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Entscheidung VK 65/10


Metadaten

Gericht Vergabekammer Potsdam Entscheidungsdatum 10.01.2011
Aktenzeichen VK 65/10 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Der Nachprüfungsantrag wird verworfen.

2. Die Antragstellerin trägt die Kosten (Gebühren und Auslagen) des Verfahrens sowie die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Auftraggeberin.

3. Die Gebühr für das Verfahren wird auf X.XXX,XX EUR festgesetzt und mit dem eingezahlten Kostenvorschuss verrechnet.

4. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Auftraggeberin wird für notwendig erklärt.

Gründe

I.

Die Auftraggeberin schrieb im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union vom … 2010 die Vergabe von Generalplanungsleistungen von Architekten und Ingenieuren für den Neubau eines Sport- und Freizeitbades … im Beschleunigten Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb europaweit aus.

Als Bedingung für den Auftrag bestimmte die Auftraggeberin in Ziff. III.1.1) der Bekanntmachung – Geforderte Kautionen und Sicherheiten – eine Berufshaftpflichtversicherung einer Versicherungsgesellschaft mit Sitz in der EU mit Mindestdeckungssummen von 5 Mio. EUR für Personenschäden und 2,5 Mio. EUR für sonstige Schäden pro Schadensereignis.

Im Hinblick auf die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit forderte sie in Ziffer III.2.2) (5) der Bekanntmachung für die Berufshaftpflichtversicherung einer Versicherungsgesellschaft mit Sitz in der EU mit Mindestdeckungssummen von 5 Mio. EUR für Personenschäden und 2,5 Mio. EUR für sonstige Schäden pro Schadensereignis die Nachweisführung durch Kopie des Versicherungsscheins oder durch eine Bestätigung des Versicherers. Soweit eine Versicherung mit den Mindestdeckungssummen nicht besteht, war eine unwiderrufliche Erklärung eines Berufshaftpflichtversicherers mit Sitz in der EU, mit dem Bewerber im Auftragsfall eine Versicherung mit den genannten Mindestdeckungssummen abzuschließen, einzureichen.

In Ziffer VI.3) (12) der Bekanntmachung wies die Auftraggeberin darauf hin, dass im Hinblick auf den Nachweis einer Berufshaftpflichtversicherung in Ziffer III.2.2) (5) die Bestätigung eines Versicherungsmaklers über den Versicherungsschutz nicht ausreichend ist.

Für den Fall, dass ein Bewerber von der Möglichkeit Gebrauch machen sollte, Nachunternehmer vorzusehen, war der Nachunternehmer zu benennen und der Nachunternehmeranteil zu bezeichnen. Der Nachunternehmer, auf den der Bewerber für den Nachweis seiner Eignung zurückgreift, hatte eine Verfügbarkeitserklärung abzugeben und auch die geforderten Nachweise, Erklärungen und Angaben einzureichen, Ziffer VI.3) (8) der Bekanntmachung.

Mit Schreiben vom … 2010 teilte die Auftraggeberin der Antragstellerin mit, dass sie im Zuge der Auswertung der eingereichten Unterlagen festgestellt habe, dass diese nicht den Anforderungen gemäß ihrer Bekanntmachung entsprechen. Die Antragstellerin erhalte daher eine tabellarische Auflistung nachzureichender (zu ergänzender) Unterlagen, die für eine Wertung ihres Teilnahmeantrages noch benötigt würden. Die tabellarische Auflistung enthielt einen Abschnitt „Nachforderungsliste für Bewerber“ sowie einen Abschnitt „Nachforderungsliste für Nachunternehmer“. Hier listete die Auftraggeberin u.a. unter „lfd. Nr. aus Ankündigung III.2.2.5)“ auf: Kopie der Berufshaftpflichtversicherung mit Mindestdeckungssummen (5 Mio. Personen/2,5 Mio. sonstige Schäden; Kopie des Versicherungsscheins oder unwiderrufliche Erklärung des Versicherungsunternehmens.

Mit Schreiben vom … 2010 übersandte die Antragstellerin der Auftraggeberin auf deren schriftliche Anforderung u.a. folgende Unterlagen: Eine Eigenerklärung gemäß § 7 Abs. 2 VOF der Ingenieurbüro … vom … 2010, dass sie im Falle der Auftragsvergabe an die Antragstellerin für diese als Nachauftragnehmer im Bereich … arbeiten werde. Einer weiteren Erklärung der Ingenieurbüro … zur Haftpflichtversicherung vom … 2010 war zu entnehmen, dass sie gemäß der beiliegenden Deckungsbestätigung über eine Berufshaftpflichtversicherung bei der … mit Deckungssummen für Personenschäden von 1,XXX Mio. EUR sowie für Sach- und Vermögensschäden von 1,XXX Mio. EUR verfügt. Die beigefügte Deckungsbestätigung vom … 2010 stammte von der …makler … .

Mit Schreiben vom … 2010, bei der Antragstellerin eingegangen am … 2010, teilte die Auftraggeberin mit, dass die Bewerbung der Antragstellerin für das weitere Vergabeverfahren nicht berücksichtigt werden könne. Sie habe den Nachweis der Berufshaftpflichtversicherung für den Nachunternehmer … gemäß Ziffer III.2.2) (5) i.V.m. Ziffer VI.3) (8) der Vergabebekanntmachung nicht in der geforderten Form (Ziffer VI.3) (12) der Bekanntmachung) erbracht. Versicherungsmaklerbestätigungen seien gemäß Ziffer VI.3) (12) der Bekanntmachung ausdrücklich nicht ausreichend gewesen. Im Übrigen entspreche auch die Eigenerklärung der … vom … 2010 über die Erhöhung der Sicherheiten im Falle einer Auftragserteilung nicht den Anforderungen der Ziffer III.2.2) (5) der Bekanntmachung, da sie weder unwiderruflich, noch durch einen Berufshaftpflichtversicherer erfolgt sei.

Die Antragstellerin beanstandete diese Entscheidung mit Schreiben vom … 2010, bei der Auftraggeberin eingegangen am … 2010. Zusätzlich zu der bereits mit der Bewerbung eingereichten, auch hinsichtlich aller Nachunternehmerleistungen uneingeschränkten und damit auch für den Leistungsanteil des als Nachunternehmer benannten Büros … ausreichenden Versicherungsbestätigung für die Antragstellerin sei neben der Nachunternehmererklärung zur Haftpflichtversicherung und der Deckungsbestätigung … seitens der …makler … nachfolgende Erklärung beigegeben: „Die Haftung gegenüber Auftraggeber über 5 Mio. € Personenschaden/2,5 Mio. € sonstige Schäden durch den Bewerber … ist nachgewiesen (Anlage 5 der Bewerbung).“ Die Haftpflichtversicherung sei damit bereits mit Anlage 5 der Bewerbung auch für den Leistungsanteil des Nachunternehmers in einer der Bekanntmachung entsprechenden Form nachgewiesen gewesen.

Die Auftraggeberin erwiderte mit am … per Fax um … Uhr der Antragstellerin übersandtem Schreiben. Unter Hinweis auf die Ziffern VI.3) (8) sowie III.2.2) (5) der Bekanntmachung und unter Bezugnahme auf ihr Schreiben vom … 2010 erklärte sie, die Antragstellerin habe diesen Nachweis für den benannten Nachunternehmer …, auf dessen Eignung sie sich zum Nachweis ihrer eigenen Eignung berufe, nicht erbracht. Soweit die Antragstellerin diese im Rahmen der Bekanntmachung aufgestellte Forderung generell beanstande, habe sie dies spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung genannten Bewerbungsfrist rügen müssen.

Mit weiterem Schreiben vom …, bei der Auftraggeberin eingegangen am …, wies die Antragstellerin darauf hin, dass nach dem Text der Veröffentlichung der von ihr für den gesamten Leistungsumfang einschließlich der Leistungen des Nachunternehmers rechtzeitig und vollständig in der geforderten Form eingereichte Versicherungsnachweis ausreiche, und zwar sowohl als Nachweis für sie als Bewerber als auch als Nachweis der ausreichenden Versicherung der Nachunternehmerleistung. Weitergehende Nachweisforderungen ließen sich aus dem Text der Veröffentlichung nicht entnehmen. Erst mit dem Schreiben der Auftraggeberin vom … 2010 sei für sie erkennbar gewesen, dass die Ausschreibungsbedingungen nach der Leseart der Auftraggeberin eine weitergehende Nachweisführung erforderlich machen sollten, die so nicht aus dem Text der Veröffentlichung ersichtlich werde. Die daraufhin mit Schreiben vom … 2010 erfolgte Rüge sei daher auch unverzüglich im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB erfolgt.

Die Auftraggeberin hielt mit am … 2010 bei der Antragstellerin eingegangenem Schreiben weiter an ihrer Entscheidung fest. Die seitens der Antragstellerin erwähnten „weitergehenden Nachweisforderungen“ würden sich, wie bereits in den Schreiben der Auftraggeberin vom ... und ... 2010 ausgeführt, aus Ziffer VI.3) (8) der Bekanntmachung ergeben.

Mit am … 2010 bei der Vergabekammer eingegangenem Schreiben hat die Antragstellerin bei der Vergabekammer des Landes Brandenburg einen Nachprüfungsantrag gestellt.

Sie habe mit dem Nachweis ihrer Haftpflichtversicherung für den gesamten Leistungsumfang auch hinsichtlich des Leistungsumfanges des Nachunternehmers einen den Anforderungen der Veröffentlichung entsprechenden Versicherungsnachweis erbracht. Insbesondere aus Ziff. III.2.2) (5) und Ziff. VI.3) (8) der Bekanntmachung ergebe sich nichts anderes. Der in Ziff. VI.3) (8) geforderte Nachweis sei für den Leistungsanteil des Büros … bereits dadurch erbracht, dass die Antragstellerin als Bewerber einen den Anforderungen der Bekanntmachung in jeder Hinsicht – auch hinsichtlich der Ziffern VI.3) (12) und III.2.2) (5) – für den gesamten Leistungsumfang uneingeschränkten und damit ausreichenden Versicherungsnachweis erbracht und im Schreiben vom … nochmals ausdrücklich auf die uneingeschränkte Deckung auch für den Leistungsanteil des Nachunternehmers hingewiesen habe. Eine darüber hinausgehende Nachweisführung sei auch nach Ziffer III.2.2) (5) i.V.m. Ziffer VI.3) (8) der Bekanntmachung nicht verlangt gewesen.

Mit weiterem Schreiben vom … 2010 – auf einen Hinweis der Vergabekammer vom … 2010 – meint die Antragstellerin, die in der Bekanntmachung genannte Frist des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GWB sei frühestens ab dem … 2010 gelaufen. Aus dem Text der Bekanntmachung ließe sich gerade nicht entnehmen, dass es sich bei dem für den Nachunternehmer einzureichenden Versicherungsnachweis um den Nachweis einer eigenen Versicherung des Nachunternehmers für seinen Leistungsumfang handeln solle. Die Frist des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GWB habe daher frühestens mit Eingang des Schreibens von … am … 2010 begonnen.

Die Antragstellerin beantragt,

1. die Auftraggeberin zu verpflichten, die Bewerbung der Antragstellerin auch im weiteren Vergabeverfahren zu berücksichtigen,

2. der Auftraggeberin die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Antragstellerin notwendigen Auslagen aufzuerlegen und den die Notwendigkeit einer anwaltlichen Vertretung der Antragstellerin betreffenden Feststellungsantrag aus dem Schriftsatz der Auftraggeberin vom … 2010 zurückzuweisen,

3. die Vergabeakten zur Einsicht zu übersenden, hilfsweise die Auftraggeberin zu verpflichten, die Vergabeakten zur Einsicht zu übersenden, hilfshilfsweise die Einsicht einschließlich der Möglichkeit zur Fertigung von Abschriften und Kopien jeglicher Art während üblicher Geschäftszeiten außerhalb der Wochenenden und Weihnachtsferien zu gewähren.

Die Auftraggeberin beantragt,

1. der Antragstellerin Einsicht in die Vergabeakte zu versagen,

2. den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zurückzuweisen,

3. der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Auftraggeberin aufzuerlegen,

4. festzustellen, dass die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Auftraggeberin notwendig war.

