Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 9. Senat | Entscheidungsdatum | 26.11.2014 | |
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Aktenzeichen | OVG 9 B 60.11 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 2 Abs 3 S 2 SGB 10, § 111 S 1 SGB 10, § 111 S 2 SGB 10, § 113 Abs 1 S 1 SGB 10, Art 1 Nr 2 FunktRefG BB 2, Art 4 S 3 Nr 1 FunktRefG BB 2, § 288 Abs 1 S 2 BGB, § 291 S 1 BGB |
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 18. November 2008 geändert. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger die für den Hilfeempfänger in der Zeit vom 1. Januar 1996 bis zum 31. Juli 2001 aufgewendeten Sozialhilfekosten in Höhe von 212.706,53 Euro zu erstatten und auf diesen Betrag Prozesszinsen wie folgt zu zahlen:
- in Höhe von 4 % ab dem 11. August 2003 auf 164.065,26 Euro und ab dem 28. Januar 2004 auf weitere 11.014,89 Euro sowie
- in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz ab dem 28. Januar 2004 auf weitere 37.626,38 Euro.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der klagende Landschaftsverband aus dem Land Nordrhein-Westfalen begehrt von dem beklagten Landkreis im Land Brandenburg die Erstattung von Sozialhilfekosten, die er von Anfang 1996 bis Ende Juli 2001 aufgewendet hat, nebst Prozesszinsen.
Der Hilfeempfänger wurde a... 1946 geboren. Er lebte zunächst in Lu... im Gebiet des späteren Landkreises Teltow-Fläming in Brandenburg. Am 1. Dezember 1965 wurde er in den von Bodelschwinghschen Anstalten in Be... in Nordrhein-Westfalen aufgenommen. Dort wurde festgestellt, dass er an einem Gehirnleiden litt, das zu häufigen und schweren Krampfanfällen und psychomotorischen Anfällen führte, und wegen der Art seiner Erkrankung die Aufnahme in eine Heilanstalt notwendig sei. Ab der Aufnahme des Hilfeempfängers leistete der Kläger für ihn Sozialhilfe, seit dem 22. Juni 1972 in Form von Eingliederungshilfe gemäß § 39 BSHG. Mit Bescheid vom 5. Mai 1986, bestätigt in einer Verfügung vom 15. November 1988, gewährte der Kläger dem Hilfeempfänger Hilfe zur Ausübung einer angemessenen Beschäftigung gemäß § 40 Abs. 2 BSHG. Am 5. August 1998 wurde der Hilfeempfänger in das Heim „Sa...“ in Sa..., Landkreis Teltow-Fläming, aufgenommen. Mit Bescheid vom 20. August 1998, bestätigt durch Verfügung vom 11. Mai 2001, gewährte der Kläger ihm weiterhin Eingliederungshilfe, nunmehr gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 8 BSHG (Hilfe zur Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft).
Mit Schreiben vom 15. April 1994 begehrte der Kläger vom Landesamt für Soziales und Versorgung in Cottbus nach § 103 BSHG bzw. § 2 Abs. 3 Satz 2 SGB X die Erstattung der entstandenen bzw. entstehenden Sozialhilfeaufwendungen, die seit dem 1. Januar 1991 – dem Datum des Inkrafttretens des BSHG in den neuen Bundesländern – für die Betreuung des Hilfeempfängers „im Rahmen des § 39 BSHG“ in den von Bodelschwinghschen Anstalten angefallen seien. Für die Leistungen ab 27. Juni 1993 ergebe sich die Erstattung aus § 2 Abs. 3 Satz 2 SGB X, weil die örtliche Zuständigkeit gewechselt habe. Da das Landesamt nach § 97 Abs. 2 BSHG n.F. seit dem 27. Juni 1993 für die Hilfegewährung örtlich zuständig sei, möge es außerdem den Hilfefall ab dem nächstmöglichen Zeitpunkt in seine eigene Zuständigkeit übernehmen.
Unter dem 29. April 1994 lehnte das Landesamt die Kostenerstattung zunächst ab. Der Erstattungsanspruch erfasse nicht sog. Altfälle, in denen die Heimaufnahme und der vorherige gewöhnliche Aufenthalt in die Zeit vor dem 1. Januar 1991 fielen. Deshalb lehne das Landesamt es auch ab, nach § 97 Abs. 2 BSHG n.F. die Hilfe direkt zu übernehmen. Auf Nachfrage des Klägers verzichtete das Landesamt unter dem 9. September 1994 im Hinblick auf anhängige Musterverfahren auf die Einrede der Verjährung.
Zum 1. Januar 1996 wechselte im Land Brandenburg für Aufgaben nach § 100 Abs. 1 Nr. 1 BSHG (Eingliederungshilfe für Behinderte in Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen und Einrichtungen zur teilstationären Betreuung) die sachliche Zuständigkeit vom Land auf die Landkreise und kreisfreien Städte (§ 2 Abs. 2 AG–BSHG in der Fassung von Art. 1 Nr. 2, Art. 4 Satz 3 Nr. 1 des Zweiten Funktionalreformgesetzes – 2. BbgFRG – vom 13. Juli 1994, GVBl. I S. 382).
