Toolbar-Menü
 
Sie sind hier: Gerichtsentscheidungen Naturschutzrecht, Landschaftsschutzrecht einschl. Artenschutzrecht

Naturschutzrecht, Landschaftsschutzrecht einschl. Artenschutzrecht


Metadaten

Gericht VG Cottbus 3. Kammer Entscheidungsdatum 15.10.2014
Aktenzeichen VG 3 K 460/13 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 30 Abs 2 BNatSchG, § 30 Abs 6 BNatSchG

Leitsatz

Der gesetzliche Biotopschutz nach § 30 BNatSchG entfällt nicht schon deshalb, weil sich die Fläche des Biotops im Bereich eines bergrechtlich zugelassenen Rahmenbetriebsplans befindet. § 30 Abs. 2 BNatSchG gilt auch dann, wenn das Biotop im zeitlichen Geltungsbereich eines zugelassenen Rahmenbetriebsplans etwa im Wege der Zwischenbegrünung (Sekundärbiotop) entstanden ist. § 30 Abs. 6 BNatSchG greift nur dann, wenn die tatsächliche Gewinnungstätigkeit nicht länger als fünf Jahre unterbrochen oder eingeschränkt war.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Klägerin betreibt den Braunkohlentagebau W.-Süd, räumlicher Teilabschnitt I auf der Grundlage des am 18. Dezember 1993 zugelassenen „Rahmenbetriebsplans zum Vorhaben Weiterführung des Tagebaus W.-Süd 1994 bis Auslauf“ einschließlich der am 20. März 2000 zugelassenen „Abänderung/Ergänzung Nr. 1/98 zum Rahmenbetriebsplan Tagebau W.-Süd 1994 bis Auslauf“ sowie weiterer zugelassener bergrechtlicher Haupt- und Sonderbetriebspläne.

Im Jahr 2009 erfolgte im Vorfeld des Tagebaus W.-Süd nordöstlich der ehemaligen Gemeinde H. eine Biotoptypenkartierung durch die Beak Consultants GmbH auf einer Fläche von insgesamt 1.375 ha. Der dazu angefertigte Bericht mit der Nummer 0041 2010 vermerkt, dass im Bereich des aktiven Tagebaus W.-Süd Biotope mit einer Gesamtgröße von 47,65 ha vorhanden seien, die formal die Bedingungen für geschützte Biotope erfüllten. Standort- und nutzungsbedingt würden (mit abnehmender Häufigkeit) auftreten: trockene Sandheiden, Sandtrockenrasen, naturnahe temporäre Kleingewässer, Grubengewässer, Schilfröhricht, Besenginsterheiden, Feucht- und Moorheiden sowie Landröhricht. In den Anlagen zu dem Bericht werden 63 Biotopstandorte ausgewiesen und diese bestimmten Teilbereichen zugeordnet nämlich: A) Altbergbau- und Industrielandschaft, aktuelle Abbauvorbereitung, B) extensiv zwischenbegrünte Außenhalde der Aufschlussfigur, C) weitgehend unverritzte Landschaft, D) Südrand des aktuell offenen Tagebaus, E) Tagesanlagen und Bergbau-Infrastruktur und F) zwischenzeitlich kultivierte Kippe. Seite 10 des Berichts enthält Aussagen zur Entstehung der einzelnen Teillandschaften.

Am 7. Dezember 2010 beantragte die Klägerin gegenüber dem Beklagten die Feststellung, dass es sich bei den in Anlage 3 Nr. 1 bis 59 beschriebenen Biotopen, die rein formal die Kriterien eines gesetzlich geschützten Biotops erfüllten, nicht um gesetzlich geschützte Biotope im Sinne des § 30 Abs. 2 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) handelt. Den Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 18. März 2011 ab mit der Begründung, die Handlungsverbote des § 30 Abs. 2 BNatSchG würden grundsätzlich auch auf von einem Betriebsplan nach §§ 52 ff. Bundesberggesetz (BBergG) erfassten Flächen eines Tagebaus gelten; die Gewinnung von Bodenschätzen im Braunkohlentagebau würde nur im Rahmen des § 30 Abs. 6 BNatSchG von den Bindungen des Biotopschutzrechtes freigestellt. Ein genereller Ausschluss des gesetzlichen Biotopschutzes auf Betriebsflächen eines Tagebaues bestünde nicht. Unstreitig seien die im Fachbeitrag für das Kartierungsgebiet 2009 zum Tagebau W.-Süd der Beak Consultants GmbH erfassten, gesetzlich geschützten Biotope entstanden. Für die Regelung in § 30 Abs. 6 BNatSchG komme es dabei in räumlicher Hinsicht allein darauf an, ob die Gewinnung auf derjenigen Fläche eingeschränkt oder unterbrochen worden sei, auf der infolge der Einschränkung oder Unterbrechung ein gesetzlich geschütztes Biotop entstanden sei. Maßgeblich sei allein das Kartierungsgebiet 2009. Dieses umfasse sechs Teillandschaften mit unterschiedlicher Nutzungsgeschichte. Hinsichtlich dieser Teillandschaften sei zu untersuchen, ob die gesetzlich geschützten Biotope nach einer Einschränkung oder Unterbrechung der zulässigen Gewinnung von Bodenschätzen auf der jeweiligen Fläche entstanden seien und die Gewinnung nicht innerhalb von 5 Jahren nach der Einschränkung oder Unterbrechung wieder aufgenommen werde. Hinsichtlich der Teillandschaft A komme ein Ausschluss vom gesetzlichen Biotopschutz von vornherein nicht in Betracht, da dieses Gebiet bereits vor Aufschluss des Tagebaus W.-Süd gestaltet und schon nicht die zulässige Gewinnung von Bodenschätzen eingeschränkt bzw. unterbrochen worden sei. In der Teillandschaft B sei beispielsweise das Biotop 56 im Restschlauch aus dem Verkippungszeitraum der Außenhalde (1963-1965) entstanden. Mit der Verkippung der Außenhalde sei jedoch die Kohlegewinnung auf dieser Fläche unterbrochen gewesen. Der sich aus § 30 Abs. 6 BNatSchG ergebende 5-Jahres-Zeitraum sei bei Wiederaufnahme der Gewinnung jetzt bei weitem überschritten. Entsprechendes gelte für die Teillandschaft E.

