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Öffentlich-rechtlicher Austauschvertrag; städtebaulicher Vertrag; erster Förderungsweg; Anschlussförderung; Anspruch aus Vertrag; Antrag auf Zulassung der Berufung; ernstliche Zweifel; besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten; grundsätzliche Bedeutung


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 5. Senat Entscheidungsdatum 21.08.2013
Aktenzeichen OVG 5 N 5.11 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 124 Abs 2 Nr 1 VwGO, § 124 Abs 2 Nr 2 VwGO, § 124 Abs 2 Nr 3 VwGO, § 1 Abs 1 VwVfG BE, § 56 VwVfG, § 59 Abs 1 VwVfG, § 59 Abs 2 VwVfG, § 60 VwVfG, § 133 BGB, § 157 BGB

Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 20. Januar 2011 wird abgelehnt.

Die Kosten des Zulassungsverfahrens trägt die Klägerin.

Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 803 961,43 EUR festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

1. Unter Zugrundelegung des allein maßgeblichen Zulassungsvorbringens bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Das Verwaltungsgericht hat in der angegriffenen Entscheidung die Auffassung vertreten, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Gewährung einer Anschlussförderung habe und sich ein solcher insbesondere nicht aus dem „Rahmenvertrag über die städtebauliche Entwicklung in Buchholz-West, südlicher Teilbereich“ (RV) vom 12. Dezember 1994 herleiten lasse. Die dagegen gerichteten Rügen greifen nicht durch.

Das gilt zunächst für den Einwand, das Verwaltungsgericht verkenne den Anlass und damit die Geschäftsgrundlage des RV und frage an keiner Stelle, was dieser im Bereich der Förderung regeln wollte. Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass es sich bei dem RV um einen öffentlich-rechtlichen Austauschvertrag nach § 1 Abs. 1 VwVfG Bln i.V m. § 56 VwVfG - i.F. VwVfG - zwischen den Bauwilligen und dem Land Berlin über die Durchführung städtebaulicher Maßnahmen wie Erschließung und Bebauung des Vertragsgebiets sowie über die gegenseitigen Verpflichtungen einschließlich der Übernahme der Kosten und einer unter Vorbehalt stehenden Verpflichtung des Beklagten zur Förderung handelt. Dass sich nach Ansicht des Verwaltungsgerichts aus diesem Austauschvertrag kein Anspruch auf die Gewährung einer Anschlussförderung ergibt, beruht auf einer am Wortlaut sowie an den Grundsätzen der §§ 133, 157 BGB orientierten Auslegung, die das Zulassungsvorbringen nicht in Zweifel zu ziehen vermag.

Der Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass die Gewährung einer Anschlussförderung in dem Vertragswerk mit keinem Wort erwähnt wird und die Klägerin auch keine Belegstellen dafür benennen kann, dass die Frage einer Anschlussförderung in dem vorvertraglichen Schriftwechsel oder den zugrunde liegenden Verhandlungen ausdrücklich angesprochen oder eine solche gar zugesichert worden wäre, hat die Klägerin nichts Substanzielles entgegenzusetzen. Ihr Hinweis, der Beklagte habe in seinem an die Bauwilligen gerichteten Schreiben vom 4. Oktober 1994 von der „Grundlage der Förderung“ gesprochen und damit sowohl die Grund- als auch die Anschlussförderung gemeint, übersieht, dass sich diese Formulierung ausweislich des Schreibens - insoweit inhaltsgleich mit der Regelung in § 8 Abs. 3 Satz 2 RV - auf „das Förderungssystem sowie die Förderpraxis Mitte des Jahres 1994 für den 1. und 2. Förderweg und im Eigentumsprogramm“ bezieht, denen nach der Auffassung des Verwaltungsgerichts gerade keine Festlegung des Beklagten auf einen bestimmten Umfang oder eine konkrete Dauer der in Aussicht gestellten Förderung entnommen werden kann.

Ernstliche Richtigkeitszweifel sind auch insoweit nicht dargetan, als die Klägerin die Auslegung des § 8 RV durch das Verwaltungsgericht beanstandet. Der Vorhalt, das Verwaltungsgericht habe nicht verdeutlicht, was die Vertragsparteien mit den § 8 Abs. 1 und 2 RV hätten regeln wollen, trifft nicht zu. Das Verwaltungsgericht hat den Bedeutungsgehalt der in Rede stehenden Regelungen in der Verpflichtung des Beklagten gesehen, die im Vertragsgebiet planungsrechtlich zulässigen Wohnungen in die verschiedenen Wohnungsbauprogramme aufzunehmen, zugleich aber klargestellt, dass diese Verpflichtung des Beklagten zur Förderung nach § 8 Abs. 3 Satz 1 RV unter dem Vorbehalt der Erfüllung der Förderungsvoraussetzungen namentlich nach den WFB 1990 steht. Die Rüge, das Verwaltungsgericht habe ungeprüft gelassen, ob es sich bei § 8 Abs. 3 Satz 2 RV nicht - im Gesamtkontext des Vertrages - um eine vertragliche Förderregelung „dem Grunde nach“ handele, lässt unbeachtet, dass das Verwaltungsgericht diese von der Klägerin aufgeworfene Frage eingehend gewürdigt hat und zu dem - wenn auch von ihr nicht gewünschten - Ergebnis gelangt ist, dass die Regelung des § 8 Abs. 3 Satz 2 RV schon wegen des in § 8 Abs. 3 Satz 1 RV verankerten Vorbehalts hinsichtlich der Förderung nicht geeignet ist, einen originären vertraglichen Anspruch auf Anschlussförderung zu gewähren. Ein solcher Anspruch ergibt sich nach der Einschätzung des Verwaltungsgerichts auch nicht aus der in § 8 Abs. 3 Satz 2 RV enthaltenen Verweisung auf „das Förderungssystem sowie die Förderpraxis Mitte des Jahres 1994 für den 1. und 2. Förderweg und im Eigentumsprogramm“, weil Mitte 1994 keine Richtlinien über eine Anschlussförderung für die Wohnungsbauprogramme 1994 bis 1996 existierten, die damals anzuwendende Anschlussförderungsrichtlinie 1993 dem Förderungsnehmer keinen Rechtsanspruch auf Nachförderung vermittelte und es zudem an einer entsprechenden Verpflichtungsermächtigung im maßgeblichen Haushaltsplan mangelte. Der Schlussfolgerung des Verwaltungsgerichts, dass vor diesem Hintergrund die Klausel „Mitte des Jahres 1994“ lediglich der Festschreibung des seinerzeitigen Ist-Zustandes, hinter dem der Beklagte bei den Bewilligungsentscheidungen nicht zurückbleiben durfte, diente, gerichtet auf die Gewährung einer Grundförderung unter den Voraussetzungen der damals gültigen WFB 1990 und auf Inaus-sichtstellen einer Anschlussförderung unter der Voraussetzung entsprechender noch zu schaffender Richtlinien und dem Vorbehalt entsprechender Haushaltsmittel, vermag die Klägerin nicht mit Erfolg entgegenzuhalten, die Bauwilligen hätten diese Regelung „ausverhandelt“, um eine Finanzierung des Gesamtvorhabens sicherzustellen. Der von der Klägerin hierfür als Beleg angeführte vorvertragliche Schriftwechsel erschüttert die von dem Verwaltungsgericht vorgenommene Vertragsauslegung nicht. Das Verwaltungsgericht hat vielmehr Gegenteiliges aus dem von der Klägerin selbst vorgelegten Schreiben der Vertragspartner an die Senatsbauverwaltung vom 6. September 1994 abgeleitet, wonach diese die finanziellen Unwägbarkeiten des Projekts beklagten, weil ihnen bewusst war, dass seinerzeit keine einheitliche Bewilligungspraxis bestand und „ein klar definierter Umfang der Förderung für die Zukunft daher nicht ableitbar ist“. Zu dieser verwaltungsgerichtlichen Bewertung des vorvertraglichen Schriftwechsels verhält sich die Klägerin nicht. Ihr Fazit, dass es den Bauwilligen ausweislich des vorgenannten Schreibens darum gegangen sei, in den Vertrag eine Regelung aufzunehmen, die zumindest „dem Grunde nach“ eine aus Grund- und Anschlussförderung bestehende Gesamtförderung sicherstelle, und der Beklagte das auch so gesehen habe, ist vom Verwaltungsgericht nicht in Abrede gestellt worden. Dieser Umstand zieht jedoch nicht den Standpunkt des Verwaltungsgerichts in Zweifel, dass die entsprechenden Wünsche der Bauwilligen letztlich keinen Eingang in den RV gefunden haben, weil der Beklagte mit Blick auf die entgegenstehende Förderungssystematik eine solche Regelung gerade nicht treffen wollte.

Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge der Klägerin, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht verneint, dass die Anschlussförderung zur Geschäftsgrundlage des RV geworden sei. Dass die Parteien des RV seinerzeit die Gewährung der Anschlussförderung sicher erwartet und in diesem Sinne „mitgedacht“ haben, hat das Verwaltungsgericht in Erwägung gezogen, aber wegen des fehlenden Geschäftswillens des Beklagten nicht als ausreichende Geschäftsgrundlage für einen Erfüllungsanspruch angesehen. Die gegenteilige Sichtweise der Klägerin verfängt zulassungsrechtlich nicht, weil sie sich letztlich darin erschöpft, dem Wissen bzw. der Erwartung der Parteien eine andere rechtliche Bedeutung beizumessen, ohne die Gründe, aus denen das Verwaltungsgericht den fehlenden Geschäftswillen des Beklagten herleitet, ernsthaft in Zweifel zu ziehen.

Schließlich stellt das Zulassungsvorbringen die Annahme des Verwaltungsgerichts nicht in Frage, dass sich der begehrte Anspruch auf Anschlussförderung weder aus einem Vertragsanpassungsverlangen nach § 60 VwVfG noch aus einer etwaigen Unangemessenheit der Gegenleistung herleiten lässt. Der Hinweis der Klägerin, dass nach § 60 VwVfG eine Anpassung des RV geboten sei, weil sich angesichts der weggefallenen Anschlussförderung die Verhältnisse seit Vertragsschluss wesentlich geändert hätten, überzeugt nicht. Abgesehen davon, dass ein Vertragsanpassungsverlangen dem Verfahrensprogramm des § 60 VwVfG unterliegt und den geltend gemachten Anspruch auf Anschlussförderung nicht unmittelbar zu begründen vermag, scheitert ein derartiges Verlangen nach Auffassung des Verwaltungsgerichts am fehlenden Geschäftswillen des Beklagten. Mit dieser Argumentation setzt sich die Klägerin ebenso wenig in der zulassungsrechtlich gebotenen Weise auseinander wie mit der Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass aus etwaigen Mängeln der Angemessenheit des RV kein Erfüllungsanspruch, sondern die Nichtigkeit des öffentlich-rechtlichen Vertrages nach § 59 Abs. 1 bzw. 2 VwVfG folgt.

2. Die Berufung ist nicht wegen der geltend gemachten besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).

Die von der Klägerin im Rahmen dieses Zulassungsgrundes angesprochenen Fragestellungen zeigen keine besonderen Schwierigkeiten auf, die sich signifikant von den in anderen Verwaltungsstreitverfahren zu entscheidenden Tatsachen- oder Rechtsfragen unterscheiden. Insbesondere können die Erfolgsaussichten eines Berufungsverfahrens aus den unter 1. genannten Gründen nicht als offen angesehen werden.

3. Die Rechtssache weist auch nicht die im Zulassungsantrag geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

Die von der Klägerin aufgeworfene Frage, „ob und in welchem Umfang vertragliche Regelungen geeignet sind, Förderzusagen dem Grunde nach zu vereinbaren, auch und gerade wenn die Detailregelungen zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht bekannt sind oder sein können“, stellt sich auf der Grundlage der der unter 1. dargestellten und von der Klägerin nicht erfolgreich angegriffenen Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts nicht. Danach ist die in Streit stehende Verpflichtung zur Anschlussförderung weder zum Vertragsinhalt noch zur Geschäftsgrundlage geworden, sodass sich die betreffende Frage der Klägerin nicht als entscheidungserheblich erweist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).