Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 3. Senat | Entscheidungsdatum | 08.05.2014 | |
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Aktenzeichen | L 3 U 228/12 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 2 Abs 1 Nr 1 SGB 7, § 7 SGB 7, § 9 SGB 7, Anl 1 Nr 3102 BKV |
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 21. September 2012 sowie der Bescheid der Beklagten vom 24. Februar 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 28. Mai 2009 aufgehoben und festgestellt, dass beim Kläger die Berufskrankheit nach Nr. 3102 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung in Form einer Borrelieninfektion vorliegt.
Die Beklagte erstattet dem Kläger dessen notwendige außergerichtliche Kosten des gesamten Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Kläger begehrt gegenüber der Beklagten die Feststellung der Berufskrankheit nach Nr. 3102 der Anlage 1 (BK 3102 – von Tieren auf Menschen übertragbare Krankheiten) zur Berufskrankheitenverordnung (BKV).
Unter dem 20. Juni 2008 erstattete der Gewässerverband K durch seinen Geschäftsführer B eine „Anzeige des Unternehmens bei Anhaltspunkten für eine Berufskrankheit“ (BK-Anzeige) für den dort beschäftigten Kläger. In der BK-Anzeige heißt es u.a., der Kläger sei in den zurückliegenden Jahren bereits mehrfach durch Entzündungen der Gelenke kurzzeitig erkrankt und arbeitsunfähig gewesen. Er habe als Beschwerden immer Schwellungen und Schmerzen im Bereich des Kniegelenks, Handgelenks und Ellenbogens sowie eine Schwellung im Knöchel geäußert. Bei Untersuchungen auf rheumatisches Fieber sei im August 2007 ein Verdacht auf eine chronische Borreliose festgestellt worden. Dieser Verdacht habe sich später bestätigt, und es werde davon ausgegangen, dass auch die früheren Gelenkentzündungen bereits Borrelioseanfälle gewesen seien. Eine weitere Laboruntersuchung vom Mai 2008 habe eine aktive Borrelieninfektion im fortgeschrittenen Stadium ergeben. Der Kläger arbeite in der Gewässerunterhaltung auf Flächen mit einer typischen Vegetation, in der Zecken lebten. Er sei mehrfach von Zecken gebissen worden; oftmals seien die Bisse nicht bemerkt worden und lägen schon Jahre zurück. Dies erkläre das Stadium III der Spätborreliose. Der Kläger sei als Verbandstechniker für Gewässerunterhaltung in der Gewässermeisterei Stätig. Hier seien jährlich ca. 300 km Gräben, Bäche, Flüsse zu pflegen und zu beräumen. Somit sei an zwei bis drei Tagen pro Woche über das ganze Jahr hinweg das Begehen der Flächen mit für Zecken typischer Vegetation erforderlich. Zecken seien in den Monaten April bis Oktober aktiv. In dieser Zeit würden folgende Arbeiten durchgeführt: von April bis Juni Landschaftspflegemaßnahmen, Mäharbeiten an Deichen, Vorländern, Schafhutung an wasserwirtschaftlichen Anlagen; von Juni bis Oktober Mähen, Räumen, Reinigen der Wasserläufe und dazugehöriger Böschungsflächen, Gewässerrandstreifen. Die typische Vegetation auf diesen Flächen sei Gebüsch, Unterholz auf großen Flächen mit hohem Gras und Kraut. In dieser Zeit sei täglicher Kontakt zur typischen Vegetation und damit zu Zecken auf diesen Flächen gegeben. Gefährdende Einwirkungen durch Zeckenbisse seien bei diesen Arbeiten ständig vorhanden und nicht auszuschließen. Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen seien 1999 und 2004 durch Dr. K durchgeführt worden. Es seien folgende Schutzmaßnahmen festgelegt gewesen: Das Personal müsse Schutzkleidung tragen, die einen wirksamen Schutz gegen direkten Kontakt mit Oberflächenwasser, Erdreich, Insekten (besonders Zecken) ermögliche; bei manuellen Krautungs- und Holzungsmaßnahmen im Gestrüpp seien Kopfbedeckung und eng anliegende Kleidung zum Schutz vor Zeckenstichen zu tragen, wenn nicht ohnehin die Schutzbekleidung bei Arbeiten mit Freischneidern getragen werden müsse; Waschgelegenheiten müssten für das Personal vorhanden sein. Der Kläger habe sich stets an die Einhaltung der festgelegten Schutzmaßnahmen gehalten, sei aber trotzdem von Zecken gebissen worden, weil ein absolut sicherer Kontaktschutz bei der Ausführung der Arbeiten nicht zu sichern sei.
Die Beklagte befragte den Kläger schriftlich. Dieser machte unter dem 30. Juli 2008 folgende Angaben: Er sei beim Gewässerverband seit Juli 1996 als Verbandstechniker beschäftigt. Zu seinen Tätigkeiten gehörten die Organisation, Überwachung und Abrechnung der Gewässerunterhaltung. Dies betreffe jährlich ca. 300 km Gräben, Bäche und Flüsse. Wesentliche Tätigkeiten seien die Mitwirkung bei der Lösung der vielfältigen wasserwirtschaftlichen Aufgaben im Verbandsgebiet, neben der Organisation, Überwachung und Abrechnung der Gewässerunterhaltung auch sonstige Maßnahmen für Eigen- und Fremdleistungen, die Betreuung von wasserwirtschaftlichen Sondermaßnahmen sowie die Mitwirkung bei der Hochwasserabwehr und vorbeugendem Hochwasserschutz, die enge Kontaktpflege und Abstimmung mit den Verbandsmitgliedern, die Bearbeitung von Gutachten, Genehmigungen und Stellungnahmen im Beteiligungsverfahren sowie die technische und organisatorische Leitung des Bauhofs der Gewässermeisterei Senftenberg. Somit sei über das gesamte Jahr hinweg das Betreten dieser Flächen erforderlich. Er gehe deshalb davon aus, in der Zeit von Juli 1996 bis Juni 2004 von Zecken und blutsaugenden Stechinsekten gestochen worden zu sein, wodurch die Lyme-Borreliose übertragen worden sei. Er habe nie bemerkt, von Zecken gebissen worden zu sein. Die Wanderröte als eindeutiges Zeichen einer Lyme-Borreliose habe er auf der Haut nicht mitbekommen. Eine Entfernung von Zecken auf der Haut sei nicht erfolgt, da er nicht gemerkt habe, gestochen worden zu sein. Bemerkt worden seien immer nur Insektenstiche, die man in der Vegetationszeit öfters bekomme. Die Rötungen auf der Haut mit der für Zeckenbisse typischen Wanderröte seien nicht aufgetreten. Aufgrund von Zeckenstichen sei er im vorgenannten Zeitraum bei keinem Arzt in Behandlung gewesen. Er habe jedoch ab April 2003/ August 2004 zunehmend Entzündungen in den Gelenken, insbesondere im Kniegelenk, Handgelenk und Ellenbogen sowie Schwellungen der Fersen und Knöchel bekommen, die dann ärztlich untersucht und behandelt worden seien. Blutuntersuchungen seien aufgrund zunehmender Schmerzen im August 2007 durchgeführt worden. Die Krankheit habe sich erstmals am 08. Dezember 2000 mit Benommenheit, Ohnmachtsanfällen und ausgeprägter Eisenmangelanämie bemerkbar gemacht. Ab 2006 habe er zunehmend Herz- und Gefäßkrankheiten bekommen, die sich zunächst durch Kurzatmigkeit, Herzklopfen, Bluthochdruck, hohe Pulsfrequenz und Herzrhythmusstörungen geäußert hätten. Von April bis Juni 2007 habe er folgende Krankheiten durchgemacht: koronare 3-Gefäßerkrankung, drei Stentimplantationen, pulmonale Hypertonie, Rechtsherzinsuffizienz, Herzklappeninsuffizienz. Der Kläger legte folgende ärztliche Unterlagen vor:
- Serumbefund vom 22./ 24. August 2007 („Interpretation: Nachweis spezifischer Borrelien-Antikörper mit breitem Bandenmuster im IgG vereinbar mit einer chronischen Borreliose <bei klinisch später Manifestation>. Serumnarbe nach zurückliegender, spontan ausgeheilter oder behandelter Infektion ebenso möglich, aber nur bei häufiger <beruflicher> Exposition in dieser Ausprägung zu erwarten <Waldarbeiter, Gärtner etc.>“)
- Befundbericht von Prof. Dr. W et al. vom 15./ 19. Mai 2008 („Bewertung: Serologie vereinbar mit einer aktiven Borrelieninfektion im fortgeschrittenen Stadium. Zur genaueren Wertung sind das klinische Bild und ggf. die Behandlungsanamnese mit zu berücksichtigen.“)
- Kurzbrief der Assistenzärztin R vom Klinikum N vom 12. Januar 2001 (u.a. Eisenmangelanämie)
- Vorläufiger Arztbrief des Herzzentrums der Universitätsklink D vom 04. Mai 2007 nebst Herzkatheterbefund und Bericht über die radiologische Verlaufskontrolle
- Ärztlicher Kurzbrief des C-Klinikums C – Klinik für Dermatologie, Venerolgie und Allergologie – (Borreliose Stadium III; i.v.-Antibiose mit Rocephin und Ausschluss Neuroborreliose)
- Arztbrief des C-Klinikums C – Medizinische Klink Schwerpunkt: Gastroenterlologie-Hepatologie/ Rheumatologie/ Geriatrie - vom 11. Juli 2008 (Diagnosen: Psoriasarthritis, koronare Herzkrankheit, pulmonante Hypertonie, Herzinsuffizienz, Aorteninsuffizienz ersten Grades, TI zweiten Grades, Hyperurikämie, Borreliose Stadium III – Rocephin-Therapie für 21 Tage; Therapie und Verlauf: „Wegen massiver Gelenkbeschwerden, vor allen in den Sprunggelenken bds., in den Knie- sowie PIP-Gelenken, erfolgte die Verlegung zu uns zur weiteren Diagnostik und Therapie.“)
Eine von der Beklagten beigezogene Auskunft des Geschäftsführers des Gewässerverbands Bvom 04. August 2008 ergab u.a., dass, seitdem ab 2002 ein Verbandbuch geführt worden sei, der Kläger keine Zeckenbisse eingetragen habe. Die wesentlichen Tätigkeiten des Klägers bestünden in der laufenden Begehung und Begutachtung der Fließgewässer im Verbandsgebiet zur Einschätzung der Unterhaltungsnotwendigkeit sowie Überwachung aller relevanten Unterhaltungs- und Gewässerentwicklungsmaßnahmen vor Ort (ca. 50 % der Tätigkeiten des Klägers seien an den Gewässern und deren Naturräumen auszuführen).