Dagegen legte die Klägerin am 20. Juli 2011 Widerspruch ein. Nach Aussetzung des Widerspruchsverfahrens beantragte die Klägerin am 6. Februar 2013 einen rechtsmittelfähigen Bescheid über den Widerspruch zu erteilen und beantragte hilfsweise gemäß § 30 Abs. 3 BNatSchG eine Ausnahme von den biotopschutzrechtlichen Verboten des § 30 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 3 BNatSchG für folgende Biotoptypen: temporäre Kleingewässer, Sandtrockenrasen, trockene Sandheiden.

Mit Bescheid vom 17. April 2013 erteilte der Beklagte der Klägerin die Ausnahme von den Verboten des § 30 Abs. 1 und 2 BNatSchG für die Biotope 1. temporäre Kleingewässer, 2. Sandtrockenrasen und 3. trockene Sandheiden. Teil des Bescheides ist die Textziffer 2.4. Darin heißt es: „Der Bescheid ergeht unter dem Vorbehalt der nachträglichen Aufnahme, Änderung oder Ergänzung der Auflagen.“ In der Begründung wurde ausgeführt, der Beklagte habe den Antrag der Klägerin zur Feststellung, dass es sich bei den genannten Biotopen um keine gesetzlich geschützten Biotope handele, abgewiesen. Da dieses Verfahren noch nicht abgeschlossen sei und insoweit unterschiedliche Auffassungen bestünden, werde zum gegenwärtigen Zeitpunkt auf die Festsetzung von Kompensationsmaßnahmen verzichtet. Abhängig vom Ergebnis des Verfahrens würden bei Erforderlichkeit jederzeit die zusätzliche Aufnahme und Ergänzung der Auflagen angeordnet.

Mit Bescheid vom 26. April 2013 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin vom 20. Juli 2011 zurück.

