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Entscheidung 9 WF 245/09


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 1. Senat für Familiensachen Entscheidungsdatum 20.09.2010
Aktenzeichen 9 WF 245/09 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss des Amtsgerichts Cottbus – Az.: 53 FH 14/06 – wird verworfen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Antragstellerin hat mit am 6.12.2005 eingegangenem Antrag um Prozesskostenhilfe für ein Abänderungsverfahren gemäß § 655 ZPO im vereinfachten Verfahren nachgesucht.

Die Antragstellerin ist die minderjährige Tochter des Antragsgegners. Durch Jugendamtsurkunde der Stadt C… vom 10.8.1999 (Urkundenregister Nr. 55/1999), ist der Antragsgegner verpflichtet, an die Kindesmutter 100 % des jeweiligen Regelbetrages „abzüglich des jeweiligen hälftigen Kindergeldes….“ zu zahlen. Auf Grund der zwischenzeitlichen Gesetzesänderungen zur Anrechnung von Kindergeld beabsichtigt die Antragstellerin eine Abänderung der Urkunde hinsichtlich der Anrechnung des Kindergeldes rückwirkend zum 1.10.2001.

Nachdem der Antragstellervertreter mit Schriftsatz vom 16.1.2006 nochmals klargestellt hatte, dass eine Abänderung im vereinfachten Unterhaltsfestsetzungsverfahren beabsichtigt sei, wurden ihm durch die zuständige Rechtspflegerin des Amtsgerichts Cottbus verschiedene Hinweise dahingehend erteilt, dass eine Abänderung wegen des Außerkrafttretens des Unterhaltstitelanpassungsgesetzes zum 1.1.2006 nicht in Betracht komme. Daraufhin hat der Antragstellervertreter erklärt, der ursprüngliche Antrag werde aufrechterhalten, es werde jedoch hilfsweise Prozesskostenhilfe für einen Antrag als „normale Familiensache“ begehrt (Schriftsatz vom 23.11.2006). Auf nochmalige Anfrage seitens der Abteilungsrichterin hat der Antragstellervertreter mehrfach sowohl den Haupt-, als auch den Hilfsanspruch aufrechterhalten.

Mit Beschluss vom 30.11.2007 hat sodann die Rechtspflegerin den „Antrag vom 5.12.2005, gerichtet auf die Änderung … im vereinfachten Verfahren gemäß § 655 ZPO, …. zurückgewiesen“. Gegen den ihr am 5.12.2007 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin zunächst mit am 10.12.2007 eingegangenem Schriftsatz Beschwerde eingelegt. Diese hat die Rechtspflegerin des Amtsgerichts als Erinnerung ausgelegt, über die Nichtabhilfe entschieden und die Sache der zuständigen Abteilungsrichterin vorgelegt (Beschluss vom 4.1.2008). Daraufhin hat die Abteilungsrichterin am 9.1.2008 entschieden, der Erinnerung werde nicht „abgeholfen“, da diese unbegründet sei. Gegen diesen am 16.1.2008 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin mit am 17.1.2008 eingegangenem Schriftsatz Beschwerde eingelegt. Auf den Hinweis der Rechtspflegerin, eine Beschwerdemöglichkeit sei insoweit nicht gegeben, hat der Antragstellervertreter mit Schriftsatz vom 4.2.2008 darauf hingewiesen, dass er lediglich einen Haupt- und einen Hilfsantrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gestellt habe, die beide noch nicht beschieden worden seien. Anträge zur Hauptsache habe er auch im vereinfachten Unterhaltsfestsetzungsverfahren noch nicht gestellt, weshalb der Beschluss vom 30.11.2007 aufzuheben sei. Im Übrigen hat er klargestellt, die Beschwerde vom 17.1.2008 möge als Gegenvorstellung bzw. Anhörungsrüge ausgelegt werden. Hierüber hat das Amtsgericht trotz wiederholter Hinweise und Aufforderungen durch den Antragstellervertreter bislang nicht entschieden. Die Antragstellerin hat sodann mit Schriftsatz vom 6.8.2008 Untätigkeitsbeschwerde erhoben. Nach zwischenzeitlicher Versendung der Akte an den Bezirksrevisor bei dem Landgericht Cottbus, deren Grund nicht ersichtlich ist, hat das Amtsgericht (wohl der zuständige Abteilungsrichter) Termin zur mündlichen Verhandlung im PKH-Verfahren auf den 27.10.2008 anberaumt. Mit Verfügung vom 13.10.2008 wurde dieser Termin sodann wieder aufgehoben. Mit Schriftsatz vom 3.11.2008 hat der Antragstellervertreter zum wiederholten Mal auf die Sach- und Rechtslage hingewiesen und um Entscheidung über die gestellten Prozesskostenhilfeanträge gebeten.

