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Entscheidung 12 K 12033/11


Metadaten

Gericht FG Berlin-Brandenburg 12. Senat Entscheidungsdatum 17.08.2011
Aktenzeichen 12 K 12033/11 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Tatbestand

Die Klägerin beantragte mit Schreiben vom 23. Dezember 2010 bei dem Beklagten einen Termin zur Erörterung des Sach- und Rechtsstandes gemäß § 364a der Abgabenordnung (AO). Die Bevollmächtigte der Klägerin teilte dazu mit, dass sie von der Klägerin gebeten worden sei, mit dem Beklagten in persönliche Gespräche einzutreten. Diese Gespräche sollten die gütliche Einigung über den Rechtsstreit und die zu leistende Zahlung zum Ziel haben. Vorstellbar sei der Abschluss einer tatsächlichen Verständigung. Für eine solche Verständigung sehe man Raum.

Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 13. Januar 2011 ab. Er begründete die Ablehnung damit, dass er keine Möglichkeit einer gütlichen Einigung bzw. einer tatsächlichen Verständigung sehe, und kündigte den Erlass einer Einspruchsentscheidung bis Ende Januar 2011 an.

Dagegen legte die Klägerin unter dem 14. Januar 2011 Einspruch ein. Der Beklagte teilte dazu mit Schreiben vom 11. Februar 2011 mit, dass die Ablehnung eines Antrags auf Erörterung des Sach- und Rechtsstandes zwar Verwaltungsaktcharakter habe, aber entsprechend dem Ablehnungszweck nicht anfechtbar sei. Das Schreiben vom 14. Januar 2011 werde daher nicht als Einspruch behandelt. Als Einspruch wäre es – so die Auffassung des Beklagten – auch mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Der Beklagte erläuterte weiter, dass einem Antrag auf Erörterung der Sach- und Rechtslage zwar grundsätzlich entsprochen werden solle; dies gelte jedoch nicht, wenn der Antrag der Verfahrensverschleppung diene. Die Klägerin habe es unterlassen, die Zeit zwischen ihrem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung bei dem Finanzgericht im März 2010 und der Entscheidung des Finanzgerichts darüber im November 2010 für Gespräche oder Erläuterungen zu nutzen. Auch habe sie in ihrem Schreiben vom 23. Dezember 2010 unterlassen, die Punkte anzuführen, über die ein Gespräch geführt werden solle. Damit sei eine sinnvolle Vorbereitung auf dieses Gespräch unmöglich. Weiterhin sei nach dem zuvor bei der Klägerin zu beobachtenden Verhalten zu besorgen gewesen, dass es bei einem Erörterungstermin nicht bleiben würde. Die Möglichkeit der Verfahrensverschleppung erschiene danach mehr als wahrscheinlich. Bei Abwägung der im Widerstreit stehenden Rechtsgüter – einerseits das Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin, andererseits das Interesse des Beklagten, unverzüglich und ohne Verzögerung bzw. Verfahrensverschleppung über die Einsprüche zu entscheiden – sei seinem, des Beklagten, Interesse der Vorrang einzuräumen gewesen.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Ablehnung eines Antrags auf Erörterung der Sach- und Rechtslage mit dem Einspruch anfechtbar sei.

Die Klägerin beantragt,

die Einspruchsentscheidung vom 11. Februar 2011 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, über ihren Einspruch vom 14. Januar 2011 in der Sache zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

Die Klägerin kann in diesem Klageverfahren die Aufhebung des von ihr als Einspruchsentscheidung gedeuteten Bescheides des Beklagten vom 11. Februar 2011 nicht erreichen. Selbst wenn es sich um eine Einspruchsentscheidung über den Einspruch der Klägerin gegen die Ablehnung der Anberaumung eines Erörterungstermins nach § 364a AO handelte, so wäre diese jedenfalls rechtmäßig. Der Beklagte hat zutreffend die Ansicht vertreten, dass die Ablehnung der Anberaumung eines Erörterungstermins nicht gesondert anfechtbar ist, sondern im Rahmen der Entscheidung über den Rechtsbehelf angegriffen werden muss (gl.A. Seer in Tipke/Kruse, AO, FGO, Kommentar, § 364a AO Rn. 6; Birkenfeld in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, Kommentar, § 364a AO Rn. 27, 72; Pahlke in Pahlke/König, AO, Kommentar, 2. Auflage 2009, § 364a Rn. 22 f.; aA Brockmeyer in Klein, AO, Kommentar, 10. Auflage 2010, § 364a Rn. 5). Zwar wird man die Ablehnung als einen Verwaltungsakt werten müssen (so auch Brockmeyer aaO. Rn. 4; Seer aaO.). Dieser Verwaltungsakt ist aber analog § 128 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht isoliert anfechtbar. § 128 Abs. 2 FGO enthält einen allgemeinen Rechtsgedanken dahingehend, dass verfahrenslenkende Maßnahmen im Interesse der Verfahrensökonomie mit dem Einspruch bzw. der Klage – erst – gegen die verfahrensabschließende Sachentscheidung angegriffen werden können (Pahlke aaO. Rn. 23 iVm. § 347 Rn. 6; ähnlich Seer aaO.). Ein gesondertes Einspruchsverfahren allein über die Frage der Rechtmäßigkeit der Ablehnung eines Antrags nach § 364a AO würde die Regelung, die eine Erledigung von Steuerfällen ohne die Notwendigkeit des Erlasses einer Einspruchsentscheidung oder gar der Durchführung eines Klageverfahrens bezweckt, in ihr Gegenteil verkehren (ebenso Pahlke aaO. Rn. 22). Auch wenn der Gesetzgeber den Ausschluss gesonderter Rechtsbehelfe gegen die Ablehnung eines Antrags nach § 364a AO nicht geregelt hat, kann ihm nicht unterstellt werden, er hielte sie ohne weiteres für zulässig (ebenso Seer aaO.).

Die Revision zum Bundesfinanzhof war zuzulassen, weil die Frage, ob eine ablehnende Entscheidung über einen Antrag nach § 364a AO isoliert mit dem Einspruch angegriffen werden kann, im Schrifttum nicht einheitlich beantwortet wird und eine Entscheidung des Bundesfinanzhofes dazu noch nicht ergangen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.