Die Beklagte zog einen Befundbericht des Facharztes für Haut- und Geschlechtskrankheiten Dr. C vom 07. Oktober 2008 bei (Diagnose: Acrodermatitis chronica atrophicans; Befund: flächenhafte, odematöse, lividrote Erytheme sowie kleine atrophische Areale der Haut im Bereich der Handrücken beidseits; keine Erythema migrans festgestellt; die Beschwerden/ Befund könnten nicht auf eine Borreliose-Infektion zurückgeführt werden).
Die Beklagte holte die unter dem 27. Oktober 2008 erstellte gewerbeärztliche Stellungnahme der Fachärztin für Arbeitsmedizin T ein, wonach zwar eine Borreliose Stadium III, nicht aber die arbeitsmedizinischen Voraussetzungen für die Anerkennung als BK 3102 vorlägen.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 24. Februar 2009 die Anerkennung der beim Kläger bestehenden Borrelieninfektion als BK 3102 ab. Im Rahmen der von der Beklagten vorgenommenen Ermittlungen habe nicht in der erforderlichen Weise wahrscheinlich gemacht werden können, dass die beim Kläger bestehende Borrelieninfektion auf beruflich erworbene Zeckenbisse zurückzuführen sei. Eine berufliche Verursachung habe nicht nachgewiesen werden können, da weder er selbst noch sein Arbeitgeber noch sein behandelnder Arzt beruflich erworbene Zeckenbisse dokumentiert hätten. Mit Borrelien infizierte Zecken kämen flächendeckend in ganz Deutschland vor. Beliebte Aufenthaltsorte der Zecken seien buschige Wald- und Wegränder, Laub- und Nadelwälder, lichte Gehölze mit Unterwuchs sowie Parkanlagen und Gärten mit Büschen und Sträuchern. Berufsgruppen mit signifikant höherem Gefährdungsgrad gegenüber der übrigen Bevölkerung seien z.B. Beschäftigte in der Land- und Forstwirtschaft, im Gartenbau oder in Tierkörperverwertungsanstalten. Da der Kläger diesen Berufsgruppen nicht angehöre, müsse der Vollbeweis erbracht werden.
Der Kläger erhob am 20. März 2009 Widerspruch. Er führte zur Begründung aus, aufgrund seiner Tätigkeit im Bereich der Wasserwirtschaft, beim Aufsuchen von Wald- und Weideflächen im ländlichen Gebiet sei er in erheblichem Maße Zeckenbissen ausgesetzt gewesen. Die Borreliose-Infektion sei nachgewiesen. So bestehe der Anscheinsbeweis, dass er sich die Borreliose-Infektion bei Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit zugezogen habe, auch wenn ihm selbst zunächst kein konkreter Zeckenbiss erinnerlich gewesen sei, weshalb er auch keinen ins Verbandsbuch eingetragen habe. Zwischenzeitlich könne er sich mithilfe seiner Ehefrau an einen konkreten Zeckenbiss am 27./ 28. April 2000 erinnern. Aus dem weiteren Beschwerdeverlauf ergebe sich, dass er sich beim Zeckenbiss am 27./ 28. April 2000 mit Borreliose angesteckt habe. Bereits aus der BK-Anzeige ergebe sich, dass er von Zecken gebissen worden sei.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28. Mai 2009 als unbegründet zurück.
Der Kläger hat sein Begehren mit der am 29. Juni 2009 zum Sozialgericht Cottbus (SG) erhobenen Klage weiterverfolgt. Er hat auf seine im Verwaltungsverfahren abgegebene Tätigkeitsbeschreibung verwiesen, sein bisherigen Vorbringen vertieft und u.a. ausgeführt, aufgrund seiner Tätigkeit sei er in extremem Maße den Einflüssen der Natur und damit auch Zecken ausgesetzt gewesen.
