Gericht | SG Potsdam 21. Kammer | Entscheidungsdatum | 06.04.2011 | |
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Aktenzeichen | S 21 AS 6432/08 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 22 Abs 1 SGB 2 |
1. Der Beklagte wird verurteilt, unter Abänderung des Bewilligungsbescheides vom 06.10.08 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.11.08 weitere Kosten der Unterkunft i. H. v. monatlich 18,92 Euro für den Zeitraum 01.10.08 bis 31.03.09 an den Kläger zu gewähren.
2. Der Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
3. Die Berufung wird zugelassen.
Die Beteiligten streiten um die Gewährung höherer Kosten der Unterkunft im Rahmen von Leistungen der Grundsicherung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Der Kläger bewohnt eine 51,3 qm-große Wohnung eines Hauses mit insgesamt 464 qm Wohnfläche ohne Gewerbenutzfläche. Dieses Haus gehört zu einem Wohnkomplex von 5 Häusern, die aneinandergereiht liegen und insgesamt eine Gebäudewohnfläche von 2777 qm aufweisen. Die Häuser werden mit Fernwärme versorgt. Die tatsächlichen Kosten der Unterkunft des Klägers im Jahre 2008 betrugen 352,83 Euro. Diese Kosten setzen sich zusammen aus der Grundmiete in Höhe von 176,54 Euro, den Vorauszahlungen für Betriebskosten in Höhe von 72,29 Euro und den Vorauszahlungen für Heizkosten in Höhe von 104 Euro. Mit Schreiben vom 09. November 2007 wies der Beklagte den Kläger darauf hin, dass seine tatsächlichen Kosten der Unterkunft unangemessen seien und nur eine Bruttowarmmiete von 295 Euro zukünftig übernommen werden könne. Der Beklagte forderte den Kläger gleichzeitig auf, bis zum Februar 2008 nach Möglichkeiten zur Verringerung der monatlichen Mietkosten zu suchen.
Mit Bewilligungsbescheid vom 06. Oktober 2008 gewährte der Beklagte dem Kläger Leistungen der Grundsicherung für den Zeitraum vom 01. Oktober 2008 bis zum 31. März 2009 in Höhe von monatlich 649 Euro einschließlich Kosten der Unterkunft in Höhe von 298 Euro. Dies entspricht dem Höchstbetrag nach der geänderten Handlungsanweisung des Landkreises H ab 01. Juni 2008. Den Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12. November 2008 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, der Kläger habe sich nicht um einen angemessenen Wohnraum bemüht, zumindest keine entsprechenden Nachweise erbracht. Die festgelegten Höchstbeträge entsprächen der Handlungsanweisung des Landkreises H zur Gewährung der laufenden Unterkunftskosten nach § 22 SGB II und würden keinen rechtlichen Bedenken unterliegen.
Der Kläger hat am 15. Dezember 2008 vor dem Sozialgericht Potsdam Klage erhoben. Er trägt vor, der Beklagte habe die Kosten der Unterkunft ungerechtfertigt gekürzt. Die Festlegungen in der Handlungsanweisung des Landkreises H, gültig ab 01. Juni 2008, mit einem Höchstbetrag von 298 Euro monatlich für einen Ein-Personen-Haushalt, widersprächen § 22 Abs. 1 SGB II. Er ist der Ansicht, die Kosten seien daher in voller Höhe zu übernehmen. Er trägt weiterhin vor, er habe sich auch um die Verringerung seiner Wohnkosten bemüht. Aus den im Verfahren vorgelegten Betriebskostenabrechnungen für 2008 und 2009 ergeben sich jeweils Guthaben des Klägers. Unter Einbeziehung des Guthabens aus der Betriebskostenabrechung 2009 habe der Kläger Heizkosten in Höhe von 91,57 Euro monatlich verbraucht.
Der Kläger beantragt:
Den Beklagten zu verurteilen, unter Abänderung des Bescheides vom 06. Oktober 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. November 2008 (W 3501/08) höhere Kosten der Unterkunft und Heizung nach Auffassung des Gerichts für den Zeitraum 01. Oktober 2008 bis 31. März 2009 zu gewähren.
Der Beklagte beantragt:
Die Klage abzuweisen.
