Gericht | OLG Brandenburg 6. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 20.10.2020 | |
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Aktenzeichen | 6 U 42/19 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2020:1020.6U42.19.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 28.02.2019 verkündete Teilurteil der
2. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam - 2 O 215/18 - abgeändert.
Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird gestattet, die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
Die Klägerin nimmt die vormals für sie als Versicherungsvertreterin tätige Beklagte nach den Vorschriften des UWG auf Unterlassung nachvertraglicher Abwerbung von Kunden sowie im Wege einer Stufenklage auf Schadensersatz in Anspruch.
Die Klägerin ist innerhalb des (y…)konzerns für den Vertrieb zuständig, die Beklagte war vom 01.01.2001 bis zum 31.12.2017 für sie tätig. Seit dem 01.01.2018 ist die Beklagte Versicherungsvertreterin für die (x…) Versicherungs-Gruppe.
Ende Januar 2018 vermittelte die Beklagte der (x…) den Abschluss zweier Versicherungsverträge mit der Zeugin R…, die sie zuvor als Kundin der Klägerin betreut hatte. Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Beklagte dafür auf Daten zurückgegriffen hat, deren Kenntnis sie während ihrer Tätigkeit für die Klägerin erworben hat.
Die Klägerin hat behauptet, die Beklagte habe im Januar 2018 die Zeugin R... angerufen und angekündigt, sie aufsuchen zu wollen, wobei sie mitgeteilt habe, über eine Liste zu verfügen, aufgrund derer sie die Versicherungsabläufe der Zeugin kenne und wisse, was versichert sei. In dem persönlichen Gespräch habe sie sodann der Zeugin R... mitgeteilt, alle ihre (vormaligen) Kunden würden zur (x…) wechseln. Obwohl die Zeugin ihre Versicherung eigentlich nicht habe wechseln wollen und dies der Beklagten mitgeteilt habe, habe diese so lange auf die Zeugin eingeredet, bis sie die ihr vorgelegten Versicherungsunterlagen der (x…) nebst einer Kündigung der bei ihr, der Klägerin, bestehenden Verträge unterzeichnet habe. In dieses Kündigungsschreiben habe die Beklagte bereits die Versicherungsnummern der Zeugin eingesetzt gehabt, ohne diese zuvor bei der Zeugin erfragt zu haben.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, ihr stehe gegen die Beklagte wegen rechtswidriger Nutzung von Daten ihrer, der Klägerin, Kunden ein Anspruch auf Unterlassung und Schadensersatz zu nach § 1004 Abs. 1, § 823 Abs. 1, 2 BGB iVm § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG (unbefugte Verwendung von Geschäftsgeheimnissen) sowie aus § 8 Abs. 1 S. 1 iVm § 4 Nr. 4 UWG (gezielte Behinderung).
Die Klägerin hat beantragt,
1. der Beklagten bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft, jeweils bis zu sechs Monaten, zu untersagen,
Kundendaten, die sie während ihrer Tätigkeit für die Klägerin bis zum 31.12.2017 erlangt und diese bis zu diesem Zeitpunkt – gleich ob elektronisch oder auf andere Weise – gesichert oder gespeichert hat, zu verwerten und/oder Dritten mitzuteilen, insbesondere, um Kunden der Klägerin zu kontaktieren und/oder diesen Kundenversicherungsprodukte der (x…) Versicherung anzubieten;
2. die Beklagte zu verurteilen, Auskunft zu erteilen, welche Kundendaten, die die Beklagte während ihrer Tätigkeit für die Klägerin bis zum 31.12.2017 erlangt und diese bis zu diesem Zeitpunkt - gleich ob elektronisch oder auf andere Weise - gesichert oder gespeichert hat, sie über den 31.12.2017 hinaus weiterhin gespeichert und, welche dieser Daten sie genutzt hat, um Kunden zu kontaktieren und/oder diesen Kundenversicherungsprodukte der (x…) Versicherung anzubieten und/oder zu vermitteln und zu welchen Konditionen die Kunden gegebenenfalls Verträge mit der (x…) Versicherung geschlossen haben;
5. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.039,41 € zu zahlen.
