Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 24. Senat | Entscheidungsdatum | 22.11.2013 | |
---|---|---|---|---|
Aktenzeichen | L 24 KA 32/12 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Zur Auslegung der EBM-Nr. 01510, 01511 und 01512.
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Beteiligten streiten der Sache nach um die Abrechnung von Transfusionen.
Die Klägerin ist im Bereich der Beklagten als Fachärztin für Innere Medizin mit Schwerpunkt Hämatologie und Internistische Onkologie zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Sie betreut unter anderem Patienten, die sich im Endstadium einer Tumorerkrankung oder einer malignen Hämoblastose befinden. Diese Patienten erhalten Transfusionen.
Die Klägerin rechnete diese im streitgegenständlichen Zeitraum der Quartale 2008/II und 2008/III nach den Gebührennummern (Nr.) 01510 bis 01512 sowie zusätzlich Nr. 02110 und 02111 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes in der im Jahr 2008 geltenden Fassung (nachfolgend nur: „EBM“) ab.
Die Beklagte nahm im Honorarbescheid vom 23. Oktober 2008 für das Quartal 2008/II eine sachlich-rechnerische Richtigstellung unter anderem der Nr. 01511 (viermal), 02110 (65-mal) und der Nr. 02111 (72-mal) vor.
Die Klägerin erhob gegen diesen Bescheid Widerspruch. Die Transfusionstherapie bedürfe eines hohen Aufwandes. Es sei eine mindestens vierstündige praxisklinische Betreuung notwendig. Nach wissenschaftlichen Vorgaben sei eine Transfusion unter vier Stunden gar nicht möglich. Darüber hinaus sei noch eine Nachbeobachtung notwendig. Die Gabe von zwei Erythrozytenkonzentraten entspreche den Nr. 02110, 02111 und der Nr. 01511 des EBM. Nach dem Wortlaut des EBM schlossen die Nr. 02110 und 02111 die Betreuungsziffern Nr. 01510 bis 01512 nicht aus. Der Inhalt der Nr. 02110 und 02111 sei kein Leistungsbestandteil der Nr. 01510 bis 01512, da neben dem betreuerischen Aufwand auch ein hoher ärztlicher Einsatz erfolge. Die Voraussetzungen der Nr.01511 seien erfüllt, da nach dem Wortlaut „unter intravasaler Therapie“ eine Betreuung und Beobachtung erfolge.
Die Beklagte strich weiter im Honorarbescheid vom 22. Januar 2009 für das Quartal 2008/III im Wege der sachlich-rechnerischen Richtigstellung einmal die Nr. 01510, 84-mal die Nr. 01511 und dreimal die Nr. 01512 EBM.
Sie wies mit Widerspruchsbescheid vom 02. Februar 2009 den Widerspruch gegen den Honorarbescheid vom 23. Oktober 2008 zurück. Bei den Transfusionen der Nr. 02110 und 02111 handele es sich nicht um eine parenterale intravasale Behandlung im Sinne der Nr. 01510 bis 01512 EBM. Bei Transfusionen seien deshalb nur die Nummern 02110 und 02111 EBM abrechenbar. Die Behandlungsdauer sei dabei nicht relevant. Sie habe fehlerhaft im Rahmen der sachlich-rechnerischen Richtigstellung anstelle der Nr. 01510 ff. EBM die Nr. 02110 und 02111 EBM gestrichen. Sie sehe jedoch von einer Korrektur ab, da ansonsten eine Minderung des Honorars einträte.