Der Beklagte verweist auf seine Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden.
Hinsichtlich der Ermittlung der Angemessenheitsgrenze verweist der Beklagte auf die Ausführungen des Landkreises H. Die Mietregionen seien nach den Mietstufen des Wohngeldgesetzes gebildet worden. Es seien jährlich seit 2005 Datenerhebungen von Wohnungsunternehmen zur Nettokaltmiete, Betriebskosten und Heizkosten eingeholt worden. Die Daten seien nicht nach Standards, Lage und Beschaffenheit erhoben und die Wohnungen nur nach Zimmergrößen differenziert worden. Die übermittelten Daten hätten von – bis- Spannen (Quadratmeterpreis der Nettokaltmiete) dargestellt, die dann den Wohnungsgrößen nach Zimmern zugeordnet worden seien. Für den einfachen Standard habe der Landkreis dann das untere Drittel der übermittelten Daten festgesetzt.
Im Übrigen ist der Beklagte unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 20. August 2009 (Az.: B 14 AS 65/08 R) der Ansicht, für die Berechnung der angemessenen Heizkosten nach dem bundesweiten Heizspiegel sei die Gesamtwohnfläche der Wohnanlage maßgebend.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der allgemeinen Unterlagen des Beklagten und Landkreises über die Ermittlung der Daten zu den Handlungsanweisungen zu § 22 SGB II verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Bescheid vom 06. Oktober 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. November 2008 (W 3501/08) ist rechtswidrig und der Kläger ist dadurch nach § 54 Abs. 2 SGG beschwert.
Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Leistungen für Kosten der Unterkunft in ausgeurteilter Höhe gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II für den Zeitraum vom 01. Oktober 2008 bis 31. März 2009.
Der Kläger erfüllt die Grundvoraussetzungen des § 7 SGB II für einen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung. Diese Leistungen sind von dem Beklagten für den streitigen Zeitraum auch gewährt worden.
Sein Anspruch umfasst dem Grunde nach auch Leistungen für Kosten der Unterkunft. Diese werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit sie angemessen sind.
Die Prüfung der Angemessenheit erfolgt in mehreren Schritten, wobei die abstrakt angemessene Wohnungsgröße und der Wohnungsstandart zu bestimmen sind. Danach ist ein räumlicher Vergleichsmaßstab in einem weiteren Prüfungsschritt festzulegen. In diesem räumlichen Vergleichsmaßstab sind dann die Aufwendungen für den Quadratmeterpreis einer Wohnung mit einfachem Standard zu ermitteln.
Das Ergebnis stellt eine regionale Angemessenheitsgrenze dar. Die Kammer ist der Auffassung, dass die Handlungsanweisungen des Landkreises H und die Entscheidung des Beklagten im Einzelfall zu der Angemessenheitsgrenze nicht auf einem überprüfbaren schlüssigen Konzept beruht. An ein solches Konzept sind erhebliche Ansprüche zu stellen (vgl. BSG, Urteil vom 22. September 2009 – Az. B 4 AS 18/09 R). Schlüssig ist das Konzept, wenn es mindestens die folgenden Voraussetzungen erfüllt: die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen (keine Gettobildung), es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, z.B. welche Art von Wohnungen, Differenzierung nach Standart der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit), Differenzierung nach Wohnungsgröße, Angaben über den Beobachtungszeitraum, Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, z.B. Mietspiegel), Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten, Validität der Datenerhebung, Einhaltung anerkannter mathematisch - statistischer Grundsätze der Datenauswertung und Angaben über die gezogenen Schlüsse (z.B. Spannoberwert oder Kappungsgrenze).
Diese Anforderungen erfüllen die Ermittlungen des Landkreises H, die sich der Beklagte zu eigen macht, wie sie sich aus den eingereichten Unterlagen ergeben, nicht, da sie nicht die Gewähr dafür geben, dass die tatsächlichen Begebenheiten auf dem örtlichen Mietmarkt berücksichtigt wurden. Die Handlungsanweisungen zu § 22 SGB II bis zum Stand vom 01. Juni 2008 sind rechtswidrig und können nicht zur Begrenzung der tatsächlichen Aufwendungen für die Kosten der Unterkunft herangezogen werden.