Im Wege der Stufenklage hat sie folgende Anträge nach Auskunftserteilung angekündigt:
Die Beklagte solle verurteilt werden,
3. die wahrheitsgemäße Erteilung der Auskünfte nach Nr. 2 an Eides statt zu versichern;
4. der Klägerin den Schaden zu ersetzen, der ihr dadurch entstanden ist, dass Sie Kundendaten, die sie während ihrer Tätigkeit für die Klägerin bis zum 31.12.2017 erlangt und diese bis zu diesem Zeitpunkt – gleich ob elektronisch oder auf andere Weise – gesichert oder gespeichert hat, verwertet hat, um Kunden der Klägerin zu kontaktieren und/oder diesem Kundenversicherungsprodukte der (x…) Versicherung anzubieten und/oder zu vermitteln;
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat behauptet, die Zeugin R... zufällig auf der Straße getroffen zu haben. Dabei sei ein Telefonat verabredet worden, in dessen Verlauf sie von der Zeugin nach Hause eingeladen worden sei. Bei ihrem Erscheinen habe die Zeugin die Versicherungsunterlagen der (y…) bereitgelegt, aus denen sie, die Beklagte, die Versicherungsdaten entnommen habe. Sie habe dann die Versicherungsunterlagen für Produkte der (x…) vorbereitet, die die Zeugin anlässlich eines weiteren Besuchs unterzeichnet habe.
Sie sei nach ihrem Ausscheiden bei der Klägerin nicht mehr in Besitz von Daten ihrer (y…)-Kunden gewesen. Der Auskunftsanspruch gehe schon deswegen ins Leere.
Das Landgericht hat Beweis erhoben gemäß Beschluss vom 17.01.2019 durch Vernehmung der Zeugin R... und es hat die Beklagte persönlich angehört.
Im Wege des Teilurteils hat das Landgericht die Beklagte nach den Klageanträgen zu 1, 2 und 5 verurteilt.
Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, der Klägerin stehe ein Unterlassungsanspruch nach § 1004 BGB, § 8 Abs. 1 S. 1, § 4 Nr. 4 UWG, § 823 BGB Abs. 1 und 2 iVm § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG zu. Die Beklagte habe die Klägerin gezielt behindert, indem sie die Zeugin R... in aggressiver Weise unter Angaben von unwahren Tatsachenbehauptungen unter Druck gesetzt habe, um den Abschluss von Neuverträgen zu erreichen. Sie habe der 79jährigen Zeugin in einer Überrumpelungssituation bewusst wahrheitswidrig vorgegeben, diese müsse ihre Versicherung wechseln, weil sie andernfalls keinen persönlichen Ansprechpartner mehr habe. Die Zeugin habe nachdrücklich geschildert, dass die Beklagte fortlaufend auf sie eingeredet habe, ohne sie zu Wort kommen zu lassen, und dass sie eigenmächtig den Versicherungsordner durchgeblättert und Unterlagen entnommen habe, obwohl sie, die Zeugin, wiederholt geäußert habe, keinen neuen Vertrag abschließen zu wollen.
Zudem habe sich die Beklagte zur Abwerbung von Bestandskunden entgegen § 17 Abs. 2 Nr. 1 und 2 UWG unbefugt Geschäftsgeheimnisse der Klägerin verschafft und verwendet, die ihr aus ihrer beendeten Tätigkeit bei der Klägerin zur Verfügung standen. Die Kundendaten stellten ein Geschäftsgeheimnis dar. Die Mitteilung der Beklagten an die Zeugin R..., alle ihre (vormaligen) Kunden wechselten zur (x…), setze einen Überblick der Beklagten über ihren gesamten vorherigen Kundenkreis voraus, der nicht aus dem Gedächtnis, durch Einblick in ein öffentliches Register oder durch eine Internetrecherche abzurufen sei. Es sei deshalb davon auszugehen, dass die Beklagte unberechtigt eine Übersicht ihrer Bestandskunden angelegt oder zurückgehalten habe.