Mit Urteilen vom 18. Mai 2000 entschied das Bundesverwaltungsgericht in den Musterverfahren, dass für Erstattungsansprüche von Sozialhilfeträgern der alten gegen Sozialhilfeträger der neuen Bundesländer auch auf einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich der neuen Bundesländer zurückgegriffen werden könne, der vor dem 1. Januar 1991 begründet worden sei (Urteil vom 18. Mai 2000 – BVerwG 5 C 27.99 –, juris, Rdnr. 17 – 19).
Mit Schreiben vom 7. November 2001 übermittelte der Kläger dem Landesamt eine Kopie seines Aktenvorgangs und bat darum, nunmehr über seinen Erstattungsanspruch zu entscheiden und den Hilfefall ab dem nächstmöglichen Zeitpunkt in die eigene Bearbeitung zu übernehmen. Sollte bis zum 30. November 2001 kein Anerkenntnis vorliegen, werde er seinen Erstattungsanspruch im Klageweg durchsetzen.
Mit Schreiben vom 18. Februar 2002 und vom 28. Februar 2002 lehnte das Landesamt die Kostenerstattung für die Zeit bis 21. April 1994 ab, weil der Kläger seinen Anspruch nicht rechtzeitig geltend gemacht habe, nämlich nicht spätestens 12 Monate nach Ablauf des letzten Tages, für den die Leistung erbracht wurde, §§ 111, 120 Abs. 2 SGB X. Für den anschließenden Zeitraum vom 22. April 1994 bis zum 31. Dezember 1995 erkannte das Landesamt den Erstattungsanspruch des Klägers nunmehr an. Für die Zeit danach (ab 1. Januar 1996) lehnte es die Kostenerstattung wiederum ab, weil mit Wirkung vom 1. Januar 1996 die sachliche Zuständigkeit im Land Brandenburg auf die örtlichen Sozialhilfeträger – hier: den beklagten Landkreis – gewechselt habe. Damit habe der Erstattungsanspruch gegen das Land geendet und sei auch die Übernahme des laufenden Hilfefalles durch das Landesamt abzulehnen.
Mit Schreiben vom 31. Juli 2002 wandte sich der Kläger an den beklagten Landkreis. Unter Hinweis auf die höchstrichterliche Rechtsprechung zu den sog. Alt-Fällen, das Anerkenntnis des Landesamtes und die Zuständigkeit des beklagten Landkreises ab dem 1. Januar 1996 für Aufgaben der Eingliederungshilfe bat er den Landkreis, den Erstattungsanspruch für die Zeit ab 1. Januar 1996 anzuerkennen und mitzuteilen, ab wann er die Hilfegewährung in eigener Zuständigkeit übernehme.
Mit Schreiben vom 6. September 2002 erkannte der beklagte Landkreis den Erstattungsanspruch des Klägers für den Zeitraum ab 1. Januar 2000 dem Grunde nach an und erklärte sich zur Übernahme des Hilfefalles bereit. Eine Entscheidung über den Erstattungsanspruch für den Zeitraum 1. Januar 1996 bis 31. Dezember 1999 traf er nicht, sondern stellte sie wegen laufender Verhandlungen der überörtlichen Sozialhilfeträger und ausstehender Gerichtsentscheidungen zurück. Mit einem weiteren Schreiben vom 18. Oktober 2002 verwies der Landkreis hinsichtlich der noch offenen Entscheidung über den Erstattungsanspruch für 1996 bis 1999 auf ein noch ausstehendes Einvernehmen mit dem Landessozialamt in Cottbus. Auf Nachfrage des Klägers lehnte der Landkreis am 6. November 2002 per Fax ab, auf die Einrede der Verjährung zu verzichten.
Mit seiner am 18. Dezember 2002 beim Verwaltungsgericht Cottbus eingegangenen Klage hat der Kläger gegen den beklagten Landkreis sein Begehren der Kostenerstattung für den zu diesem Zeitpunkt noch streitigen Zeitraum (1. Januar 1996 bis 31. Dezember 1999) weiterverfolgt. Das Verwaltungsgericht Cottbus hat die Sache an das Verwaltungsgericht Potsdam verwiesen.
Danach nahm der beklagte Landkreis in einem unmittelbar an den Kläger gerichteten Schreiben vom 10. November 2003 seine Anerkennung des Erstattungsanspruchs für die Zeit ab 1. Januar 2000 bis 31. Juli 2001 zurück, weil sie rechtsirrtümlich erfolgt sei. Nunmehr erkannte er den Erstattungsanspruch des Klägers nur noch für die Zeit ab 1. August 2001 an.
Daraufhin hat der Kläger seine Klage um die Erstattung seiner Sozialhilfekosten für den Zeitraum 1. Januar 2000 bis 31. Juli 2001 erweitert. Für den Zeitraum 1. Januar 1996 bis 31. Juli 2001 hat er von da an einen Erstattungsanspruch in Höhe von insgesamt 212.706,53 Euro geltend gemacht, den er im Einzelnen wie folgt beziffert hat:
Schriftsatz vom | Eingang | Betrag | Erstattungszeitraum |
07.08.2003 | 11.08.2003 | 164.065,26 EUR | 01.01.1996 – 31.12.1999 |
22.01.2004 | 28.01.2004 | 48.641,27 EUR | 01.01.2000 – 31.07.2001 |
Mit Urteil vom 18. November 2008 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen; dem Anspruch stehe die Ausschlussfrist des § 111 SGB X entgegen, weil mit dem Zuständigkeitswechsel vom Land auf den Landkreis eine „neue Schuld“ des beklagten Landkreises entstanden sei und der Kläger den Anspruch gegenüber dem Landkreis erst nach Ablauf der gesetzlichen Jahresfrist geltend gemacht habe.
Mit der vom Senat zugelassenen Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren weiter (Erstattung für 1996 bis Ende Juli 2001 nebst Prozesszinsen). Zur Begründung führt er insbesondere aus, er habe seinen Anspruch auch hinsichtlich des noch streitigen Zeitraums vom 1. Januar 1996 bis zum 31. Juli 2001 nach § 111 SGB X ordnungsgemäß und fristgerecht angemeldet. Das Geltendmachen des Anspruchs beim Landesamt durch das Schreiben vom 15. April 1994 wirke auch gegenüber dem beklagten Landkreis.
Der Kläger beantragt
unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger die für den Hilfeempfänger in der Zeit vom 1. Januar 1996 bis zum 31. Juli 2001 aufgewendeten Sozialhilfekosten in Höhe von 212.706,53 Euro zu erstatten zuzüglich 4 % Zinsen auf 175.080,15 Euro ab Rechtshängigkeit und 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz auf einen Betrag von 37.626,38 Euro ab Rechtshängigkeit.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das Verwaltungsgericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass dem Erstattungsanspruch die Ausschlussfrist des § 111 SGB X entgegenstehe. Darüber hinaus sei der Erstattungsanspruch für die Jahre 1996 und 1997 auch verjährt, weil der Kläger erst am 18. Dezember 2002 Klage erhoben habe. Schließlich habe der Kläger auch keinen Anspruch auf Prozesszinsen, nachdem das Bundessozialgericht in einem Verfahren des Landkreises einen solchen Anspruch verneint habe (Urteil vom 2. Februar 2010 – B 8 SO 22/08 R –, juris). Außerdem beruft sich der beklagte Landkreis auf den ergänzenden Vortrag der im parallelen Berufungsverfahren – OVG 9 B 59.11 – beklagten Stadt in deren Schriftsatz vom 17. April 2013.
Nach der mündlichen Verhandlung vom 27. Februar 2013 haben sich die Beteiligten übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne weitere mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Streitakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Der Senat kann entsprechend § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) im Einverständnis der Beteiligten ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden.
Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen.
1. Der Kläger hat gegen den beklagte Landkreis einen Anspruch aus § 2 Abs. 3 Satz 2 SGB X auf Erstattung seiner Sozialhilfeaufwendungen in Höhe von 212.706,53 Euro für die Zeit vom 1. Januar 1996 bis zum 31. Juli 2001.
a) Der Erstattungsanspruch des Klägers ist gemäß § 2 Abs. 3 Satz 2 SGB X entstanden. Nach dieser Vorschrift hat bei einem Wechsel der örtlichen Zuständigkeit die nunmehr zuständige Behörde der bisher zuständigen Behörde die nach dem Zuständigkeitswechsel noch erbrachten Leistungen auf Anforderung zu erstatten. Das für solche Fälle früher (vor dem 1. Januar 1994) der Erstattungsanspruch aus § 103 Abs. 1 Satz 1 BSHG galt, steht der Anwendung von § 2 Abs. 3 Satz 2 SGB X nicht entgegen (vgl. Urteile des Senats vom 27. Februar 2013 – OVG 9 B 57.11 –, juris, Rdnr. 19, und – OVG 9 B 58.11 –, juris, Rdnr. 17). Ein Wechsel der örtlichen Zuständigkeit hat hier stattgefunden. Mit Wirkung ab 27. Juni 1993 hat wegen einer Änderung des § 97 BSHG die örtliche Zuständigkeit vom Kläger auf das Land Brandenburg gewechselt.
Als am 1. Januar 1991 das Bundessozialhilfegesetz (in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. Januar 1991, BGBl. I S. 94, ber. S. 808 – BSHG 1991) im Beitrittsgebiet in Kraft trat, war zunächst der Kläger örtlich zuständiger Träger der Sozialhilfe. § 97 Abs. 1 Satz 1 BSHG 1991 sah vor, dass für die Sozialhilfe der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig sei, in dessen Bereich sich der Hilfesuchende tatsächlich aufhielt. Der Hilfeempfänger lebte damals im räumlichen Zuständigkeitsbereich des Klägers.
Mit Wirkung vom 27. Juni 1993 wurde für die Hilfe in einer Anstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich der Hilfeempfänger seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme hatte oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hatte (§ 97 Abs. 2 Satz 1 BSHG 1993 in der Fassung von Art. 7 Nr. 22 des Gesetzes zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms vom 23. Juni 1993, BGBl. I S. 944). Das war das Land Brandenburg. Sachlich zuständig war der überörtliche Träger der Sozialhilfe, soweit nicht nach Landesrecht für bestimmte näher aufgeführte Hilfen der örtliche Träger sachlich zuständig war (§ 100 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 BSHG). Im Land Brandenburg war damals (27. Juni 1993) für Fälle wie den des Klägers, d.h. für Eingliederungshilfen im Sinne von § 100 Abs. 1 Nr. 1 BSHG, das Land sachlich zuständig, § 1 Abs. 2 des Gesetzes zur Ausführung des BSHG vom 24. Juli 1991 (AG–BSHG, GVBl. S. 318). Später, mit Wirkung vom 1. Januar 1996, wechselte innerhalb des Landes die Zuständigkeit vom Land auf die Landkreise – wie den hier beklagten Landkreis – und die kreisfreien Städte.
Der ursprünglich örtlich zuständige Kläger hat auch nach dem Zuständigkeitswechsel ab dem 27. Juni 1993 anstelle des seitdem örtlich zuständigen brandenburgischen Sozialhilfeträgers noch Sozialhilfeleistungen erbracht. Für diese Leistungen steht ihm daher aus § 2 Abs. 3 Satz 2 SGB X ein Anspruch auf Erstattung zu.
b) Der Erstattungsanspruch des Klägers ist nicht wegen verspäteter Anmeldung nach § 111 Satz 1 SGB X ausgeschlossen. Der Kläger hat seinen Erstattungsanspruch für den hier streitigen Zeitraum ab 1. Januar 1996 mit Schreiben vom 15. April 1994 an das Landesamt rechtzeitig einheitlich auch für alle später, d.h. bis zum 31. Juli 2001, von ihm erbrachten Sozialhilfeleistungen geltend gemacht. Nach § 111 Satz 1 SGB X ist der Anspruch auf Erstattung ausgeschlossen, wenn der Erstattungsberechtigte ihn nicht spätestens zwölf Monate nach Ablauf des letzten Tages, für den die Leistung erbracht wurde, geltend macht. Diese Regelung findet auf den Erstattungsanspruch nach § 2 Abs. 3 Satz 2 SGB X Anwendung (OVG Berlin, Urteil vom 10. Februar 2005 – 6 B 21.03 –, juris, Rdnr. 17; Kater, in: Leitherer, Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, Stand: 1. Oktober 2012, § 111 SGB X Rdnr. 5b).
Das „Geltendmachen“ im Sinne von § 111 Satz 1 SGB X erfordert eine erkennbar auf Rechtssicherung gerichtete Mitteilung, dass und für welchen Hilfeempfänger welche Sozialleistungen gewährt werden bzw. wurden und dass und für welche Leistungen Erstattung begehrt wird. Die Mitteilung muss die Umstände, die im Einzelfall für die Entstehung des Erstattungsanspruchs maßgeblich sind, und den Zeitraum, für den die Sozialleistung erbracht wurde, hinreichend konkret angeben. Wirksam und im Sinne des § 111 Satz 1 SGB X fristwahrend kann der Anspruch auch in solchen Fällen geltend gemacht werden, in denen noch nicht feststeht, ob bzw. für welchen Zeitraum der als vorrangig in Anspruch genommene Leistungsträger – wie der hier beklagte Landkreis – tatsächlich zur Leistung verpflichtet ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. April 2003 – 5 C 18.02 –, juris, Rdnr. 14; OVG Mecklenburg–Vorpommern, Urteil vom 28. August 2007 – 1 L 59/05 –, juris, Rdnr. 47). § 111 Satz 1 SGB X verlangt nicht, dass für laufend – etwa monatlich – gewährte Leistungen der Sozialhilfe der Erstattungsanspruch laufend – etwa monatlich – neu geltend zu machen wäre (vgl. VG Cottbus, Urteil vom 9. November 2006 - 5 K 867/06 -, UA S. 8). Vielmehr lässt die Bestimmung zu, dass eine einheitliche Anmeldung auch für alle zukünftigen Leistungen abgegeben wird, für die sie dann auch wirkt (vgl. Klattenhoff, in: Hauck / Noftz, SGB X, K § 111 Rdnr. 11; Marschner, in: Pickel / Marschner, SGB X, Stand: April 2012, § 111 Rdnr. 8; Roller, in: von Wulffen, SGB X, 7. Auflage 2010, § 111 Rdnr. 13; VG Düsseldorf, Urteil vom 18. Juli 2006 – 22 K 4148/04 –, juris, Rdnr. 51 f. m.w.N.).
Das Schreiben des Klägers vom 15. April 1994 an das Landesamt genügt diesen Maßstäben. Es benennt den Hilfeempfänger, weist darauf hin, in welcher Einrichtung er untergebracht ist, wo er vor der Aufnahme seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und welche Art der Hilfe der Kläger ihm gewährt. Weitere Einzelheiten – wie die monatlich wiederkehrende Leistung von Eingliederungshilfe – sind der beigefügten Kostenzusage des Klägers zu entnehmen. Ausdrücklich macht der Kläger in dem Schreiben unter Berufung auf § 2 Abs. 3 Satz 2 SGB X seinen Erstattungsanspruch geltend und fordert den Adressaten auf, den Anspruch anzuerkennen und schriftlich zu bestätigen. Damit liegt eine einheitliche Anmeldung des Erstattungsanspruchs für alle bereits entstandenen und für alle zukünftig anfallenden monatlich wiederkehrenden Leistungen des Klägers vor.
Im hier in Rede stehenden Erstattungszeitraum hat sich auch nichts an dem geltend gemachten Erstattungsanspruch geändert. Weder ist die Hilfeleistung des Klägers für den Hilfeempfänger jemals unterbrochen worden noch hat sich die Art der Hilfe geändert. Das gilt auch für die mit Bescheid vom 20. August 1998 gewährte Hilfeleistung nach § 40 Abs. 1 Nr. 8 BSHG. Ebenso wie bei der vorher gewährten Hilfe handelt es sich bei ihr schon nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Gesetzes um eine Maßnahme der Eingliederungshilfe für Behinderte (§ 27 Abs. 1 Nr. 6, Abschnitt 1 Unterabschnitt 7 BSHG) innerhalb derselben Art der Hilfe (§§ 39, 40 BSHG), und nicht um eine andere Art der Hilfeleistung (§ 27 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 und Nr. 7 bis 12 BSHG). Auf die Einrede der Verjährung hat das Landesamt mit Schreiben vom 9. September 1994 verzichtet.
Der Erstattungsanspruch ist auch nicht deshalb nach § 111 Satz 1 SGB X ausgeschlossen, weil der Kläger es versäumt hat, ihn nach dem Zuständigkeitswechsel vom Land auf den beklagten Landkreis am 1. Januar 1996 innerhalb der Jahresfrist gegenüber dem beklagten Landkreis anzumelden. Die ursprünglich für das Land begründete Erstattungspflicht ist mit dem Übergang der Aufgaben zum 1. Januar 1996 im Wege der Funktionsnachfolge unter Wahrung der Identität der Schuld und unter Fortwirkung der bereits erfolgten Anmeldung auf den beklagten Landkreis übergegangen (§ 2 Abs. 2 AG–BSHG in der Fassung von Art. 1 Nr. 2, Art. 4 Satz 3 Nr. 1 des Zweiten Funktionalreformgesetzes – 2. BbgFRG – vom 13. Juli 1994, GVBl. I S. 382); eine „neue Schuld“ des beklagten Landkreises, die der Kläger rechtzeitig nach § 111 Satz 1 SGB X nunmehr ihm gegenüber hätte geltend machen müssen, hat der Zuständigkeitswechsel nicht begründet.
Es ist anerkannt, dass eine Schuld – wie die hier streitige Verpflichtung zum Aufwendungsersatz – auf einen neuen Schuldner übergehen kann, ohne dass eine „neue Schuld“ in der Art einer Schuldumschaffung (Novation) entsteht (vgl. BFH, Urteil vom 22. Januar 1965 – III 127/64 S –, juris, Rdnr. 17; KG Berlin, Urteil vom 1. Dezember 1999 – 11 U 3872/99 –, juris, Rdnr. 47). Ein solcher Schuldübergang, bei dem (nur) der Schuldner wechselt und die Identität der Schuld im Übrigen gewahrt bleibt, ist etwa in §§ 414 ff. BGB geregelt (vgl. Grüneberg, in: Palandt, BGB, 73. Auflage 2014, Überblick vor § 414 Rdnr. 1) und kann sich aus einer Vereinbarung (§§ 414, 415 BGB) oder aus dem Gesetz ergeben (z.B. aus der bis 1998 geltenden Vorschrift des § 419 BGB). Im öffentlichen Recht kann Rechtsgrund für einen derartigen Schuldnerwechsel unter Wahrung der Identität der Schuld insbesondere die Funktionsnachfolge wegen eines Zuständigkeitswechsels sein (Kaduk, in: v. Staudinger, BGB, 12. Auflage 1994, § 419 Rdnr. 65). Das gilt auch hier. Bei einer gesetzlich angeordneten Funktionsnachfolge für Sozialleistungsaufgaben folgt der Funktionsnachfolger ohne Weiteres sowohl in die verfahrensrechtliche als auch in die materiell–rechtliche Position des Funktionsvorgängers (LSG Baden–Württemberg, Urteil vom 25. Januar 2007 – L 10 R 739/04 –, juris, Rdnr. 15). Der Übergang der Rechte und Pflichten tritt allein durch den Zuständigkeitswechsel ein und gilt für alle noch nicht abgeschlossenen Verwaltungsaufgaben, die der Vorgänger wegen der ihm nicht mehr zustehenden Funktion nicht mehr wahrnehmen kann (BSG, Urteil vom 9. Dezember 1987 – 10 RKg 5/85 –, juris, Rdnr. 10 m.w.N.). Eine solcher Fall liegt hier vor. Art. 1 Nr. 2, Art. 4 Satz 2 und Satz 3 Nr. 1 2. BbgFRG regeln eine Funktionsnachfolge aufgrund eines Zuständigkeitswechsels, mit dem bestimmte Aufgaben der Sozialhilfe in umfassender Weise vom Land auf die Landkreise und kreisfreien Städte übertragen werden. Danach ist der Erstattungsvorgang mit seinem gesamten Inhalt einschließlich des Schriftwechsels auf den beklagten Landkreis übergegangen und von ihm weiter zu bearbeiten gewesen, und zwar mit dem zu diesem Zeitpunkt erreichten Sachstand, d.h. mit dem (ursprünglich gegenüber dem Land) entstandenen Erstattungsanspruch, der fristgerecht geltend gemacht worden ist und auch alle zukünftig entstehenden Erstattungsbeträge erfasst.
Art. 1 Nr. 2 2. BbgFRG hat mit der Neufassung von § 2 Abs. 2 AG-BSHG bestimmt, dass die in § 100 Abs. 1 Nr. 1 BSHG geregelten Aufgaben (Eingliederungshilfe für Behinderte in Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen und Einrichtungen zur teilstationären Betreuung) im Land Brandenburg nicht mehr vom überörtlichen, sondern vom örtlichen Träger der Sozialhilfe wahrgenommen werden; örtliche Träger der Sozialhilfe sind die kreisfreien Städte und die Landkreise – wie der beklagte Landkreis – (§ 1 Abs. 1 AG-BSHG). Diese Änderung der sachlichen Zuständigkeit durch das 2. BbgFRG bezweckte, die meisten Zuständigkeiten vom überörtlichen Träger (Land) auf die örtlichen Träger der Sozialhilfe (Kreise und kreisfreie Städte) zu verlagern (Landtagsdrucksache 1/3048, S. 1, 8 f.). Für das Inkrafttreten der landesrechtlichen Zuständigkeitsänderung sah Art. 4 Satz 2 2. BbgFRG vor, dass die Übertragung der Aufgaben grundsätzlich zum 1. Januar 1995 erfolgte. Als Ausnahme bestimmte jedoch Art. 4 Satz 3 Nr. 1 2. BbgFRG, dass die – hier in Rede stehenden – Aufgaben der Eingliederungshilfe für Behinderte in Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen erst zum 1. Januar 1996 auf die Landkreise und kreisfreien Städte übergingen.
Nach dem Wortlaut des Gesetzes sind die genannten Aufgaben umfassend und ohne jede Einschränkung übergegangen (Art. 4 Satz 2 und Satz 3 Nr. 1 2. BbgFRG). Aus dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG) folgt ohne Weiteres, dass stets die gesetzlich zuständige Behörde zu handeln hat, im Falle eines Wechsels der gesetzlich bestimmten Zuständigkeit – wie hier nach dem 2. BbgFRG – also die neu zuständige Behörde (vgl. Henkel, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 2014, § 3 Rdnr. 69 m.w.N.; Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Auflage 2014, § 3 Rdnr. 38). Das gilt auch für zum Zeitpunkt des Zuständigkeitswechsels noch nicht erledigte Vorgänge. Nur wenn etwas anderes gelten soll, bedarf es dazu einer gesetzlichen Regelung, wie z.B. § 3 Abs. 3 VwVfG (vgl. dazu Schmitz, a.a.O.) und ebenso für das Sozialrecht § 2 Abs. 2 SGB X. Für Gerichtsverfahren ist in § 17 Abs. 1 Satz 1 GVG vorgesehen, dass ein Gericht für ein einmal begonnenes Verfahren grundsätzlich zuständig bleibt („perpetuatio fori“). Für Verwaltungsvorgänge gibt es keine entsprechende Vorschrift (etwa im Sinne einer „perpetuatio magistratus“, vgl. Henkel, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 2014, § 3 Rdnr. 69 m.w.N.; Schmitz, a.a.O.). Demzufolge hat die neu zuständige Behörde – hier der beklagte Landkreis – auch Verwaltungshandlungen vorzunehmen, die sich auf vor dem Übergang der Zuständigkeit liegende Zeiträume erstrecken, soweit der gesetzlichen Regelung des Zuständigkeitswechsels keine Einschränkung dahin zu entnehmen ist, dass bereits begonnene Verfahren von der bisher zuständigen Behörde zu Ende zu führen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Juli 1984 – 5 C 24.81 – juris, Rdnr. 15; BSG, Urteil vom 12. Februar 2009 – B 5 R 39/06 R –, juris, Rdnr. 13; OVG Nordrhein–Westfalen vom 23. Juni 2008 – 6 B 626/08 –, juris, Rdnr. 9). Danach handelt es sich um eine bloße Klarstellung, wenn für einen entsprechenden Zuständigkeitswechsel in Mecklenburg-Vorpommern ausdrücklich geregelt ist, dass der dort neu zuständige örtliche Träger der Sozialhilfe auch für die Geltendmachung und Gewährung von Kostenerstattungen sachlich zuständig ist (§ 3 AG–BSHG vom 17. Dezember 2001, GVOBl. M–V S. 612).
Der Regelungszweck des 2. BbgFRG spricht ebenfalls für eine umfassende und uneingeschränkte Übertragung der Aufgaben, welche den Übergang noch offener Verbindlichkeiten unter Wahrung ihrer Identität einschließt. Der Landesgesetzgeber beabsichtigte, eine umfassende Funktionsnachfolge der Landkreise und kreisfreien Städte vorzusehen. Diese Absicht findet ihren Ausdruck schon in der Bezeichnung des Gesetzes als „Funktionalreform“. Außerdem ergibt sie sich aus der Gesetzesbegründung, nach der das Gesetz eine „weitgehende Delegation der Aufgabenwahrnehmung an die örtlichen Träger“ regele (vgl. Landtagsdrucksache 1/3048, Begründung S. 4) und die sachliche Zuständigkeit des Landes lediglich für die Fälle erhalten bleibe, bei denen bei überregionalen Einrichtungen eine landeseinheitliche Versorgung im Lande zu gewährleisten sei oder aus sonstigen Gründen die Aufgaben überörtlich zu erfüllen geboten erscheine (a.a.O., S. 3 f.). Dem entspricht es, dass gemäß Art. 4 2. BbgFRG das differenzierte Inkrafttreten der Zuständigkeitsänderungen den örtlichen Sozialhilfeträgern Gelegenheit geben sollte, sich auf die geänderten Gegebenheiten einzustellen (a.a.O., S. 8). Mit dem Übergang der Aufgaben war auch die Überleitung des Personals, das bis dahin für das Land diese Aufgaben wahrgenommen hatte, verbunden (vgl. die Stellungnahme der Ministerin bei Verabschiedung des Gesetzes, Plenarprotokoll 1/99, S. 8168); die rechtlichen Grundlagen dafür waren kurz zuvor im Funktionalreformgrundsätzegesetz vom 30. Juni 1994 (GVBl. I S. 230) geregelt worden. All dies spricht für eine umfassende und vollständige Übertragung der Aufgaben einschließlich aller damit verbundenen noch offenen Vorgänge und Verbindlichkeiten.
Soweit sich der beklagte Landkreis auf das Vorbringen der im parallelen Berufungsverfahren beklagten Stadt und die dort von ihr angeführte Rechtsprechung stützt, ergibt sich nichts anderes (vgl. Urteil des Senats vom 26. November 2014 – OVG 9 B 59.14 –, UA S. 20). Keine der fünf dort zitierten Entscheidungen betrifft den Fall einer Funktionsnachfolge, bei der die Aufgabenzuweisung geändert und damit der Schuldner eines aufgabenbedingten Erstattungsanspruches ausgewechselt wird, nachdem der Anspruch ordnungsgemäß und fristgerecht bei dem zum Zeitpunkt seiner Anmeldung zuständigen Sozialleistungsträger geltend gemacht worden ist (ebd.).
Soweit hier das Land gegen die Informations- und Weiterleitungspflichten verstoßen hat, die ihm gegenüber dem beklagten Landkreis aus der landesgesetzlichen Aufgabenübertragung obliegen, kann dies dem Kläger nicht entgegenhalten werden (vgl. VG Cottbus, Urteil vom 9. November 2006, a.a.O., S. 8).
c) Der Anspruch steht dem Kläger in der geltend gemachten Höhe zu. Für den Leistungszeitraum 1. Januar 1996 bis 31. Juli 2001 hat der Kläger gegen den beklagten Landkreis einen Anspruch auf Erstattung von Sozialhilfeaufwendungen in Höhe von 212.706,53 Euro. Diese Höhe ergibt sich aus den beiden Schriftsätzen des Klägers vom 7. August 2003 und vom 22. Januar 2004 und den jeweiligen Anlagen.
d) Der Erstattungsanspruch des Klägers ist nicht verjährt, § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X, analog § 111 Abs. 1 SGB XII.
Nach der seit dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung des § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X verjähren Erstattungsansprüche in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der erstattungsberechtigte Leistungsträger von der Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungsträgers über dessen Leistungspflicht Kenntnis erlangt. Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) entsprechend (§ 113 Abs. 2 SGB X). Im vorliegenden Fall ist der Verjährungsbeginn jedoch nicht unmittelbar nach § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X, sondern durch analoge Heranziehung des § 111 Abs. 1 SGB XII zu bestimmen (vgl. Urteil des Senats vom 27. Februar 2013 – OVG 9 B 57.11 –, a.a.O., Rdnr. 20), weil keine Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungsträgers über dessen Leistungspflicht vorliegt. Der beklagte Landkreis hat innerhalb des hier streitigen Zeitraums (1. Januar 1996 bis 31. Juli 2001) gegenüber dem Hilfeempfänger keine Entscheidung über seine eigene Leistungspflicht getroffen. Dementsprechend beginnt die Verjährungsfrist des § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X für den Erstattungsanspruch in analoger Anwendung von § 111 Abs. 1 SGB XII nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Erstattungsanspruch entstanden ist (vgl. Urteil des Senats vom 27. Februar 2013, a.a.O., Rdnr. 20 m.w.N.).
Danach scheidet hier für die von Anfang 1998 bis zum 31. Juli 2001 entstandenen Kostenerstattungsansprüche des Klägers eine Verjährung von vorneherein aus, weil sie durch rechtzeitige Klage auf Leistung bis zur rechtskräftigen Entscheidung gehemmt ist, § 113 Abs. 2 SGB X i.V.m. § 204 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1, § 209 BGB. Insoweit liegt die Klageerhebung am 18. Dezember 2002 noch vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist.
Für die in den Kalenderjahren 1996 und 1997 entstandenen Kostenerstattungsansprüche des Klägers greift die Einrede der Verjährung ebenfalls nicht durch. Für diese Ansprüche liegen allerdings die Voraussetzungen der Verjährung grundsätzlich vor. Hinsichtlich der zuletzt im Dezember 1997 entstandenen Kostenerstattungsansprüche für die in diesem Zeitraum (1996 – 1997) erbrachten Leistungen war die vierjährige Verjährungsfrist bereits vor Klageerhebung verstrichen. Indessen steht der von dem beklagten Landkreis im seinem Schriftsatz vom 2. Juni 2003 erhobenen Einrede der Verjährung der Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung entgegen (zu den Voraussetzungen vgl. Urteil des Senats vom 27. Februar 2013, a.a.O., Rdnr. 21 m.w.N.). Denn nachdem der Kläger seine Ansprüche fristgerecht geltend gemacht hat, hat das damals zuständige Land mit Schreiben vom 9. September 1994 auf die Einrede der Verjährung verzichtet. Dadurch hat das Land während seiner Zuständigkeit einen Vertrauenstatbestand geschaffen, nach dem der Kläger davon ausgehen durfte, dass die Einrede der Verjährung gegen seinen Erstattungsanspruch nicht erhoben werde und er deshalb noch keine Klage zu erheben brauche. Im Wege der Funktionsnachfolge (s.o. unter b) ist der Erstattungsvorgang am 1. Januar 1996 unter Fortwirkung sowohl der Anmeldung des Klägers als auch der vom Land abgegebenen Erklärung, die Verjährungseinrede nicht zu erheben, in die Zuständigkeit des beklagten Landkreises übergegangen. Dieser erkannte mit seinem Schreiben vom 6. September 2002 den Anspruch des Klägers für den Zeitraum ab 1. Januar 2000 ausdrücklich an und stellte die Entscheidung über den Kosterstattungsanspruch für die Jahre 1996 bis 1999 „dem Grunde und der Höhe nach“ unter Hinweis auf Verhandlungen der überörtlichen Sozialhilfeträger und ausstehende Gerichtsurteile zunächst zurück. Auf Nachfrage des Klägers verwies er in seinem weiteren Schreiben vom 18. Oktober 2002 auf das noch ausstehende Einvernehmen mit dem Landessozialamt in Cottbus als – einzigen – Grund, warum er über den Kostenerstattungsanspruch des Klägers für den Zeitraum 1996 bis 1999 derzeit keine Entscheidung treffen könne. Mit den beiden genannten Schreiben hielt der beklagte Landkreis beim Kläger den Eindruck aufrecht, er werde dessen Anspruch nur mit sachlichen Erwägungen begegnen. Erst auf weitere Nachfrage des Klägers hat ihm der beklagte Landkreis mit Schreiben vom 6. November 2002 per Fax mitgeteilt, dass er „zum gegenwärtigen Zeitpunkt“ nicht auf die Einrede der Verjährung verzichte. Danach durfte der Kläger bis zum Faxschreiben vom 6. November 2002 davon ausgehen, dass der beklagte Landkreis die Einrede der Verjährung nicht erheben werde. Allerdings muss der Gläubiger nach Wegfall des Vertrauenstatbestandes (hier: am 6. November 2002) innerhalb einer angemessenen Frist Klage erheben (SächsOVG, Urteil vom 10. Dezember 2007 - 4 B 160/04 -, Juris, Rn. 26; Urteil des Senats vom 27. Februar 2013, a.a.O., m.w.N.). Unter Berücksichtigung der Dauer des Zeitraums von zwei Monaten, in dem der Beklagte nach seinem Anerkenntnis der Kostenerstattungsansprüche ab 1. Januar 2000 (Schreiben vom 6. September 2002) selbst die Entscheidung für den hier noch streitigen Zeitraum „zurückgestellt“, sich also vorbehalten hatte (bis einschließlich Schreiben vom 18. Oktober 2002), ist die Frist, die der Kläger zwischen dem Zugang der Ablehnung des Verjährungsverzichts (6. November 2002) und der Klageerhebung (18. Dezember 2002) verstreichen ließ, hier noch angemessen. Folglich kann sich der beklagte Landkreis gegenüber dem Kläger auch für die Jahre 1996 bis 1997 nicht auf Verjährung berufen.
2. Der Anspruch auf Kostenerstattung in Höhe von 212.706,53 Euro ist in sinngemäßer Anwendung des § 291 Satz 1 i.V.m. § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB zu verzinsen. Das entspricht der für das verwaltungsgerichtliche Verfahren und für verwaltungsgerichtliche Erstattungsklagen maßgeblichen und gefestigten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 22. Februar 2001 – BVerwG 5 C 34.00 –, juris, Rdnr. 6 und 9 ff. m.w.N.; zuletzt Urteil vom 23. Januar 2014 – BVerwG 5 C 8.13 –, juris, Rdnr. 22 f. m.w.N.), welcher der Senat folgt.
Für die Höhe des Zinssatzes verweist § 291 Satz 2 BGB auf § 288 Satz 2 BGB, der hier in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung anzuwenden ist. Danach hat der beklagte Landkreis dem Kläger den noch streitigen Erstattungsbetrag vom Eintritt der Rechtshängigkeit an für das Jahr mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen. Maßgebend für den Zeitpunkt der Rechtshängigkeit (vgl. § 291 Satz 1 BGB) ist der Eingang des Schriftsatzes, der den zu verzinsenden Betrag beziffert (§ 90 VwGO). Das sind hier die beiden Schriftsätze des Klägers vom 7. August 2003 (Eingang am 11. August 2003; Betrag für 1996 bis 1999 in Höhe von 164.065,26 Euro) und vom 22. Januar 2004 (Eingang am 28. Januar 2004; Betrag für die Zeit vom 1. Januar 2000 bis zum 31. Juli 2001 in Höhe von 48.641,27 Euro).
Indessen hat der Kläger für einen Teilbetrag (175.080,15 Euro) der ihm insgesamt zustehenden Kostenerstattung seinen Klageantrag auf einen – niedrigeren – Zinssatz von 4 Prozent beschränkt. Über dieses Begehren des Klägers darf das Gericht nicht hinausgehen (§ 88 VwGO). Das betrifft den bereits seit dem 11. August 2003 bezifferten Betrag (164.065,26 Euro) sowie einen Teil der erst später, seit dem 28. Januar 2004 bezifferten Forderung. Die tenorierte Höhe von 11.014,89 Euro für diesen weiteren Teilbetrag ergibt sich aus der Differenz zwischen dem – nach dem Klageantrag – insgesamt mit 4 Prozent zu verzinsenden Betrag (175.080,15 Euro) und dem zuerst bezifferten Betrag (164.065,26 Euro).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.