Hiergegen richtet sich die am 10. Februar 2009 beim Sozialgericht Potsdam (SG) erhobene Klage. Die Rechtsauffassung der Beklagten widerspräche dem Wortlaut des EBM. „Unter“ bedeute nicht „zusätzlich“, sondern anlässlich. Die Transfusionen erfüllten als solche die Tatbestandsmerkmale der Nr. 01510 ff. EBM. Zu berücksichtigen sei für die Abrechnung allein die Zeitkomponente. Diese Gebührennummern seien ergänzend zu den Transfusionskennziffern abzurechnen. Bei den Gebührennummern 01510 ff. EBM handele es sich um eine Zusatzpauschale für die notwendige Beobachtung und Betreuung beispielsweise bei Transfusionen. Bluttransfusionen seien bereits selbst eine parenterale intravasale Behandlung. Bei chemotherapeutisch behandelten Patienten unterstütze die Transfusion die Chemotherapie. Bei hämatologischen Patienten sei die Transfusion selbst die intravasale Therapie. Die Zeitvorgabe der Beklagten von 45 bis 60 Minuten sei nicht einzuhandeln, da es sich bei den Patienten um schwerkranke multimorbide Versicherte handele. Diese erschienen oft in einem schlechten Allgemeinzustand, sodass längere Vorbereitungszeiten notwendig seien.
Den Widerspruch gegen den Honorarbescheid vom 22. Januar 2009 hat die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 02. Juli 2010 als unbegründet zurückgewiesen.
Auch hiergegen hat die Klägerin vor dem SG Klage erhoben (Aktenzeichen: S 1 KA 54/10).
Mit Beschluss vom 29. Februar 2012 hat das SG die Verfahren S 1 KA 22/09 und S 1 KA 54/10 verbunden.
Es hat mit Urteil vom selben Tag die Beklagte unter Änderung der Honorarbescheide jeweils in der Fassung der Widerspruchsbescheide verurteilt, der Klägerin für das Quartal 2008/II die Nr. 01511 EBM viermal, die Nr. 02110 65-mal und die Nr. 02111 73-mal nach zu vergüten sowie für das Quartal 2008/III die Nr. 01510 einmal, die Nr. 01511 84-mal und die Gebührennummer 01512 dreimal nach zu vergüten. Zur Begründung hat es ausgeführt, die fachkundig besetzte Kammer gehe davon aus, dass die hier betroffenen Fälle zurecht sowohl nach den Nr. 02110 f. als auch den Nr. 05110 ff. EBM erfolgt seien. Im EBM sei kein gegenseitiger Ausschluss vermerkt, sodass die Ziffern grundsätzlich nebeneinander abrechenbar seien. Die Parallelabrechnung widerspreche entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht den allgemeinen Bestimmungen des EBM. Nach der Nr. 2.1 EBM sei eine Leistung oder ein Leistungskomplex nur berechnungsfähig, wenn der Leistungsinhalt vollständig erbracht worden sei. Die Vollständigkeit der Leistungserbringung in einem Leistungskomplex sei gegeben, wenn die obligaten Leistungsinhalte erbracht worden und die in den Präambeln, Leistungslegenden und Anmerkungen aufgeführten Dokumentationspflichten erfüllt, sowie die erbrachten fakultativen Leistungen dokumentiert seien. Die in der Überschrift zu einer Leistung oder einem Leistungskomplex aufgeführten Leistungsinhalte seien immer Bestandteil der obligaten Leistungsinhalte zu der jeweiligen Leistung oder des jeweiligen Leistungskomplexes. Nach Nr. 2.1.3 der Allgemeinen Bestimmungen des EBM sei eine Leistung dagegen nicht berechnungsfähig, wenn sie Teilleistung einer anderen berechnungsfähigen Leistung oder eines Leistungskomplexes sei. Hier sei der jeweilige Leistungsinhalt der Nr. 01210 f. EBM und auch der Nr. 05110 ff. vollständig erbracht worden. Die Nr. 01510 ff. EBM seien keine Leistungen der Nr. 02110 f. EBM. Die Klägerin habe jeweils Transfusionen im Sinne der Nr. 02110 und 02111 EBM durchgeführt. Der Überbegriff Bluttransfusion bezeichnet die intravenöse Infusion von Erythrozytenkonzentraten oder von Blut. Infusion sei die kontinuierliche, meist parenterale Verabreichung von Flüssigkeiten, die in aller Regel intravenös verabreicht würden (Bezugnahme jeweils auf wikipedia). Die Transfusion sei somit die Verabreichung von Blutbestandteilen mittels einer