Die Klägerin hat am 24. Mai 2013 Klage erhoben. Sie trägt vor, die Klage sei als Anfechtungsklage zulässig. Die Frage, ob die Beseitigung von Biotopen einer vorhergehenden Erteilung einer Ausnahme durch die zuständige Naturschutzbehörde bedürfe, sei ein feststellungsfähiges, konkret streitiges Rechtsverhältnis. Dies könne durch einen Verwaltungsakt festgestellt werden. Der ablehnende Bescheid des Beklagten enthalte die positive Feststellung des Vorliegens des gesetzlichen Biotopschutzes für die streitgegenständlichen Biotope. Sie habe auch ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis bezüglich der Anfechtung des feststellenden Bescheides. Sie begehre nicht den Erlass eines naturschutzrechtlichen Ausnahmebescheides ohne Nebenbestimmungen. Sie gehe vielmehr davon aus, dass die Inanspruchnahme der Biotope zulassungsfrei möglich sei. Auch fehle es ihr nicht an der Klagebefugnis bezüglich der 21 Biotope, für die unter dem 17. April 2013 eine Ausnahme erteilt worden sei. Von der Klärung des hier streitgegenständlichen Rechtsverhältnisses hänge unmittelbar die Anordnung von nachträglichen Kompensationsmaßnahmen durch den Beklagten ab. Die Klage sei auch begründet. Durch sie – die Klägerin – sowie ihre Rechtsvorgängerinnen werde der Tagebau W.-Süd ohne betriebliche oder zeitliche Unterbrechung oder Einschränkungen betrieben. Für den Betrieb sei eine vollständige Beräumung der Flächen, die für den Abbau in Anspruch genommen werden sollen, erforderlich. Der Totalverlust der im Vorfeld befindlichen Biotope sei unvermeidlich. Darüber hinaus entstünden durch die bergbauliche Tätigkeit laufend neue Biotope, als Zwischenzustände, etwa, wenn Jahre vor dem unmittelbaren Abbau des Bodenschatzes Braunkohle als Vorbereitungstätigkeit Brunnenriegel oder Leitungs- oder Stromversorgungstrassen geschaffen würden oder Bohrpunkte errichtet werden müssten. Dazu sei gegebenenfalls die Beseitigung von Vornutzungen erforderlich. Auf solchen Flächen entstünden binnen kürzester Zeit Trockenrasengesellschaften oder Sandheiden. In der Sache sei zunächst festzuhalten, dass der Gesetzgeber bei der Abfassung des § 30 BNatSchG „wertvolle“ Biotope im Blick gehabt habe, welche in einer typischen, deutschen Kulturlandschaft häufig nur noch kleinräumig und stark gestreut vorzufinden seien. „Wertvoll“ seien nur solche Biotope, deren Bestand nicht bereits durch andere Planungen oder andere bereits zugelassene Nutzungen gefährdet seien, also deren Ende absehbar wieder bevorstehe. Temporäre Biotope mögen naturschutzfachlich sinnvoll sein, sie seien aber nicht wertvoll im Sinne des § 30 Abs. 1 BNatSchG, mithin nicht von besonderer Bedeutung im Sinne der gesetzlichen Regelung. Grundsätzlich müsse auf den Ausgangszustand abgestellt und anhand dieses Ausgangszustandes der Kompensationsbedarf ermittelt werden. Im Hinblick auf Tagebaue werde man daher eine Entstehung hinreichend verfestigter Biotope mit „besonderer Bedeutung“ gemäß § 30 Abs. 1 BNatSchG verneinen müssen, weil etwa vorbereitende Tätigkeiten zeitlich weit vor der eigentlichen Abbautätigkeit Zwischenzustände entstehen ließen, rechtlich eine Gefährdung der durch den Tagebaubetrieb entstehenden Biotope praktisch bereits mit der Betriebsplanzulassung eintrete, der planmäßige Fortschritt der bergbaulichen Inanspruchnahme zu einer zeitlich-räumlichen Dezimierung des Bestandes der Biotope führe und das Erfordernis bereits in Anspruch genommene Flächen wieder nutzbar zu machen, zu einem immer wiederkehrenden Wechsel von Ausprägung von Biotopen und Beseitigung derselben führe. Mithin entstünden immer wieder großflächige Biotope, wobei diese nicht mit den im Braunkohlenplan vorgesehenen Zielbiotopen in Übereinstimmung stünden. Um schutzwürdige Biotope von „besonderer Bedeutung“ von nicht geschützten, jedoch sinnvollen Zwischenzuständen abzugrenzen, bedürfte es einer gesetzlich, zeitlich-räumlichen Begrenzung. Aus der Regelung in § 30 Abs. 6 BNatSchG und den Vorschriften des Bundesberggesetzes lasse sich schließen, dass Biotopen, die vor der abschließenden Wiedernutzbarmachung entstanden seien, der Schutz des § 30 Abs. 2 BNatSchG nicht gewährt werde, weil sie nicht von „besonderer Bedeutung“ seien. Diese würden bereits durch die gesetzesimmanenten Schranken des § 30 Abs. 1, Abs. 6 BNatSchG nicht vom Zerstörungs- und Veränderungsverbot erfasst. Mit Blick auf die Regelung in § 4 Nr. 2 BBergG, wonach das Gewinnen das Lösen oder Freisetzen von Bodenschätzen einschließlich der damit zusammenhängenden vorbereitenden, begleitenden und nachfolgenden Tätigkeiten sei, sei auch die Beseitigung zwischenzeitlich entstandener Biotope Gewinnungstätigkeit. Das Zerstörungs- und Veränderungsverbot gelte daher erst für Biotope, die auf Flächen entstanden seien, von denen keine Veränderung/Beeinflussung durch zulässige bergbauliche Vorhaben mehr zu erwarten seien. Dies sollten nach dem gesetzgeberischen Willen insbesondere Flächen sein, auf denen die bergbauliche Nutzung seit mindestens fünf Jahren unterbrochen sei oder auf denen die im Rahmen des Abschlussbetriebsplanes durchgeführten bergmännischen Arbeiten der Sicherung und Wiedernutzbarmachung seit mindestens fünf Jahren abgeschlossen seien. Mit der Umsetzung des Abschlussbetriebsplanes sei der Gewinnungsbetrieb auf diesen Flächen eingestellt. Maßgeblich sei, dass die hier in Rede stehenden Flächen (Biotope) sich im Geltungsbereich des Rahmenbetriebsplanes aus dem Jahr 1994 befänden. Auch sei die Gewinnung der Braunkohle im Tagebau W.-Süd seit dem Aufschluss im Jahr 1959 weder eingeschränkt noch unterbrochen worden. Lediglich für einzelne hier nicht betroffene Teilflächen habe sie Teil-Abschlussbetriebspläne eingereicht. Sofern ihrer Auffassung zur Auslegung des § 30 Abs. 6 BNatSchG nicht gefolgt werde, sei jedenfalls ihr Hilfsantrag begründet. Selbst wenn die hier in Rede stehenden Biotope dem Schutz des § 30 Abs. 2 BNatSchG unterfallen würden, sei sie nicht verpflichtet, eine gesonderte, über den Rahmen der bergbaulichen Wiedernutzbarmachung hinausgehende Kompensation zu leisten. Im Rahmen der nach § 30 Abs. 3 BNatSchG anzustellenden Prognose habe der Beklagte zutreffend das für den gesamten Tagebau W.-Süd erstellte Kompensationskonzept, namentlich den Sonderbetriebsplan Natur und Landschaft in Bezug genommen und positiv festgestellt, dass im Rahmen der Gesamtkompensation auch ein möglicher zusätzlicher „Eingriff“ durch den Verlust der temporären Biotope mit ausgeglichen werden könne. Es überrasche daher, dass der Beklagte gleichwohl sich vorbehalten habe, weitere Kompensationsmaßnahmen abhängig vom Ausgang dieses Gerichtsverfahrens anzuordnen. Vorliegend sei ein Gesamtkonzept zum Ausgleich aller bergbaulichen Eingriffe durch das Gesamtvorhaben vorhanden. Ein gesonderter Ausgleich für die Beseitigung der nach dem oben gesagten unstreitig nur aufgrund des Bergbaus entstandenen Biotope im Vorfeld des Tagebaus würde daher eine Verdopplung der diesbezüglichen Kompensationsverpflichtungen bedeuten. Sie – die Klägerin – müsse aufgrund der länger andauernden Phasen der Zwischenzustände nicht nur Ausgleiche für den vorbergbaulich vorgefundenen Status quo ante, sondern auch für die von ihr selbst geschaffenen Zwischenzustände schaffen. Da die Bergbaufolgelandschaft durch den Braunkohlenplan und die darin enthaltenen Flächen für den fachlichen Ausgleich bereits abschließend verplant seien und eine Ausweitung der für den Naturschutz reservierten Flächen zu Lasten anderer Flächennutzungsansprüche nicht in Frage komme, würde dies – möglicherweise – bedeuten, dass sie – die Klägerin – außerhalb der Abgrabungsgrenze des Tagebaus andere Fläche akquirieren müsse, um dort die notwendigen Ausgleichsmaßnahmen durchzuführen.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des Bescheides vom 18. März 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. April 2013 festzustellen, dass es sich bei den in Anlage 3 Nr. 1 bis 59 des Feststellungsantrages vom 1. Dezember 2010 näher beschriebenen Biotopen nicht um gesetzlich geschützte Biotope im Sinne des § 30 Abs. 1, Abs. 2 BNatSchG handelt,

hilfsweise für die dort aufgeführten Biotope § 30 Abs. 6 Bundesnaturschutzgesetz Anwendung findet,

