlungen zu der Frage anzustellen, welche Aktenbestandteile die oberste Aufsichtsbehörde in welchem Umfang nicht vorlegen will. Dies muss vielmehr die Sperrerklärung leisten, indem sie die geschwärzten oder vorenthaltenen Aktenseiten genau bezeichnet und dabei auch im Einzelnen den Umstand, auf den die Vorlageverweigerung gestützt wird, erläutert (vgl. BVerwG, a.a.O.).
2. Überdies hat die oberste Aufsichtsbehörde, soweit sich die Ausführungen in der Sperrerklärung einzelnen Aktenbestandteilen jedenfalls pauschal zuordnen lassen, das ihr nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO eingeräumte Ermessen nicht rechtsfehlerfrei ausgeübt.
Durch die Ermessenseinräumung nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO wird der obersten Aufsichtsbehörde die Möglichkeit eröffnet, dem öffentlichen Interesse und dem individuellen Interesse der Beteiligten an der Wahrheitsfindung in dem vom Untersuchungsgrundsatz beherrschten Verwaltungsprozess den Vorrang vor dem Interesse an der Geheimhaltung der Schriftstücke zu geben. Soweit die Aktenvorlage auch Gegenstand des Rechtsstreits selbst ist, sind - wie bereits dargelegt - die Gründe, die eine Sperrerklärung nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO rechtfertigen können, von denjenigen Gründen zu unterscheiden, die im Verfahren der Hauptsache zur Verweigerung der Aktenvorlage angeführt werden. Die oberste Aufsichtsbehörde ist im Rahmen des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO gefordert, in besonderer Weise in den Blick zu nehmen, welche rechtsschutzverkürzende Wirkung die Verweigerung der Aktenvorlage im Prozess für den Betroffenen haben kann. Darin liegt die Besonderheit ihrer Ermessensausübung nach dieser Verfahrensbestimmung. Dementsprechend ist der obersten Aufsichtsbehörde auch in den Fällen Ermessen zugebilligt, in denen das Fachgesetz der zuständigen Fachbehörde kein Ermessen einräumt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. April 2011, a.a.O., Rn. 22 m.w.N.). Diesen Anforderungen genügt die Sperrerklärung nicht.
a) Die Sperrerklärung lässt nicht erkennen, dass die oberste Aufsichtsbehörde ihr Ermessen in einer der Eigenart der zu treffenden Entscheidung genügenden Weise ausgeübt hat (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 10. August 2010 - BVerwG 20 F 5.10 -, juris Rn. 13). Die oberste Aufsichtsbehörde hat zwar erkannt, dass sie eine Abwägung vorzunehmen hat. Ihre diesbezüglichen Erwägungen deuten aber darauf hin, dass sie fehlerhaft die fachgesetzlichen Verweigerungsgründe nach dem IFG in den Blick genommen hat, die sich, wie ausgeführt, von denjenigen unterscheiden können, die eine Sperrerklärung nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO zu rechtfertigen vermögen. So nimmt die Sperrerklärung (S. 5) schon im Ansatz Bezug auf die vor dem Gericht der Hauptsache angefochtenen, den materiellen Anspruch der Klägerin auf Akteneinsicht nach dem IFG betreffenden Bescheide und führt aus, es seien keine Gründe ersichtlich, von jener bisherigen - nach dem IFG ergangenen - Entscheidung abzuweichen. Weiterhin heißt es in der Sperrerklärung, bei betroffenen Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen bestehe in aller Regel kein Akteneinsichtsrecht, es sei denn, das Informationsinteresse überwiege ausnahmsweise das schutzwürdige Interesse der Betroffenen an der Geheimhaltung; damit genössen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse bereits in der einfachgesetzlichen Ausgestaltung einen grundsätzlichen Vorrang vor der Akteneinsicht. Welche einfachgesetzliche Ausgestaltung gemeint ist, besagt die Sperrerklärung nicht ausdrücklich, es kommt aber in der Sache nur diejenige nach § 7 Satz 1 IFG in Betracht, dessen Wortlaut auf S. 5 der Sperrerklärung übrigens im Wesentlichen aufgenommen wird. Auch hieran wird ersichtlich, dass die Sperrerklärung statt vom Maßstab des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO von demjenigen des § 7 IFG ausgeht und damit das durch § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO eröffnete Ermessen nicht (voll) ausschöpft.
Ob sich der Ermessensfehler der obersten Aufsichtsbehörde nicht auswirken könnte, weil eine selbständige Ermessensentscheidung angesichts der Betroffenheit eines grundrechtlich geschützten privaten Geheimhaltungsinteresses entbehrlich wäre (vgl. dazu BVerwG, a.a.O., Rn. 14), lässt sich schon angesichts der oben zu Ziffer 1. dargestellten Mängel der Sperrerklärung nicht abschließend beurteilen und bedürfte auch im Lichte der nachfolgenden Erwägungen der näheren Untersuchung (vgl. insoweit auch BVerwG, Beschluss vom 8. Februar 2011 - BVerwG 20 F 13.10 -, DVBl. 2011, 501, juris Rn. 16 ff.).
b) Die Sperrerklärung wägt zwischen dem Informationsinteresse der Klägerin sowie ihrem Interesse am effektiven Rechtsschutz einerseits und den Geheimhaltungsinteressen der Vertragsparteien und des Abgeordnetenhauses andererseits ab. Dabei berücksichtigt sie allerdings nur ungenügend das öffentliche Interesse an der Wahrheitsfindung (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 14. März 2006 - 1 BvR 2087/03 u.a. -, BVerfGE 115, 205, juris Rn. 116 m.w.N.). Es wird zwar als einzustellender Belang auf S. 6 der Sperrerklärung angeführt, im Weiteren jedoch nicht näher in seiner Bedeutung gewürdigt oder substanziiert ins Verhältnis zu den für die Geheimhaltung streitenden Interessen gesetzt. Dabei betreffen die Unterlagen, um deren Offenlegung gestritten wird, die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe in Gestalt der Nutzung öffentlichen Eigentums. Die öffentliche Hand hat mit der Vermietung des e... eine wegweisende Entscheidung über dessen Nutzung getroffen. Es steht seither für eine sonstige Verwendung und damit erzielbare anderweitige Einnahmen des Beklagten nicht mehr vollumfänglich zur Verfügung (vgl. hierzu Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage vom 27. September 2009 - BT-Drs. 16/12085 vom 27. Februar 2009 - zu Frage 25). Hieraus folgt ein besonderes öffentliches Informationsinteresse an dem Vertragswerk. Dieses zielt nicht nur auf Transparenz, um die sachgerechte Verwendung öffentlicher Gelder nachvollziehen zu können, sondern bezieht sich auch auf alle rechtlichen Verpflichtungen, die die öffentliche Hand eingegangen ist, da vertragliche Bindungen Auswirkungen sowohl auf die in Rede stehende Aufgabenerfüllung als auch auf andere öffentliche Aufgaben, die der Beklagte zu erfüllen hat, haben können. Die Kenntnis der Einflussmöglichkeiten und Mitwirkungsrechte aller am Vertragswerk Beteiligten ermöglicht eine transparente Risikoabschätzung. Das öffentliche Interesse an der Offenlegung wiegt umso mehr, wenn sich die öffentliche Hand aufgrund langer Laufzeiten in besonderer Weise zeitlich gebunden hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. Februar 2011, a.a.O., juris Rn. 22), wie dies jedenfalls aus einer Pressemitteilung der im Mietvertrag als Vertreterin des Beklagten und der Beigeladenen zu 1. auftretenden B... (Pressemitteilung vom 28. Januar 2009, Bl. 257 der insoweit nicht geschwärzten Verwaltungsakte) hervorgeht. Hiernach soll der Mietvertrag eine Laufzeit von zehn Jahren haben (vgl. dazu auch die vorgenannte Kleine Anfrage zu Frage 32).