In der Folge könne die Klägerin von der Beklagten neben der Unterlassung eines entsprechenden Vorgehens auch Auskunft über weitere abgeworbene Kunden verlangen, weil sie diese für die Bezifferung des ihr nach § 9 UWG zustehenden Schadensersatzanspruchs benötige. Ihr stehe zudem nach § 12 Abs. 1 S. 2 UWG ein Anspruch auf Erstattung entstandener Abmahnkosten zu, beschränkt durch die Anrechnung hälftiger Gerichtsgebühren.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 28.02.2019 zugestellte Teil-Urteil mit am 06.03.2019 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb verlängerter Frist mit am 06.06.2019 eingegangenen Schriftsatz begründet.
Mit der Berufung verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage insgesamt weiter.
Sie erachtet die Klageanträge zu 1 und 2 für nicht hinreichend bestimmt i.S.d. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und deshalb unzulässig. Das Landgericht habe weiter die Voraussetzungen für den Erlass eines Teilurteils zu Unrecht angenommen. Ein mit der Auskunftsklage vorzubereitender Zahlungsanspruch sei von vornherein ausgeschlossen, weil es sowohl an einem zu Schadensersatz verpflichtenden Rechtsverstoß wie auch an einem Schaden fehle, nachdem die Verträge mit der Zeugin R... letztlich nicht beendet worden seien. Das Landgericht habe zudem übersehen, dass der Auskunftsantrag unbegründet sei, denn sie habe die begehrte Auskunft bereits vorgerichtlich erteilt, nämlich dahin, dass sie sich keine Kundendaten unbefugt verschafft habe und solche auch nicht nutze.
Soweit die Klägerin ihr untersagen lassen wolle, Kundendaten Dritten mitzuteilen, fehle es bereits an einer Erstbegehungs- oder Wiederholungsgefahr.
Fehlerhafterweise begründe das Landgericht weiter den Unterlassungsanspruch der Klägerin mit einem Verstoß gegen § 4a UWG, der von der Klägerin nicht geltend gemacht und damit nicht streitgegenständlich sei.
Schließlich beruhe das Urteil auf fehlerhafter Beweiserhebung und -würdigung. Tatsächlich sei die Beweisaufnahme nicht ergiebig gewesen in Bezug auf die streitgegenständliche Frage der unrechtmäßigen Verwendung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen und es fehlten Ausführungen zur Glaubwürdigkeit der Zeugin.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Teilurteils die Klage insgesamt abzuweisen.
hilfsweise für den Fall, dass der Senat der Ansicht ist, die Entscheidung durch Teilurteil sei zwar zulässig, aber materiellrechtlich fehlerhaft gewesen und das Berufungsgericht könne die Entscheidung über den Rechtsstreit insgesamt nicht an sich ziehen, beantragt sie,
das angefochtene Teilurteil abzuändern und die Klage in den Anträgen zu 1, 2 und 5 abzuweisen.
Die Klägerin hat nach entsprechendem Hinweis des Senats beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
mit der Maßgabe, die Beklagte betreffend die Anträge zu 1 und 2 wie folgt zu verurteilen:
1. es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft, jeweils bis zu sechs Monaten, zu unterlassen,
Daten von Kunden, die am 31.12.2017 in einem Versicherungsverhältnis zu Gesellschaften des (y…)konzerns standen und von der Beklagten als Handelsvertreterin zwischen dem 01.01.2001 und dem 31.12.2017 betreut wurden, zu verwerten und/oder Dritten mitzuteilen, insbesondere um Kunden der Klägerin zu kontaktieren und/oder diesen Kundenversicherungsprodukte der (x…) Versicherung anzubieten, soweit die Beklagte diese Daten elektronisch oder in anderer Weise zwischen dem 01.01.2001 und dem 31.12.2017 gesichert hat;
2. der Klägerin Auskunft zu erteilen, welche Daten von Kunden, die am 31.12.2017 in einem Versicherungsverhältnis zu Gesellschaften des (y…)-Konzerns standen und von der Beklagten als Handelsvertreterin zwischen dem 01.01.2001 und dem 31.12.2017 betreut wurden, die Beklagte zwischen dem 01.01.2001 und am 31.12.2017 elektronisch oder in anderer Weise gesichert hat und nach dem 31.12.217 weiterhin gespeichert hat, und welche dieser Daten sie genutzt hat, um Kunden zu kontaktieren und/oder ihnen Versicherungsprodukte der(x…) Versicherung anzubieten und/oder zu vermitteln und zu welchen Konditionen die Kunden gegebenenfalls Verträge mit der (x…) Versicherung geschlossen haben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage auch hinsichtlich der neu gefassten Anträge abzuweisen.
