Gericht | VG Frankfurt (Oder) 5. Kammer | Entscheidungsdatum | 30.08.2019 | |
---|---|---|---|---|
Aktenzeichen | 5 K 2110/17 | ECLI | ECLI:DE:VGFRANK:2019:0830.5K2110.17.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Der Schmutzwasseranschlussbeitragsbescheid für die Herstellung der zentralen Schmutzwasseranlage „N...“ vom 12. Oktober 2015, Az. 2... (29.179,80 Euro), in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. April 2017 wird aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Die Hinzuziehung des Bevollmächtigten der Klägerin im Vorverfahren war notwendig.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin ist Eigentümer der im Kataster als Gemarkung S..., Flur 4..., Flurstück 1... sowie 1... erfassten Grundstücke sowie Erbbauberechtigte des als Gemarkung S..., Flur 4..., Flurstück 1... erfassten Grundbesitzes. Die Flurstücke werden von der Gemeinde postalisch unter der H... gemeinsam mit weiteren Grundstücken im nämlichen Bereich geführt. Die Flurstücke haben allesamt einen eigenen (westlichen) Zugang zur dort verlaufenden H... .
Mit dem von der Klägerin angegriffenen Bescheid vom 12. Oktober 2015 wurde für die drei Flurstücke ein (einheitlicher) Schmutzwasseranschlussbeitrag in Höhe von 29.179,80 Euro zur Bescheidnummer 2... festgesetzt. Auf den hiergegen von der Klägerin erhobenen Widerspruch änderte der Beklagte die Beitragsfestsetzung mit Widerspruchsbescheid vom 28. April 2017 dahingehend, dass unter Zurückweisung des Widerspruchs im Übrigen ein Beitrag für jedes Flurstück separat, nämlich für Flurstück 1... in Höhe von 12.498,64 Euro, für Flurstück 1... in Höhe von 10.293,19 Euro und für Flurstück 1... in Höhe von 6.387,97 Euro festgesetzt wurde (Summe: 29.179,80 Euro).
Die Flurstücke waren ursprünglich an eine Druckleitung zur Entsorgung des anfallenden Schmutzwassers in das „R... “ angeschlossen, welches seinerzeit durch die dortige Landespolizeischule betrieben wurde.
Ausweislich eines Schreibens des damaligen Geschäftsführers des Verbandes des Beklagten unter dem 30. August 1995 wurde die Klägerin zu einer „Klärung der weiteren Verfahrensweise bei der Abwasserbeseitigung des Geländes H... in S... “ zu einer Beratung am 07. September 1995 eingeladen. Darin wurde mitgeteilt, dass ab dem 01. September 1995 die Abwasserbeseitigung des vorbezeichneten Grundbesitzes nicht mehr in das R..., „sondern in die zentrale Abwasserleitung des N... in der H... in S... “ erfolge. Für eine in diesem Einladungsschreiben angesprochene Sanierung eines Pumpwerks würden die „ansässigen Firmen die volle Höhe des Anschlussbeitrages“ zahlen. Ausweislich eines Schreibens vom 12. März 1996 erklärte dieser Geschäftsführer, die Abwasserentsorgung für das damalige Gewerbegebiet S... sei mit „Umbindung“ zum 01. September 1995 an das öffentliche Entsorgungsnetz S... angeschlossen worden, weshalb nach der Abwasserbeseitigungssatzung die Anschluss- und Beitragspflicht entstanden sei. Ausweislich eines weiteren Schreibens des Verbandes des Beklagten vom 21. April 1997 wurde die Klägerin gebeten, eine Einzugsermächtigung für die Gebührenabrechnung betreffend Trink- und Abwassergebühren für die Verbrauchsstelle H..., zu erteilen. Mit Schreiben vom 15. Juli 1998 erklärte die damalige Betriebsingenieurin H... unter dem Briefkopf des Verbandes des Beklagten, der Grundbesitz H... sei bereits in 1998 an die zentrale Trink- und Abwasserleitung angeschlossen und werde unter der Kundennummer 0... geführt.
Ausweislich einer Abnahmebescheinigung vom 12. Januar 2000 wurde der Grundbesitz H... mit einem „TW-Anschluss“ durch das Gewerk „TW-Rohrleitungsbau“ angeschlossen.
In der zum 17. Oktober 1992 in Kraft getretenen Gründungssatzung des Verbandes des Beklagten, deren Gründungsmitglied auch die ehemalige Gemeinde S... war, heißt es in § 1 Abs. 5 S. 2, dass der Verband zum Zwecke der Wasserversorgung die kommunalen wasserwirtschaftlichen Anlagen „übernimmt, unterhält, erneuert und erweitert“. Gemäß § 1 Abs. 6 dieser Satzung stellen die Mitgliedsgemeinden dem Verband die kommunalen wasserwirtschaftlichen Anlagen unentgeltlich zur Verfügung. Diese Satzung und die nachfolgenden Änderungssatzungen sind mit Feststellungsbescheid vom 02. Juni 1999 festgestellt worden. Bereits zuvor nahm der Verband des Beklagten entsprechend der satzungsrechtlichen Regelungen seine Tätigkeit auf.
Im Rahmen der Rekommunalisierung auch örtlicher Versorgungsanlagen übernahm der Beklagte sämtliche Hauptleitungen – nach seiner Auskunft ohne Anschlussleitungen und ohne Grundstücksanschlüsse – von der damaligen M... in welcher der Bestand des ursprünglichen V... aufgegangen war, aufgrund notariellen Vertrags vom 08. Dezember 1994 mit Wirkung zum 01. Januar 1995. Dieser Vertrag wurde – was der Beklagte nicht mehr genau recherchieren konnte – Ende 1995 / Anfang 1996 genehmigt. Zum Vertragsgegenstand heißt es in dem gerichtsbekannten Vertrag unter § 1 Nr. 1.1 ausdrücklich:
„Der Vertrag bezieht sich auf alle Vermögensgegenstände und Verpflichtungen der M... im Bereich der Wasserwirtschaft (Wasserversorgung, Abwasserbehandlung und Abwasserbeseitigung) im Vertragsgebiet gemäß § 2, insbesondere auf die Betriebe und Anlagen der Wasserversorgung, Abwasserbehandlung und Abwasserbeseitigung, soweit sie sich im Besitz und/oder Eigentum der M... befinden bzw. von ihr betrieben werden und nicht ihre Zuordnung zu anderen Aufgabenträgern vorbehalten bleibt oder erfolgt. Der Vertrag bezieht sich auf alle Betriebe und Anlagen der Versorgung mit Wasser, der Wassergewinnung, der Abwasserableitung und der Abwasserbehandlung einschließlich der Behandlung des Abwasserschlamms und die dazu gehörenden Energieanlagen.“
Das in § 2 näher definierte Vertragsgebiet umfasst die Gemeinden des Verbandsgebietes, bestehend aus den Gebieten der Gemeinden B... und W... . Zwar verweist der Vertrag auf eine nähere Beschreibung der übertragenden Betriebe und Anlagen auf eine Anlage zum Vertrag, indes ist der Beklagte nicht (mehr) in der Lage diese Anlage vorzulegen.
Der Verband des Beklagten hatte bereits zum Zeitpunkt der Geltung des Kommunalabgabengesetztes für das Land Brandenburg, insbesondere des § 8 Abs. 7 S. 1 und 2, in der Fassung vom 27. Juni 1991 Anschlussbeitragssatzungen betreffend Schmutzwasser erlassen. So ist zunächst die Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die Abwasserbeseitigung durch den N... vom 24. März 1993 erlassen worden. Eine weitere Beitrags- und Gebührensatzung Abwasser wurde unter dem 27. Juli 1994 erlassen. Auch für die Zeit der Fassung des Kommunalabgabengesetzes für das Land Brandenburg aufgrund der Änderungen durch das Gesetz vom 27. Juni 1995 (gültig bis 12. April 1999) hatte der Beklagte mit der Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die Abwasserbeseitigung durch den N... vom 21. Mai 1996 (Beitrags- und Gebührensatzung Abwasser) eine rückwirkend zum 01. April 1996 im Verbandsgebiet in Kraft getretene Satzung erlassen.
Nach § 2 Abs. 1 in Verbindung mit § 3 S. 1 dieser Beitrags- und Gebührensatzungen Abwasser waren „alle Grundstücken inclusive Wochenendgrundstücken“ betragspflichtig für Anschlussbeiträge, für die eine Anschlussmöglichkeit an die Abwasserbeseitigungsanlage des Verbands des Beklagten bestand. Darüber hinaus bestimmte § 2 Abs. 2 der Beitrags- und Gebührensatzung Abwasser wörtlich:
„Wird ein Grundstück an die Anlage angeschlossen, so unterliegt es der Beitragspflicht auch dann, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht vorliegen.“
Die Beitragspflicht erstreckte sich nach § 3 S. 2 dieser Betrags- und Gebührensatzungen Abwasser ausdrücklich auch auf
„Grundstücke, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Satzung bereits an die Abwasserbeseitigungsanlage angeschlossen werden konnten oder schon angeschlossen waren“.
Mit ihrer am 02. Juni 2017 beim Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) eingegangenen und gegen den N... gerichteten Klage beruft sich die Klägerin – unter anderem – auf die sogenannte hypothetische Festsetzungsverjährung im Sinne der Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November 2015 – 1 BvR 2961/14 u.a. – und der nachgehenden Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid-Nr. 2... des Beklagten vom 12. Oktober 2015 zu Debitor 6... über die Erhebung eines Schmutzwasseranschlussbeitrags und den Widerspruchsbescheid des Beklagten zu gleichem Aktenzeichen vom 28. April 2017 aufzuheben.
sowie
die Zuziehung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, die ausweislich des Klagerubrums gegen den Verband des hier rubrizierten Beklagten gerichtete Klage sei bereits unzulässig, da die Klägerin Klage gegen den falschen Beklagten erhoben hätte.
Ferner gehe der Beklagte davon aus, dass die innere Erschließung wie auch die der einzelnen Grundstücke durch den (damaligen) industriellen Nutzer erfolgt seien. Wer das Gebiet wann erschlossen habe, entziehe sich seiner Kenntnis. Eigene Aktivitäten seien nicht entfaltet worden. Frühestens mit der Bauabnahme durch den Beklagten bzw. dessen Verband am 12. Januar 2000 habe ein hinreichend rechtlich gesicherter Grundstücksanschluss bestanden. Erst ab diesem Zeitpunkt habe der Beklagte Gebühren erhoben. Zudem sei bis in das Jahr 2011 hinein Voraussetzung für das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht ein verbandseigener Grundstücksanschluss gewesen. Dies aber sei erst nach Ende 1999, nämlich am 12. Januar 2000 erstmals der Fall gewesen. Bis zur Beitragssatzung 2011 habe sowieso keine wirksame Beitragssatzung des Verbandes des Beklagten existiert; die vorgehenden Satzungen seien allesamt nichtig gewesen. Schließlich sei erst zum 01. Januar 2005 die heute die Beitragspflicht auslösende Anlage entstanden, denn erst zu diesem Zeitpunkt sei das Gemeindegebiet der ehemaligen Gemeinde Z... in das Verbandsgebiet aufgenommen worden und die bisherige Anlage in einer neuen „Gesamtanlage“ aufgegangen, so dass rechtlich eine neue Anlage zu erkennen sei.
Hinsichtlich des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf diese Gerichtsakte sowie die beigezogenen Parallelakte 5 K 2109/17 sowie die hierzu jeweils beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.
I.
Das Gericht durfte in der Besetzung „Einzelrichter“ entscheiden. Denn nachdem die Beteiligten zur beabsichtigten Übertragung des Verfahrens auf den Einzelrichter mit Verfügung vom 08. Februar 2019 angehört wurden, ist ein Übertragungsbeschluss gemäß § 6 Abs. 1 S 1 VwGO am 18. Februar 2019 gefasst worden.
II.
Das Rubrum war mit Blick auf § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO in Verbindung mit § 8 Abs. 2 Brandenburgisches Verwaltungsgerichtsgesetz (BbgVwGG) von Amts wegen dahingehend zu berichtigen, dass der Beklagte die Behörde selbst, also der Verbandsvorsteher des N... ist (vgl. nur OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12. Februar 2015 – 9 S 9.14 sowie VG Frankfurt Oder, Beschluss vom 17. Februar 2014 – 5 L 15/13). Die anwaltliche Vertretung der Klägerin hindert eine Berichtigung nicht (vgl. nur VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29. Januar 2014 – 3 S 147/12; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 04. Juli 2007 – 5 ME 131/07).
III.
Die zulässige Klage ist begründet.
Der von der Klägerin angegriffene Beitragsbescheid in Gestalt des hierzu ergangenen Widerspruchsbescheids ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO.
1.