Das SG hat u.a. einen Arztbrief der C–Centrum für Herz-, Kreislauf- und Gefäßmedizin vom 05. November 2009 (primärprophylaktische ICD-Implantation am 02. November 2009; Verdacht auf inflammatorische Kardiomyopathie bei aktiver Borrelien- bzw. Rickettsieninfektion) und Untersuchungsunterlagen des Herzzentrums D vom 14. Mai und 03. Juli 2007 beigezogen, ferner eine Kopie der Patientenakte von Dr. C. Das SG hat des Weiteren den Kläger betreffende medizinische Unterlagen vom Landesamt für Soziales und Versorgung und die Rentenakten beigezogen, ferner Befundberichte des Facharztes für Innere Medizin und Rheumatologie Dr. S vom 01. März 2010, der PRAXISKLINIK HERZ UND GEFÄSSE S (Posteingang 22. März 2010) sowie des Facharztes für Allgemeinmedizin K vom 07. März 2012 nebst einem Befundbericht des Facharztes für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie Dr. T vom 30. Mai 2008 („- Bewertung des Borrelien-Befundes – Serologisch Hinweis auf eine länger zurückliegende Borrelien-Infektion, die Befundkonstellation spricht allerdings nicht für eine Erregerpersistenz <entspricht einer „Serumnarbe“>. Die aktuelle Symptomatik wird mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht durch die Borrelien verursacht. Eine antibiotische Therapie der alten Borrelien-Infektion ist aus serologischer Sicht zur Zeit nicht erforderlich.“). Das SG hat ferner Epikrisen vom Klinikum Nvom 31. Mai 2001 und 30. April 2007 eingeholt.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 21. September 2012 abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, im Rahmen der BK 3102 müssten die beruflichen Einwirkungen im Vollbeweis nachgewiesen werden. Eine Übertragung der Rechtsprechung zur BK 3101, wonach hier der Nachweis einer besonderen über das normale Maß hinausgehenden Ansteckungsgefahr ausreiche, sei nicht möglich. Der Wortlaut lasse eine solche Auslegung nicht zu. Hiervon ausgehend sei der Beweis eines Zeckenbisses nicht erbracht worden.
Der Kläger hat gegen das ihm am 29. Oktober 2012 zugestellte Urteil am 29. November 2012 Berufung eingelegt. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung reiche es für die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs zwischen versicherter Tätigkeit und Krankheit aus, dass der Kläger bei der Tätigkeit einer besonderen, über das normale Maß hinausgehenden Erkrankungsgefahr ausgesetzt gewesen sei. Der Nachweis einer bestimmten Infektionsquelle sei daher nicht erforderlich, wenn die Gefahr einer Infektion durch die beruflichen Verhältnisse deutlich größer sei als das Risiko, im privaten Bereich zu erkranken. Das Risiko bemesse sich nach dem Umfang der entsprechenden Tätigkeit.
Der Kläger beantragt (sachdienlich gefasst),
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 21. September 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24. Februar 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 28. Mai 2009 aufzuheben und festzustellen, dass bei ihm die Berufskrankheit nach Nr. 3102 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung in Form einer Borrelieninfektion vorliegt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Zwar sei der Nachweis einer bestimmten Infektionsquelle nicht zu fordern, wenn Versicherte durch ihre berufliche Tätigkeit im Vergleich zur übrigen Bevölkerung einer besonders erhöhten Infektionsgefahr (hier durch Zecken übertragene Borrelienerreger) ausgesetzt gewesen seien. Gleichwohl sei auf den Nachweis des Zeckenbisses als solchen nicht zu verzichten. Der vorliegende Sachverhalt unterscheide sich von dem der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur BK 3102 zugrunde liegenden Fall, in welchem es um eine Toxoplasmose infolge des Verzehrs eines infizierten Tieres gegangen sei. Davon abgesehen habe der Kläger nicht zu einer besonders exponierten Berufsgruppe wie der Wald- und Forstarbeiter gehört. Für diese sei typisch, ausschließlich zu 100 % in Wäldern tätig zu sein, so dass bei einer regelmäßigen Arbeitswoche von fünf Tagen in Vollzeit, mithin bei etwa 40 Wochenstunden im Vergleich zur Normalbevölkerung ein erheblich höheres berufliches Infektionsrisiko bestehe. Dies könne hier nicht angenommen werden, weil nach der Tätigkeitsbeschreibung des Arbeitgebers sich die Tätigkeit des Klägers im angegebenen Gefährdungszeitraum von Juli 1996 bis April 2007 an Gewässern und deren Naturräumen auf lediglich 50 %, bei Vollzeit auf maximal 20 Wochenstunden (zweieinhalb Arbeitstage) erstreckt habe, so dass zwar ein Risiko unbestritten bestanden haben möge, dieses jedoch bezogen auf die Normalbevölkerung nicht signifikant höher anzusehen sei, weil sich ein solches auch an den übrigen viereinhalb Wochentagen im privaten Bereich hätte verwirklichen können. Dies werde letztlich dadurch bestätigt, dass der Kläger selbst eben überhaupt gar keinen Zeckenstich benenne und auch durch den Arbeitgeber aufgrund einer fehlenden Dokumentation (Verbandbuch) ein solcher berufsbedingt vollbeweislich nicht gesichert sei.
Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 27. Januar und 14. Februar 2014 einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen und inhaltlich Bezug genommen.