Sie meint, mit den neuen Anträgen liege eine Klageänderung vor, der sie nicht zustimme. Die mit den neuen Anträgen verfolgten Ansprüche seien zudem verjährt.
Die Klägerin verteidigt das landgerichtliche Urteil und meint, jedenfalls in der geänderten Fassung seien ihre Klageanträge hinreichend bestimmt. Es sei prozessual nicht erforderlich, die Versicherungsnehmer aus ihrem Kundenkreis namentlich zu benennen. Eine Klageänderung liege nicht vor, vielmehr eine sprachliche Konkretisierung der Anträge.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung und die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung (§§ 511, 517, 519, 520 ZPO) ist begründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten, die Gegenstand des angefochtenen Teilurteils sind, nicht zu, weil der behauptete Verstoß gegen lauterkeitsrechtliche Vorschriften nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme nicht zur Überzeugung des Senats feststeht (1-5). Damit ist zugleich den noch beim Landgericht anhängigen Anträgen auf Eidesstattliche Versicherung (Klageantrag zu 3) und Schadensersatz (Klageantrag zu 4), die Grundlage entzogen (6). Entsprechend war das landgerichtliche Urteil abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
1) Die Klage ist zwar zulässig erhoben, insbesondere bestehen keine Bedenken gegen die hinreichende Bestimmtheit der Klageanträge in ihrer zuletzt gestellten Fassung. Nach § 253 Nr. 2 ZPO bedarf es eines bestimmten Klageantrags, um den Streitgegenstand und den Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts festzulegen, die Tragweite des begehrten Verbots zu umschreiben und die Grenzen der Rechtshängigkeit und der Rechtskraft festzulegen. Ein Verbotsantrag darf daher nicht derart undeutlich gefasst sein, dass sich der Gegner nicht erschöpfend verteidigen kann und die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten ist, im Ergebnis dem Vollstreckungsgericht überlassen wäre (st. Rspr., vgl. jew. mwN: BGH, Urteil vom 21.05.2015 - I ZR 183/13 - Erfolgsprämie für die Kundengewinnung Rn 13; Urteil vom 26.01.2017 - I ZR 207/14 - ARD Buffet Rn 18; zit. nach juris). Auch muss der Schuldner, der den Titel freiwillig befolgen möchte, hinreichend genau wissen, was ihm verboten ist (Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 38. Aufl. 2020,. § 12 Rn 2.35). Allerdings treten dann, wenn wie vorliegend, Ansprüche aus § 17 UWG geltend gemacht werden, Bestimmtheitsgrundsatz und Geheimschutz in einen nur schwer aufzulösenden Gegensatz. Der Bestimmtheitsgrundsatz darf in einem solchen Fall nicht dazu führen, dass der Kläger unter Hintanstellung seiner berechtigten Geheimhaltungsinteressen gezwungen ist, Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse zu offenbaren (BGH, Urt. v. 22.03.2018 - I ZR 119/16 Rn 19 - Hohlfasermembranspinnanlage II; zit. nach juris). Im Klageantrag und der Urteilsformel ist das Geheimnis im Wettbewerbsinteresse des Geheimnisinhabers deshalb nur so weit zu beschreiben, als dies für die Zwangsvollstreckung unerlässlich ist (Köhler/Bornkamm/Feddersen, 37. Aufl. 2019, § 17 UWG Rn 64).