Mit Beschluss vom 27.5.2009 hat die Rechtspflegerin den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das vereinfachte Unterhaltsfestsetzungsverfahren gemäß § 655 ZPO zurückgewiesen. Zur Begründung ist in dem Beschluss ausgeführt worden, dass wegen zwischenzeitlicher Aufhebung des Unterhaltstitelanpassungsgesetzes eine Abänderung nach § 655 ZPO nicht mehr in Betracht komme. Gegen den am 5.6.2009 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin mit am 19.6.2009 eingegangenem Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt und ausgeführt, der Antrag auf Abänderung sei schließlich rechtzeitig gestellt worden. Mit weiterem Rechtspflegerbeschluss vom 23.7.2009 ist nach Nichtabhilfe die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt worden.

II.

Die sofortige Beschwerde gegen den am 27.5.2009 verkündeten Beschluss der Rechtspflegerin ist unzulässig. Grundsätzlich ist zwar die sofortige Beschwerde gemäß §§ 127 Abs. 2, 567 ff. ZPO gegen Entscheidungen im Prozesskostenhilfeverfahren statthaft. Dies gilt jedoch nicht, soweit auch in der Hauptsache eine Beschwerdemöglichkeit zum Oberlandesgericht nicht gegeben wäre. Der Beschwerderechtszug reicht nicht weiter als der Rechtszug in der Hauptsache, soweit die Versagung von Prozesskostenhilfe auf einer Beurteilung der Erfolgsaussichten des beabsichtigten Antrages beruht. Nur wenn die Prozesskostenhilfe ausschließlich aufgrund einer Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers verweigert worden ist, besteht grundsätzlich die Möglichkeit der sofortigen Beschwerde.

Im vorliegenden Fall geht es in der Hauptsache um einen Abänderungsantrag im vereinfachten Verfahren auf Unterhaltsfestsetzung. Gegen eine ablehnende Entscheidung gemäß § 655 ZPO ist eine Beschwerdemöglichkeit zum Oberlandesgericht nicht eröffnet. Gegen einen Zurückweisungsbeschluss ist lediglich die Rechtspflegererinnerung möglich, §§ 655 Abs. 6, 646 Abs. 2 S. 3 ZPO. Nur gegen einen Abänderungsbeschluss ist die sofortige Beschwerde eröffnet (Zöller/Philippi, ZPO, 27. Aufl., § 655 Rz. 22, § 646 Rz. 13, § 127 Rz. 47; Baumbach/ Hartmann, ZPO, 66. Aufl., § 655 Rz. 14; § 646 Rz. 18).

Die sofortige Beschwerde ist auch nicht als Erinnerung gemäß § 11 Abs. 2 RPflG auszulegen. Zwar wäre dieses Rechtsmittel statthaft, da es in der Sache jedoch keine Aussicht auf Erfolg hätte, erscheint eine Umdeutung nicht sachgerecht. In der Sache ist die angefochtene Entscheidung der Rechtspflegerin zutreffend. Der beabsichtigte Abänderungsantrag der Antragstellerin hat im vereinfachten Unterhaltsfestsetzungsverfahren gemäß §§ 645 ff. ZPO keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die begehrte Abänderung im Hinblick auf das anzurechnende Kindergeld konnte bis zum 31.12.2005 gemäß § 2 Unterhaltstitelanpassungsgesetz i.V.m. § 655 ZPO abgeändert werden, allerdings auch bis dahin nur für die Zeit nach Antragstellung, wie § 2 Unterhaltstitelanpassungsgesetz ausdrücklich ausführt (Brandenburgisches Oberlandesgericht, 2. Senat für Familiensachen, FamRZ 2002, 1346; Vosskämper, FamRZ 2000, 1547). Für eine rückwirkende Abänderung, wie hier beantragt, wäre auch unter Geltung des Unterhaltstitelanpassungsgesetzes von vornherein nur die Abänderungsklage gemäß § 323 ZPO in Betracht gekommen.

Auch für eine Abänderung ab Antragstellung konnte seit dem 31.12.2005 nicht mehr auf das Unterhaltstitelanpassungsgesetz abgestellt werden, das zum 1.1.2006 außer Kraft getreten ist. Für die Anwendung dieser Vorschrift kommt es auch nicht auf den Zeitpunkt der Antragstellung, sondern auf den Entscheidungszeitpunkt an. Das Unterhaltstitelanpassungsgesetz, dessen Inkrafttreten und Außerkrafttreten in Artikel 5 des Gesetzes vom 2.11.2000 (Gesetz zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung und zur Änderung des Kindesunterhaltsrechts; BGBl. I, Seite 1479) geregelt ist, war von vornherein als Übergangsvorschrift konzipiert. Mit deren Außerkrafttreten am 1.1.2006 war ab diesem Zeitpunkt eine Abänderung im vereinfachten Verfahren grundsätzlich nicht mehr möglich. In der Bundestagsdrucksache wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass nach Ablauf von fünf Jahren noch nicht abgeänderte Titel nach § 323 ZPO abgeändert werden können (BT-Drucksache 14/3781 Seite 8).