weiter hilfsweise festzustellen, dass im Rahmen von Ausnahmeverfahren gemäß § 30 Abs. 3 Bundesnaturschutzgesetz bzw. Befreiungsverfahren gemäß § 67 Abs. 1, Abs. 3 Bundesnaturschutzgesetz eine gesonderte Kompensation für die Inanspruchnahme der bezeichneten Biotope außerhalb der bergbaulichen Wiedernutzbarmachung nicht erforderlich ist.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt vor, die im Antrag benannten Flächen würden dem gesetzlichen Schutz des § 30 Abs. 2 BNatSchG unterfallen. Der Auffassung der Klägerin, wonach der gesetzliche Biotopschutz dahingehend begrenzt sei, dass nur wertvolle Biotope erfasst seien, könne nicht gefolgt werden. Alle Biotope, die einem der in § 30 Abs. 2 BNatSchG aufgelisteten Typus entsprächen, genössen den unmittelbaren gesetzlichen Schutz. Für die von der Klägerin vorgenommene eingeschränkte Auslegung gebe schon der Wortlaut des Gesetzes nicht her. Dieses verwende den Begriff des „wertvollen Biotops“ an keiner Stelle. Soweit die Klägerin auf Erwägungen im Gesetzgebungsverfahren hinweise, sei festzuhalten, dass die vom Bundesrat vorgeschlagene Änderung keinen Eingang in das Bundesnaturschutzgesetz gefunden habe. Eine Begrenzung des gesetzlichen Biotopschutzes auf solche Biotope, die nicht nur temporär angelegt seien, lasse sich dem Gesetz nicht entnehmen. Vielmehr bestätige die Gegenäußerung der Bundesregierung, dass es - entgegen der Ansicht der Klägerin - für eine Begrenzung des Biotopschutzes gerade nicht ausreiche, dass rechtlich eine Gefährdung der durch den Tagebaubetrieb entstehenden Biotope bereits mit der Betriebsplanzulassung eintrete. Auch enthalte das Brandenburgische Ausführungsgesetz zum Bundesnaturschutzgesetz keinen entsprechenden Passus; der gemeinsame Vorschlag der Vereinigung Rohstoff und Bergbau sowie des Unternehmerverbandes Mineralische Baustoffe zum Entwurf eines Gesetzes zur Bereinigung des Brandenburgischen Naturschutzrechtes sei vom Gesetzgeber nicht aufgegriffen worden. Vorliegend sei damit allein entscheidungserheblich, ob die gesetzlich geschützten Biotope im Kartierungsgebiet 2009 der Regelung des § 30 Abs. 6 BNatSchG unterfallen würden und daher von den Verboten des § 30 Abs. 2 BNatSchG ausgenommen seien. Den in § 30 Abs. 6 BNatSchG aufgenommenen Begriff der Gewinnung werde man mit der Klägerin im Sinne der Legaldefinition nach § 4 Abs. 2 BBergG verstehen müssen, wonach diese das Lösen oder Freisetzen von Bodenschätzen einschließlich der damit zusammenhängenden vorbereitenden, begleitenden und nachfolgenden Tätigkeiten sei. Der Begriff der Gewinnung sei rein tätigkeitsbezogen zu verstehen. Von dem Begriff der Gewinnung würden danach alle Tätigkeiten erfasst, die unverzichtbare Voraussetzung für das Lösen oder Freisetzen der zu gewinnenden Bodenschätze seien. Die Auffassung der Klägerin, wonach der Begriff der Einschränkung im Sinne einer Teileinstellung zu verstehen sei und der Gewinnungsbetrieb mit Umsetzung des Abschlussbetriebsplanes eingestellt sei, überzeuge nicht. Das Bundesberggesetz verwende den Begriff der „Einschränkung“ der Gewinnung von Bodenschätzen an keiner Stelle und könne insoweit nicht zur Gesetzesauslegung herangezogen werden. Entscheidend sei der tätigkeitsbezogene Ansatz, wobei im Kartierungsgebiet eine Einschränkung der bergbaulichen Tätigkeit für einen länger als fünf Jahre dauernden Zeitraum gegeben gewesen sei. Der Tagebau W.-Süd sei ab 1959 südöstlich des Ortes H. aufgeschlossen worden. Der Hauptteil der Fläche des hier in Rede stehenden Kartierungsgebiets sei in den Anfangsjahren des Tagebaus entstanden. Ausweislich des Kartierungsberichtes sei der zentrale und nordöstliche Teil ab 1960 entwickelt worden. Die Außenhalde aus dem Verkippungszeitraum für die Aufschlussfigur sei 1963 bis 1965 und Teile der Abbaufläche im Regelbetrieb seien 1966 bis 1975 entstanden. Mithin sei es in dem Tagebau so, dass die Biotope im Kartierungsgebiet zwar in einem Gewinnungsprozess entstanden seien, im Rahmen des weiteren Tagebaufortschrittes aber für lange Zeit die Gewinnung des Bodenschatzes Braunkohle eingeschränkt gewesen sei, dort keine weitere Abbautätigkeit stattgefunden habe und auch keine Tätigkeiten vorgenommen worden seien, die unverzichtbare Voraussetzung für den Abbau der im Kartierungsgebiet lagernden Braunkohle gewesen seien. Erst jetzt, also jenseits des 5-Jahres-Zeitraumes des § 30 Abs. 6 BNatSchG werde die Gewinnung des Bodenschatzes Braunkohle im Kartierungsgebiet wieder aufgenommen. Hinsichtlich des Hilfsantrages sei festzuhalten, dass er – der Beklagte – die Festsetzung von Kompensationsmaßnahmen für den Fall prüfen werde, dass der Biotopschutz nach § 30 Abs. 2 BNatSchG greife. Es entspreche der Konzeption des Gesetzes, dass die Klägerin wegen der länger andauernden Phasen der Zwischenzustände nicht nur einen Ausgleich für den vorbergbaulich vorgefundenen Status, sondern auch für die von ihr selbst geschaffenen Zwischenzustände schaffen müsse. Der Ausgleichspflicht stehe auch nicht entgegen, dass die Klägerin die Ausgleichsmaßnahmen möglicherweise außerhalb der Abgrabungsgrenzen des Tagebaus durchführen müsse. Auch Ziffer 2.3.1 der Verordnung über den Braunkohlenplan Tagebau W.-Süd, räumlicher Teilabschnitt I ermögliche für rechtlich besonders zu schützende Teile von Natur und Landschaft geeignete Ersatzmaßnahmen an anderer Stelle, wenn ein Ausgleich im Rahmen der Wiedernutzbarmachung des Abbaubereiches nicht erfolgen könne.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten, die jeweils zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

1. Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage zulässig. Die Klägerin ist als Adressatin des Bescheides klagebefugt. Ihr steht für die begehrte Aufhebung des Bescheides zudem ein Rechtsschutzinteresse zur Seite. Würde der Bescheid Bestandskraft erlangen, könnte der Beklagte bereits aus diesem weitere rechtliche Folgerungen ziehen, z. B. in Bezug auf die in dem Bescheid vom 17. April 2013 vorbehaltenen ergänzenden Auflagen. Die Klägerin kann auch geltend machen, dass der feststellende Bescheid sie in ihren Rechten verletzt. Die darin aufgenommene Feststellung, dass die von ihr benannten Biotope dem sich aus §§ 30 Abs. 2 Abs. 3 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) ergebenden gesetzlichen Schutz mit der sich daraus ergebenden Verfahrenspflichtigkeit unterfallen, stellt einen Eingriff in ihre verfassungsrechtlich geschützte gewerbliche Tätigkeit, die auf den Abbau und die Gewinnung von Bodenschätzen ausgerichtet ist, dar.

