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Entscheidung 6 U 51/18


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 6. Zivilsenat Entscheidungsdatum 08.10.2019
Aktenzeichen 6 U 51/18 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2019:1008.6U51.18.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 22.02.2018 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam - 2 O 120/17 - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an dem Geschäftsführer der Beklagten, zu unterlassen

in den von ihr geschäftlich in Brandenburg betriebenen Spielhallen kostenlos Getränke abzugeben, wenn dies geschieht wie am 09.01.2017 in der Betriebsstätte … in ….

2. Die Beklagte wird weiter verurteilt an den Kläger 10 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.04.2017 zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtstreits in beiden Instanzen hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird gestattet, die Zwangsvollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 13.000 € abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit gleicher Höhe leistet.

Gründe

I.

Der Kläger nimmt die Beklagte nach UWG wegen Verstoßes gegen § 4 Abs. 5 BbgSpielhG bzw. § 9 SpielV auf Unterlassung in Anspruch.

Der Kläger vertritt als Bundesverband die Interessen von ca. 2000 Aufstellunternehmen von Unterhaltungsautomaten in Spielstätten und Gastronomie und ist Dachorganisation von 11 Landesverbänden sowie von Fachverbänden. Zu seinen Mitgliedern zählt der Verband der … und … e.V.. Die Beklagte betreibt in … unter der Adresse … eine Spielhalle.

Der Kläger ließ am 09.01.2017 gegen 12:10 Uhr die Spielhalle der Beklagten durch einen Privatdetektiv, den Zeugen …, aufsuchen. Dieser bestellte sich bei der Spielhallenaufsicht Kaffee und erhielt ihn ohne Bezahlung. Ein Preisaushang für etwaige Getränke war nicht vorhanden. Als der Zeuge … zudem nach einem Aschenbecher fragte, wies ihn die Mitarbeiterin auf das in der Spielhalle bestehende Rauchverbot hin.

Wegen dieses Vorfalles mahnte der Kläger die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 20.03.2017 ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung sowie zur Erstattung von Rechtsanwaltsgebühren, Kosten des Privatdetektivs sowie der Kosten betreffend eine Auskunft aus dem Gewerberegister auf. Nachdem die Beklagte dieser Aufforderung nicht nachgekommen ist, hat der Kläger die vorgerichtlich geltend gemachten Ansprüche zum Gegenstand der vorliegenden Klage gemacht, den Antrag auf Erstattung von Rechtsanwaltskosten allerdings in der Folge zurückgenommen.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe gegenüber der Beklagten ein Unterlassungsanspruch zu, weil sie mit dem Anbieten von kostenlosen Getränken gegen § 4 Abs. 5 BbgSpielhG sowie § 9 SpielV und damit gegen Marktverhaltensregeln im Sinne des § 3a UWG verstoßen habe. Er selbst sei auch als Dachverband zur Verfolgung eines entsprechenden wettbewerbswidrigen Verhaltens aktivlegitimiert, insoweit reiche die bloße mittelbare Verbandszugehörigkeit von Wettbewerbern aus.

Die Beklagte hat einen Unterlassungsanspruch des Klägers in Abrede gestellt. Zur Begründung hat sie geltend gemacht, dem Kläger fehle es an der Aktivlegitimation, weil er als Dachorganisation keine unmittelbaren wettbewerblichen Interessen vertrete und deshalb nicht befugt sei, wettbewerbliche Abmahnungen auszusprechen. Die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen ergebe sich auch nicht als Zweck des Vereins aus seiner Satzung. Zudem verfüge er nicht über die notwendige sachliche und finanzielle Ausstattung zur Wahrnehmung wettbewerblicher Aufgaben.

In der Sache hat die Beklagte die behauptete kostenlose Abgabe von Getränken in Abrede gestellt und behauptet, die Spielhalle werde stets ordnungsgemäß geführt.