Der Senat kann in Ausübung des insofern eröffneten richterlichen Ermessens im schriftlichen Verfahren ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben, vgl. § 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Entgegen der wörtlichen Fassung des Klage- und Berufungsantrags ist das Begehren des Klägers nach der gemäß § 123 SGG gebotenen sachdienlichen Auslegung unter Würdigung seines Gesamtvorbringens in der geschehenen Weise dahin zu verstehen, dass es ihm nicht um die Feststellung einer Borreliose, sondern einer (zeckenbissbedingten) Borrelieninfektion als BK 3102 geht. Eine eben so verstandene Feststellungsklage ist gemäß § 55 Abs. 1 Hs. 1 Nr. 3 SGG statthaft (vgl. Bundessozialgericht <BSG>, Urteil vom 28. April 2004 – B 2 U 21/03 R -, zitiert nach juris Rn. 24); hierfür besteht das erforderliche Feststellungsinteresse gemäß § 55 Abs. 1 Hs. 2 SGG. Nach der Systematik des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) sind in den Vorschriften, welche die Voraussetzungen der verschiedenen sozialen Rechte auf Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung regeln (z.B. §§ 27 ff. SGB VII <Heilbehandlung> und §§ 45 ff. SGB VII <Verletztengeld>), nur die spezifischen Voraussetzungen der jeweiligen einzelnen Arten von Leistungsrechten ausgestaltet. Demgegenüber sind die allgemeinen Rechtsvoraussetzungen, die für alle Leistungsrechte des SGB VII gleichermaßen gelten, nämlich die Regelungen über den Versicherungsfall und die ihm zuzurechnenden Unfallfolgen (§§ 7 bis 13 i.V.m. §§ 2 bis 6 SGB VII), vorab und einheitlich ausgestaltet. Ermächtigung und Anspruch betreffen daher auch die Entscheidung über jene Elemente des Anspruchs, die Grundlagen für jede aktuelle oder spätere Anspruchsentstehung gegen denselben Unfallversicherungsträger aufgrund eines bestimmten Versicherungsfalls sind. Zu den abstrakt feststellbaren Anspruchselementen gehört eben auch die Feststellung, ob und welcher Versicherungsfall vorliegt. Ihr kommt eine über den einzelnen Leistungsanspruch hinausgehende rechtliche Bedeutung für den Träger und den Versicherten zu. Denn trotz unterschiedlicher Tatbestandsvoraussetzungen im Übrigen setzen, wie bereits ausgeführt, alle Leistungsansprüche nach den §§ 26 ff. SGB VII als gemeinsame Tatbestandsmerkmale einen Versicherungsfall (i.S.d. §§ 7 bis 13 SGB VII) und durch ihn verursachte Gesundheitsschäden - bis hin zum Tod des Verletzten - voraus und begründen dafür die Verbandszuständigkeit nur eines bestimmten Trägers der Unfallversicherung (vgl. BSG, Urteil vom 05. Juli 2011 – B 2 U 17/10 R – zitiert nach juris, Rn. 12, 17 ff.). Demgegenüber kann die Feststellung einer Borreliose (hier nur im Sinne einer von Zecken übertragbaren Lyme-Borreliose) im Sinne eines von etlichen, auch klinischen Faktoren abhängenden, komplexen Krankheitsbilds (vgl. hierzu Senatsurteil vom 08. September 2011 – L 3 U 259/06 -, zitiert nach juris Rn. 49 ff.) als BK 3102 im vorliegenden Fall schon deshalb nicht Ausdruck einer sachdienlichen Antragstellung sein, weil die Beklagte hierüber noch keine rechtsbehelfsfähige Verwaltungsentscheidung im Sinne eines Verwaltungsakts gemäß § 31 S. 1 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB X) erließ. Vielmehr lehnte sie mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 24. Februar 2009 lediglich die Anerkennung einer beim Kläger bestehenden Borrelieninfektion als BK 3102 ab.
Die so verstandene, zulässige Berufung des Klägers ist begründet.
Das SG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Voraussetzungen für die Anerkennung der BK 3102 liegen nämlich vor.
Als Versicherungsfall gilt nach § 7 Abs. 1 SGB VII auch eine BK. BKen sind die Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet und die ein Versicherter bei einer versicherten Tätigkeit erleidet, § 9 Abs. 1 S. 1 SGB VII. Die versicherten Tätigkeiten ergeben sich aus §§ 2, 4 und 6 SGB VII, wozu nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII vor allem die Beschäftigung gehört. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als BKen zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann BKen auf bestimmte Gefährdungsbereiche beschränken oder mit dem Zwang zur Unterlassung aller gefährdenden Tätigkeiten versehen. Gemäß diesen Vorgaben lassen sich bei einer Listen-BK im Regelfall folgende Tatbestandsmerkmale ableiten, die ggf. bei einzelnen Listen-BKen einer Modifikation bedürfen: Die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität), und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Die Tatbestandsmerkmale „versicherte Tätigkeit“, „Verrichtung“, „Einwirkungen“ und „Krankheit“ müssen im Sinne des Vollbeweises, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit, vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (etwa BSG, Urteil vom 27. Juni 2006 – B 2 U 20/04 R –, zitiert nach juris Rn. 15). Ein Zusammenhang ist hinreichend wahrscheinlich, wenn nach herrschender ärztlich-wissenschaftlicher Lehrmeinung mehr für als gegen ihn spricht und ernste Zweifel an einer anderen Ursache ausscheiden (vgl. BSG, ebd.).
