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Entscheidung 2 U 18/09


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 2. Zivilsenat Entscheidungsdatum 18.05.2010
Aktenzeichen 2 U 18/09 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 5. Juni 2009 verkündete Urteil des Landgerichts Cottbus, Az.: 3 O 213/08, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt Schadenersatz aus Amtspflichtverletzung wegen einer Veröffentlichung der Beklagten in ihrem Amtsblatt. Die Beklagte hatte mit dem „Rahmenvertrag über die Durchführung von kommunalen Dienstleistungen“ vom 26.11.1999 die C… GmbH u. a. mit der Erbringung aller Leistungen gemäß der Abfallentsorgungssatzung, Straßenreinigungssatzung und Abwassersatzung der Stadt … beauftragt. Auf der Grundlage dieses Rahmenvertrages schloss die C… GmbH am 01.06.2001 einen Subunternehmervertrag mit dem Kläger über die Entsorgung von Fäkalien aus Kleinkläranlagen und abflusslosen Sammelgruben. § 8 dieses Vertrages enthält unter der Überschrift Vertragsdauer folgende Bestimmung: „Die Laufzeit des Vertrages beträgt ein Jahr.“ Ebenfalls unter dem 01.06.2001 datiert ein Schreiben der C… GmbH an den Prozessbevollmächtigten des Klägers in dem es heißt: „§ 8.2: Eine Regelung der Vertragslaufzeit kann aus unserer Sicht nicht entfallen. Wir sichern aber zu, eine Bindung an unsere Vertragslaufzeit mit unserem AG zu realisieren.“ Weiter heißt es dort: „Wir würden Ihnen anfangs der 23. KW ein überarbeitetes Vertragsangebot übergeben und möchten gleichzeitig unser Interesse an einer schnellen und einvernehmlichen Lösung bekunden.“

Die Beklagte war zur 100 % an der C… GmbH beteiligt, zwischenzeitlich hat sie ihre Beteiligung an die Firma A… veräußert. Mit Schreiben vom 13.06.2005 kündigte die C… GmbH den Subunternehmervertrag mit dem Kläger zum 31.12.2005. Eine weitere Kündigung zum 31.05.2006 erfolgte mit Schreiben vom 18.04.2006. Mit Schreiben vom 09.05.2006, gerichtet an den Prozessbevollmächtigten der C… GmbH, wies der Kläger die Kündigung zurück. Am 3. Juni 2006 veröffentlichte die Beklagte in ihrem Amtsblatt folgende Mitteilung: „Ab dem 01.06.2006 wird die mobile Entsorgung im Gebiet der Stadt … …. ausschließlich durch die A… … GmbH durchgeführt. Die Leistungsverträge mit den Subunternehmen E… H… Containerdienst… laufen zum 31.05.2006 aus.“ Mit Verfügung vom 13.12.2006 untersagte die Beklagte dem Kläger jedwede weitere Entsorgungstätigkeit. Seit dem 01.01.2008 führt der Kläger auf der Grundlage eines neuen Subunternehmervertrags mit der A… … GmbH wieder Entsorgungstätigkeiten im Stadtgebiet der Beklagten durch.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, sein Vertrag sei nicht kündbar gewesen, da er auf unbestimmte Zeit geschlossen worden sei. Die demnach wahrheitswidrige Bekanntmachung im Amtsblatt habe dazu geführt, dass 177 Kunden nicht mehr bei ihm hätten entsorgen lassen. Ihm sei daher im Zeitraum Juni 2006 bis Ende 2007 ein Ausfallschaden in Höhe von 47.239,11 € entstanden.

Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es angeführt, ein Amtshaftungsanspruch scheitere am Haftungsausschlussgrund gem. § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB, da dem Kläger ein Schadenersatzanspruch gegenüber der C… GmbH zustehe. Diese habe nämlich ihre gegenüber dem Kläger bestehenden vertraglichen Pflichten entweder dadurch verletzt, dass sie der Beklagten mitgeteilt habe, der Subunternehmervertrag sei wirksam gekündigt worden oder dadurch, dass sie es unterlassen habe, die Kunden weiterhin an den Kläger zu verweisen bzw. auf eine berichtigende Veröffentlichung hinzuwirken. Die Beklagte treffe allenfalls der Vorwurf einer fahrlässigen Amtspflichtverletzung; Anhaltspunkte für eine vorsätzliche Handlung seien seitens des Klägers nicht vorgetragen worden. Von einer jedenfalls fahrlässig begangenen Amtspflichtverletzung sei indes auszugehen. Aus den schriftlichen Vertragsunterlagen des Subunternehmervertrages ergäbe sich nämlich, dass die C… GmbH sich gegenüber dem Kläger dazu verpflichtet habe, von einem ordentlichen Kündigungsrecht des im Übrigen unbefristet abgeschlossenen Vertrages nur Gebrauch zu machen, wenn eine vertragliche Bindung wegen der an den Kläger weiter übertragenen Entsorgungsleistungen zwischen ihr und der Beklagten nicht mehr bestehen würde. Auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils wird verwiesen.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers zur deren Begründung er anführt, es sei von einem vorsätzlichen Handeln der Beklagten auszugehen. Es müsse nämlich unterstellt werden, dass die Beklagte Kenntnis von dem Vertrag aus dem Jahre 2001 gehabt habe. Außerdem sei der Beklagten bereits nach der ersten Kündigung bekannt gewesen, dass es zumindest rechtliche Aspekte gebe, die eine Kündigung streitig erscheinen lassen können.

Der Kläger beantragt,

1. unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 47.239,11 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 37.420,- € seit dem 29.09.2007 und aus weiteren 9.818,56 € seit dem 26.09.2008 zu zahlen,
2. an ihn weitere 618,- € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26.09.2008 zu zahlen,
3. die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung von 1.419,19 € zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, die Berufung sei bereits unzulässig, da es an einer ausreichenden Auseinandersetzung mit dem landgerichtlichen Urteil fehle. Zudem rügt sie, dass das Landgericht den relevanten Tatsachenvortrag allein dem Verfahren 3 O 213/08 entnommen habe. Im Übrigen wiederholt und vertieft sie ihren erstinstanzlichen Vortrag.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

1. Die Berufung ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht (§§ 517, 519 ZPO) eingelegt und auch ordnungsgemäß begründet (§ 520 ZPO) worden. Eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung erfordert, dass sich der Berufungsführer in ausreichender Weise mit einem der in § 520 Abs. 3 Nr. 2 - 4 ZPO genannten Berufungsgründe auseinandersetzt. Von der Begründung ist zu verlangen, dass sie auf den zur Entscheidung stehenden Streitfall zugeschnitten ist und erkennen lässt, aus welchen tatsächlichen oder rechtlichen Gründen das angefochtene Urteil unrichtig ist. Formularmäßige Sätze und allgemeine Redewendungen genügen nicht, ebenso wenig Textbausteine und Schriftsätze aus anderen Verfahren. Werden nur die erstinstanzlichen Rechtsausführungen angegriffen, dann muss die eigene Rechtsansicht dargelegt werden; es reicht nicht aus, die Auffassung des Erstrichters als falsch oder die Anwendung einer bestimmten Vorschrift als irrig zu rügen (vgl. Zöller/Heßler, 28. Auflage, § 520, Rdnr. 35). Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist die Berufungsbegründung als ausreichend anzusehen, denn sie setzt sich mit nicht nur formelhafter Begründung mit dem von dem Landgericht verneinten Vorsatz der Beklagten auseinander. Allein dass die Ausführungen in der Berufungsbegründung rechtlich oder tatsächlich neben der Sache liegen, oder wie vorliegend weitgehend unsubstantiiert sind, macht die Berufung nicht unzulässig (vgl. Zöller, a. a. O., Rdnr. 34).

2. In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der Senat sieht auf der Grundlage des von dem Landgericht festgestellten Sachverhalts bereits keine schuldhafte Amtspflichtverletzung der Beklagten, sodass es auf die Frage einer - von dem Landgericht zu Recht bejahten - anderweitigen Ersatzmöglichkeit im Ergebnis nicht ankommt.

a) Der Senat legt gem. § 529 ZPO seiner Entscheidung die von dem Landgericht festgestellten Tatsachen zu Grunde. Die Rüge der Beklagten, das Landgericht habe den Sachverhalt zu Unrecht aus dem Verfahren des Landgerichts Cottbus zum Az. 2 O 203/06 entnommen, gebietet keine erneute Tatsachenfeststellung durch das Berufungsgericht. Zwar begegnet die Verwertung des klägerischen Vortrags aus dem Parallelverfahren, an dem die Beklagte nicht beteiligt war, auch nach Auffassung des Senats Bedenken. Denn weder hat der Kläger auf seinen Vortrag in dem Parallelverfahren Bezug genommen noch hat das Landgericht die Akte ausdrücklich zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht. Indes wirkt sich die fehlerhaft erfolgte Tatsachenermittlung vorliegend nicht aus, da von keiner der Parteien Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen im Sinne von § 529 ZPO vorgebracht wurden.

b) Dem Kläger steht gegen die beklagte Stadt kein Amtshaftungsanspruch aus § 839 Abs. 1 BGB i. V. m. Art. 34 GG zu. Die Beklagte hat mit ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt keine Amtspflicht verletzt. Im Ausgangspunkt zutreffend geht das Landgericht davon aus, dass in einer unzutreffenden öffentlichen Bekanntmachung eine Amtspflichtverletzung liegen kann. Entsprechend den für amtliche Auskünfte geltenden Maßstäben (vgl. Palandt/Sprau, 69. Auflage, § 839, Rdnr. 41) muss bei einer öffentlichen Bekanntmachung erst recht gelten, dass diese richtig, klar, unmissverständlich und vollständig zu sein hat. Vorliegend fehlt es jedoch bereits an der Wahrheitswidrigkeit der Bekanntmachung und damit objektiv am Vorliegen einer Amtspflichtverletzung, jedenfalls aber an einem Verschulden der Beklagten.

Die Bekanntmachung der Beklagten, dass der Leistungsvertrag mit dem Kläger zum 31.05.2006 auslaufe, war zutreffend, denn der Vertrag war durch die Kündigung der C… GmbH zum 31.05.2006 wirksam beendet worden. Soweit das Landgericht den Subunternehmervertrag als einen unbefristeten Vertrag ausgelegt hat, der nicht ordentlich kündbar gewesen sei, folgt der Senat dem nicht. Der Vertrag hat, was seine Laufzeit anbelangt, bereits keinen auslegungsfähigen Inhalt, denn er enthält in Ziff. 8 eine klare und eindeutige Regelung dahin, dass die Laufzeit des Vertrages ein Jahr beträgt. Eine Verlängerungsoption sieht der Vertrag nicht vor, sodass der Vertrag nach Ablauf eines Jahres automatisch endet. Der Umstand, dass die Parteien die vertraglichen Leistungen auch nach Ablauf der Befristung einvernehmlich weiter erbracht haben, begründet kein unbefristetes Vertragsverhältnis. Ein übereinstimmender Wille beider Parteien, den ursprünglich befristeten Vertrag als einen unbefristeten Vertrag fortzuführen, lässt sich nicht feststellen. Die Begleitumstände des Vertragsschlusses sprechen vielmehr ausdrücklich gegen einen solchen Willen der C… GmbH. Dies folgt aus ihrem Schreiben vom 01.06.2006, mit welchem sie sich zu dem von dem Kläger an sie herangetragenen Wunsch nach Abschluss eines unbefristeten Vertrags äußerte. Mit dem Satz „eine Regelung zur Vertragslaufzeit kann aus unserer Sicht nicht entfallen“, wird unmissverständlich klargestellt, dass der Abschluss eines unbefristeten Vertrages aus Sicht der C… GmbH nicht in Betracht kommt. Dem Interesse des Klägers an einer längerfristigen vertraglichen Bindung hat die C… GmbH dadurch Rechnung getragen, dass sie ihm zusicherte, eine Bindung an ihre Vertragslaufzeit mit der Stadt … zu realisieren. Damit wird jedoch nicht, wie der Kläger meint, die Regelung in § 8.2 zur Vertragslaufzeit dahin modifiziert, dass der Vertrag als unbefristet gelten soll, sondern es wird dem Kläger seitens der C… GmbH lediglich zugesichert, dass sie von ihrem nach dem Vertrag bestehenden Kündigungsrecht keinen Gebrauch machen wird, solange ihr Rahmenvertrag mit der Beklagten fortbesteht. Das ordentliche Kündigungsrecht der C… GmbH blieb damit grundsätzlich bestehen, wobei seine Ausübung entgegen der Zusicherung unter Umständen eine Schadenersatzpflicht der C… GmbH begründen kann.

Selbst wenn man der Auslegung des Landgerichts folgen wollte, wonach aufgrund des Schreibens vom 01.06.2001 ein unbefristetes Vertragsverhältnis begründet wurde, so fehlt es jedenfalls an einem Verschulden der Beklagten. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte zum Zeitpunkt der Veröffentlichung im Amtsblatt Kenntnis von diesem Schreiben hatte, liegen nicht vor und sind von dem Kläger auch nicht substantiiert dargetan. Die Behauptung des Klägers, die Beklagte habe, da sie zu 100 % an der C… GmbH beteiligt gewesen sei, von allen vertraglichen Abreden Kenntnis gehabt, ist nicht ausreichend, eine positive Kenntnis der Beklagten von dem Schreiben vom 01.06.2001 zu begründen. Auch eine vollumfängliche Beteiligung der Beklagten an der C… GmbH ändert nichts an der Tatsache, dass es sich um von einander unabhängige Rechtspersönlichkeiten handelt, sodass eine Wissenszurechnung nicht in Betracht kommt.

Die Beklagte hatte auch sonst keinen Anlass an der Wirksamkeit der Kündigung zu zweifeln. Dass ihr die Schreiben vom 09.05. und 29.05.2006 (Anlage K 9 und K 10), mit denen der Kläger der Kündigung widersprochen hat, bekannt waren, ist weder ersichtlich noch von dem Kläger substantiiert dargetan. Einer weitergehenden Aufklärung dieser Frage bedurfte es nicht, da - wie ausgeführt - der Widerspruch des Klägers gegen die Kündigung ohnehin unberechtigt war. Der Kläger kann in diesem Zusammenhang auch nicht mit dem Einwand durchdringen, die Beklagte sei auch zu einer wahrheitsgemäßen Bekanntmachung nicht berechtigt gewesen, da sie sich hierdurch hoheitlich in das Rechtsverhältnis zwischen zwei privaten Vertragsparteien eingemischt hätte. Aufgrund des bestehenden Anschluss- und Benutzungszwangs sowie des Umstandes, dass Entsorgungsaufträge der Bürger direkt an den Kläger vergeben wurden, bestand für die beklagte Stadt durchaus die Notwendigkeit, die Bevölkerung über das Auslaufen des Vertragsverhältnisses zu informieren.

Schließlich würde ein etwaiger Anspruch - wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat - auch an einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit scheitern, § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die Feststellung des Landgerichts, dass eine solche gegenüber der C… GmbH besteht, greift die Berufung nicht an.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 ZPO nicht vorliegen. Grundsätzliche Bedeutung kommt der Rechtssache nicht zu. Auch ist die Zulassung nicht zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Die Entscheidung beruht allein auf der Würdigung der Umstände des Einzelfalles.