Wegen des weiteren erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes sowie die vor dem Landgericht gestellten Anträge wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage nach Beweisaufnahme durch Vernehmung des Zeugen … abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, auf die Klagebefugnis des Klägers nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG komme es nicht an, denn der Kläger habe nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme einen Verstoß gegen Wettbewerbsrecht nicht nachweisen können. Die in der Beweisaufnahme nachgewiesene kostenlose Abgabe von Kaffeegetränken durch die Mitarbeiterin der Beklagten an den Zeugen … stelle keinen wettbewerbsrechtlichen Verstoß dar, denn es fehle die Eignung zu einer spürbaren Interessenbeeinträchtigung im Sinne von § 3a UWG. Es sei davon auszugehen, dass die Mitarbeiterin der Beklagten Kaffee aus der von ihr selbst genutzten Kaffeemaschine ausgeschenkt habe, wobei diese Maschine nicht dazu diene, Getränke für die Kunden zuzubereiten und dann an diese abzugeben. Es sei darüber hinaus zu berücksichtigen, dass dem Zeugen das Getränk nicht aktiv angeboten worden sei und dass er ein Getränkeangebot in der Spielhalle habe wahrnehmen können.

Der Kläger hat gegen das ihm am 09.03.2018 zugestellte Urteil mit am 26.03.2018 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 23.04.2018 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Er verfolgt seine zuletzt vor dem Landgericht gestellten Anträge weiter und rügt, das Landgericht habe verkannt, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ein Verstoß gegen § 4 Abs. 5 BbgSpielhG feststehe. Bei der Bewertung des Kriteriums der Spürbarkeit sei maßgeblich auf den Schutzzweck der gesetzlichen Regelung abzustellen, zum Schutz der Spieler und ihrer Gesundheit die Attraktivität einer Spielhalle für Kunden nicht durch die Abgabe kostenloser Getränke zu erhöhen. Deshalb sei nicht maßgeblich, ob der Kaffee aus einer Kaffeemaschine stamme, welche die Mitarbeiter der Beklagten selbst nutzten, sondern es sei entscheidend, dass tatsächlich in dieser Maschine zubereiteter Kaffee unentgeltlich ausgegeben worden sei.

Soweit die Beklagte seine Aktivlegitimation pauschal bestritten habe, sei dies unbeachtlich. Ihm komme die notwendige Aktivlegitimation zu, weil er die gewerblichen Interessen seiner Mitglieder verfolge, deren Mitglieder wiederum in erheblicher Anzahl auf dem gleichen Markt wie die Beklagte tätig seien. Bei der Rechtsverfolgung gehe es aufgrund der Struktur seiner Mitglieder um die ernsthafte kollektive Wahrnehmung der Interessen dieser Mitgliedsunternehmen. Er sei nach seiner personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande, seine satzungsmäßigen Aufgaben wahrzunehmen. Schließlich sei seine Klagebefugnis seit Jahren von einer Vielzahl von Gerichten anerkannt.

Der Kläger beantragt zuletzt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an dem Geschäftsführer der Beklagten, zu unterlassen,

in den von ihr geschäftlich in Brandenburg betriebenen Spielhallen kostenlos Getränke abzugeben, wenn dies geschieht wie am 09.01.2017 in der Betriebsstätte … in …,

2. an den Kläger Detektivkosten in Höhe von 165,04 € sowie Auskunftskosten in Höhe von 10 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.04.2017 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil und zieht weiter die Aktivlegitimation des Klägers in Zweifel. Er sei zu wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen nicht befugt, denn als Dachorganisation der Landes- und Fachverbände nehme er natürliche und juristische Personen lediglich als Fördermitglieder auf und vertrete auch nach seiner Satzung nicht die unmittelbaren wettbewerblichen Interessen von Unternehmen.