Bei der Infektionskrankheit BK 3102 tritt an die Stelle der Einwirkung die Gefahr einer Infektion mit von Tieren übertragbaren Krankheitserregern. Dabei genügt eine schlichte Infektionsgefahr nicht, vielmehr setzt die BK 3102 gemäß § 9 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 SGB VII eine besonders erhöhte Infektionsgefahr voraus, wobei eine bestimmte Infektionsquelle nicht nachgewiesen sein muss (BSG, Urteil vom 04. Mai 1999 – B 2 U 14/98 R -, zitiert nach juris Rn. 18). Soweit man sich eine von Tier auf Mensch übertragbare Krankheit wie auch im täglichen Leben jederzeit zuziehen kann, ist der ursächliche Zusammenhang besonders sorgfältig zu prüfen. Zwar kann bei dem Nachweis der erhöhten Ansteckungsgefahr in der Regel auch davon ausgegangen werden, dass sich der Versicherte die bei ihm aufgetretene übertragbare Krankheit durch seine besondere berufliche Exposition zugezogen hat. Diese Annahme aufgrund eines typischen Geschehensablaufs kann indes dann nicht gelten, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Erkrankung auch durch Einwirkungen bedingt sein kann, die nicht der versicherten Tätigkeit zuzurechnen sind. In diesem Fall sind wie auch sonst die für und gegen einen Kausalzusammenhang im Sinne des Grundsatzes von der rechtlich wesentlichen Bedingung sprechenden Umstände des Einzelfalles zu prüfen und abzuwägen (BSG, a.a.O., Rn. 20).
Hieran gemessen liegt beim Kläger eine BK 3102 vor.
Zunächst steht außer Frage, dass der Kläger mit seiner Beschäftigung als Verbandstechniker einer nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherten Tätigkeit nachging, mit welcher seine konkreten Verrichtungen im erforderlichen inneren bzw. sachlichen Zusammenhang standen. Sie bestanden nach den plausiblen und von der Beklagten nicht in Frage gestellten Auskünften des Geschäftsführers seines Arbeitgebers (vgl. Arbeitgeberauskunft vom 04. August 2008) zu 50 % der wöchentlichen vollschichtigen Arbeitszeit in der Begehung der Flussbereiche, und zwar von April bis Juni zwecks Leitung und Anweisung vor Ort von Landschaftspflegemaßnahmen, Mäharbeiten an Deichen, Vorländern, Schafhutung an wasserwirtschaftlichen Anlagen sowie von Juni bis Oktober zwecks Leitung und Anweisung von Mähen, Räumen, Reinigen der Wasserläufe und dazugehöriger Böschungsflächen und Gewässerrandstreifen.
Hiervon ausgehend steht auch zur Überzeugung des Senats gemäß § 128 Abs. 1 S. 1 SGG im insofern zu fordernden Maße eines Vollbeweises fest, dass der Kläger einer Einwirkung - hier im Sinne einer besonderen, über das normale Maß hinausgehenden Ansteckungsgefahr mit einer Borrelieninfektion - ausgesetzt war. Hieran sind vernünftige Zweifel ausgeschlossen. Dies beruht auf folgenden Erwägungen:
Bereits aus der vom Geschäftsführer des Gewässerverbands B gefertigten BK-Anzeige vom 20. Juni 2008 und der Arbeitgeberauskunft vom 04. August 2008 ergibt sich eindrucksvoll ein Tätigkeitsbild des Klägers, welches durch eine gegenüber der Normalbevölkerung deutlich erhöhtes Risiko einer Borrelieninfektion gekennzeichnet ist. Danach war der Kläger im Bereich der Gewässerunterhaltung in der Gewässermeisterei S tätig, welche für die Pflege und Beräumung von jährlich ca. 300 km Gräben, Bäche, Flüsse zuständig ist. Vom Kläger selbst bzw. unter seiner Leitung wurden zwei bis drei Tage pro Woche vor Ort folgende Arbeiten durchgeführt: von April bis Juni Landschaftspflegemaßnahmen, Mäharbeiten an Deichen, Vorländern, Schafhutung an wasserwirtschaftlichen Anlagen; von Juni bis Oktober Mähen, Räumen, Reinigen der Wasserläufe und dazugehöriger Böschungsflächen, Gewässerrandstreifen, wobei die typische Vegetation auf diesen Flächen Gebüsch, Unterholz auf großen Flächen mit hohem Gras und Kraut ist. Zweifel an der Richtigkeit dieses späterhin auch vom Kläger gegenüber der Beklagten bestätigten Tätigkeitsbilds (vgl. klägerische Angaben vom 30. Juli 2008) hat der Senat nicht, zumal auch die Beklagte das Tätigkeitsbild als solches nicht in Frage stellt.
Hievon ausgehend bestehen für den Senat nach den weiterführenden Angaben des Geschäftsführers keine durchgreifenden Zweifel, dass der Kläger in engem Kontakt zu Zecken arbeitete. Er war an zwei bis drei Tagen pro Woche über das ganze Jahr hinweg mit dem Begehen der Flächen mit für Zecken typischer Vegetation beschäftigt, und zwar auch in der Zeit von April bis Oktober, in welcher Zecken aktiv sind. Dies hatte in dieser Zeit einen täglichen Kontakt zur typischen Vegetation und damit zu Zecken auf diesen Flächen zur Folge. Die im Hinblick auf eine zeckenbissbedingte Borrelieninfektion bestehende Risikoträchtigkeit der vom Kläger vorgenommenen Verrichtungen wird durch die vom Geschäftsführer näher bezeichneten angeordneten Schutzmaßnahmen belegt, welche darin bestanden bzw. bestehen, dass das Personal – und so auch der Kläger - Schutzkleidung tragen musste, die einen wirksamen Schutz gegen direkten Kontakt mit Oberflächenwasser, Erdreich, Insekten (besonders Zecken) ermöglichte. Dementsprechend waren bzw. sind bei manuellen Krautungs- und Holzungsmaßnahmen im Gestrüpp Kopfbedeckung und eng anliegende Kleidung zum Schutz vor Zeckenstichen zu tragen. Dass nach den weitergehenden Angaben des Geschäftsführers der Kläger sich stets an die festgelegten Schutzmaßnahmen hielt, steht einer gegenüber der Normalbevölkerung deutlich höheren Ansteckungsgefahr nicht entgegen, weil – worauf der Geschäftsführer ebenfalls nachvollziehbar hinweist - ein absolut sicherer Kontaktschutz bei der Ausführung der Arbeiten nicht zu gewährleisten ist. Insgesamt zeigt sich an dem vorstehenden Angaben ein gegenüber der Normalbevölkerung deutlich erhöhtes Infektionsrisiko, zumal der Kläger ab Juli 1996 bis jedenfalls April 2007, mithin durchgehend fast über zwanzig Jahre hinweg der gefährdenden Tätigkeit nachging.
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist nach den oben dargestellten Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung der Nachweis eines konkreten Zeckenbisses nicht erforderlich, wenn das BSG ausführt, dass eine konkrete Infektionsquelle gerade nicht nachgewiesen sein muss (vgl. nochmals BSG, Urteil vom 04. Mai 1999 – B 2 U 14/98 R -, zitiert nach juris Rn. 18). Anders sieht es auch das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 18. Mai 2011 – L 6 U 538/09 – (zitiert nach juris Rn. 44) nicht. Soweit die Beklagte auf ein Urteil des Bayerischen LSG vom 31. Januar 2013 – L 17 U 175/11 – (zitiert nach juris Rn. 25) verweist, ist fraglich, ob der dort erkennende Senat, nachdem er zunächst für die BK 3102 ausdrücklich auf eine „besonders erhöhte Infektionsgefahr“ abstellt (ebd. Rn. 20), mit seiner Formulierung „Ein konkretes Infektionsereignis ist ohnehin nicht belegt.“ nun doch mit einer tragenden Erwägung von der vorgenannten höchstrichterlichen Rechtsprechung abweichen will oder nicht. Der nun hier im vorliegenden Fall erkennende Senat schließt sich einer solchen Sichtweise jedenfalls nicht an. Anderenfalls liefe die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung offensichtlich bezweckte Vermeidung von kaum überwindbaren Beweisschwierigkeiten bei der Feststellung der BK 3102 ins Leere, zumal häufig unbemerkte Zeckenstiche zur Infektion führen (vgl. Deutsche Gesellschaft für Neurologie, Leitlinien zur Neuroborreliose, Abschnitt Klinische Manifestation, Unterabschnitt Überblick, abrufbar bei www.dgn.org).
Auch führt der Hinweis der Beklagten, der Kläger sei nur zur Hälfte seiner Wochenarbeitszeit einem Zeckenbissrisiko ausgesetzt gewesen, zu keinen vernünftigen Zweifeln daran, dass er gegenüber der Normalbevölkerung einem deutlich höheren Infektionsrisiko ausgesetzt war. Unstreitig ist, dass der Kläger bei seiner Tätigkeit in Naturräumen - auch die Beklagte trägt zuletzt vor, dass ein Risiko unbestritten bestand – einem erhöhten Zeckenbissrisiko ausgesetzt war. Dies ist aber gegenüber der Normbevölkerung auch insoweit signifikant erhöht, als der Kläger zumindest durchschnittlich 20 Stunden pro Woche im Außenbereich tätig war. Der Hinweis der Beklagten, dass das Risiko sich an den übrigen viereinhalb Wochentagen im privaten Bereich hätte verwirklichen können, verfängt nicht. Vielmehr ist der Senat davon überzeugt, dass auch eine Exposition gegen Zeckenstiche ein gegenüber der Normalbevölkerung deutlich erhöhtes Borrelieninfektionsrisiko mit sich bringt, wenn sie – wie hier beim Kläger - nur über die Hälfte der regelmäßigen vollschichtigen, wöchentlichen Arbeitszeit besteht.
Ferner ist eine Krankheit in Gestalt der Borrelieninfektion, abgesehen davon, dass die Beklagte das Vorliegen einer solche auch nicht bestreitet, im Vollbeweis gesichert.
Der Begriff der Krankheit im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung ist ausgehend vom Schutzzweck der Unfallversicherung weit auszulegen und entspricht in etwa dem medizinischen Krankheitsbegriff. Danach ist unter Krankheit ein regelwidriger Körper- und Geisteszustand zu verstehen. Regelwidrig ist ein Körperzustand, der von der Norm abweicht, die dem Leitbild des gesunden Menschen entspricht. Der regelwidrige Körper- oder Geisteszustand setzt weder Arbeitsunfähigkeit noch Behandlungsbedürftigkeit noch eine rentenberechtigende Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) voraus. Für die Annahme einer Erkrankung reicht jedoch die Aufnahme einer schädigenden Substanz in den Körper (Inkorporation) noch nicht aus. Vielmehr ist es notwendig, dass diese Aufnahme zu negativen körperlichen Reaktionen mit Krankheitswert führt (vgl. Römer, in: Hauck, Sozialgesetzbuch SGB VII – Kommentar, Stand März 2013, K § 9 Rn. 27b). Dementsprechend ist etwa auch eine bloße HIV-Infektion bereits eine als BK anzuerkennende Erkrankung (vgl. BSG, Urteil vom 18. November 1997 – 2 RU 15/97 -, zitiert nach juris Rn. 19).