Infusion. Die Ziffern 02110 und 02111 EBM regelten speziell die Transfusionen, das heißt von Blut- und Blutkonzentrationsübertragungen, ohne einzelne Besonderheiten aufzuzeigen. Als Zeitaufwand für den Arzt veranschlage die Nr. 02110 EBM acht Minuten und die Nr. 02111 EBM fünf Minuten. Daneben werde ein Zeitaufwand des Personals mit 45 bzw. 15 Minuten zugrunde gelegt. Die Nr. 01510 ff. EBM beinhalteten Zusatzpauschalen für die Beobachtung und Betreuung von im einzelnen aufgeführten Patienten/Kranken nach der jeweiligen Zeitdauer. Hier sei alleine der erste Leistungsinhalt der Nummern 01510 ff. streitig, also die Beobachtung und Betreuung eines Kranken mit konsumierender Erkrankung (fortgeschrittenes Malignom, HIV-Erkrankung im Stadium AIDS) in einer Arztpraxis oder praxisklinischen Einrichtung gemäß § 115 Abs. 2 SGB V unter parenteraler intravasaler Behandlung mittels Kathetersystems, konkret ob zu der Transfusion nach den Nr. 01210 f. eine weitere parenterale intravasale Behandlung mittels Kathetersystem hinzutreten müsse, um zusätzlich die Nr. 01510 ff. EBM abrechnen zu können. Dabei sei zwischen den Beteiligten außer Streit, dass es sich bei den Patienten um solche mit konsumierenden Erkrankungen handele. Anders als die Beklagte sei die fachkundig besetzte Kammer der Auffassung, dass es sich bei den Transfusionen nach den Nr. 02110 f. EBM bereits um die parenterale intravasale Behandlung im Sinne der Nr. 01510 ff. EBM handele. Eine weitere parenterale intravasale Behandlung sei nicht notwendig. Parenteral bedeute wörtlich „am Darm vorbei“ und bezeichnet den Weg, auf dem Stoffe oder Krankheitserreger unter Umgehung des Darmtraktes in den Körper gelangten. Der Begriff intravaskulär oder auch intravasal bedeute zum einen „in einem Blut- oder Lymphgefäß befindlich“, zum anderen die Abreichung von Substanzen in ein Blut- oder Lymphgefäß (Bezugnahme auf jeweils wikipedia). Diese Voraussetzungen seien bei jeder Infusion erfüllt, besonders auch bei der besonderen Form der Infusion durch die Transfusion. Die Transfusionen, die die Klägerin hier durchgeführt habe, seien auch mittels eines Kathetersystems durchgeführt worden. Ein Katheter sei ein starres oder flexibles Instrument mit einem oder mehreren Lumina, das zu diagnostischen oder therapeutischen Zwecken in Hohlorgane oder Körperhöhlen eingebracht werden könne. Bluttransfusionen würden im Allgemeinen über periphere Venenkatheter appliziert. Das Wort „unter“ in den Nr. 01510 ff. EBM sei so zu verstehen, dass soweit ein Versicherter mit einer konsumierenden Erkrankung eine parenterale intravasale Behandlung erhalte, entsprechend den Zeitvorgaben bereits für die Beobachtung und Betreuung des Versicherten die Zusatzpauschalen der Nr. 01510 ff. abgerechnet werden dürften. Diese Zusatzpauschalen für Beobachtung und Betreuung dienten der Deckung des tatsächlichen zeitlichen Aufwandes.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, zu deren Begründung sie ihr Vorbringen wiederholt und vertieft. Die Leistungslegende der Nr. 01510 ff. EBM enthielte nicht nur einen obligatorischen, sondern auch einen fakultativen Leistungsbestandteil „Infusion(en)“. Die Abrechnung einer weiteren Ziffer für ein und dieselbe Infusion (Transfusion) sei ausgeschlossen. Dies ergebe sich auch aus den allgemeinen Bestimmungen des EBM. Die „parenterale intravasale Behandlung mittels Kathetersystem“ sei also nicht bloßes tatbestandliches Merkmal zur Legitimation der Abrechung der Gebührenposition, welche auch mit anderen Gebührenpositionen erbracht werden könnten, sondern Leistungsinhalt. Soweit die Klägerin mit dem Begriff „Zusatzpauschale“ argumentiere, verkenne sie die Systematik des EBM. Der EBM verwende den Begriff „Zusatzpauschalen“ an verschieden Stellen. Beispielsweise seien die Nr. 13502, 13545 und 13550 EBM ebenfalls als „Zusatzpauschalen“ bezeichnet, ohne