In der Sache bestreitet die Beklagte weiter, dass die Aussage des Zeugen … zutreffe. Sie behauptet, sie habe ihre Aufsichtskräfte strikt angewiesen, keine Getränke an Gäste abzugeben, es gebe in der Spielhalle auch keine Vorkehrungen für die Abgabe von Getränken. Die Spielhalle verfüge lediglich über eine kleine Kaffeemaschine, in der sich die Aufsichtskräfte Kaffee zubereiten dürften. Zu Recht habe das Landgericht jedenfalls im Ergebnis einen relevanten Wettbewerbsverstoß verneint. Auch die Aussage des Zeugen … zugrunde gelegt habe sie, die Beklagte, ein vorschriftswidriges Verhalten weder aktiv provoziert noch gefördert. Der Kläger habe nicht bewiesen, dass es sich bei dem von dem Zeugen … geschilderten Vorfall nicht nur um einen einmaligen handelte, sondern dass ein kostenloser Getränkeabsatz zu den, wenn auch nur gelegentlichen, Gepflogenheiten im Betrieb der Beklagte zähle. In die Bewertung müsse zudem einfließen, dass der Zeuge … den angeblichen Verstoß selbst provoziert habe. Das Auftreten solcher Agents provocateurs führe zu einem verzerrten Bild von der Einhaltung gesetzlicher Vorschriften. Gäste, die die Aufsichtskräfte von sich aus aufforderten, gegen die Vorschriften zu verstoßen, seien häufig im Umgang schwierig oder aggressiv, sodass es nachvollziehbar sei, dass die Aufsichtskräfte einer entsprechenden Aufforderung nachkämen, um einen Konflikt zu vermeiden.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die nach §§ 511, 517, 519, 520 ZPO zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hat in der Sache ganz überwiegend Erfolg. Sie führt zu einer Abänderung des landgerichtlichen Urteils, soweit es den Unterlassungsantrag und den Anspruch auf Erstattung vorgerichtlich entstandener Kosten in Höhe von 10 € nebst Zinsen für eine Auskunft aus dem Gewerberegister betrifft. Im Übrigen, d.h. im Hinblick auf die für die Tätigkeit des Zeugen … geltend gemachten Kosten, war die Klage unbegründet und die Berufung zurückzuweisen.

1) Die Klage ist zulässig, insbesondere ist der Kläger, was das Landgericht offengelassen hat, nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugt. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG betrifft neben der sachlich-rechtlichen Anspruchsberechtigung, um die die Parteien in erster Linie streiten, auch die prozessuale Klagebefugnis, die als Sachurteilsvoraussetzung im Zeitpunkt der beanstandeten Wettbewerbshandlung bestanden haben und bis zur letzten mündlichen Verhandlung fortbestehen muss.

Nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG stehen die Ansprüche aus § 8 Abs. 1 UWG rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen zu, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmen angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, sie nach ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande sind, ihre satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen und soweit die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt (BGH, Urt. vom 27.04.2017 - I ZR 55/16 - Preisportal; GRUR 2017, 1265 Rn 9 m.w.N.; zit. nach juris). Dabei können auch solche Unternehmen berücksichtigt werden, die Mitglied in einem Verband sind, der seinerseits Mitglied des klagenden Verbandes ist, die also im Verhältnis der mittelbaren Zugehörigkeit zum klagenden Verband stehen (st. Rspr., vgl. jeweils mit weiteren Nachweisen BGH, Urteil vom 27.04.2017 - I ZR 55/16 - Preisportal, GRUR 2017, 1265 Rn 11; BGH, Urteil vom 16.11.2006 - I ZR 218/03 - Sammelmitgliedschaft V, GRUR 2007, 610 Rn 21; Urteil vom 18.05.2006 - I ZR 116/03 - Brillenwerbung, GRUR 2006, 873 Rn 15). Voraussetzung ist, dass der die Mitgliedschaft vermittelnde Verband seinerseits den Zweck verfolgt, gewerbliche oder selbstständige berufliche Interessen seiner Mitglieder zu fördern und den anderen Verband zur Wahrnehmung dieser Interessen beauftragt (sog. Kompetenzübertragung). Dafür ist eine ausdrückliche Ermächtigung nicht erforderlich, vielmehr kann sich eine solche Kompetenzübertragung auch im Wege der Auslegung der Satzung ergeben.

Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger. Er ist ein rechtsfähiger, im Vereinsregister eingetragener Verband, der nach seiner Satzung die Vertretung und Förderung der ideellen politischen und wirtschaftlichen Interessen der in Deutschland gewerblich tätigen Automatenunternehmer zur Aufgabe hat. Dazu zählt auch die Beanstandung unlauterer Werbung. Als Bundesverband ist der Kläger die Dachorganisation von elf Landesverbänden und zwei Fachverbänden, über die er die Interessen von etwa 2000 Automatenaufstellungsunternehmen vertritt, darunter solche von Mitbewerbern der Beklagten auf demselben sachlichen und räumlichen Markt. Mitglied des Klägers ist der Verein der … und … e.V., zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben u.a. die Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs zählt und dem - wie sich aus der mit Schriftsatz vom 11.09.2019 vorgelegten Mitgliederliste ergibt - zumindest ein Mitbewerber der Beklagten in der Stadt … angehört. Dieser ist in derselben Straße ansässig wie die Beklagte, so dass auch die für die Mitbewerbereigenschaft einer Spielhalle zu fordernde Belegenheit einer Betriebsstätte des Wettbewerbers im näheren räumlichen Einzugsbereich erfüllt ist (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 13.06.2019 - 6 U 141/18 Rn 27).

Der Kläger verfügt, wie bereits in anderen obergerichtlichen Entscheidungen festgestellt worden ist (vgl. u.a. KG, Urteil vom 28.08.2018 - 5 U 174/17; OLG Frankfurt (Main), Urteil vom 13.06.2019 - 6 U 141/18; Urteil vom 02.05.2019 - 6 U 85/18; zit. nach juris), auch über die erforderliche personelle, sachliche und finanzielle Ausstattung zur Verfolgung des Satzungszwecks. Ein Verband, der sich auch die Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs zur Aufgabe gemacht hat, muss in der Lage sein, das Wettbewerbsgeschehen zu beobachten und zu bewerten, damit er mindestens typische Wettbewerbsverstöße, deren rechtliche Bewertung keine besonderen Schwierigkeiten aufweist, auch ohne anwaltlichen Rat erkennen kann (BGH, Urteil vom 06.04.2017 - I ZR 233/16 - Anwaltsabmahnung II, GRUR 2017, 926 Rn 22; Urteil vom 12.04.1984 - I ZR 45/82 - Anwaltsabmahnung I, GRUR 1984, 691,692). Zur personellen Ausstattung gehört deshalb in der Regel eine entsprechende fachliche (wettbewerbsrechtliche) Qualifikation der Mitglieder, des Vorstands oder Mitarbeiter des Verbands, die allerdings keine juristische Vorbildung voraussetzt, sondern auch durch Berufserfahrung eines Laien erworben worden sein kann (BGH, Urteil vom 27.04.2000 - I ZR 287/97 - Fachverband, GRUR 2000, 1093 Rn 20; zit. nach juris). Diesen Anforderungen genügt die personelle Ausstattung des Klägers, der fünf Vollzeitkräfte, darunter eine Geschäftsführerin beschäftigt und denen die notwendige sachliche Ausstattung in Form einer Geschäftsstelle zur Verfügung steht. Dass der Kläger auch über die erforderliche finanzielle Ausstattung verfügt, für die zu fordern ist, dass der Verband insbesondere in der Lage ist, seine Fixkosten aus der Existenz, Grundausstattung und Grundbetätigung und etwaiger gegnerischer Kostenerstattungsansprüche abzudecken (Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 37. Aufl. 2019, § 8 Rn 3.48), ergibt sich aus der Vielzahl der in dem als Anlage K4 vorgelegten Geschäftsbericht 2015 aufgeführten Aktivitäten des Klägers. Diese Darlegungen des Klägers hat die Beklagte nicht substantiiert in Abrede gestellt.

2) Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten ein Anspruch nach § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, §§ 3, 3a UWG iVm § 4 Abs. 5 BbgSpielhG zu, es zu unterlassen, in den von ihr geschäftlich in Brandenburg betriebenen Spielhallen kostenlos Getränke anzubieten.

Nach § 8 Abs. 1 UWG kann derjenige, der eine unlautere geschäftliche Handlung vornimmt, auf Beseitigung und - bei Wiederholungsgefahr - auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Wie das Landgericht richtig ausgeführt hat, ist der Beklagten eine unlautere Handlung in Form des Rechtsbruchtatbestandes nach § 3a UWG vorzuhalten, denn sie hat mit einer geschäftlichen Handlung einer gesetzlichen Vorschrift zuwidergehandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Rechtsfehlerhaft hat das Landgericht allerdings die Eignung dieses Verstoßes verneint, die Interessen von Verbrauchern spürbar zu beinträchtigen.

a) Das Landgericht hat im Ergebnis der Beweisaufnahme festgestellt, dass die Mitarbeiterin der Beklagten dem Zeugen … unentgeltlich Kaffee ausgeschenkt hat. Diese Feststellung ist der Entscheidung des Senats zugrunde zu legen, § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, denn konkrete Anhaltspunkte, welche Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Tatsachenfeststellung begründen würden, sind weder erkennbar noch von der Beklagten vorgetragen. Dass sie den Vorgang weiterhin schlicht in Abrede stellt, genügt insoweit nicht.

b) Das Ausschenken des Kaffees stellt eine geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG dar, nämlich eine Handlung der Mitarbeiterin der Beklagten zu deren Gunsten bei Geschäftsabschluss. Wird die inkriminierte Handlung durch den Arbeitnehmer eines Unternehmens ausgeführt, ist nach der Lebenserfahrung ein Handeln zur Förderung eines fremden Unternehmens zu vermuten, sofern die Handlung - wie vorliegend - typischerweise in den Aufgabenkreis dieser Person fällt (Köhler/Bornkamm/Feddersen, a.a.O., § 2 UWG Rn 55). Das Ausschenken kostenloser Getränke an Kunden einer Spielhalle ist auch geeignet, deren geschäftliche Entscheidung im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme des Spielangebots der Beklagten zu beeinflussen, denn ein solches Angebot stellt einen zusätzlichen Anreiz für den Aufenthalt in der Spielhalle dar.

c) Mit dem unentgeltlichen Ausschenken von Kaffee hat die Mitarbeiterin der Beklagten auch einem gesetzlichen Verbot zuwidergehandelt, nämlich § 4 Abs. 5 BbgSpielhG, der die unentgeltliche Abgabe von Getränken in Spielhallen verbietet. Zugleich liegt ein Verstoß gegen § 9 SpielV vor, denn die Abgabe kostenloser Getränke stellt eine finanzielle Vergünstigung im Sinne dieser Vorschrift dar. Beiden Verstößen kommt wettbewerbsrechtliche Relevanz zu, denn die verletzten Normen regeln das Marktverhalten. Sie dienen dem Interesse der Verbraucher, indem sie deren Entscheidungsfreiheit in Bezug auf die Marktteilnahme schützen.