Dies zugrunde gelegt bestehen für den Senat keine Zweifel, dass mit der beim Kläger festgestellten Borrelieninfektion (bereits) eine feststellungsfähige Erkrankung vorliegt. Der Nachweis von entsprechenden Antikörpern, d.h. Proteinen (Eiweißen) aus der Klasse der Globuline, die der menschliche Organismus als Reaktion auf bestimmte Stoffe bildet und im Dienste des Immunsystems stehen (vgl. etwa Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 265. Auflage 2014, Stichwort Antikörper), reicht für den Befund eines regelwidrigen körperlichen Zustands im Sinne einer negativen körperlichen Reaktion aus, welche etwa zu einer Lyme-Borreliose führen kann (vgl. Merkblatt zur BK 3102 für die ärztliche Untersuchung <Bek. des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziales – BMGS - vom 01. September 2003, BArbBl 10/ 2003, S. 26 f.>, abgedruckt bei Mehrtens/ Brandenburg, Die BKV – Kommentar, Stand Oktober 2013). Hierfür kann auf die serologischen Untersuchungsergebnisse verwiesen werden, vgl. Serumbefund vom 22./ 24. August 2007 („Interpretation: Nachweis spezifischer Borrelien-Antikörper mit breitem Bandenmuster im IgG vereinbar mit einer chronischen Borreliose <bei klinisch später Manifestation>“), Befundbericht von Prof. Dr. Wet al. vom 15./19. Mai 2008 („Bewertung: Serologie vereinbar mit einer aktiven Borrelieninfektion im fortgeschrittenen Stadium“), Befundbericht des Facharztes für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie Dr. T vom 30. Mai 2008 („Bewertung des Borrelien-Befundes – Serologisch Hinweis auf eine länger zurückliegende Borrelien-Infektion“). Ob und gegebenenfalls in welchem (rentenberechtigenden) Maße beim Kläger (bereits) das Vollbild etwa einer Lyme-Borreliose vorliegt, muss im vorliegenden Anerkennungsverfahren nicht geklärt werden.
Soweit hiernach die Tatbestandsmerkmale „versicherte Tätigkeit“, „Verrichtung“, „Einwirkung“ und „Krankheit“ im Vollbeweis gesichert sind, hat der Senat auch keine Zweifel daran, dass die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge im Sinne einer hinreichenden Verursachungswahrscheinlichkeit vorliegen. Insbesondere bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Erkrankung hier auch durch Einwirkungen bedingt sein kann, die nicht der versicherten Tätigkeit zuzurechnen sind. Vielmehr hält es der Senat im Hinblick auf die haftungsbegründende Kausalität für hinreichend wahrscheinlich, dass die Erkrankung des Klägers gerade durch seine berufliche Einwirkung verursacht wurde, zumal sie jedenfalls mit dem nötigen zeitlichen Bezug zu seiner gefahrbringenden beruflichen Tätigkeit serologisch nachgewiesen wurde (vgl. auch hier Befunde vom 22./27. August 2007, 15./19. Mai und 30. Mai 2008), nachdem der Kläger laut der vom Arbeitgeber im Verwaltungsverfahren vorgelegten Übersicht über seine Arbeitsunfähigkeitszeiten zumindest bis zum 23. April 2007 nur mit kürzeren Arbeitsunterbrechungen langjährig im gefahrbringenden Bereich gearbeitet hatte. Auch wenn die Borrelieninfektion erstmals nach Aufgabe der gefahrbringenden Tätigkeit nachgewiesen und erst später mit weiteren Befunden bestätigt wurde, steht dies der Kausalität nach den vorgenannten Maßstäben nicht entgegen. Denn die Serumbefunde wurden von den Fachärzten dahingehend interpretiert, dass es sich um eine Serumnarbe handelt, von welcher auf eine bereits länger zurückliegende Infektion zu schließen war (vgl. Befunde vom 22./ 27. August 2007 und 30. Mai 2008), bzw. um eine Serologie, welche mit einer aktiven Borrelieninfektion im fortgeschrittenen Stadium vereinbar ist (vgl. Befund vom 15./ 19. Mai 2008). Schließlich ging auch die Gewerbeärztin in ihrer Stellungnahme vom 27. Oktober 2008 angesichts der vorliegenden Befunde (sogar schon) von einer Borreliose Stadium III aus, welche überhaupt erst nach Monaten bis Jahren eintritt (vgl. nochmals Deutsche Gesellschaft für Neurologie, Leitlinien zur Neuroborreliose, Abschnitt Klinische Manifestation, Unterabschnitt Überblick, abrufbar bei www.dgn.org).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Die Revision ist mangels Revisionzulassungsgrunds i.S.v. § 160 Abs. 2 SGG nicht zuzulassen.