1. Abstrakt angemessene Wohnungsgröße: Die als angemessene Wohnfläche für einen Ein-Personen-Haushalt festgelegte Grenze von 50 Quadratmetern ist nicht zu beanstanden. Bei der Bestimmung der Angemessenheit der Wohnungsgröße hat der Landkreis auf Werte zurückgegriffen, welche die Länder auf Grund des § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung (WoFG) festgesetzt haben. Gemäß der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr zum Wohnraumförderungs- und Wohnungsbindungsgesetz vom 15. Oktober 2002 (Amtsblatt für Brandenburg, Nr. 49 vom 27. November 2002, S. 1022 ff) Ziffer 4 zu § 10 Wohnraumfördergesetz Brandenburg beträgt die angemessene Wohnungsgröße für geförderte Mietwohnungen für einen Ein-Personen-Haushalt im Land Brandenburg 50 Quadratmeter. Obwohl das BSG in seiner Entscheidung vom 22. September 2009 den Anknüpfungspunkt als problematisch ansieht, weil auf Vorschriften des jeweiligen Bundesländern zurückgegriffen wird und eine bundeseinheitliche Regelung zu den angemessenen Wohnungsgrößen bislang nicht existiert, hält es die Regelung aus Gründen der Rechtssicherheit und Praktikabilität derzeit noch für vertretbar (vgl. BSG, Urteil vom 22. September 2009, B 4 AS 18/09 R). Eine Verweisung auf die für den Wohnungsbau geltenden Vorschriften hält auch die Kammer für akzeptabel, zumindest werden so regionale Unterschiede innerhalb eines Bundesländer vermieden.
2. Vergleichsraum: Zunächst müsste die Datenerhebung auf einem der Rechtsprechung entsprechenden Vergleichsraum beruhen. Für den räumlichen Vergleichsmaßstab ist in erster Linie der Wohnort des Hilfesuchenden maßgebend. Hierbei ist zu beachten, dass für die Repräsentativität der Bestimmung des Mietpreisniveaus ausreichend große Räume der Wohnbebauung zu beschreiben sind, die aufgrund ihrer räumlichen Nähe zueinander, ihrer Infrastruktur und ihrer verkehrstechnischen Verbundenheit insgesamt betrachtet einem homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden (vergleiche BSG, Urteil vom 19. Februar 2009, Az. B 4 AS 30/08 R). Der Vergleichraum wäre zu klein, wenn er keinen eigenständigen Lebensraum darstellen würde.
Die Kammer ist der Auffassung, dass es bereits an einem korrekt ermittelten Vergleichsraum hier scheitert. Der Beklagte hat hier den Wohnort des Klägers, die Stadt R, der Mietregion B zugeordnet als eine von drei Mietregionen. Dieser Region gehören des Weiteren die Gemeinde B mit Ortsteilen, Gemeinde D mit Ortsteilen, Gemeinde S mit Ortsteilen, Gemeinde W mit Ortsteilen sowie die Stadt N ohne Ortsteile an. Von einer räumlichen Nähe zueinander, einer Infrastruktur und verkehrstechnischen Verbundenheit kann hierbei aufgrund der großen räumlichen Entfernung nicht gesprochen werden. Zwar liegen die Gemeinden B, D, S und W innerhalb eines Gebietes mit etwa 30 km größter Entfernung zueinander. Die Stadt R ist hingegen etwa 50-60 km in westlicher Richtung entfernt und zeichnet sich nicht durch eine Verbundenheit mit den übrigen Gemeinden der Mietregion B aus. Die Aufteilung der Gemeinden und Städte in drei Mietregionen resultiert nach Angaben des Beklagten aus den nach dem Wohngeldgesetz (WoGG) eingeteilten Mietstufen II, III und IV, die in A, B und C umbenannt wurden. Veränderungen der Mietstufen in einzelnen Regionen (beispielsweise in Hauptstadtnähe) führten in der Vergangenheit zur Neueinstufung von Gemeinden in den Mietregion. Einen homogenen Lebens- und Wohnbereich, der durch eine räumlich wie verkehrstechnische Verbundenheit kennzeichnet ist, hat der Landkreis bei der Einteilung der Mietregionen nicht gewählt.