Auch die Feststellungsklage ist gemäß § 43 Abs. 1 VwGO zulässig. Nach § 43 Abs. 1 VwGO kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Vorliegend ist ein feststellungsfähiges, konkret streitiges Rechtsverhältnis gegeben. Die Klägerin ist der Auffassung, dass die im Bereich der Rahmenbetriebsplanzulassung des Tagebaus W.-Süd belegenen und durch bergbauliche Tätigkeit entstandenen Biotope nicht der Regelung des § 30 Abs. 2 BNatSchG unterfallen; für diese Biotope entweder die Regelung des § 30 BNatSchG insgesamt nicht anwendbar ist oder sie sich auf die Vorschrift des § 30 Abs. 6 BNatSchG zulässigerweise berufen kann. Die Klägerin besitzt ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung. Für ihre weitere bergbauliche Tätigkeit ist es von Interesse, ob bei einem Fortschreiten des Tagebaus die Regelung des § 30 Abs. 2 BNatSchG greift, wonach Handlungen, die zu einer Zerstörung oder einer sonstigen erheblichen Beeinträchtigung von Biotopen führen können, verboten sind. Unabhängig davon, dass die Klägerin nach § 69 Abs. 3 BNatSchG ordnungswidrig handeln würde, wenn entgegen § 30 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG ein dort genanntes Biotop zerstört oder sonst erheblich beeinträchtigt wird, führt die Anwendung der Regelung in § 30 BNatSchG zu einer Verfahrenspflichtigkeit dahingehend, dass ein entsprechender Antrag auf Erteilung einer Ausnahme nach § 30 Abs. 3 BNatSchG gestellt werden muss und Voraussetzung für die Erteilung der Ausnahme ist, dass die Beeinträchtigungen ausgeglichen werden können mit der Folge, dass weitere Verpflichtungen auf die Klägerin zukommen können.

Der Zulässigkeit der Feststellungsklage steht auch nicht der Grundsatz der Subsidiarität nach § 43 Abs. 2 VwGO entgegen. Danach kann die Feststellung nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Zwar hat die Klägerin ein entsprechendes Feststellungsbegehren gegenüber dem Beklagten geäußert und insoweit einen ablehnenden Bescheid erhalten, jedoch würde die bloße Aufhebung dieses Bescheides nicht zu der begehrten Feststellung führen.

Hinsichtlich der Biotope, für die eine Ausnahmegenehmigung erteilt wurde, fehlt es gleichermaßen nicht am Feststellungsinteresse, da die Klägerin zutreffend darauf hinweist, dass der Bescheid vom 17. April 2013 über die Erteilung der begehrten Ausnahme für den Fall der Entscheidung des Gerichts, dass die im Geltungsbereich des Rahmenbetriebsplans W.-Süd belegenen Biotope dem gesetzlichen Biotopschutz unterfallen, einen Auflagevorbehalt enthält.

2. Die Klage ist jedoch nicht begründet.

2.1. Dies gilt zunächst für den Hauptantrag. Dabei legt die Kammer ihrer Entscheidung zugrunde, dass die im biotopschutzrechtlichen Fachbeitrag für das Kartierungsgebiet 2009 zum Tagebau W.-Süd benannten und zum Gegenstand des Verwaltungsverfahrens gemachten Biotope formal die Kriterien eines gesetzlich geschützten Biotops im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes erfüllen. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig; ein weiterer Aufklärungsbedarf ist in Ansehung der fachgerechten Erhebung auch sonst nicht ersichtlich.

Soweit die Klägerin in Bezug auf die in ihrem Antrag vom 01. Dezember 2010 benannten Biotope der Auffassung ist, der gesetzesunmittelbare Schutz werde nicht für sämtliche denkbare Biotoptypen gewährt, auch sei der gesetzliche Biotopschutz durch die Regeln der Auslegung in seiner Reichweite begrenzt nämlich dahingehend, dass nur „wertvolle“ Biotope erfasst seien, welche in der typischen, deutschen Kulturlandschaft „häufig nur noch kleinräumig und stark gestreut vorzufinden sind“, kann ihr nicht gefolgt werden. Zu Recht weist der Beklagte darauf hin, dass die Regelung in § 30 BNatSchG eine Differenzierung zwischen wertvollen und weniger wertvollen Biotopen nicht aufweist, vielmehr die dort genannten bzw. nach § 30 Abs. 2 Satz 2 BNatSchG von den Ländern weiter unter Schutz gestellten Biotope dem Schutzregime des § 30 BNatSchG unterfallen. Die in den genannten Vorschriften gelisteten Biotope genießen einen unmittelbaren gesetzlichen Schutz. Auf die Ursachen der Entstehung sowie die gegenwärtige oder vormalige Nutzung der Biotope kommt es nicht an, so dass auch Sekundärbiotope, Flächen, die der natürlichen Sukzession überlassen wurden oder Flächen, die unbeabsichtigt oder widerrechtlich, wie z.B. durch Aufschütten eines Damms für einen Wirtschaftsweg oder durch mangelnde Unterhaltung einer Drainage vernetzt wurden, dem gesetzlichen Schutz unterfallen. Dies gilt auch für z.B. von Menschen geschaffene Kleingewässer (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 12. September 2006 – 8 A 265/04 – ZUR 2007, 43; Kratsch/Czybulka in Schuhmacher/Fischer-Hüftle, Bundesnaturschutzgesetz, Kommentar, Rdnr. 21 zu § 30, m.w.N.). Wäre es anders, hätte es zudem der Ausnahmevorschriften in § 30 Abs. 5 bzw. Abs. 6 BNatSchG nicht bedurft. In diesen wird unter bestimmten Voraussetzungen für zwischenzeitlich entstandene Biotope eine Herausnahme aus dem gesetzlichen Biotopschutz geregelt, etwa, wenn sie – wie in § 30 Abs. 5 BNatSchG ausgewiesen - während der Laufzeit einer vertraglichen Vereinbarung oder der Teilnahme an öffentlichen Programmen zur Bewirtschaftungsbeschränkung (also aufgrund menschlicher Tätigkeit) entstanden sind.

2.2. Die Klägerin kann auch mit ihrem weitergehenden Feststellungsantrag nicht durchdringen. Sie kann sich für die im Kartierungsgebiet 2009 erfassten Biotope nicht mit Erfolg auf § 30 Abs. 6 BNatSchG berufen. Danach gilt Abs. 2 nicht bei gesetzlich geschützten Biotopen, die auf Flächen entstanden sind, bei denen eine zulässige Gewinnung von Bodenschätzen eingeschränkt oder unterbrochen wurde für den Fall der Wiederaufnahme der Gewinnung innerhalb von 5 Jahren nach der Einschränkung oder Unterbrechung.

2.2.1. Für die Auslegung der Vorschrift ist es zunächst sachgerecht, das Bundesberggesetz, das nähere Bestimmungen für die Gewinnung von Bodenschätzen beinhaltet, heranzuziehen.

Nach § 52 Abs. 1 Bundesberggesetz (BBergG) sind für die Errichtung und Führung eines Betriebes Hauptbetriebspläne für einen in der Regel zwei Jahre nicht überschreitenden Zeitraum aufzustellen. Die Hauptbetriebspläne sind die wichtigste Form der verschiedenen Betriebsplanarten. Diesen kommt die Gestattungswirkung für den Abbau zu (vgl. Piens in Piens/Schulte/Graf Vitzthum, Bundesberggesetz, Rdnr. 15 zu § 52). Hingegen vermittelt der von der Klägerin genannte fakultative Rahmenbetriebsplan eine solche Gestattungswirkung nicht (vgl. Piens, a.a.O., Rdnr. 69 zu § 56, a.a.O.).

Nach § 4 Abs. 2 BBergG wird unter Gewinnung das Lösen oder Freisetzen von Bodenschätzen einschließlich der damit zusammenhängenden vorbereitenden, begleitenden und nachfolgenden Tätigkeiten verstanden.

Danach liegt eine zulässige Gewinnung - also das Freisetzen von Bodenschätzen - erst und nur dann vor, wenn durch die Zulassung eines Hauptbetriebsplanes dem Bergbautreibenden die Tätigkeit gestattet wurde.

Dass für die hier relevanten Teillandschaften die Gewinnung betreffende Hauptbetriebsplanzulassungen vorliegen bzw. vorgelegen haben, trägt die Klägerin schon nicht vor. Selbst wenn etwa zu DDR-Zeiten eine den Abbau betreffende Zulassungsentscheidung vorgelegen hätte, wäre jedenfalls der sich aus der Regelung in § 30 Abs. 6 BNatSchG ergebende Zeitraum von fünf Jahren gegenwärtig offensichtlich überschritten. Ausweislich des vorliegenden Fachbeitrages entstand der Hauptteil der Fläche des Kartierungsgebietes durch den seit 1959 ununterbrochenen Betrieb des Tagebaus W.-Süd. Hinsichtlich der Teillandschaft B (extensiv zwischenbegrünte Außenhalde der Aufschlussfigur) ist die Entstehungszeit im Fachbeitrag von 1963 bis 1965 benannt. Die Teillandschaft C - weitgehend unversetzte Landschaft als Teil der anfänglichen Aufschlussfigur - entstand 1959 bis 1965. Der Bereich der Tagesanlagen W.-Süd der Bergbauinfrastruktur wurde seit 1960 entwickelt. Ferner wurde die zwischenzeitlich kultivierte Kippe bis 1975 angelegt. In diesen Zeitbereich fällt auch die Entstehung der Teillandschaft A, Altbergbau und Industrielandschaft.

2.3. Selbst wenn mit Blick auf die Entstehungsgeschichte der Norm, die auf einen Vorschlag des Bundesrates (BT-Drucksache 16/13298) vom 4. Juni 2009 zurückgeht und dort auf „einen“ Betriebsplan gemäß Bundesberggesetz abgestellt wird, der eine bergrechtliche Nutzungsmöglichkeit genehmigt, zudem in Ansehung dessen, dass einem Rahmenbetriebsplan nicht jegliche Bindungswirkung abgesprochen werden kann (vgl. zu den einzelnen Auffassungen: Piens, a.a.O., Rdnr. 52 ff zu § 56) und für das hier in Rede stehende Gelände eine umfassende Planung vorhanden war und noch vorhanden ist, ferner mit Blick darauf, dass ein Hauptbetriebsplan regelmäßig einen Zwei-Jahreszeitraum umfasst, der Begriff der „zulässigen“ Gewinnung weiter gesehen werden müsste, da andernfalls die Regelung in § 30 Abs. 6 BNatschG praktisch leer liefe, und darüber hinaus sich die Klägerin etwa hinsichtlich der Grundwasserführung bzw. der Energieversorgung auf aktuelle Sonderbetriebspläne berufen könnte, führte dies nicht zu einem anderen Ergebnis. Voraussetzung ist nämlich außerdem, dass die Gewinnung unterbrochen oder eingeschränkt sein muss.