Diesen Anforderungen werden die Klageanträge zu 1 und 2 entgegen der Auffassung der Beklagten in ihrer zuletzt gestellte Form gerecht, denn die Klägerin bestimmt die zu benennenden Kunden als solche, die in einem Versicherungsverhältnis zu den Gesellschaften des (y…)-Konzerns standen und von der Beklagten als Handelsvertreterin zwischen dem 01.01.2001 und dem 31.12.2017 betreut worden sind. Der Kreis der von dem Antrag umfassten Kundendaten ist damit für die Beklagte, die ihren Kundenstamm kennt, jedenfalls bestimmbar, ohne dass es einer namentlichen Benennung der von der Beklagten betreuten Kunden im Antrag bedürfte. Weitergehende Anforderungen ergeben sich auch nicht aus dem Gebot der Vollstreckungsfähigkeit des Titels, der der Zwangsvollstreckung nach § 888 Abs. 1 ZPO unterliegt.
2) Mit der Neufassung der Klageanträge zu 1 und 2 hat die Klägerin entgegen der Auffassung der Beklagten auch keine Klageänderung eingeführt, die ihrer Zustimmung bedürfte. Die Modifikation der Klageanträge berührt den Streitgegenstand nicht, denn sowohl das mit der Klage verfolgte Ziel der Klägerin wie auch der zur Begründung vorgetragene Lebenssachverhalt sind unverändert geblieben. Sie hat ihren Antrag lediglich weiter in dem Sinne präzisiert, wie er bereits in der Klagebegründung angelegt war, nämlich, es der Beklagten zu untersagen, anhand von Daten, die sie während der Zeit ihrer Tätigkeit für die Klägerin gewonnen hat, Kunden der (y…)-Gruppe für Konkurrenten abzuwerben.
3) Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch allerdings weder auf Grundlage der § 1004 Abs. 1, § 823 Abs. 1, 2 BGB iVm § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG noch nach § 8 Abs. 1, 3 Nr. 1, § 4 Nr. 4 UWG zu.
a) Als in die Zukunft gerichteter Anspruch kommt dem Unterlassungsantrag nur Erfolg zu, wenn das inkriminierte Verhalten sowohl nach dem zur Zeit des beanstandeten Verhaltens geltenden Recht als auch nach dem zur Zeit der Entscheidung durch den Senat geltenden Recht zu untersagen ist (BGH, Urteil vom 21.07.2016 - I ZR 26/15 - LGA tested; zit. nach juris) und wenn Wiederholungsgefahr besteht. Der von der Klägerin verfolgte Unterlassungsanspruch bestünde deshalb nur dann, wenn die Beklagte durch das von der Klägerin beanstandete Verhalten sowohl gegen § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG in der bis zum 26.04.2019 geltenden Fassung als auch gegen die Nachfolgeregelung in § 4 Abs. 2 Nr. 2 GeschGehG bzw. das Verbot der gezielten Behinderung in § 4 Nr. 4 UWG verstoßen hätte, indem sie fremde Geschäftsgeheimnisse unbefugt verwendet hat. Ein solcher Verstoß lässt sich nicht feststellen.
b) Das Landgericht ist in Würdigung der Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugin R... zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beklagte bei der Vermittlung von Versicherungen der (x…) gegenüber der Zeugin R... Kundendaten der (y…)-Versicherung und damit entgegen § 17 Abs. 2 UWG ein fremdes Geschäftsgeheimnis verwendet und die Klägerin dadurch entgegen § 4 Nr. 4 UWG gezielt behindert hat. Dem ist nicht beizutreten. Der Senat ist als zweite - wenn auch eingeschränkte - Tatsacheninstanz nicht nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO an die Beweiswürdigung des Landgerichts gebunden, wenn konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen. Die Aufgabe des Berufungsgerichts besteht in der Gewinnung einer „fehlerfreien und überzeugenden und damit richtigen Entscheidung des Einzelfalles“ (BGH, Beschluss vom 22.12.2015 - VI ZR 67/15 Rn 7 mwN; zit. nach juris). Die Prüfungskompetenz des Berufungsgerichts hinsichtlich der erstinstanzlichen Tatsachenfeststellung ist deshalb nicht auf Verfahrensfehler beschränkt, vielmehr können sich Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen im Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auch aus der Möglichkeit unterschiedlicher Bewertungen der erstinstanzlichen Beweisaufnahme ergeben (BGH, Beschluss vom 11.10.2016 - VIII ZR 300/15; zit. nach juris). Dabei ist es dem Berufungsgericht nicht verwehrt, die Aussage eines erstinstanzlich vernommenen Zeugen ohne dessen wiederholte Vernehmung entgegen der Würdigung des Erstrichters für nicht zur Beweisführung ausreichend zu erachten, solange es protokolierte Aussagen nicht anders als die Vorinstanz verstehen oder werten will oder die Glaubhaftigkeit einer Aussage oder die Glaubwürdigkeit eines Zeugen nicht abweichend bewertet (BGHZ 158, 269; zit. nach juris). Da der Senat aus der protokollierten Aussage der Zeugin R... lediglich andere Schlüsse als das Landgericht zieht, bedurfte es einer Wiederholung der Beweisaufnahme in der Berufungsinstanz nicht.
aa) Die Zeugin R... hat die Behauptung der Klägerin, die Beklagte habe ihre - der Zeugin - Daten über das Ende ihrer Vertretertätigkeit für die Klägerin hinaus gespeichert und sodann dazu verwendet, um sie zu kontaktieren und damit zu einem Versicherungswechsel zu bewegen, nicht ausdrücklich bestätigt. Entgegen der Ansicht des Landgerichts lässt auch der Inhalt ihrer Aussage nicht mit hinreichender Sicherheit den Schluss zu, dass die Beklagte die ihr aus ihrer Tätigkeit als Handelsvertreterin bekannten Kundendaten der (y…)-Gruppe nach ihrem Ausscheiden noch unbefugt genutzt hat.
Zwar ist ein Beweis nicht erst dann als erbracht anzusehen, wenn eine absolute, über jeden denkbaren Zweifel erhabene Gewissheit gewonnen werden kann. Vielmehr muss sich der Richter mit einer persönlichen Gewissheit begnügen, welche den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (st. Rspr., vgl. BGHZ 53, 245, 256; Zöller-Greger, ZPO 32. Aufl. 2018 § 286 Rn 19 m.w.N.). Auch dieser Grad an Gewissheit lässt sich allerdings bei einer Würdigung der Aussage der Zeugin R... vor dem Landgericht - auch unter Berücksichtigung der in dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vor dem Landgericht Potsdam - 2 O 85/18 - vorgelegten Eidesstattlichen Versicherungen der Zeugin R... vom 20.02.2018 (Bl. 40), 07.05.2018 (Bl. 107) und 15.05.2018 (Bl. 108) - nicht gewinnen.
bb) Die Zeugin R... hat bekundet, sie sei von der Beklagten angerufen worden, ohne dass es zuvor zu einem spontanen Treffen in der Stadt gekommen sei. In dem Telefonat habe die Beklagte der Zeugin gesagt, dass „alle wechselten“. Auf die Frage, wie es zu dem ersten Anruf gekommen sei, hat die Zeugin angegeben, die Beklagte habe aus früheren Besuchen in der Geschäftsstelle vor 2018 ihre Daten gehabt. Bei einem zweiten Besuch bei ihr zur Hause habe die Beklagte dann die vorbereiteten Erklärungen mitgebracht, infolge derer die Versicherungsverträge bei der (x…) geschlossen und die Verträge bei der (y…) gekündigt werden sollten. Die Beklagte würde ja wissen, welche Versicherungen sie habe, weil sie diese bei ihr in der Geschäftsstelle abgeschlossen habe. Sie habe ihr bei dem ersten Besuch keine Versicherungsunterlagen mitgegeben. Die Beklagte habe vielmehr bei diesem ersten Besuch den Versicherungsordner durchgeblättert und gesagt, wann einzelne Versicherungen ablaufen würden. Sie hätte in dem Termin nachsehen wollen, wann was abläuft.
cc) Entgegen der Ansicht des Landgerichts lässt sich allein aus der Aussage der Zeugin, die Beklagte habe ihr mitgeteilt, dass „alle wechselten“, nicht mit hinreichender Sicherheit schließen, dass die Beklagte vor Beendigung ihrer Tätigkeit für die Klägerin unzulässigerweise eine Übersicht über die Bestandskunden angefertigt und sodann zurückgehalten habe. Bei dieser der Beklagten zugeschriebenen Aussage kann es sich - sei sie, wie die Zeugin in der mündlichen Verhandlung bekundet hat, in dem anfänglichen Telefonat getätigt worden oder erst in dem persönlichen Gespräch, wie die Zeugin in ihrer Eidessstattlichen Versicherung vom 20.02.2018 ausgeführt hat - auch um eine werbemäßige Anpreisung in übertreibender und generalisierender Form handeln. Es kann daraus nicht der Schluss gezogen werden, dass die Beklagte mit dieser Aussage der Zeugin Tatsachen berichten wollte.
Selbst bei einer solchen Auslegung wäre aber der Ansicht des Landgerichts nicht zu folgen, dass die Aussage mit der erforderlichen Gewissheit den Schluss zulässt, dass die Beklagte unbefugterweise eine Übersicht über ihre Bestandskunden bei der Klägerin zurückbehalten hat, weil sie nur dann eine solche Aussage hätte tätigen können. Dieser Schluss setzte zumindest voraus, dass die Zahl der von der Beklagten betreuten Kunden der Klägerin so groß wäre, dass sie deren Namen nicht im Gedächtnis hätte behalten bzw. aus dem Gedächtnis hätte reproduzieren können. Dies erscheint – unter Berücksichtigung, dass die Beklagte über 16 Jahre in einer überschaubaren Gemeinde tätig gewesen ist - wenig plausibel und trägt die Klägerin auch nicht vor.
dd) Auch die weiteren Aussagen der Zeugin lassen einen hinreichend sicheren Schluss auf die behauptete unbefugte nachvertragliche Nutzung der Kundendaten durch die Beklagte nicht zu. Zwar hat die Zeugin vehement bestritten, die Beklagte vor dem Telefonat und dem ersten Besuch zufällig in der Stadt getroffen zu haben, ohne dass die Beklagte plausibel erklärt hat, weshalb sie sonst die Zeugin telefonisch kontaktiert haben sollte. Dies genügt aber nicht, um die Überzeugung zu begründen, dass die Beklagte unbefugterweise noch über die Kontaktdaten der von ihr betreuten Bestandskunden der (y…) verfügte. Denn die Zeugin R... war langjährige Bestandskundin der Beklagten und ihre Kontaktdaten waren dem örtlichen Telefonbuch zu entnehmen. Die Zeugin R... hat insoweit selbst nur Schlussfolgerungen vorgebracht, indem sie auf die Frage des Gerichtes, wie es zu dem ersten Anruf kam, angegeben hat, die Beklagte habe aufgrund früherer Besuche in der Geschäftsstelle ihre Daten gehabt.
Gleiches gilt für die weitere Aussage der Zeugin, in der sie auf die Frage, ob sie der Beklagten im ersten Telefonat die Ablaufdaten der Versicherung genannt habe, angegeben hat, die Beklagte werde ja wissen, welche Versicherungen sie hatte, weil sie die bei ihr in der Geschäftsstelle abgeschlossen hatte. Auch diese Aussage stellt eine Schlussfolgerung dar und beweist das Vorhandensein entsprechender Unterlagen in dem Besitz der Beklagten nicht. Die Schilderung des weiteren Gesprächsverlaufs durch die Zeugin lässt ebenfalls nicht mit hinreichender Deutlichkeit erkennen, dass die Beklagte bereits vor ihrem Besuch bei der Zeugin R... über deren Versicherungsdaten verfügte. Vielmehr hat die Zeugin bekundet, dass es zwei Besuche gab, wie die Beklagte dies bereits im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vorgetragen hatte. Bei dem ersten Besuch habe die Beklagte auf sie eingeredet, man habe „über den Papieren gesessen“, die Beklagte habe „gucken (wollen), wann was abläuft“. Beim zweiten Mal seien dann die vorbereiteten Erklärungen mitgebracht worden und sie habe dann eine Unterschrift geleistet. Es ist danach nicht mit der erforderlichen Sicherheit zur Überzeugung des Senats festzustellen, dass die Beklagte, wie die Klägerin geltend macht, bereits zu dem ersten Besuch mit vorgefertigten Unterlagen und eingetragenen Vertragsnummern erschienen wäre.