Es spricht viel dafür, die Stadt R, die nach offiziellen Angaben mit Stand vom 31. Januar 2010 23.141 Einwohner auf einer Fläche von 4571 Hektar hatte, als eigenständigen Lebensbereich, gegebenenfalls unter Einbeziehung der Ortsteile mit einer Gesamteinwohnerzahl von 25.360 anzunehmen. Die Kammer lässt die Frage offen, wobei sie darauf hinweist, dass die Ausführungen des Beklagten hinsichtlich des Vergleichsraumes wohl nicht geeignet sind, einen größeren Lebensraum als die Stadt R zu begründen.
3. Nach Feststellung der abstrakt angemessenen Wohnungsgröße und des maßgeblichen Vergleichsraums ist in einem dritten Schritt nach Maßgabe der Produkttheorie zu ermitteln, wie viel auf diesem Wohnungsmarkt für eine einfache Wohnung aufzuwenden ist (vgl. BSG, Urteil vom 22.09.2009, ebd.). Ziel ist es, die aktuellen Verhältnisse auf dem örtlichen Mietwohnungsmarkt wiederzugeben und damit innerhalb des Vergleichsraumes die regionale Angemessenheitsgrenze nachvollziehbar abzubilden.
a) Gegenstand der Beobachtung: Die Daten des Beklagten werden den Anforderungen des BSG nicht gerecht. Ein angemessener Preis pro Quadratmeter ist hinsichtlich eines bestimmten definierten Wohnungsstandards zu ermitteln. Der Beklagte gibt selbst an, keine Differenzierungen nach Ausstattung der Wohnungen, nach dem Standard oder der Lage getroffen zu haben. Zudem erfolgte keine Einteilung der Wohnungen nach Quadratmetern, sondern lediglich nach Größe der Wohnungen in Zimmern. Die Kammer ist der Auffassung, dass eine Unterscheidung nur nach der Anzahl der Wohnräume nicht geeignet ist, einen Quadratmeterpreis zu bestimmen. Aufgrund der Vielzahl baulich unterschiedlicher Wohnungen ist es lebensfremd, dass alle einbezogenen 1-Raum- oder 2-Raum-Wohnungen eine gleiche Wohnungsgröße aufweisen. Insofern wäre eine Bestimmung des Quadratmeterpreises für Wohnungen mit einfachem Standard nur möglich, wenn die Datenerhebung auf Wohnungen einfachen Standards unter Berücksichtigung der Quadratmetergrößen erfolgt oder - nach den für zutreffend gehaltenen Feststellungen des BSG - Wohnungen aus dem Gesamtwohnungsbestand mit einfachem, mittlerem und gehobenen Standard und einer detaillierten Abgrenzung einbezogen werden, um den einfachen Standard zu ermitteln. Im Falle des Einbeziehens von Wohnungen allein einfachen Standards hat der Beklagte offen zu legen, nach welchen Kriterien die Auswahl getroffen wurde und hat dann den Spannoberwert als Angemessenheitsgrenze zugrunde zu legen. Hier hat der Landkreis Wohnungen allen Standards ohne jegliche Differenzierung einbezogen. Die ermittelten Durchschnittwerte lassen keine Aussage über den Preis von tatsächlich vorhandenem Wohnraum zu.
b) Beobachtungszeitraum: Welche Daten der Verwaltungsrichtlinie des Landkreises H zur Anerkennung von angemessenen Unterkunfts- und Heizkosten zur Durchführung des SGB XII und des SGB II vom 1. November 2004 zugrunde gelegt wurden, ist durch den Beklagten nicht mehr ermittelbar. Seit 2005 hat der Beklagte jeweils zum Ende des Kalenderjahres identische Daten zu Nettokaltmiete, Betriebskosten und Heizkosten der Wohnungsunternehmen abgefragt. Jährlich ist dann gesondert über den Anpassungsbedarf der Handlungsanweisung ohne detaillierte Erläuterung der Ergebnisse entschieden worden. Änderungen erfolgten zum 01. Juli 2005, 01. Juli 2006, 01. Juni 2008 und 01. September 2010. Bis zur dritten Änderung 2008 sind die angemessenen Kosten der Unterkunft weiterhin als Bruttowarmmiete ausgewiesen worden.
c) Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung: Als Erkenntnisquellen legt der Beklagte mangels Vorliegen von Mietspiegeln die Daten von 10 Wohnungsunternehmen in 2005, 8 Wohnungsunternehmen in 2006, 22 Wohnungsunternehmen in 2007 zugrunde. Dabei erfolgte die Einteilung des Datenbestandes nach den Mietstufen des WoGG. Teilweise war hinsichtlich der Mietstufe IV (Mietregion C) keine detaillierte Datenübermittlung möglich, soweit die Wohnungsgenossenschaften gebietsübergreifend über weiteren Wohnraum verfügten. Die Einteilung der Wohnungen erfolgte nicht nach Städten und Gemeinden, sondern lediglich nach den zuvor gebildeten Mietregionen.
c) Repräsentativität des Umfangs der einbezogenen Daten: Da weder Wohnungsgrößen noch Wohnungsstandards berücksichtigt wurden, erfüllen die zugrunde gelegten Daten nicht den Anforderungen an die Datenerhebungen. Aus den überreichten Unterlagen ergibt sich nicht, dass die von dem Beklagten erhobenen Daten repräsentativ sind, da kein Vergleich zwischen vorhandenen Wohnungen und den erhobenen Daten vorgenommen wurde.
d) Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und Angaben über die gezogenen Schlüsse: Auf der Grundlage der Daten legte der Beklagte fest, dass Wohnungen einfachen Standards im unteren Drittel liegen und setzte so den Quadratmeterpreis fest. Dabei bestimmte der Landkreis für die Mietregion B die Kappungsgrenze auf 3,82 Euro für einen Ein-Personen-Haushalt. Es geht aus der Festsetzung nicht hervor, dass die Preise für einfache Wohnungen mit dieser Kappungsgrenze wirklichkeitsgetreu wiedergegeben werden. Hinsichtlich der Betriebs- und Heizkosten erfolgte die Beurteilung danach, ob der Quadratmeterpreis laut Handlungsanweisung bei mehr als der Hälfte der übermittelten Daten abgebildet wurde. Außerdem soll der Betriebskostenspiegel für die Bundesländer Ost vom Deutschen Mieterbund e.V. berücksichtigt worden sein.
Die Kammer hält die sture Festsetzung von einem Drittel für Wohnungen einfachen Standards in keinster Weise durch die Daten belegt. Es wird keine Aussage dazu getroffen, wie sich aus den gesammelten Daten ergeben soll, dass der ermittelte Quadratmeterpreis das untere Drittel den Wohnungen mit einfachem Standard darstellt. Die Daten differenzieren weder nach dem Standard der Wohnungen, noch enthalten sie Gewichtungen hinsichtlich der Menge der Wohnungen im Datenbestand mit den unterschiedlichen Standards. Gleiches gilt für die Ermittlung des Quadratmeterpreises für Betriebskosten auf der Grundlage der erhobenen Daten, der für alle Wohnraumgrößen gleich hoch ist. Inwieweit der Betriebskostenspiegel des Deutschen Mieterbundes in die Schlussfolgerungen eingeflossen sein soll, wird nicht nachvollziehbar dargelegt.
Die Differenzierung nach Wohnungsgrößen in Quadratmetern ist in einem schlüssigen Konzept in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts erforderlich (vgl. BSG, Urteil vom 18. Juni 2008, AZ. B 14/7b AS 44/06 R und BSG, Urteil vom 20. August 2009, AZ. B 14 AS 65/08 R). Die Kammer verweist insoweit auf die überzeugenden Ausführungen in dem Urteil des BSG vom 20. August 2009 am angegebenen Ort:
„Unzureichend ist das Konzept aber deshalb, weil die Beklagte nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) darauf verzichtet hat, bei der Ermittlung des angemessenen Quadratmeterpreises nach Wohnungsgrößen zu differenzieren (zum Erfordernis einer solchen Differenzierung bei „grundsicherungsrelevanten Mietspiegeln“, vgl. Keller, NDV 2009, 51, 54 f; Butzer/Keller, NZS 2009, 65, 69). Eine solche Differenzierung ist deshalb geboten, weil nach den Besonderheiten des jeweils maßgebenden örtlichen Wohnungsmarktes, insbesondere aus Gründen der Bevölkerungs- und Sozialstruktur und wegen städtebaulicher Entwicklungen sowohl das Angebot als auch die Nachfrage hinsichtlich kleinerer und größerer Wohnungen erheblich differieren können, was wiederum Auswirkungen auf das quadratmeterbezogene Preisniveau haben kann. Zu Recht hat das LSG darauf hingewiesen, dass kleinere Wohnungen etwa aufgrund des Umstands, dass die Kosten für Bad und gegebenenfalls Küche eine kleinere Wohneinheit umgelegt werden müssen, im Regelfalle einen höheren Quadratmeterpreis aufweisen. Die Verpflichtung, dies bei der Konzeptbildung zu berücksichtigen, stellt entgegen der Auffassung der Revision keine ungerechtfertigte Schlechterstellung größerer Bedarfsgemeinschaften und damit keine Verletzung des Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) dar. Das Ziel des Gesetzes, das soziokulturelle Existenzminimum des Einzelnen entsprechend seinen persönlichen Lebensverhältnissen und Bedarfen sicherzustellen (Bedarfsdeckungsgrundsatz, vgl. § 3 Abs. 3 SGB II), ist ein hinreichender Sachgrund für die Differenzierung. Auch der von der Revision beklagte Verwaltungsaufwand, der mit der Differenzierung nach Wohnungsgrößen verbunden sei, ist kein Rechtswert an sich und rechtfertigt einen Verzicht auf die größenmäßige Differenzierung nicht.“
4. Die Kammer geht davon aus, dass aufgrund des Zeitablaufs und des Verhaltens des Beklagten hier keine eigenen Möglichkeiten zur Ermittlung eines angemessenen Quadratmeterpreises mehr zur Verfügung stehen. Der Beklagte und der Landkreis übersandten dem Gericht mehrere Unterlagen, darunter diverse Stellungnahmen zu den Datenerhebungen. Die in den Unterlagen vorhandenen Von-Bis-Quadratmeterpreise für Wohnraum der einzelnen Mietregionen wurden nicht erläutert und spiegeln nicht die Aussagen und Stellungnahmen zu den erhobenen Daten (ohne Aufschlüsselung der Quadratmeter) wider. Die Bedenken gegen die Ermittlungen konnten in der mündlichen Verhandlung nicht ausgeräumt werden.
5. Es sind daher die tatsächlichen Unterkunftskosten zu gewähren, wobei diese begrenzt werden durch die Tabellenwerte im Wohngeldgesetz. Nach der seit dem 01. Januar 2009 geltenden Wohngeldtabelle in dem Wohnort des Klägers ist eine Bruttokaltmiete von 330 Euro angemessen. Die tatsächlichen Kosten des Klägers betragen nach Vorlage der Betriebskostenabrechnung für 2008 241,50 Euro monatlich und sind daher voll zu übernehmen.
6. Hinsichtlich der zu übernehmenden Heizkosten hat das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 02. Juli 2009 (Az. B 14 AS 36/08 R) festgestellt, dass die Angemessenheit der Heizkosten individuell zu bestimmen ist. Dafür kann der bundesweite Heizspiegel für das jeweilige Berechnungsjahr herangezogen werden, sofern es keinen kommunalen Heizspiegel gibt. Für den Wohnort des Klägers gibt es keinen kommunalen Heizspiegel, sodass die Werte aus dem bundesweiten Heizspiegel heranzuziehen sind. Dabei ist der Höchstbetrag für Heizkosten pro Jahr anhand der Gesamtwohnfläche des Gebäudes zu ermitteln. Hier muss die