Mit dem Beklagten ist hierfür eine tätigkeitsbezogene Betrachtung anzustellen. Dabei kann offen bleiben, ob vorliegend für die Inanspruchnahme der Ausnahmeregelung von einem weiteren oder engeren Verständnis der Gewinnungstätigkeit auszugehen ist. Wäre für die Gewinnung im Sinne des § 30 Abs. 6 BNatschG nur auf den direkten Abbauvorgang unter Inanspruchnahme der Erdoberfläche abzustellen, wäre vorliegend der relevante Zeitrahmen offenkundig überschritten. Die Klägerin trägt - auch auf entsprechende Nachfrage seitens des Gerichts in der mündlichen Verhandlung - selbst nicht vor, dass die hier relevanten Teilflächen des Rahmenbetriebsplans W.-Süd in den letzten Jahren von einer „ direkten“ Gewinnungstätigkeit also das unmittelbare Freisetzen von Braunkohle betroffen gewesen wären. Selbst wenn der Begriff der Gewinnung, insbesondere unter Berücksichtigung der Regelung in § 4 Abs. 2 BBergG, weiter zu fassen sein sollte und die Tätigkeiten, die unverzichtbare Voraussetzung für das Lösen oder Freisetzen der zu gewinnenden Bodenschätze einschließlich damit zusammenhängender vorbereitender, begleitender und nachfolgender Tätigkeiten mit aufnehmen sollte, könnte die Klägerin daraus für sich nichts herleiten. Zum einen muss es sich um Tätigkeiten handeln, wobei allein das Unterfallen der Fläche in einen bestimmten Planungsstand nicht genügt. Zum anderen muss diese Tätigkeit auch für den von dem Gesetzgeber genannten Zeitraum unterbrochen oder eingeschränkt gewesen sein. Soweit die Klägerin auf Maßnahmen der Elektrifizierung der Strecke oder aber der Grundwasserhaltung oder weitere den Bergbau unterstützende Tätigkeiten verweist, macht sie insoweit nicht geltend, dass diese Tätigkeiten für einen relevanten Zeitraum unterbrochen oder eingeschränkt gewesen wären. Vielmehr ist ihrem Vorbringen zu entnehmen, dass etwa die vormals angelegten Bohrpunkte immer noch für die Grundwasserabsenkung benötigt würden.

Schließlich findet die Ausnahmeregelung nur dann Anwendung, wenn die gesetzlich geschützten Biotope auf Flächen entstanden sind, die von der Unterbrechung oder Einschränkung betroffen sind, mithin die Unterbrechung/Einschränkung für das Entstehen des Biotops kausal war. Danach kann die Ausnahmeregelung dann nicht greifen, wenn die Flächen etwa am Rande des aktiven Tagebaus entstanden sind, ohne dass eine Beeinträchtigung oder Unterbrechung der Tätigkeit für diesen Bereich zu verzeichnen wäre.

2.3. Für den Ansatz der Klägerin, wonach die Gewinnungstätigkeit erst dann beendet ist, wenn für den gesamten Tagebau ein Abschlussbetriebsplan vorgelegt und realisiert, mithin das Gelände aus der Bergaufsicht entlassen wurde, gibt der Wortlaut der Regelung keinen Anhalt. Auch die Entstehungsgeschichte der Norm vermag den klägerischen Ansatz nicht zu untersetzen. Das Gegenteil ist der Fall. Nach dem Vorschlag des Bundesrates sollte eine Ausnahme von den Beeinträchtigungsverboten gesetzlich geschützter Biotope dann vorgenommen werden, wenn ein Betriebsplan gemäß Bundesberggesetz eine bergrechtliche Nutzungsmöglichkeit genehmigt hat und bis zum Zeitpunkt der tatsächlichen Verwirklichung dieser Nutzung jedoch ein Biotop entstanden ist. Ferner wurde darauf hingewiesen, dass oftmals während des Abbaus von Rohstoffen zeitlich befristete Biotope entstehen und es gerechtfertigt sei, auf den Ausgangszustand abzustellen. Der Vorschlag zur Regelung: „Abs. 2 gilt jedoch nicht bei gesetzlich geschützten Biotopen, die auf einer Fläche eines Betriebsplans gemäß 52 ff. des Bundesberggesetzes nach dessen Genehmigung entstanden sind oder während der bergbaulichen Tätigkeit entstehen …“ ist allerdings nicht Gesetzesfassung geworden. Vielmehr wurde diesem seitens der Bundesregierung nicht zugestimmt mit dem Hinweis, dass eine pauschale Freistellung von nach der Zulassung der Gewinnung von Bodenschätzen oder nach einer Planaufstellung neu entstandenen Biotopen nicht gerechtfertigt erscheint. Ausweislich des Gesetzesentwurfs zur Neuregelung (Bundestagsdrucksache 16/13430) ist die nun in Rede stehende Regelung mit der Begründung eingestellt worden, dass der Änderungsantrag nur zum Teil den Vorschlag des Bundesrates aufgreift. Ferner wurde darauf hingewiesen, dass in den Fällen, in denen ein gesetzlich geschütztes Biotop gerade durch die Veränderung von Natur und Landschaft infolge einer eingeschränkten oder unterbrochenen Gewinnung von Bodenschätzen entsteht, es gerechtfertigt sei, dem Vorhabenträger innerhalb einer angemessenen Frist die Wiederaufnahme der Nutzung zu ermöglichen, ohne hierfür eine vorherige Befreiung beantragen zu müssen. Ferner wird ausgeführt, dass weitergehende Freistellungen vom gesetzlichen Biotopschutz dagegen nicht gerechtfertigt sind. Dies belegt den tätigkeitsbezogenen Ansatz und dass die Ausnahme vom gesetzlichen Biotopschutz nur in einem geringen Umfange greift, nämlich wenn die Wiederaufnahme der Nutzung in einer angemessenen Frist vorgenommen wird. Auch dies bestätigt, dass Fälle - wie hier -, bei denen die Nutzung mehrere Jahrzehnte unterbrochen wurde, von dem Ausnahmetatbestand nicht erfasst sind.

Wäre es anders und würde – wie die Klägerin meint - die Gültigkeit eines Rahmenbetriebsplans für den Begriff der Gewinnung maßgeblich bzw. die Gewinnungstätigkeit erst dann beendet sein, wenn die im Abschlussbetriebsplan genannten Tätigkeiten seit mindestens fünf Jahren abgeschlossen sind, würde für § 30 Abs. 6 BNatSchG kein Anwendungsbereich mehr verbleiben, da in einem solchen Fall, die Gewinnungstätigkeit nicht eingeschränkt oder unterbrochen, sondern beendet wäre. Freilich enthält das Bundesberggesetz im Gegensatz zur Unterbrechung (vgl. § 52 Abs. 1 Satz 2 BbergG) keine Definition für die Einschränkung der Gewinnung, jedoch kann schon nach dem Wortlaut der Fall einer geplanten endgültigen Stilllegung nicht mit dem einer Einschränkung der Gewinnung der bergbaulichen Tätigkeit gleichgesetzt werden.

3. Die Klägerin kann auch mit ihrem zweiten Hilfsantrag nicht durchdringen. Greift der Ausnahmetatbestand des § 30 Abs. 6 BNatSchG nicht, unterfallen Bestandteile von Landschaft und Natur, die als gesetzliche Biotope geschützt sind, den sich aus § 30 Abs. 2, § 30 Abs. 3 BNatSchG ergebenden Handlungsanforderungen. Insbesondere ist dann, wenn mit Blick auf die bergbauliche Betätigung eine Beeinträchtigung oder Zerstörung eines Biotops erforderlich ist, ein entsprechender Ausnahmeantrag zu stellen, wobei nach § 30 Abs. 3 BNatSchG von den Verboten des Abs. 2 auf Antrag eine Ausnahme nur dann zugelassen werden kann, wenn die Beeinträchtigungen ausgeglichen werden können. Dabei enthält das Gesetz keine näheren Bestimmungen dazu, wie der Ausgleich erfolgt, auch nicht dazu, in welchem Verfahren dies geregelt wird. Von daher ist es ohne weiteres denkbar, dass entsprechende Ausgleichsmaßnahmen auch im Rahmen von Sonderbetriebsplänen oder aber im Rahmen der Wiedernutzbarmachung, die als Teil des Abschlussbetriebsplanes der behördlichen Zulassung unterliegt, aufgestellt und bergrechtlich zugelassen werden.

Diesen Plänen kommt jedoch weder aufgrund gesetzlicher Regelung noch sonst eine Konzentrationswirkung (vgl. etwa: OVG für das Land Thüringen, Urteil vom 01. Februar 2012 – 1 KO 49/07 – zitiert nach juris) oder aber ein genereller Vorrang mit Ausschlusswirkung zu (vgl. im Verhältnis zu den Vorschriften des Bundes-Bodenschutzgesetzes, BVerwG, Urteil vom 14. April 2007 – 7 C 26/03 –zitiert nach juris). Die naturschutzrechtlichen Vorschriften bleiben gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 BBergG grundsätzlich neben den bergrechtlichen anwendbar. Eine andere Frage ist, in welchem Verfahren naturschutzrechtliche Belange einer Entscheidung zugeführt werden. Auch wenn mit Blick auf § 17 Abs. 1 BNatSchG über Eingriffe nach den Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes die Bergbehörde im „Huckepack-Verfahren“ (vgl. Vitzthum/Piens, a.a.O, Rdnr. 51 zu § 48) zu entscheiden hat, mithin derartige Fragen im Rahmenbetriebsplanverfahren oder eher – verbindlich - im Verfahren auf Zulassung des Hauptbetriebsplans einer Entscheidung zuzuführen sind, gilt dies für die Erteilung einer Ausnahme nach § 30 Abs. 3 BNatSchG gerade nicht. Die Bergbehörde ist nur dann zur verbindlichen Sachentscheidung befugt, wenn keine speziellen Genehmigungsvorbehalte anderer Behörden in anderen Fachgesetzen bestehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 04. Juli 1986 – 4 C 31.81 -, zitiert nach juris).

Dies folgt auch aus § 1 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG wonach lediglich als Ziel des Naturschutzes und der Landschaftspflege für den Fall der Aufsuchung und Gewinnung von Bodenschätzen formuliert ist, dass die Beeinträchtigung von Natur und Landschaft durch Wiedernutzbarmachung oder Rekultivierung auszugleichen oder zu mindern sind. Bei der Wiedernutzbarmachung geht es zudem nicht primär um die Wiederherstellung des früheren Zustandes vor Beginn des Abbaus, sondern um eine neue Gestaltung der Erdoberfläche. Dies gilt gerade für einen Tagebau, wobei Zweck der Wiedernutzbarmachung es ist, die entstellte Landschaft wieder zu einem harmonischen Gesamtbild zusammen zu fügen (vgl. insoweit Piens, a.a.O., Rdnr. 211 zu § 55). Mithin unterscheidet sich die in § 4 Abs. 4 BBergG aufgeführte Wiedernutzbarmachung von der für Biotope nach § 30 BNatSchG geltenden Systematik. Nach § 30 Abs. 3 BNatSchG kann von den Verboten eine Ausnahme (nur) dann erteilt werden, wenn die Beeinträchtigungen ausgeglichen werden können.

Auch der von der Klägerin angesprochene Sonderbetriebsplan Natur und Landschaft führt nicht schon per se dazu, dass ein gesonderter Ausgleich für die Inanspruchnahme der bezeichneten Biotope nicht erforderlich wäre. Schon nach dem Vorbringen der Klägerin wurde für diesen der vorbergbauliche Zustand, d.h. die Landschaft wie sie zum Jahresbeginn 1994 bei der Zulassung des Rahmenbetriebsplanes ausgesehen hätte, rekonstruiert und dies als Grundlage für die Eingriffs- und Ausgleichsbetrachtung genommen, wobei im gesamten Kartierungsgebiet 2009 lediglich ein Bestand von 0,14 ha Biotoptypen vorhanden gewesen ist. Hingegen weist die aktuelle Biotopkartierung Biotope mit einer Gesamtfläche von rund 47,65 ha aus. Damit liegt es auf der Hand, dass der Sonderbetriebsplan Natur und Landschaft der Klägerin den sich aus § 30 Abs. 2, Abs. 3 BNatSchG ergebenden Anforderungen an einen Ausgleich (Kompensation) nicht genügen kann.

Ob und inwieweit in Ansehung der Entscheidung des Gerichts von Seiten des Beklagten weitergehende Kompensationsmaßnahmen gefordert werden und ob diese unter Beachtung der von der Klägerin bereits in den vorliegenden oder noch aufzustellenden Plänen angezeigten Maßnahme den gesetzlichen Anforderungen genügt, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Dies ist gegebenenfalls in einem nachfolgenden Verfahren zu klären, auch inwieweit bei einer Gesamtbetrachtung eine etwaige - nicht zulässige - Überkompensation zu verzeichnen wäre. Insoweit stehen der Klägerin nach Erlass der im Bescheid vom 17. April 2013 vorbehaltenden weiteren Auflagen hinreichende Rechtsschutzmöglichkeiten zu Seite, insbesondere kann dagegen im Wege der Anfechtungsklage vorgegangen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.