Für den Erlass der angegriffenen Beitragsbescheide kann der Beklagte auf keine taugliche Rechtsgrundlage zurückgreifen.
a. Einzige in Betracht kommende Rechtsgrundlage für die vom Beklagten an die Kläger gerichteten Beitragsbescheide ist die Satzung über die Erhebung von Schmutzwasseranlagenanschlussbeiträgen für die Schmutzwasserbeseitigung des N... vom 12. April 2011 (Beitragssatzung Schmutzwasser). Denn nur diese beansprucht für den Zeitpunkt der Beitragsfestsetzung durch den Beklagten im Jahr 2015 Wirksamkeit und misst sich bis heute Wirksamkeit zu.
b. Unabhängig von deren Wirksamkeit unterliegt deren Anwendung hier aber durchgreifenden rechtlichen, auch verfassungsrechtlichen, Bedenken mit Blick auf das hier auch durch die Grundrechtsposition der Klägerin aus Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verstärkte und aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG fließende Verbot der (echten) Rückwirkung im Sinne der sogenannten hypothetischen Festsetzungsverjährung (hierzu BVerfG, Beschluss vom 12. November 15 – 1 BvR 2961/14; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Februar 2016 – 9 S 1.16; Urteil vom 28. Juni 2017 – 9 S 14.16).
Die genannte Satzung ist keine taugliche Rechtsgrundlage, denn für sämtliche Flurstücke der Klägerin bestanden bereits vor Ablauf des 31. Dezember 1999 die Anschlussmöglichkeiten an die zentrale Schmutzwasserbeseitigungsanlage des Verbandes des Beklagten und der Verband des Beklagten hat bereits in einem ersten – zwar unwirksamen – Satzungsversuch auf den ursprünglich durch § 8 Abs. 7 S. 2 Kommunalabgabengesetz für das Land Brandenburg in der bis zum 31. Januar 2004 geltenden Fassung (KAG a.F.) vermittelten Schutz verzichtet, so dass er den Schutz des § 8 Abs. 7 S. 2 Kommunalabgabengesetzes für das Land Brandenburg in der seit dem 01. Februar 2004 geltenden Fassung nicht mehr in Anspruch nehmen kann, da sonst ein Fall der verbotenen echten Rückwirkung vorliegen würde (BVerfG, Beschluss vom 12. November 15 – 1 BvR 2961/14; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Februar 2016 – 9 S 1.16; Urteil vom 28. Juni 2017 – 9 S 14.16; siehe auch OVG Brandenburg, Urteil vom 08. Juni 2000 – 2 D 29/98.NE).
(1) Nach der Überzeugung des Gerichts bestand für den gegenständlichen Grundbesitz die tatsächliche, wie auch die rechtliche Anschlussmöglichkeit an die zentrale Schmutzwasserbeseitigungsanlage des Verbandes des Beklagten.
So bestand nach der gerichtlichen Überzeugung sogar ein tatsächlicher Anschluss an das Entsorgungsnetz des Verbandes des Beklagten vor Ende 1999 von welchem der Beklagte auch eindeutig Kenntnis hatte.
Auch aus den Ausführungen des Beklagten – insbesondere mit Schriftsatz vom 15. Januar 2018 – ist bereits nicht klar ersichtlich, ob der Beklagte sich in diesem Verfahren tatsächlich auf den Standpunkt stellt, eine zentrale Entsorgung seit spätestens 01. September 1995 sei nicht durch seinen Zweckverband auch im nämlichen Gebiet übernommen worden. Die von der Klägerin vorgelegten und im Tatbestand teilweise wiedergegebenen Schreiben aus den Jahren 1995 bis 1998 belegen zur Überzeugung des Gerichts eindeutig, dass auch das auf dem hier interessierenden Grundbesitz seit der Umbindung am 01. September 1995 anfallende Schmutzwasser tatsächlich vom Zweckverband des Beklagten über einen in der dort belegenen H... befindlichen Sammler entsorgt wurde und der Zweckverband hiervon auch selbst Kenntnis hatte. Vor dem Hintergrund der im Tatbestand (teilweise) zitierten satzungsrechtlichen Bestimmungen aus den 1990er Jahren – insbesondere des damaligen § 2 Abs. 2 der Beitrags- und Gebührensatzungen Abwasser – waren die Flurstücke damit auch seinerzeit bereits beitragspflichtig. Dies wird mit den Ausführungen in den von der Klägerin vorgelegten Schreiben des Zweckverbandes auch eindeutig bestätigt. Bereits die darin anklingende damalige Auffassung innerhalb des Verbandes des Beklagten führt die heutige Behauptung des Beklagten in diesem – wie auch anderen – Verfahren, für eine historische Beitragspflicht sei es immer auch auf die Eigentümerstellung des Verbandes des Beklagten am Grundstücksanschluss angekommen, ad absurdum. Aus den von der Klägerin vorgelegten Schreiben ist eindeutig ersichtlich, dass nach damaliger Auffassung im Verband des Beklagten es darauf nicht ankam. Im Übrigen belegen aus parallelen Verfahren bekannte Beitragserhebungen durch den Beklagten aus der damaligen Zeit diese Praxis (so insbesondere im Verfahren vor dem Einzelrichter zu Aktenzeichen 5 K 1308/15). Weshalb der Beklagte in diesem Verfahren auf die Abnahme eines Trinkwasseranschlusses am 12. Januar 2000 schriftsätzlich hinweisen lässt, erschließt sich nicht.
Vor dem Hintergrund des seit der Umbindung zum 01. September 1995 bestehenden tatsächlichen Anschlusses, vor dem Hintergrund einer eindeutig belegten Kenntnis des Beklagten von diesen Anschlüssen sowie vor dem Hintergrund der damaligen Satzungslage – insbesondere § 2 Abs. 2 der historischen Beitrags- und Gebührensatzungen Schmutzwasser – und der bekannten Beitragserhebungspraxis (hierzu Kluge, in: Becker u. a., KAG Bbg, Stand September 2017, § 10 KAG Rn. 28 a. E.), ist eindeutig die sachliche Beitragspflicht bereits vor dem Ende des Jahres 1999 entstanden. Dem steht auch der Vortrag des Beklagten nicht entgegen, es habe bis in das Jahr 2011 für das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht eines Eigentums des Verbandes am Grundstücksanschluss bedurft. Denn das ist satzungsrechtlich nicht nachzuvollziehen und noch nicht einmal aus der damaligen Erhebungspraxis nicht erkennbar (vgl. hierzu näher bereits VG Frankfurt Oder, Urteil vom 11. Januar 2019 – 5 K 1308/15).
(2) Wie aus den zuvor bereits zitierten Satzungen ersichtlich, hatte der Verband des Beklagten bereits in den neunziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts diverse Beitrags- und Gebührensatzungen auch für die Erhebung von Schmutzwasseranschlussbeiträgen mit formellem Geltungsanspruch erlassen.
(3) Die vom Verband des Beklagten seit dem Beitritt der Gemeinde Z... betriebenen Anlagen zur Trinkwasserversorgung und Schmutzwasserentsorgung sind gleichzusetzen mit den bis zum Beitritt der Gemeinde Z... vom Verband des Beklagten betriebenen Anlagen. Der Beitritt dieses ehemaligen Gemeindegebietes versetzt den Verband des Beklagten nicht in die Lage, von neuen Gesamtanlagen auszugehen, für die Herstellungsbeiträge (erstmals) erhoben werden könnten und steht insbesondere der hier angenommenen hypothetischen Festsetzungsverjährung nicht entgegen (vgl näher bereits VG Frankfurt Oder, Urteil vom 11. Januar 2019 – 5 K 1308/15). Dies zumal zentrale Entsorgungseinrichtungen in diesem Gebiet nach dem Kenntnisstand des Einzelrichters vor 2005 auch gar nicht existierten.
(4) Der Verband des Beklagten, in dessen Verbandsgebiet das veranlagte Grundstück liegt, war auch bereits seit den 90er Jahren (aufgrund des Gesetzes zur rechtlichen Stabilisierung der Zweckverbände für Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung vom 6. Juli 1998 - StabG, GVBl. I/1998, S.162) rechtlich existent. Die Rückwirkende (stabilisierende) Inkraftsetzung der Verbandssatzungen steht der hier angenommenen hypothetischen Festsetzungsverjährung nicht entgegen (vgl. – neben diversen anderen – bereits VG Frankfurt Oder, Urteil vom 11. Januar 2019 – 5 K 1250/15).
(5) Insoweit wird hier den Erwägungen aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 27. Juni 2019 – III ZR 93/18 – nicht gefolgt. Die darin vertretene Auffassung bleibt eine in diesem Verfahren unbedeutende Einzelmeinung.
2.
Durch den rechtswidrigen Beitragsbescheid ist die Klägerin in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt, denn sie muss die vom Beklagten festgesetzten und geforderten Zahlungen nicht leisten.
IV.
1.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 709 der Zivilprozessordnung (ZPO).
2.
Mit Blick auf den komplexen Sachverhalt und das anzuwendende Recht war die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren durchaus notwendig im Sinne des § 162 Abs. 2 S. 2 VwGO.
3.
Gründe, die Berufung zuzulassen (§ 124a Abs. 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO) sind nicht ersichtlich.