d) Die Zuwiderhandlung ihrer Mitarbeiterin ist der Beklagten nach § 8 Abs. 2 UWG zuzurechnen. Diese Norm begründet einen Unterlassungsanspruch gegen den Unternehmensinhaber bei Zuwiderhandlungen seiner Mitarbeiter und Beauftragten im Sinne einer Erfolgshaftung ohne Entlastungsmöglichkeit (Köhler/Bornkamm/Feddersen, a.a.O., § 8 Rn 2.33), die Beklagte kann sich also nicht darauf berufen, sie habe ihre Mitarbeiter dahingehend instruiert, keine Getränke unentgeltlich abzugeben. Der Inhaber eines Unternehmens, dem die geschäftliche Handlung zugute kommen soll, soll sich nicht hinter von ihm abhängigen Dritten verstecken können, seine Haftung rechtfertigt sich daraus, dass er durch den Einsatz von Mitarbeitern seinen Geschäftskreis erweitert und damit zugleich das Risiko von Zuwiderhandlungen innerhalb seines Unternehmens schafft. Da er die Vorteile der arbeitsteiligen Organisation in Anspruch nimmt, soll er auch die damit verbundenen Risiken tragen.

e) Der der Beklagten zuzurechnende Verstoß gegen § 4 Abs. 5 BbgSpielhG bzw. § 9 SpielV ist entgegen der Ansicht des Landgerichts auch geeignet, die Interessen von Verbrauchern bzw. Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.

Die Eignung zur spürbaren Beeinträchtigung der Interessen von Marktteilnehmern liegt vor, wenn eine objektive Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass die konkrete geschäftliche Handlung die Interessen von Mitbewerbern an wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten/Marktchancen oder die freie und informierte geschäftliche Entscheidung von Verbrauchern nicht nur theoretisch, sondern auch tatsächlich beeinträchtigt (Köhler/Bornkamm/Feddersen, a.a.O., § 3a Rn 1.99). Bei Verstößen gegen Marktverhaltensregelungen, die dem Schutz der Gesundheit oder Sicherheit der Verbraucher dienen, ist grundsätzlich von einer solchen Eignung auszugehen. Die Spürbarkeit ist in solchen Fällen zu vermuten und nur ganz ausnahmsweise zu verneinen (BGH, Urteil vom 12.02.2015 – I ZR 213/13 - Fahrdienst zur Augenklinik, WRP 2015, 966 Rn 25; zit. nach juris; Köhler/Bornkamm/Feddersen, a.a.O., § 3a UWG Rn 1.102). Das Landgericht hat nicht beachtet, dass § 4 BbgSpielhG dazu dient, Spieler vor den Gefahren der Spielsucht zu schützen, die durch zusätzliche Anreize, wie die unentgeltliche Abgabe von Speisen und Getränken verstärkt werden (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 27.11.2015 - 6 U 151/15 Rn 3; Hess.VGH, Beschluss vom 10.02.2014 - 8 B 2437/13, NVwZ-RR 2014, 418; jew. zit. nach juris) und damit eine Marktverhaltensregelung zum Schutz der Gesundheit der Verbraucher darstellt.

Selbst wenn aber die Vermutung der Spürbarkeit in Ansehung des § 4 Abs. 5 BbgSpielhG nicht greifen würde, wäre vorliegend von einem wettbewerbsrechtlich relevanten Verstoß auszugehen. Denn der Verstoß gegen eine Marktverhaltensregelung indiziert dessen Eignung zur spürbaren Beeinträchtigung der Interessen der Marktteilnehmer, mit der Folge, dass es Sache des Anspruchsgegners ist, Umstände darzulegen und zu beweisen, die dieses Indiz erschüttern (Köhler/Bornkamm/Feddersen, a.a.O., § 3a UWG Rn 1.112). Erst wenn dies gelingt, ist es wiederum Sache des Anspruchstellers konkret darzulegen und zu beweisen, dass der Verstoß geeignet war, den durchschnittlichen Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte (Köhler/Bornkamm/Feddersen, a.a.O., § 3a Rn 1.103).