Es kommt nicht darauf an, ob es dem Amtsgericht überhaupt bei üblicher Bearbeitung des Prozesskostenhilfegesuchs nach Eingang des Antrages am 6.12.2005 möglich gewesen wäre, über den Antrag bis zum 31.12.2005 zu entscheiden (was nach üblichen Verfahrensabläufen und der Notwendigkeit der Anhörung der Gegenseite für das Hauptsacheverfahren ohnehin nicht zu erwarten war). Denn auch eine – insoweit d.h. bis Jahresende 2005, nicht gegebene – verzögerliche Bearbeitung könnte nicht dazu führen, außer Kraft getretene Vorschriften gleichwohl weiter anzuwenden.

Eine Abänderung des Titels im vereinfachten Verfahren kommt somit nicht in Betracht, jedoch die Abänderung im allgemein dafür vorgesehenen Verfahren, das sich nunmehr nach dem inzwischen in Kraft getretenen FamFG richtet. Über die Gewährung von Prozesskostenhilfe für ein derartiges Verfahren, um die die Antragstellerin im Wege eines Hilfsantrages nachgesucht hat, vermag der Senat derzeit aus prozessualen Gründen nicht zu entscheiden. Denn es steht noch eine Entscheidung des Amtsgerichts – durch den zuständigen Abteilungsrichter – über den erstmals mit Schriftsatz vom 23.11.2006 gestellten Hilfsantrag, über den jedenfalls nunmehr zu entscheiden ist, aus. Das Amtsgericht wird bei seiner zu treffenden Entscheidung zu berücksichtigen haben, dass inzwischen feststeht, dass eine Durchsetzung des Abänderungsbegehrens im Wege des vereinfachten Verfahrens nicht (mehr) möglich ist. Daran ändern auch ein früher ergangener Hinweis des Senats in einem vorangegangenen Abänderungsverfahren und die Tatsache der Rücknahme der Abänderungsklage zum Az.: 53 F 25/02 nichts. Die damals geltende Rechtslage hat sich zum einen geändert, zum anderen führt die Klagerücknahme dazu, dass die Sache als nicht anhängig geworden anzusehen ist (§ 269 Abs. 3 ZPO), so dass einer erneuten Klage nichts im Wege steht.

Vorsorglich wird weiter darauf hingewiesen, dass die Rechtspflegerin auf die als Anhörungsrüge auszulegende Beschwerde vom 17.1.2008 ihren Beschluss vom 30.11.2007 aufzuheben haben wird. Dieser ist, worauf die Antragstellerin zutreffend hingewiesen hat, ohne Rechtsgrundlage ergangen, da ein Antrag gemäß § 655 ZPO von ihr zu keinem Zeitpunkt gestellt worden ist. Es war ausschließlich Prozesskostenhilfe beantragt worden, für einen danach gegebenenfalls zu stellenden Antrag nach § 655 ZPO. Hieran hat die Antragstellerin zu keinem Zeitpunkt einen Zweifel gelassen. Die im Zuge unübersichtlicher Aktenlage offenbar irrtümlich erfolgte Beschlussfassung ist durch Aufhebung aus der Welt zu schaffen. Das Oberlandesgericht ist zu einem entsprechenden Beschluss nicht befugt, da insoweit ein Beschwerdeverfahren hier nicht angefallen ist.

Weiter wird davon ausgegangen, dass die Untätigkeitsbeschwerde, die mit Schriftsatz vom 6.8.2008 erhoben worden ist, als gegenstandslos nicht mehr beschieden werden muss. Im Hinblick auf das PKH-Verfahren zum vereinfachten Unterhaltsfestsetzungsverfahren ist zwischenzeitlich durch das Amtsgericht ein Beschluss gefasst worden, gegen den sich die hier entschiedene Beschwerde gerichtet hat. Soweit sich die Untätigkeitsbeschwerde auch darauf richtet, dass die zuständige Abteilungsrichterin noch nicht über den Hilfsantrag entschieden hat, so ist eine Entscheidung nunmehr geboten, nachdem feststeht, dass für den Antrag nach § 655 ZPO Prozesskostenhilfe nicht zu bewilligen ist. Der Senat geht davon aus, dass das Amtsgericht unmittelbar nach Zuleitung dieser Entscheidung über die Prozesskostenhilfe entscheiden wird und sieht deshalb einer Entscheidung über die Untätigkeitsbeschwerde auch im Interesse der Antragstellerin derzeit als nicht geboten und deshalb auch nicht als beantragt an.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet, § 127 Abs. 4 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor.