Gericht | OLG Brandenburg 7. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 24.11.2010 | |
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Aktenzeichen | 7 U 36/09 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Auf die Berufung des Klägers wird das am 19. Dezember 2008 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 6. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde des Notars … mit Amtssitz in P…, UR-Nr. 3476/2006, wird in Bezug auf Teil B, Ziffer 3., a) und b) für unzulässig erklärt.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, sofern der Kläger nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
I.
Mit notariellem Kauf- und Abtretungsvertrag vom 18.12.2006 (UR-Nr. 3476/2006 des Notars … in P… – Bl. 7 – 13 d.A.) übertrug der Beklagte seinen Geschäftsanteil im Nennbetrag von 12.200,00 € an der P… GmbH auf seinen Mitgesellschafter P… K… und auf den Kläger. Der Kläger erwarb einen Teilgeschäftsanteil von nominal 1.500,00 € zum Kaufpreis von 7.992,00 €, der Mitgesellschafter P… K… einen Teilgeschäftsanteil von nominal 10.700,00 € zum Kaufpreis von 57.008,00 €.
Die Erwerber, also der Kläger und P… K… übernahmen in Teil B Ziffer 3. des Vertrages die Verpflichtung, den Beklagten von einer Inanspruchnahme als Bürge wegen eines der Gesellschaft gewährten Kredits der … Sparkasse über 3.600.000,00 € freizustellen, wobei die Vertragsschließenden das Ausfallrisiko auf nicht mehr als 50.000,00 € einschätzten. Die Erwerber unterwarfen sich in der Urkunde vom 18.12.2006 der sofortigen Zwangsvollstreckung in Höhe eines Betrages von 50.000,00 € in ihr gesamtes Vermögen für den Fall, dass der Beklagte als Bürge in Anspruch genommen werde.
Die … Sparkasse kündigte mit Schreiben vom 11.02.2008 (Bl. 15, 16 d.A.) die Geschäftsbeziehung gegenüber der P… GmbH und stellte das Restdarlehen fällig. Die Rückzahlung des Darlehens sollte vereinbarungsgemäß erst zum 30.05.2008 erfolgen (Bl. 17 d.A.). Mit Schreiben vom 14.03.2008 (Bl. 17, 18 d.A.) forderte der Beklagte den Kläger auf, seinen Verpflichtungen aus dem Vertrag vom 18.12.2006 im Hinblick auf die Inanspruchnahme durch die Sparkasse nachzukommen, und kündigte insoweit gerichtliche Schritte an. Am 30.04.2008 wurde dem Kläger ein von dem Beklagten erwirktes vorläufiges Zahlungsverbot in Höhe von 50.000,00 € zugestellt (Bl. 19 – 25 d.A.).
Mit Schreiben vom 06.05.2008 (Bl. 26, 27 d.A.) erklärte der Kläger gegenüber dem Beklagten die Anfechtung hinsichtlich des Kauf- und Abtretungsvertrages vom 18.12.2006 wegen arglistiger Täuschung.
Der Kläger hat beantragt,
die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde des Notars … mit Amtssitz in P… UR-Nr. 3476/2006, in Bezug auf Teil B, Ziffer 3., a) und b) für unzulässig zu erklären.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zu Begründung hat es ausgeführt, dem Kläger stehe ein Anfechtungsrecht wegen arglistiger Täuschung nicht zu; andere Gründe für ein Wegfallen der eingegangenen Freistellungsverpflichtung seien nicht gegeben.
Der Kläger hat gegen das ihm am 23.12.2008 zugestellte Urteil am 16.01.2009 Berufung eingelegt und diese am 19.02.2009 begründet.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach seinem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat Beweis erhoben gemäß den Beweisbeschlüssen vom 25.11.2009 (Bl. 269 – 271 d.A.) und vom 10.12.2009 (Bl. 283 – 284 d.A.) durch Vernehmung von Zeugen; insoweit wird auf das Sitzungsprotokoll vom 14.04.2010 (Bl. 302 - 307 d.A.) verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Akteninhalt ergänzend Bezug genommen.
II.
Die Berufung ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
1.
Die Zwangsvollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO), die sich gegen die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde vom 18.12.2006 (Bl. 7 – 14 d.A.) wendet, ist als solche zulässig. Die Zwangsvollstreckungsgegenklage ist begründet, weil dem Kläger eine rechtsvernichtende Einwendung gegen den titulierten Anspruch zusteht, wie sich aus nachfolgenden Ausführungen ergibt.
2.
Der Kläger kann allerdings mit nachstehenden Einwendungen nicht durchdringen.
a)
Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, dass der Beklagte schon nicht sachbefugt sei.
Zwar könnte die Sachbefugnis des Beklagten in Wegfall geraten sein, wenn er seine Ansprüche an die … Sparkasse abgetreten hätte, wie der Kläger auf Seite 7 der Berufungsbegründung (Bl. 215 d.A.) unter Hinweis auf seinen – allerdings im ersten Rechtszug nicht zu den Akten gelangten – Schriftsatz vom 12.12.2008 (Bl. 228 d.A.) vorträgt. Auf dieses Vorbringen kann jedoch nicht weiter abgestellt werden. Der Beklagte hat nämlich auf Seiten 2, 3 seines Schriftsatzes vom 13.10.2009 (Bl. 237, 238 d.A.) vorgetragen, zwischenzeitlich sei eine Rückabtretung erfolgt. Das Vorbringen des Beklagten war nicht verspätet, weil der Kläger ihm erst im Berufungsrechtszug den Einwand fehlender Sachbefugnis entgegengehalten hat. Mit Schriftsatz vom 20.10.2009 (Bl. 252, 253 d.A.) hat der Beklagte nach der mündlichen Verhandlung vom 14.10.2009 das Schreiben der … Sparkasse vom 09.09.2009 (Bl. 257 d.A.) vorgelegt, woraus sich ergibt, dass die … Sparkasse die Ansprüche – am 09.10.2009 – freigegeben hat. Die Freigabeerklärung ist als Rückabtretung zu werten, die der Kläger als solche nicht bestritten hat, weil er sich nicht gegen die inhaltliche Richtigkeit des Schreibens vom 09.10.2009 gewendet hat.
b)
Entgegen den Ausführungen des Landgerichts trägt der Kläger an sich eine taugliche rechtshemmende Einwendung vor, indem er darauf verweist, der Anspruch auf Freistellung sei noch gar nicht fällig (Seite 5 der Klageschrift – Bl. 5 d.A.).
Der vertraglich vereinbarte Anspruch auf Freihaltung ist hinsichtlich seiner Ausgestaltung analog dem gesetzlichen Befreiungsanspruch des Bürgen aus § 775 BGB zu behandeln. Das bedeutet, dass der Auftragsbürge erst dann einen Zahlungsanspruch erhält, wenn und soweit er den Gläubiger befriedigt hat (BGH NJW 1999, 1182, 1184 und NJW 2000, 1643, 1644). Die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung in der Urkunde bezieht sich folglich nur auf einen künftigen Anspruch, wobei die vollstreckbare Ausfertigung bereits ohne weitere Nachweise zu erteilen ist. Das ändert aber nichts daran, dass der Gläubiger erst vollstrecken darf, wenn der Zahlungsanspruch entstanden ist. Insoweit hat der Kläger einen berechtigten Einwand erhoben.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vor dem Senat steht allerdings fest, dass der Einwand des Klägers deshalb nicht durchgreift, weil nach der Aussage der Zeugin C… – nach Inanspruchnahme des Beklagten aus der Bürgschaft seitens der … Sparkasse durch Schreiben vom 11.02.2008 (Bl. 100, 101 d.A.) – der Betrag in Höhe von 50.000,00 €, hinsichtlich dessen der Kläger sich der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat, auf die Bürgschaftsverpflichtung des Beklagten an die … Sparkasse als Gläubiger gezahlt worden ist.
Die Zeugin C… hat unter Einsichtnahme in die Unterlagen des Abwicklungskontos ausgesagt, dass am 09.10.2009 eine Bareinzahlung über 20.000,00 € erfolgt sei, wobei sie zu der betreffenden Person keine Angaben machen könne; am 13.10.2009 sei eine Überweisung – durch den Beklagten als Auftraggeber – in Höhe von 30.000,00 € erfolgt; bei beiden Zahlungen habe es sich um solche auf die Bürgschaft gehandelt, wie dies auf dem Kontoauszug mit „Bürgschaft A… M…“ vermerkt worden sei. Die Zeugin C… hat weiter bekundet, dass das – an den Beklagten gerichtete – Schreiben der … Sparkasse vom 11.02.2008 (Bl. 100, 101 d.A.) das Schreiben gewesen sei, mit welchem der Beklagte auf seine Bürgschaftsverpflichtung in Anspruch genommen worden sei; die Inanspruchnahme des Beklagten seitens der Gläubigerin sei nicht aufgehoben worden, wenngleich ihm eine Zurückstellung der Zahlungen eingeräumt worden sei.
Der Senat hat keinen Anhalt, der Zeugin nicht zu glauben; sie war in ihrer Aufgabenstellung bei der … Sparkasse mit der Abwicklung der Bürgschaftsangelegenheit betraut. Ihre Angaben hat sie anhand der ihr vorliegenden Unterlagen gemacht. Es gibt keinen Grund, ihre in sich schlüssige Aussage anzuzweifeln.
In rechtlicher Hinsicht ist es unerheblich, dass die Zeugin C… nicht angeben konnte, ob der Beklagte selbst die Bareinzahlung über 20.000,00 € am 09.10.2009 geleistet hat oder ob hierfür ein Dritter in Betracht kommt. Entscheidend ist allein, dass die Zahlung auf die Bürgschaftsverpflichtung des Beklagten erbracht wurde, was die Zeugin anhand des Vermerks auf dem Kontoauszug bejaht hat. Denn auch die Zahlung eines Dritten kommt dem Beklagten zugute, weil der Bürge nicht in Person zu leisten hat (§ 267 Abs. 1 BGB).
c)
Ohne Erfolg wendet sich der Kläger gegen den titulierten Anspruch mit dem Einwand, der Kauf- und Abtretungsvertrag vom 18.12.2006 sei nicht wirksam geworden, weil der Beklagte gemäß Nr. 5 des Vertrages seine Geschäftsanteile unter der aufschiebenden Bedingung abgetreten habe, dass er sein Rücktrittsrecht aus Nr. 4 des Vertrages nicht mehr ausüben könne (Seite 10 Berufungsbegründung – Bl. 218 d.A.).
Der Kläger verkennt hierbei die Ausgestaltung des Vertrages vom 18.12.2006. Danach ist nur die Abtretung der Anteile sowie der Rückzahlungsansprüche, nämlich aus Darlehen des Beklagten an die Gesellschaft, unter der aufschiebenden Bedingung erklärt worden (Bl. 11 d.A.). Entgegen der Auffassung des Klägers ist es nicht etwa so, dass der gesamte Vertrag hiervon erfasst würde.
3.
Dem Kläger steht eine rechtsvernichtende Einwendung zur Seite, weil er den notariellen Kauf- und Abtretungsvertrag vom 18.12.2006 wirksam wegen arglistiger Täuschung (§ 123 Abs. 1 BGB) mit der Folge angefochten hat, dass der Vertrag nichtig ist (§ 142 Abs. 1 BGB).
a)
Die Anfechtungsfrist von einem Jahr (§ 124 Abs. 1 BGB) hat der Kläger mit seiner Anfechtungserklärung im Schreiben vom 06.05.2008 (Bl. 26, 27 d.A.) gewahrt. Der Kläger hat sich nämlich darauf berufen, er habe Kenntnis von den Zahlungstiteln erst im November 2007 erlangt. Ob er die Kenntnis zu einem früheren Zeitpunkt hätte erlangen können, ist demgegenüber unerheblich; denn für den Beginn der Anfechtungsfrist kommt es allein auf die Kenntnis von der Täuschung und nicht etwa auf ein Kennenkönnen oder –müssen an (BGH WM 1973, 751; Palandt/Ellenberger, BGB, 69 Aufl., § 124, Rdnr. 2).
Zudem hat der Beklagte für seine Behauptung über eine frühere Kenntnis des Klägers über die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft einen Beweis nicht angetreten. Der Vortrag des Beklagten ist auch nicht durch die Aussage des Zeugen K… bestätigt worden; auch danach hat der Kläger den Zeugen erst im November 2007 auf ihm - dem Kläger - bis dahin nicht bekannte Verbindlichkeiten angesprochen. Der damit fehlende Beweis einer früheren Kenntnis des Klägers geht zu Lasten des Beklagten. Denn er trägt die Beweislast für alle Voraussetzungen des Erlöschens des Anfechtungsrechts und damit für den Ablauf der Anfechtungsfrist und hat daher den Beweis zu führen, dass der Kläger länger als ein Jahr vor der Anfechtungserklärung vom 6.5.2008 von der arglistigen Täuschung Kenntnis erlangt hat (vgl. BGH NJW 1992, 2346, 2347 f.; OLG Nürnberg VersR 2001, 1368, 1369; MünchKomm./Kramer, BGB, 5. Aufl., § 124, Rdnr. 11; Palandt/Ellenberger, a.a.O., § 124, Rdnr. 4).
b)
Der Kläger kann sich auch auf einen Anfechtungsgrund berufen, weil der Beklagte ihn über die finanzielle Lage der Gesellschaft getäuscht hat.
Der Kläger trägt vor, bereits bei Abschluss des Vertrages vom 18.12.2006 hätten Zahlungsverpflichtungen der P… GmbH in Höhe von mehr als 160.000,00 € bestanden, wobei schon Urteile und Pfändungsmaßnahmen vorgelegen hätten (Seite 3 des Schriftsatzes vom 27.06.2008 – Bl. 104 d.A.). Dazu bezieht sich der Kläger auf die mit der Klage als Anlagenkonvolut K 6 (Bl. 28 – 70 d.A.) vorgelegten Urteile, Pfändungs- und Einziehungsverfügungen sowie Zahlungsverbote.
Der Beklagte hat das Vorbringen des Klägers nicht tauglich in Frage gestellt. Er hat sich auf den unzulässigen Standpunkt zurückgezogen, die Verfahren seien ihm nicht bekannt, weil die jeweiligen Maßnahmen und Titel sämtlich aus der Zeit nach der Anteilsübertragung stammten (Seite 3 des Schriftsatzes vom 29.07.2008 – Bl. 115 d.A.). Der Beklagte übersieht hierbei, dass er das Vorbringen des Klägers, die Zahlungsverpflichtungen von mehr als 160.000,00 € hätten bereits bei Vertragsschluss bestanden, nicht ausdrücklich bestritten hat; demzufolge kann der Beklagte sich nicht mit Nichtwissen in der Weise erklären, von den – später nach Vertragschluss ergangenen - Maßnahmen und Titeln keine Kenntnis gehabt zu haben; der Beklagte verkennt hierbei, dass die Maßnahmen und Titel auf Zahlungsverpflichtungen der P… GmbH beruhten, die bereits bei Vertragsschluss bestanden.
Das Vorbringen des Klägers rechtfertigt eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung. Denn der Umstand, dass die Gesellschaft nicht imstande war, Zahlungsverpflichtungen von mehr als 160.000,00 € zu erfüllen, belegt jedenfalls eine angespannte finanzielle Lage der Gesellschaft.
In rechtlicher Hinsicht kann eine Täuschung durch Unterlassen nur angenommen werden, wenn der Beklagte gegenüber dem Kläger aufklärungspflichtig gewesen ist. Dies ist hier unter zwei Gesichtspunkten zu bejahen.
Eine Aufklärungspflicht besteht – ungefragt – über solche Umstände, die nur dem Verkäufer bekannt sind und von denen er weiß oder wissen muss, dass sie für den Käufer von wesentlicher Bedeutung sind, weil sie den Vertragszweck vereiteln können; weiß der Verkäufer, dass dem Käufer die wahre Sachlage unbekannt geblieben ist, oder rechnet er damit und nimmt es in Kauf, dass eine Unkenntnis des Käufers auf dessen Willensentschluss von Einfluss sein kann, ist in seinem Schweigen eine Täuschung des Vertragspartners zu sehen; bei angespannter finanzieller Lage einer GmbH hat der Verkäufer von Geschäftsanteilen sämtliche Verbindlichkeiten offenzulegen (BGH, Urteil vom 04.03.1998, NJW-RR 1998, 1406).
Eine Aufklärungspflicht besteht ungeachtet dessen immer dann, wenn der eine Vertragsteil Fragen stellt; Fragen müssen vollständig und richtig beantwortet werden (Palandt/Ellenberger, § 123 BGB, Rdnr. 5 b).
Nach Lage des Falles war der Beklagte nach den Grundsätzen der Entscheidung des BGH vom 04.03.1998 bereits – ungefragt – aufklärungspflichtig.
Die Gesellschaft befand sich in einer angespannten finanziellen Lage. Dies indiziert der Umstand, dass sie bei Vertragsschluss bestehende Zahlungspflichtungen in Höhe von mehr als 160.000,00 € nicht erfüllen konnte und es deshalb zu Rechtsstreitigkeiten kommen ließ. Besonders anschaulich zeigt sich die krisenhafte Lage daran, dass die Gesellschaft noch nicht einmal die Kostennoten des Notars R…, die aus den Jahren 2001 bis 2005 stammten und sich auf 27.061,65 € beliefen (Bl. 30 d.A.), beglichen hat bzw. begleichen konnte. Dies führte dazu, dass der Notar am 01.06.2007 entsprechende Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ergriff (Bl. 30 – 32 d.A.).
Die angespannte finanzielle Lage, die sich daran zeigte, dass die Gesellschaft bei Vertragsschluss Verbindlichkeiten in Höhe von mehr als 160.000,00 € nicht bedienen konnte, war geeignet, den Vertragszweck zu vereiteln. Dies folgt bereits daraus, dass die Parteien in dem notariellen Vertrag zu Teil B Ziffer 3 b) ein Ausfallrisiko der Vermarktung des in Rede stehenden Projektes von nicht mehr als 50.000,00 € angenommen hatten (Bl. 11 d.A.). Damit hatten die Parteien das für den Kläger zu erwartende Risiko begrenzt, und zwar nur bezogen auf die Vermarktung des Projekts, also unabhängig von der finanziellen Lage der Gesellschaft. Die angespannte finanzielle Lage führte somit zu einer Erhöhung des Risikos des Klägers. Außerdem ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass der Kläger nur einen verhältnismäßig kleinen Geschäftsanteil zum Kaufpreis von 7.992,00 € übernommen hat. Insoweit hatte der Beklagte besondere Veranlassung, bereits ungefragt den Kläger über die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft vollständig und richtig zu informieren.
Der Beklagte war nach dem Ergebnis der vor dem Senat durchgeführten Beweisaufnahme auch deshalb aufklärungspflichtig, weil der Kläger bei den Vertragsverhandlungen eine entsprechende Frage gestellt hatte.
Nach der Aussage des Zeugen K… hat der Kläger bei dem vor dem Notartermin stattgefundenem Gespräch, bei dem die Einzelheiten des Vertrages zwischen dem Beklagten und dem Kläger sowie dem Zeugen K… erörtert wurden, nach Besonderheiten gefragt; wie der Zeuge K… weiter ausgesagt hat, wurde diese Frage übergangen und nur noch über das Bauvorhaben L… gesprochen; eine Aufklärung über Verbindlichkeiten der GmbH wurde nicht gegeben.
Die Frage des Klägers, ob es Besonderheiten gebe, konnte der Beklagte als der Verkäufer der Geschäftsanteile nach den Umständen des Falles und nach der Interessenlage nur in dem Sinne verstehen, dass der Kläger über solche Umstände unterrichtet sein wollte, die für seine Kaufentscheidung von Bedeutung sein würden. Dazu gehörte es, dass der Kläger jedenfalls eine Auskunft über die Frage der wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft erwartete. Der Beklagte konnte die Frage nach Besonderheiten nicht anders auffassen.
Der Senat ist von der Richtigkeit der Aussage des Zeugen K… überzeugt. Die Aussage ist glaubhaft und in sich schlüssig.
Der Kläger kannte bei Vertragsschluss, wie der Zeuge K… ausgesagt hat, die „Altlasten“ (Seite 4 der Sitzungsniederschrift vom 14.04.2010 – Bl. 305 d.A.) nicht; da der Kläger somit keine Kenntnis von der wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft hatte, ist es nur folgerichtig, dass er nach etwaigen Besonderheiten gefragt hat. Das Gespräch hat dann allerdings einen anderen Verlauf genommen, wie der Zeuge K… ausgesagt hat, nämlich dahin, dass nur über das Bauvorhaben L… und den nach der damaligen Kalkulation zu erwartenden Rohertrag gesprochen wurde.
Der Zeuge K… hat auf den Senat einen glaubwürdigen Eindruck gemacht. In seinem Aussageverhalten waren Auffälligkeiten nicht zu erkennen. Er hat ohne Umschweife von sich aus erklärt, dass er es selbst gewesen ist, der den Kläger als weiteren Käufer der Geschäftsanteile des Beklagten vorgeschlagen hat. Gleichwohl hat er sich zu dem Inhalt des Vertragsgesprächs insgesamt nicht zurückhaltend geäußert; soweit er sich nicht mehr erinnern konnte, hat er dies klar zum Ausdruck gebracht.
III.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die dafür in § 543 Abs. 2 ZPO aufgestellten Voraussetzungen nicht vorliegen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Streitwert im Berufungsrechtszug: 50.000,00 €.