Der Beklagten ist es nicht gelungen, diese Indizwirkung zu erschüttern. Für die Bewertung ist maßgeblich, ob der konkrete Vorfall bei Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles tatsächlich geeignet war, den durchschnittlichen Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte (Köhler/Bornkamm/Feddersen, a.a.O., § 3a Rn 1.103ff). Entgegen der Ansicht der Beklagten steht der indiziellen Wirkung nicht bereits entgegen, dass mehr als ein Verstoß gegen § 4 Abs. 5 BbgSpielhG nicht nachgewiesen ist und der Zeuge … ausdrücklich nach einem Getränk fragen musste und nicht etwa unaufgefordert angeboten bekommen hat. Denn gerade dann, wenn sich ein Spieler in einer Spielhalle aufhält und aus eigener Initiative nach einem Getränk fragt, weil er durstig oder müde ist, ist die Abgabe einer kostenlosen Erfrischung geeignet, seine Entscheidung dahingehend zu beeinflussen, noch länger dort zu verweilen und zu spielen. Diese Situation ist nicht weniger wettbewerblich relevant als das spontane Anbieten unentgeltlicher Getränke durch das Aufsichtspersonal. Es kommt danach auch nicht darauf an, ob die Kaffeemaschine angeschafft worden ist zum Gebrauch der Mitarbeiter der Beklagten oder für die Beköstigung der Spielhallengäste; maßgeblich ist allein, dass auf Nachfrage auch aus dieser Maschine Kaffee kostenlos abgegeben wird.

f) Die Beklagte kann sich von der wettbewerbsrechtlichen Haftung auch nicht dadurch entlasten, dass der Kläger ihrer Ansicht nach den Wettbewerbsverstoß provoziert habe. Zwar handelt rechtsmissbräuchlich, wer auf unlautere Weise einen fremden Wettbewerbsverstoß veranlasst, er kann dann nicht Unterlassung begehren (Köhler/Bornkamm/Feddersen, a.a.O., § 11 UWG Rn 2.41). Rechtsmissbrauch liegt aber nicht vor bei einem normalen Testkauf; Testkäufe stellen vielmehr ein unentbehrliches Mittel zur Überprüfung des Wettbewerbsverhaltens von Mitbewerbern dar, für deren Erfolg es unvermeidlich ist, den Zweck zu verheimlichen. Unzulässig ist ein Testkauf allenfalls etwa dann, wenn für einen begangenen oder drohenden Wettbewerbsverstoß keine Anhaltspunkte vorliegen und er nur dazu dient, einem Mitbewerber eine Falle zu stellen. Diese Voraussetzungen können im Streitfall nicht festgestellt werden, insbesondere hat die Beklagte nicht dargetan, dass ihre Mitarbeiterin nur deshalb Kaffee unentgeltlich abgegeben habe, weil der Zeuge … - als möglicher lästiger Kunde - genau das von ihr verlangt habe. Denn im Hinblick auf den von dem Zeugen … zusätzlich nachgefragten Aschenbecher hat die Mitarbeiterin schlicht auf das in der Spielhalle bestehende Rauchverbot hingewiesen. Die Beklagte hat nicht dargelegt, weshalb sich ihre Mitarbeiterin gezwungen gesehen haben sollte, im Zusammenhang mit der Frage nach dem Kaffee in der inkriminierten Weise zu reagieren.

3) Dem Kläger steht nach § 12 Abs. 1 S. 2 UWG ein Anspruch auf Ersatz der für die Abmahnung erforderlichen Aufwendungen, mithin von Auskunftskosten in Höhe von 10 €, zu, deren Entstehung und Erforderlichkeit die Beklagte nicht in Zweifel gezogen hat. Ansprüche auf Erstattung der auch in zweiter Instanz noch geltend gemachten Kosten für die Inanspruchnahme der Leistungen des Zeugen … bestehen nicht, denn die Beklagte hat bestritten, dass diese entstanden ist, ohne dass der Kläger einen Nachweis beigebracht hätte.

Der Zinsanspruch gründet sich auf §§ 288 Abs. 1, 286 BGB.


III.

Die Kostentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2, 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.