Gesamtwohnfläche des Gebäudes des Klägers ohne Gewerbe und ohne die übrigen Wohnhäuser in dieser Wohnanlage berücksichtigt werden, sodass von einer Gesamtwohnfläche von 251 – 500 qm auszugehen ist. Nach dem bundesweiten Heizspiegel 2009, der Werte aus dem Jahre 2008 berücksichtigt, lag der ermittelte Grenzbetrag, bis zu dem Heizkosten angemessen sein dürften, bei 17 Euro pro qm. Daraus ergeben sich zu übernehmende Heizkosten für den Zeitraum Oktober bis Dezember 2008 in Höhe von insgesamt 212,50 Euro. Im Heizspiegel 2010 beträgt der Grenzbetrag 19,20 Euro pro qm, sodass für die Monate Januar bis März 2009 insgesamt 240 Euro Heizkosten angemessen wären. Dies entspricht monatlichen Heizkosten von 75,42 Euro, die noch als angemessen gelten und zu übernehmen sind. Die tatsächlichen Heizkosten des Klägers betrugen nach der vorgelegten Abrechnung 91,57 Euro. Abzüglich der Warmwasserpauschale von 6,33 Euro ergibt dies tatsächliche Heizkosten ohne Warmwasser in Höhe von 85,24 Euro. Dieser Betrag dürfte nach dem Urteil des BSG vom 02. Juli 2009 nicht mehr als angemessen zu betrachten sein. Das BSG hält im Regelfall nur den Grenzwert nach dem Heizkostenspiegel im Sinne von § 22 SGB II für angemessen, so dass bei Heizkosten, die den Grenzwert überschreiten, Anlass für die Annahme besteht, dass diese Kosten unangemessen hoch sind. Dies rechtfertigt sich damit, dass die gewählte Grenze bereits unwirtschaftliches und tendenziell unökologisches Heizverhalten berücksichtigt und höhere Heizkosten offensichtlich aus einem Verbrauch entstehen, der einem allgemeinen Heizverhalten in der Bevölkerung nicht mehr entspricht (vgl. BSG, ebd., Rd 23). Auch unter Berücksichtigung der tatsächlichen Quadratmetergröße der Wohnung von 51,3 qm liegt der tatsächliche monatliche Heizkostenbetrag noch etwa 8 Euro pro Monat über dem Grenzwert. Konkreter Vortrag des Klägers, warum trotzdem die Heizkosten angemessen sein sollen, ist unterblieben.
Da die tatsächlichen Kosten abzüglich der Warmwasserpauschale den Grenzbetrag nach dem Heizspiegel übersteigen, ist der Grenzbetrag ohne weiteren Abzug der Warmwasserpauschale zu gewähren.
Die tatsächlichen angemessenen Kosten der Unterkunft des Klägers betragen damit 316,92 Euro monatlich, die sich aus 241,50 Euro Bruttokaltmiete und 75,42 Euro angemessener Heizkosten zusammensetzen. Der Beklagte gewährte in dem streitigen Zeitraum 298 Euro monatlich, so dass sich eine Nachzahlung von 18,92 Euro pro Monat ergibt.
Den vom Beklagtenvertreter vorgetragenen Argumenten, die Gesamtwohnfläche der Wohnanlage für die Bestimmung der Heizkosten heranzuziehen, ist die Kammer nicht gefolgt. Es ist für die Kammer nicht erkennbar, inwieweit bei einer Versorgung mit Fernwärme die Größe der Wohnanlage zu einer Verringerung von Heizkosten führen soll. Zudem ist es bei kommunalen Wohnungsgenossenschaften nicht unüblich, mehrere aneinander liegende Wohnhäuser einer Straße, die über Fernwärme versorgt werden, in einer Abrechnung zu erfassen. Nach Auffassung der Kammer ist die gemeinsame Abrechnung jedoch nicht für die Entscheidung der Gebäudewohnfläche maßgebend. Vielmehr dürfte für die Berechnung allein die Wohnfläche des jeweiligen Hauses heranzuziehen sein, soweit dieses eigenständig ohne Verbindung zu den übrigen Häusern, bspw. durch einen gemeinsamen Keller bzw. Zugang ist. Das ist hier der Fall.
Darüber hinaus schließt die Kammer zwar nicht aus, dass die Einbeziehung von Gewerbeflächen in die Betriebskostenabrechnung die tatsächlichen Heizkosten verzerren könnte. Jedoch darf dies nicht zu Lasten des Beklagten gehen, sondern liegt in der Risikosphäre des Klägers. Die Kammer hält dies auf der Grundlage des durch das Bundessozialgericht vorgeschlagenen großzügigen Grenzwertes für die Übernahme der Heizkosten für vertretbar, da als Grenzwert der Betrag für „extrem hoch“ berücksichtigt wird.
7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
8. Die Berufung war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG.