Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 13. November 2009, mit dem dieses es abgelehnt hat, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, einen (weiteren) Zuschuss zur privaten Krankenversicherung in Höhe von 160,50 € monatlich und zur Pflegeversicherung in Höhe von 13,47 € monatlich zu zahlen, ist gemäß § 172 Abs. 1 und § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Sie ist in dem tenorierten Umfang begründet.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheinen. Die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) und der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 3 SGG i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung - ZPO -).
Der Antragsteller hat Anspruch auf Gewährung eines Darlehens in Höhe der Differenz zwischen dem vom Antragsgegner gezahlten Zuschuss zur Krankenversicherung und der tatsächlichen Höhe des Beitrages, also von 160,50 € monatlich (284,82 € Beitrag minus 124,32 € Zuschuss).
Ein Anordnungsgrund ist vorliegend gegeben. Es ist für den Antragsteller von besonderer Bedeutung, dass ausreichender Krankenversicherungsschutz besteht und er die optimale gesundheitliche Versorgung erhält. Gleichzeitig steht dies auch im öffentlichen Interesse, da die Hilfebedürftigkeit des Antragstellers, der vor deren Eintritt als selbständiger Malermeister tätig war, allein auf der Tatsache beruht, dass er zurzeit aufgrund eines Arbeitsunfalles nicht arbeitsfähig ist. Gleichzeitig ist es dem Antragsteller nicht möglich, längere Zeit die Differenz zwischen dem Krankenversicherungsbeitrag und dem vom Antragsgegner gezahlten Zuschuss in Höhe von 160,50 € monatlich aus dem Regelsatz zu begleichen. Insofern besteht eine Bedarfsunterdeckung. Er ist auch nicht in der Lage, die Beiträge übergangsweise, z.B. aus einem Schonvermögen, aufzubringen. Er hat glaubhaft gemacht, dass sein Konto bereits mit ca. 8.000 € im Soll steht und anderweitige Geldbeträge nicht zur Verfügung stehen.
Ob ein Anordnungsanspruch gegeben ist und auf welcher Rechtsgrundlage er gegebenenfalls beruht, lässt sich im vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht abschließend beantworten. Es spricht einiges dafür, dass eine Rechtsgrundlage tatsächlich nicht existiert und der Gesetzgeber eine Deckungslücke in Kauf genommen hat (vgl. Brünner in LPK-SGB II, 3. Auflage 2009 § 26 Rn. 21ff). Der Fall eines privatversicherten Arbeitslosengeld II-Beziehers, der auch ohne die Notwendigkeit der Zahlung des Beitrags zur privaten Krankenversicherung hilfebedürftig ist, ist in § 12 Abs. 1 c Satz 6 in Verbindung mit Satz 4 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) geregelt. Danach wird der Beitrag (nach dem Basistarif) bei Hilfebedürftigkeit halbiert. Der Grundsicherungsträger hat allerdings nur den Betrag zu zahlen, der für einen Arbeitslosengeld-II-Bezieher in der gesetzlichen Krankenversicherung zu tragen ist (zur Berechnung für das Jahr 2009 vgl. Klerks, Der Beitrag für die private Krankenversicherung im Basistarif bei hilfebedürftigen Versicherungsnehmern nach dem SGB II und dem SGB XII, info also 2009, S. 153 [156/157]). Damit kommt es bei einem Einpersonenhaushalt regelmäßig zu einer beträchtlichen Deckungslücke.
Der Anordnungsgrund entfällt auch nicht deshalb, weil, wie das Sozialgericht angenommen hat, gemäß § 193 Abs. 6 Satz 5 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) bei Hilfebedürftigkeit ein Ruhen der Leistungen der Versicherung nicht eintreten könnte. Es spricht allerdings auch nach Auffassung des Senats nach Sinn und Zweck der Vorschrift vieles dafür, dass diese so auszulegen ist, dass nicht nur ein bereits eingetretenes Ruhen bei Eintritt von Hilfebedürftigkeit endet, sondern ein Ruhen bei bereits bestehender Hilfebedürftigkeit gar nicht erst eintreten kann. Der Gesetzeswortlaut ist allerdings nicht entsprechend formuliert, worauf insbesondere der Bundesrat hingewiesen hat (vgl. „Unterrichtung durch die Bundesregierung. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften. Stellungnahme des Bundesrates und Gegenäußerung der Bundesregierung", Drucksache 16/12256, abgedruckt bei Drucksache 16/12677 des Deutschen Bundestages, S. 17; auch das Landessozialgericht - LSG - Baden-Württemberg hält die Regelung für sprachlich unklar, vgl. Beschluss vom 8. Juli 2009, Az. L 7 SO 2453/09 ER-B, juris Rn. 10).
Es ist dem Antragsteller nicht zuzumuten, sich in einer Situation der Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer Erkrankung, die zur Hilfebedürftigkeit führt, in eine Auseinandersetzung mit seiner Krankenkasse zu begeben und zu riskieren, dass bei Nichtzahlung der Beiträge für zwei Monate ein Ruhen der Leistungen eintritt und nur für eine Notversorgung Leistungen erstattet werden. Der Antragsteller soll so schnell wie möglich alles Erdenkliche für seine Genesung tun, damit er seine Arbeit wieder aufnehmen kann und die Hilfebedürftigkeit und damit auch der Leistungsbezug beendet werden kann. Auch wenn, wie gesagt, einiges dafür spricht, dass bei zutreffender Auslegung der Vorschrift des § 193 Abs. 6 Satz 5 VVG ein Ruhen im Falle des Antragstellers nicht eintreten kann, so ist eine gegenteilige Auffassung aufgrund des Wortlauts vertretbar und die Krankenversicherung des Antragstellers, die D, vertritt laut telefonischer Auskunft gegenüber der Berichterstatterin vom 21. Dezember 2009 auch diese gegenteilige Auffassung.
Der Anordnungsgrund entfällt auch nicht deshalb, weil gemäß § 193 Abs. 6 Satz 6 VVG während des Ruhens zumindest eine Notversorgung aufrecht zu erhalten wäre. Was eine Notversorgung ist, ist ebenfalls äußerst umstritten, wie die Rechtsprechung zu dem entsprechenden Problem aus § 4 Asylbewerberleistungsgesetz zeigt (vgl. Marko in Rüffer/Halbach/Schimikowski, Handkommentar zum Versicherungsvertragsgesetz 2009, § 193 Rn. 38 ff). Auch hier gilt, dass es dem Kläger nicht zuzumuten ist, eine Notversorgung und nicht die optimale, die Leistungsunfähigkeit beendende medizinische Versorgung zu erhalten.
Dem Antragsteller ist der Differenzbetrag zwischen dem vom Antragsgegner getragenen Zuschuss und dem monatlichen Krankenkassenbeitrag auf Grund einer Folgenabwägung zu bewilligen. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat in seiner Entscheidung vom 12. Mai 2005 (Az. 1 BvR 569/05, dokumentiert in Juris, weitere Fundstelle NVwZ 2005, 927 bis 929) ausgeführt, dass Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens stellt, wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen könnten, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären (BVerfG, a.a.O., Juris Rn. 24). Das BVerfG führt weiter aus: „Ist dem Gericht dagegen eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden. Auch in diesem Fall sind die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen. Die Gerichte müssen sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen. Dies gilt ganz besonders, wenn es um die Wahrung der Würde des Menschen geht. Eine Verletzung dieser grundgesetzlichen Gewährleistung, auch wenn sie nur möglich erscheint oder nur zeitweilig andauert, haben die Gerichte zu verhindern (vgl. BVerfG, a.a.O., Juris Rn. 26).
Die Folgenabwägung im vorliegenden Fall geht zu Gunsten des Antragstellers aus. Vorrangig ist, wie bereits erläutert, die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit des Antragstellers. Die -nur mögliche (siehe oben) - Folge der Nichtzahlung des kompletten Krankenversicherungsbeitrages, nämlich dass die optimale Gesundheitsversorgung nicht gewährleistet ist, wiegt vorliegend so schwer, dass andere Interessen dahinter zurückstehen müssen, wobei fraglich ist, ob entgegenstehende öffentliche Interessen überhaupt vorhanden sind oder ob nicht auch die Folgen für die öffentliche Hand im Falle einer Ablehnung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ungünstiger sein könnten als für den Fall, dass die einstweilige Anordnung nicht erlassen wird, eben weil im letztgenannten Fall die Beendigung der Hilfebedürftigkeit verzögert werden könnte.
Ob letztendlich eine Rechtsgrundlage besteht bzw. ob das Entstehen der geschilderten Deckungslücke verfassungswidrig ist, ist im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht zu klären. Hierzu bedarf es einer eingehenden Prüfung verfassungsrechtlicher Fragen. Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen insoweit, als sich eine Ungleichbehandlung gegenüber in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherungspflichtigen und freiwillig versicherten Personen ergibt, für die während des Leistungsbezugs der volle Beitrag übernommen wird sowie gegenüber Privatversicherten, bei denen durch eine Tragung der Beiträge Hilfebedürftigkeit vermieden werden kann (vgl. Brünner in LPK-SGB II, § 26 Rn. 23). Weiter bestehen verfassungsrechtliche Bedenken auch insoweit, als eine Bedarfsunterdeckung besteht (vgl. Brünner, a.a.O., § 20 Rn. 30ff m.w.N.).
Im Übrigen ist die Beschwerde nicht begründet. Soweit der Antragsteller auch die Übernahme der Differenz zum tatsächlichen Beitrag zur Pflegeversicherung begehrt, ist ein Anordnungsgrund nicht ersichtlich.
Soweit der Antragsteller einen weiteren Zuschuss zu den Kosten der privaten Krankenversicherung für die Zeit ab Eingang des Rechtsschutzersuchens bei dem Sozialgericht, also seit Ende Oktober 2009, bis zur Entscheidung des Senats begehrt, ist die Beschwerde ebenfalls unbegründet. Insoweit handelt es sich um Leistungen für die Vergangenheit. Da rechtfertigender Grund für den Erlass der einstweiligen Anordnung vorliegend die Bedarfsunterdeckung ist, d.h. dass der Antragsteller vom Regelsatz abzüglich des restlichen Krankenversicherungsbeitrages seinen Lebensunterhalt nicht bestreiten kann, und die Bestreitung des Lebensunterhalts für die Vergangenheit nicht mehr beeinflussbar ist sowie eine Schuldenübernahme nicht in Betracht kommt, war die einstweilige Anordnung erst für die Zeit ab 1. Januar 2010 zu treffen.
Die Beschwerde gegen den den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ablehnenden Beschluss des Sozialgerichts war zurückzuweisen, da dieser Beschwerde durch die jetzt erfolgte Kostenentscheidung, die für beide Instanzen gilt, das Rechtsschutzbedürfnis fehlt.
Aus dem gleichen Grund war der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren abzulehnen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG analog bzw. aus § 73 a SGG i.V. mit § 127 Abs. 4 ZPO. Sie berücksichtigt, dass der Antragsteller mit seinem Begehren im Wesentlichen erfolgreich war.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).