Die Antragstellerin sei mit ihrer Rüge gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 2 GWB präkludiert, da die aus ihrer Sicht unzulässige Forderung des Nachweises einer Haftpflichtversicherung mit den in der Bekanntmachung vorgegebenen Mindestdeckungssummen auch für den Subunternehmer bereits aus der Bekanntmachung selbst hervorging. Darüber hinaus sei diese Forderung in dem Schreiben der Auftraggeberin vom … 2010 ausdrücklich wiederholt und wiederum von der Antragstellerin bis zum Ablauf der gesetzten Frist zur Nachreichung der fehlenden Unterlagen nicht gerügt worden. Dies führe zur Rügepräklusion gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 3 GWB. Die Forderung, dass das Vorliegen einer Haftpflichtversicherung mit den aus der Bekanntmachung hervorgehenden Mindestdeckungssummen durch ein Versicherungsunternehmen und eben gerade nicht durch einen Versicherungsmakler zu erfolgen habe, habe sich bereits aus der Bekanntmachung unter Ziff. VI.2) (12) ergeben. Diese Forderung habe die Antragstellerin unstreitig bis zum Ablauf der Teilnahmefrist nicht gerügt. Dies gelte auch für die Nachforderung der Auftraggeberin vom … 2010. Die Antragstellerin sei auch mit ihrer Rüge der Nichtberücksichtigung ihres Teilnahmeantrages präkludiert. Eine Rüge erst zehn Tage nach positiver Kenntnisnahme sei nicht mehr als unverzüglich im Sinne des § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB anzusehen. Der Nachprüfungsantrag sei zudem bereits gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 4 GWB unzulässig, da er am … 2010 und damit nach mehr als 15 Kalendertagen nach Zugang der Mitteilung der Auftraggeberin, der Rüge nicht abhelfen zu wollen, gestellt wurde.

Mit weiterem Schriftsatz vom … 2010 vertieft die Auftraggeberin ihren Vortrag.

Auf die Vergabeakten sowie die eingereichten Schriftsätze der Beteiligten wird ergänzend Bezug genommen.

II.

Der Nachprüfungsantrag ist unzulässig.

Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin, der die Nichtberücksichtigung der Bewerbung der Antragstellerin rügt, ist nicht fristgerecht bei der Vergabekammer eingereicht worden. Gemäß § 107 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 GWB ist ein Antrag unzulässig, wenn mehr als 15 Kalendertage nach Eingang der Mitteilung des Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, vergangen sind. Zwischen dem Zurückweisungsschreiben der Auftraggeberin und dem Nachprüfungsantrag der Antragstellerin liegen mehr als 15 Kalendertage. Die Antragstellerin erhob die Rüge mit Schreiben vom … 2010. Die Auftraggeberin entgegnete durch Schreiben vom … 2010. Dieses Schreiben wurde der Antragstellerin am selben Tage per Fax um … Uhr übersandt. Die Frist nach § 107 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 GWB war am … 2010, 20 Kalendertage nach Zugang des Nichtabhilfeschreibens, als die Antragstellerin ihren Nachprüfungsantrag stellt, verpasst. Damit ist der Nachprüfungsantrag, der sich auf die Nichtberücksichtigung der Bewerbung der Antragstellerin bezieht, gemäß § 107 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 GWB unzulässig.

Der Nachprüfungsantrag ist gemäß § 107 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 GWB unzulässig, soweit die Antragstellerin die Diskrepanz zwischen der unbestimmten Formulierung von Anforderungen an den Versicherungsnachweis des Nachunternehmers einerseits und der diesen Anforderungen einschränkenden Interpretation durch die Auftraggeberin beanstandet. Geht man zugunsten der Antragstellerin davon aus, dass die von der Auftraggeberin vom Nachunternehmer geforderten Nachweise, Erklärungen und Angaben aus der Bekanntmachung nicht erkennbar waren, so hatte sie im Rahmen der Nachreichung von Unterlagen für ihren Nachunternehmer aufgrund des Schreibens der Auftraggeberin vom … 2010 Kenntnis von dem Umstand, dass auch für den Nachunternehmer eine Berufshaftpflichtversicherung mit Mindestdeckungssummen von 5 Mio. EUR für Personenschäden und 2,5 Mio. EUR für sonstige Schäden gefordert war. Denn die dem o.g. Schreiben beigefügte Nachforderungsliste für Nachunternehmer weist unter Ziffer III.2.2.5) eindeutig aus, dass die Kopie der Berufshaftpflichtversicherung mit den genannten Mindestdeckungssummen durch die Ingenieurbüro … vorzulegen ist. Erkannt sind Vergabeverstöße dann, wenn dem Bieter die Tatsachen, die einen möglichen Vergabeverstoß begründen, aus den ihm zugänglichen Unterlagen bewusst werden. Dafür ist das Wissen um einen Sachverhalt ausreichend, der den Schluss auf die Verletzung vergaberechtlicher Bestimmungen erlaubt und es nach vernünftiger Betrachtung gerechtfertigt erscheinen lässt, das Verhalten des Auftraggebers als fehlerhaft zu beanstanden. Werden dementsprechend beim Durchsehen/Durcharbeiten weiterer für die Teilnahme am Wettbewerb maßgeblicher Unterlagen Widersprüche durch den Bieter festgestellt, liegt bereits positive Kenntnis vor, die er in eine entsprechende Rüge umsetzen muss, will er seine Rechte für ein folgendes Nachprüfungsverfahren wahren.

Da in der Nachforderungsliste für Nachunternehmer ausdrücklich auf die fehlende Auskunft bezüglich der Berufshaftpflichtversicherung mit den entsprechenden Mindestdeckungssummen für Nachunternehmer hingewiesen worden ist, kann sich die Antragstellerin nicht darauf berufen, diese Umstände erstmals aus der Information der Auftraggeberin vom … 2010 erkannt zu haben, sodass ihre diesbezügliche Rüge nicht unverzüglich im Sinne des § 107 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 GWB gegenüber der Auftraggeberin erfolgt ist.

Gemäß § 112 Abs. 1 Satz 3 GWB konnte die Vergabekammer aufgrund der Unzulässigkeit des Nachprüfungsantrages ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

III.

Der Antrag auf Akteneinsicht durch die Antragstellerin gemäß § 111 Abs. 1 GWB ist abzulehnen. Das Akteneinsichtsrecht ist nur in dem Umfang gegeben, in dem es zur Durchsetzung der Rechte der Antragstellerin aus § 97 Abs. 7 GWB erforderlich ist. Das ist bei einem unzulässigen Nachprüfungsantrag nicht der Fall (VK Brandenburg, Beschluss vom 19. März 2003 – VK 5/03; Beschluss vom 25. Februar 2005 – VK 4/05). Dies gilt auch vor dem Hintergrund der Entscheidung des OLG München vom 8. November 2010 – Verg 20/10, denn die für die Beurteilung der Unzulässigkeit des Nachprüfungsantrages erforderlichen Unterlagen liegen der Antragstellerin ausnahmslos vor.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein Beteiligter die Kosten zu tragen, soweit er im Verfahren unterliegt.

Die Vergabekammer hält die Festsetzung der Mindestgebühr von X.XXX,XX EUR gemäß § 128 Abs. 2 Satz 1 GWB bei Abwägung des Aufwandes einerseits und der wirtschaftlichen Bedeutung des dem Vergabeverfahren zugrunde liegenden Auftrages für die Antragstellerin andererseits für angemessen, zumal keine Beiladung erfolgt ist und eine mündliche Verhandlung nicht stattgefunden hat.

Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Auftraggeberin war aufgrund der über den materiellen Kernbereich des Auftragsvergabeverfahrens hinausgehenden besonderen verfahrensrechtlichen Problematik notwendig, § 128 Abs. 4 Satz 1, 4 GWB i.V.m. § 80 Abs. 2, 3 VwVfG.

V.

Gegen die Entscheidung der Vergabekammer ist die sofortige Beschwerde zulässig. Sie ist schriftlich innerhalb einer Frist von zwei Wochen, die mit der Zustellung der Entscheidung beginnt, beim Brandenburgischen Oberlandesgericht, Gertrud-Piter-Platz 11, 14770 Brandenburg, einzulegen.

Die sofortige Beschwerde ist zugleich mit ihrer Einlegung zu begründen. Die Beschwerdebegründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Entscheidung der Vergabekammer angefochten und eine abweichende Entscheidung beantragt wird, und die Tatsachen und Beweismittel angeben, auf die sich die Beschwerde stützt.

Die Beschwerdeschrift muss durch einen Rechtsanwalt unterschrieben sein. Dies gilt nicht für Beschwerden von juristischen Personen des öffentlichen Rechts (§ 117 Abs. 3 GWB).

Mit der Einlegung der Beschwerde sind die anderen Beteiligten des Verfahrens vor der Vergabekammer vom Beschwerdeführer durch Übermittlung einer Ausfertigung der Beschwerdeschrift zu unterrichten (§ 117 Abs. 4 GWB).

Die sofortige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung gegenüber der Entscheidung der Vergabekammer. Die aufschiebende Wirkung entfällt zwei Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist. Hat die Vergabekammer den Antrag auf Nachprüfung abge-lehnt, so kann das Beschwerdegericht auf Antrag des Beschwerdeführers die auf-schiebende Wirkung bis zur Entscheidung über die Beschwerde verlängern (§ 118 Abs. 1 GWB).

Gemäß § 6 Abs. 1 der Geschäftsordnung der Vergabekammern des Landes Brandenburg vom 26. Mai 2009, Amtsblatt für Brandenburg S. 1225, ist die Unterzeichnung des Beschlusses durch den ehrenamtlichen Beisitzer nicht erforderlich.