dass diese an einen nicht vergüteten Grundtatbestand anknüpften. Vielmehr bewerteten diese Zusatzpauschalen einen separaten Leistungsinhalt. Nach dem Wortlaut verdeutliche das Wort „unter“ den unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Betreuungs- und der Behandlungsleistung. Die Regelungssystematik des EBM unterscheide aber bereits in der Überschrift des Kapitels 2.1 zwischen Infusionen, Transfusionen und Reinfusion. Transfusionen stellten einen medizinisch eigenständigen Terminus dar. Transfusionen unterlägen eigenen gesetzlichen Regelungen wie dem Transfusionsgesetz, den Leitlinien zur Therapie mit Blutkomponenten und den Hämotherapie-Richtlinien. Dort fänden sich keine Begrifflichkeiten wie parenterale intravasale Behandlung, denn die therapeutische Übertragung von Blut, Blutbestandteilen oder speziellen Blutpräparationen werde fachlich der Hämotherapie und nicht der parenteralen intravasalen Therapie zugeordnet. Die Transfusion sei Bestandteil der Hämotherapie und fachlich abzugrenzen von der parenteralen intravasalen Behandlung. Indikationen einer Transfusion seien immer akute Blutverluste oder chronische Blutkrankheiten im Sinne von Blutbildungsstörungen, jedoch nicht Tumorerkrankungen. Regelhaft sei bei jeder Transfusion die ärztliche Überwachung zu Beginn sowie die an das medizinische Hilfspersonal delegierbare Überwachung im weiteren Verlauf. Sie sei unabhängig davon, um welches Patientengut es sich handele. Der von der Klägerin benannte erheblich höhere Betreuungsaufwand für Patienten mit konsumierenden Erkrankungen sei konsequenterweise generell nicht extra abrechenbar. Allerdings könne ein Facharzt für Innere Medizin mit Schwerpunkt Hämatologie und Internistische Onkologie für jeden seiner Patienten die Grundpauschale im Quartal abrechnen, die höher berechnet sei als die Grundpauschale der Fachärzte für Innere Medizin mit anderen Schwerpunkten, zum Beispiel der Nephrologie und Dialyse, Rheumatologie oder Kardiologie, die gegebenenfalls ebenfalls Transfusionsleistungen erbrächten. Auch die parenterale intravasale Behandlung bei Patienten mit konsumierenden Erkrankungen durch Verabreichung von Kohlenhydraten, Proteinen, Fett, Vitaminen und Spurenelementen als künstliche Form der Nährstoffzufuhr über mehrere Stunden sei mit den Nr. 01510 ff. EBM abrechenbar. In der Nr. 02101 EBM fehle diese Behandlung. Entsprechendes gelte für die intravenöse Infusionstherapie von Zytostatika und/oder monoklonale Antikörper über mehr als zwei Stunden. Folgte man der Auffassung des SG und definierte Transfusionen als eine Form der Infusion, müsste der Systematik des EBM folgend diese als Abrechnungsausschluss neben Nummer 01510 ff. im EBM vermerkt sein. Sonst erklärte sich der Abrechnungsausschluss der Nummern 01510 ff. EBM neben den Infusionen nach den Nr. 02100 und 02101 EBM bzw. der Wortlaut Infusionen nicht.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 29. Februar 2012 aufzuheben und die Klagen abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und führt ergänzend aus, auch die von der Beklagten angeführte Kommentierung zu den Nr. 01510 ff. EBM stelle klar, dass gegebenenfalls erforderliche Infusion als fakultativer Leistungsbestandteil nicht extra vergütungsfähig seien. Soweit zum Beispiel während der Transfusion auch eine Ko-Medikamentation erfolge, dürfe diese nicht extra berechnet werden. Würde sich die Beklagte mit ihrer Auffassung durchsetzen, könnte im ambulanten Bereich die Betreuung von Patienten im Finalstadium einer Tumorerkrankung oder bei einer malignen Hämoblastose nicht kostendeckend erbracht werden. Nicht zuletzt wegen des erheblichen Aufwandes einer Transfusion erhielten in Berlin niedergelassene Onkologen zusätzlich zu den Nummern 02110 f. und Nummer 01510 ff. sogar noch eine Zusatzpauschale für die Behandlung von Versicherten der AOK Nordost.
Die Berufung hat keinen Erfolg. Das SG hat die Beklagte zu Recht zur Nachvergütung verurteilt. Die angefochtenen Honorarbescheide verletzten die Klägerin insoweit in ihrem Recht auf Vergütung, weil ihre jeweilige Abrechnung dem EBM entsprach.
Die fraglichen Gebührenordnungspositionen haben den folgenden Wortlaut:
1.5 Ambulante praxisklinische Betreuung und Nachsorge
1. Haben an der Erbringung von Leistungen entsprechend der Gebührenordnungspositionen dieses Abschnitts mehrere Ärzte mitgewirkt, hat der die Gebührenordnungspositionen dieses Abschnitts abrechnende Vertragsarzt in einer der Quartalsabrechnung beizufügenden und von ihm zu unterzeichnenden Erklärung zu bestätigen, dass er mit den anderen Ärzten eine Vereinbarung darüber getroffen hat, wonach nur er allein in den jeweiligen Fällen diese Gebührenordnungspositionen abrechnet.
2. Die Gebührenordnungspositionen des Abschnitts 1.5 sind bei kurativ-stationärer (belegärztlicher) Behandlung nicht berechnungsfähig.
Zusatzpauschalen für Beobachtung und Betreuung
- Beobachtung und Betreuung eines Kranken mit konsumierender Erkrankung (fortgeschrittenes Malignom, HIV-Erkrankung im Stadium AIDS) in einer Arztpraxis oder praxisklinischen
Einrichtung gemäß § 115 Abs. 2 SGB V unter parenteraler intravasaler Behandlung mittels Kathetersystem
und/oder
- Beobachtung und Betreuung eines Kranken in einer Arztpraxis oder praxisklinischen Einrichtung gemäß § 115 Abs. 2 SGB V unter parenteraler intravasaler Behandlung mit Zytostatika
und/oder monoklonalen Antikörpern
und/oder
- Beobachtung und Betreuung eines kachektischen Patienten mit konsumierender Erkrankung während enteraler Ernährung über eine Magensonde oder Gastrostomie (PEG) in einer Praxis oder praxisklinischen Einrichtung gemäß § 115 Abs. 2 SGB V
und/oder
- (…)
und/oder
- (…)
- Infusion(en)
01510 Dauer mehr als 2 Stunden 1420 Punkte
01511 Dauer mehr als 4 Stunden 2700 Punkte
01512 Dauer mehr als 6 Stunden 3970 Punkte
2.1 Infusionen, Transfusionen, Reinfusionen, Programmierung von
Medikamentenpumpen
02100 Infusion
- Infusion
- intravenös
und/oder
- in das Knochenmark
und/oder
- mittels Portsystem
und/oder
- intraarteriell
- Dauer mindestens 10 Minuten 160 Punkte
02101 Infusionstherapie
- Intravasale Infusionstherapie mit Zytostatika, Virustatika, Antimykotika und/oder Antibiotika bei einem Kranken mit konsumierender Erkrankung (fortgeschrittenes Malignom, HIV-Erkrankung im Stadium AIDS)
und/oder
- Intraperitoneale bzw. intrapleurale Infusionstherapie bei einem Kranken mit konsumierender Erkrankung (z. B. fortgeschrittenes Malignom),
und/oder
- Intravasale Infusionstherapie mit monoklonalen Antikörperpräparaten,
- Dauer mind. 60 Minuten 445 Punkte
02110 Erste Transfusion
- Transfusion der ersten Blutkonserve
und/oder
- Transfusion der ersten Blutpräparation
und/oder
- Transfusion von Frischblut
- ABO-Identitätstest (Bedside-Test) 600 Punkte
02111 Jede weitere Transfusion im Anschluss an die Gebührenordnungsposition 02110
- Weitere Transfusion im Anschluss an die Gebührenordnungsposition 02110,
- ABO-Identitätstest (Bedside-Test), je Konserve bzw. Blutpräparation (auch Frischblut) 240 Punkte
02112 Reinfusion
- Mindestens 200 ml Eigenblut oder Eigenplasma,
- ABO-Identitätstest (Bedside-Test) 190 Punkte
Für die Auslegung der vertragsärztlichen Gebührenordnung des EBM kommt es in erster Linie auf den Wortlaut der Regelungen an (ständige Rechtsprechung des 6. Senats des BSG, zuletzt Beschluss vom 12. Dezember 2012 – B 6 KA 31/12 B – RdNr. 4 mit weiteren Nachweisen).
Raum für eine systematische Interpretation im Sinne einer Gesamtschau der im inneren Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Leistungstatbeständen besteht nur dann, wenn der Wortlaut eines Leistungstatbestandes zweifelhaft ist und es einer Klarstellung bedarf. Auch eine entstehungsgeschichtliche Auslegung kommt bei unklaren oder mehrdeutigen Regelungen in Betracht.
Die medizinische Beurteilung tritt hingegen gegenüber den alleine maßgeblichen juristischen Auslegungsmethoden in den Hintergrund (BSG a. a. O).
Zur danach gebotenen Auslegung des EBM verweist der Senat zur Vermeidung bloßer Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die zutreffenden Ausführungen des SG im angegriffenen Urteil.
Ergänzend ist nur anzumerken:
Der Wortlaut der Nr. 01510 ff. EBM spricht von „Zusatzpauschalen für Beobachtung und Betreuung“, also zusätzlichen Abrechnungsmöglichkeiten.
Auch der Wortlaut der Präposition „unter“ spricht nicht für eine zu erbringende ärztliche Leistung, sondern setzt einen Zustand des Patienten voraus, auch wenn „parenterale invasive Behandlung“ isoliert betrachtet auch als Leistung formuliert sein könnte.
Selbst wenn jedoch mit der Beklagten der Wortlaut der reinen Begrifflichkeiten „Infusion“, „Transfusion“ bzw. „unter parenterale intravasale Behandlung“ für zweifelhaft erachtet würde, ergibt sich aus der EBM-Systematik selbst eine Lösung für die Frage, welche Gebührennummern nebeneinander abgerechnet werden können und welche nicht. Auch Nummer 2.1.3 EBM (inhaltsgleiche Gebührenordnungspositionen) stützt die Position der Beklagten deshalb nicht. Dort heißt es zwar, für die Nebeneinanderberechnung von Gebührenordnungspositionen gelte, dass inhaltsgleiche Gebührenordnungspositionen nicht nebeneinander berechnungsfähig seien. Sämtliche Abrechnungsbestimmungen und Ausschlüsse sind „aber“ entsprechend zu berücksichtigen (Abs. 1):
Der EBM enthält hier detaillierte Regeln, welche Gebührenordnungspositionen zusätzlich und welche nicht abgerechnet werden dürfen. Für die Nr. 01510 bis 01512 ist jeweils ausdrücklich bestimmt, dass im Einzelnen aufgezählte Gebührenordnungspositionen neben diesen nicht berechnungsfähig sind. Die Aufzählungen enthalten zwar die Nr. 02100 EBM (Infusion) und Nr. 02101 (Infusionstherapie), jedoch gerade nicht die Nr. 02110 (erste Transfusion) bzw. Nr. 02111 EBM (jede weitere Transfusion) und die Nr. 02112 EBM (Reinfusion).
Die Beklagte kann sich deshalb auch nicht darauf berufen, dass der EBM an anderer Stelle Zusatzpauschalen entgegen dem Wortlaut nicht als solche versteht. Ohne Belang ist auch das systematische Argument, dass in den Nr. 01510ff Infusionen als fakultative Leistung ausgeführt wird. Lediglich eine zusätzliche Infusion ist damit ohne Anrechnung mit zu leisten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.