c) Die Sperrerklärung setzt sich ferner nicht damit auseinander, welche Geheimhaltungsinteressen in Bezug auf solche Daten noch bestehen, die Gegenstand von Verlautbarungen der Beteiligten bzw. der Bundesregierung gewesen sind. Dies betrifft etwa die vorgenannte Veröffentlichung der B... zur Laufzeit des Mietvertrags sowie den - in derselben Pressemitteilung genannten - Mietgegenstand als Bestandteile der von der Sperrerklärung als geheimhaltungsbedürftig bezeichneten Konditionen des Mietvertrags. Aus der Antwort der Bundesregierung auf die erwähnte Kleine Anfrage ergeben sich weitere konkrete Informationen zu einem der Beigeladenen zu 1. im Mietvertrag eingeräumten Sonderkündigungsrecht (Frage 16), zu von der Beigeladenen zu 1. und/oder ihrem Geschäftsbesorger B... durchzuführenden Investitionen (Frage 19), zur finanziellen Beteiligung der Beigeladenen zu 1. an Investitionen in das Mietobjekt und an sonstigen Kosten, falls der Kaufvertrag mit dem Beklagten über den Erwerb des F...geländes nicht zustande kommt (Frage 20), ferner zu dem der Beigeladenen zu 2. eingeräumten Konkurrenzschutz (Frage 26) und zu der - in der Kleinen Anfrage als „bekannt“ bezeichneten - Laufzeit des Mietvertrags (Frage 32).
d) Gleichermaßen hätte es angesichts mehrerer zwischenzeitlich durchgeführter Veranstaltungen der Beigeladenen zu 2. im Mietobjekt der Differenzierung bedurft, inwieweit Aktenbestandteile unabhängig von der Frage, ob sie zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis dargestellt haben, bei Abgabe der Sperrerklärung für die aktuelle Markt- und Wettbewerbssituation noch von Bedeutung (gewesen) sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. Februar 2011, a.a.O., Rn. 18). In diesem Sinne hat der Beklagte schon die Regelungen des Mietvertrages über Mietzeiten (Ziffer 6.2.) ungeschwärzt vorgelegt, soweit diese in der Vergangenheit liegen. Eine gleichartige Prüfung auf Fortbestand des (dafür gehaltenen) Geheimhaltungsgrundes hätte ihm indes auch hinsichtlich der übrigen Aktenbestandteile oblegen. So wird von der (vagen) Darlegung in der Sperrerklärung (S. 3), Informationen über die Frage, ob und inwieweit der Mieterin Umbaumaßnahmen „etc.“ gestattet seien, ließen Rückschlüsse auf weitere unternehmerische Planungen und Ideen hinsichtlich der Gestaltung und Durchführung der M... erkennen, nicht berücksichtigt, ob derartige Planungen und Ideen trotz öffentlicher Durchführung mehrerer einschlägiger Veranstaltungen (weiterhin) ein Geheimnis darstellen können. Das Gleiche gilt hinsichtlich der Zustimmung zu Bild- und Tonaufnahmen, nachdem die Presse bereits über Veranstaltungen der Beigeladenen zu 2. im Mietobjekt berichtet hat. Der Hinweis in der Sperrerklärung (S. 3), die Höhe des Mietzinses dürfe nicht offenbart werden, weil die M...in T...das Hauptprojekt der Beigeladenen zu 2. darstelle und die Höhe des Mietzinses von entscheidender Bedeutung für die Einschätzung der Wettbewerbslage des Unternehmens sei, ermangelt der Darlegung, welchem Konkurrenzdruck die Beigeladene zu 2. (weiterhin) ausgesetzt ist. Auch die Schwärzung der Vereinbarungen zur Anwendung der Allgemeinen Mietbedingungen (AMB) erfordert eine Auseinandersetzung mit der Frage, welcher Geheimhaltungsbedarf insoweit nach Durchführung mehrerer Veranstaltungen noch besteht.
e) Die Verweigerung der Aktenvorlage unter Berufung auf Geheimhaltungsinteressen des Abgeordnetenhauses von Berlin ist auch aus anderen Gründen ermessensfehlerhaft.
Die Sperrerklärung führt im Abschnitt c. aus, die Geheimhaltungsinteressen des Abgeordnetenhauses von Berlin seien in die Entscheidung einzubeziehen, ohne dass die oberste Aufsichtsbehörde sich des Bestandes jener Interessen beim Abgeordnetenhaus versichert hätte. Der Präsident des Abgeordnetenhauses hat erst durch Schreiben an die Senatsverwaltung für Finanzen vom 7. Oktober 2010 mitgeteilt, der Unterausschuss „Vermögensverwaltung“ des Hauptausschusses habe in seiner Sitzung vom 6. Oktober 2010 beschlossen, die Vertraulichkeit des Beschlussprotokolls und des Wortprotokolls der 39. Sitzung des Unterausschusses „Vermögensverwaltung“ des Hauptausschusses vom 12. Februar 2009 nicht aufzuheben. Ob jenes Schreiben im Nachhinein dem Mangel der Sperrerklärung abhelfen konnte, mag auf sich beruhen. Jedenfalls kommt es für die Rechtfertigung der Geheimhaltung nicht auf die von der Sperrerklärung angeführte formale Einstufung als „vertraulich“ an, sondern darauf, ob sich nach den materiellen Maßstäben des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO eine Geheimhaltungsbedürftigkeit ergibt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. April 2010, a.a.O., Rn. 23).
Bei der Tischvorlage für den Unterausschuss wiederum, die in der Sperrerklärung ebenfalls in Zusammenhang mit dem Geheimhaltungsinteresse des Abgeordnetenhauses angeführt wird, handelt sich um eine (eigene) Unterlage der Senatsverwaltung für Finanzen. Der bloße Hinweis, sie sei als „vertraulich“ gekennzeichnet, stellt auch insoweit keine hinreichende Begründung der Ermessensentscheidung nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO dar.
f) Was die Verweigerung der Aktenvorlage unter Berufung auf Geheimhaltungsinteressen der Beigeladenen zu 1. angeht, so sind deren Ausführungen zu ihrem Geheimhaltungsinteresse in dem auf § 14 IFG bezogenen Schreiben an den Beklagten vom 27. Februar 2009 zu allgemein gehalten, um die oberste Aufsichtsbehörde veranlassen zu können, die in der Verwaltungsakte enthaltenen Äußerungen generell zu sperren (vgl. die wiederholte Formulierung in der dem Schriftsatz des Beklagten vom 4. Juni 2010 beigefügten Tabelle „B... hat Zustimmung verweigert“), selbst soweit es sich um Äußerungen der Beigeladenen zu 1. (vgl. etwa Bl. 386) handelt, die sich nicht den in der Sperrerklärung angeführten Geheimhaltungsinteressen zuordnen lassen.
4. Die dargestellten Mängel führen zur Gesamtrechtswidrigkeit der Sperrerklärung. Die Sichtung und Ordnung des Aktenmaterials nach verschiedenen Geheimhaltungsinteressen sowie die nachvollziehbare Ermessensentscheidung darüber, ob und inwieweit die teilweise Zurückhaltung oder Schwärzung unverändert erforderlich ist, um einem gebotenen Geheimschutz hinreichend Rechnung zu tragen, kann der Fachsenat nicht originär anstelle der dazu berufenen obersten Aufsichtsbehörde vornehmen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. April 2011, a.a.O., Rn. 24). Diese wiederum hat in der Sperrerklärung nicht nur, wie bereits angeführt, hinsichtlich der Bezeichnung der gesperrten Dokumente, sondern auch bezüglich der erforderlichen Ermessensausübung nach den durch Paginierung der Behördenakten hinreichend gekennzeichneten Blättern der Akte zu differenzieren (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Juni 2010, a.a.O., Rn. 24).
Die Feststellung, die Sperrerklärung sei rechtswidrig, hindert die oberste Aufsichtsbehörde nicht, erneut eine Sperrerklärung abzugeben.
Einer eigenständigen Kostenentscheidung bedarf es im Verfahren vor dem Fachsenat nach § 99 Abs. 2 VwGO nicht; denn es handelt sich im Verhältnis zum Hauptsacheverfahren um einen unselbständigen Zwischenstreit (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. Dezember 2010 - 20 F 15.10 -, juris Rn. 11). Einer Streitwertfestsetzung bedarf es gleichfalls nicht, weil für dieses Zwischenverfahren eine streitwertabhängige Gerichtsgebühr nicht anfällt.