c) Soweit das Landgericht den ihm unterbreiteten Sachverhalt auch darauf geprüft hat, ob eine aggressive geschäftliche Handlung seitens der Beklagten vorgelegen hat – und im Ergebnis einen Unterlassungsanspruch gestützt auf § 4 Nr. 4 UWG iVm § 8 Abs. 1 UWG bejaht hat, bot der für die Bestimmung des Streitgegenstands maßgebliche Sachvortrag der Klägerin dafür keine Veranlassung. Die Klägerin hat ausschließlich beanstandet, dass die Beklagte die von ihr in der Zeit ihrer Tätigkeit für die (y…) gewonnenen Informationen eingesetzt habe, um Kunden, die sie während ihrer Tätigkeit für die (y…) betreut hat, für die (x…) abzuwerben. Dieses Verhalten hat sie unter dem rechtlichen Gesichtspunkten der Verletzung von Geschäftsgeheimnissen (§ 17 UWG) und der unlauteren Behinderung (§ 4 Nr. 4 UWG) zur Überprüfung des Gerichts gestellt. Sie hat zwar zusätzlich vorgetragen, die Beklagte habe gegenüber der Zeugin R... einen solchen Druck aufgebaut, dass diese schließlich gegen ihren ursprünglichen Willen in die Kündigung ihrer bei der (y…) bestehender Verträge eingewilligt habe. Sie hat allerdings nicht beantragt, der Beklagten ein entsprechendes zukünftiges Verhalten zu untersagen und hat auch nicht geltend gemacht, dass die Beklagte dadurch gegen das in § 4a UWG enthaltene Verbot aggressiver geschäftlicher Handlungen verstoßen habe. §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 1, 2 BGB iVm § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG.
Die von § 4a UWG umfassten Verhaltensweisen der aggressiven geschäftlichen Handlungen stellen im Verhältnis zu § 4 Nr. 4 UWG einen anderen Streitgegenstand dar (Köhler/ Bornkamm/Feddersen, a.a.O., § 4 Rn 4.14), der nicht zur Entscheidung durch das Landgericht angestanden hat.
4) Nachdem ein Verstoß der Beklagten gegen das Verbot der Verwendung fremder Geschäftsgeheimnisse bzw. gegen das Verbot gezielter Behinderung nicht festzustellen ist, kann die Klägerin auch nicht zur Durchsetzung eines Schadensersatzanspruches Auskunft über weitere entsprechende Verletzungshandlungen verlangen.
5) Mangels Begründetheit des Unterlassungsanspruches steht der Klägerin auch kein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten zu (§ 12 Abs. 2 UWG).
6) Im Ergebnis war die Klage auf die Berufung der Beklagten antragsgemäß insgesamt abzuweisen, denn mit der Abweisung der auf Unterlassung und Auskunft gerichteten Klageanträge zu 1) und 2) ist den Anträgen auf Eidesstattliche Versicherung der erteilten Auskunft (Klageantrag zu 3)) und Schadensersatz (Klageantrag zu 4)) notwendigerweise die Grundlage entzogen worden. Mit der Entscheidung über das Teilurteil waren deshalb zugleich die in der unteren Instanz anhängig gebliebenen weiteren Ansprüche der Klägerin abzuweisen (BGH, Beschluss vom 03.07.1959 - I ZR 169/55 - „Bundfitsche“; zit. nach juris).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10. 709, 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Entscheidung auf den Umständen des Einzelfalles beruht und ihr grundsätzliche Bedeutung nicht zukommt. Auch erfordern weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts, § 543 Abs. 2 ZPO.