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"Ghetto-Beschäftigung"; Glaubhaftmachung; Rechtsnachfolge


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 8. Senat Entscheidungsdatum 12.03.2010
Aktenzeichen L 8 RA 88/04 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 30 SGB 1, § 58 SGB 1, § 37 SGB 1, § 35 SGB 6, § 55 Abs 1 S 1 SGB 6, § 247 Abs 3 S 1 SGB 6, § 1227 RVO, § 1248 Abs 5 RVO, § 1248 Abs 7 RVO, § 1248 Abs 3 RVO, § 1250 Abs 1a RVO, § 1 ZRBG, § 2 ZRBG, Art 3 SozSichAbk USA, Art 5 SozSichAbk USA, Art 3 SozSichAbk ISR, Art 4 SozSichAbk ISR

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. Juni 2004 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist die Gewährung einer Altersrente für Lebzeiten des 1912 in C (Polen) geborenen und 2006 an seinem Wohnsitz in den USA verstorbenen E B (im folgenden: Anspruchsteller). Die Klägerin ist die Tochter und kraft testamentarischer Verfügung Alleinerbin des Anspruchstellers.

Der Anspruchsteller war wegen seiner jüdischen Abstammung ab Beginn des zweiten Weltkriegs Verfolgungen durch die deutsche Besatzungsmacht in Polen ausgesetzt. Nach dem Häftlingspersonalbogen des Konzentrationslagers D, der dem Internationalen Suchdienst Arolsen vorlag, war er am 5. Juni 1942 in „K“ (C) verhaftet worden. Jedenfalls ab diesem Zeitpunkt befand er sich in mehreren Zwangsarbeits- und Konzentrationslagern. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges hielt er sich in Lagern für „Displaced Persons“ in S und M auf. 1948 wanderte er in die USA aus.

In einem Verfahren auf Entschädigung des Schadens an Freiheit nach dem Gesetz zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts (Entschädigungsgesetz) gab der Anspruchsteller im März 1950 in einem Formular eine Freiheitsberaubung von 1940 bis 1943 im Zwangsarbeitslager B und von 1943 bis 29. April 1945 in den Konzentrationslagern Auschwitz und Dachau sowie Zwangsarbeit in „B usw.“ von 1940 bis 1945 an. Die ebenfalls vorgesehene Zeile „Ghetto“ enthielt keine Angaben. Zum Beleg seiner Angaben reichte er eine eidesstattliche Versicherung des M G, N J, vom 15. Januar 1956 ein. Durch Bescheid vom 8. Februar 1957 bewilligte die Entschädigungsbehörde dem Anspruchsteller eine Entschädigung wegen Schadens an Freiheit und ging hierbei von den Angaben des Anspruchstellers aus.

In einem Verfahren auf Entschädigung des Schadens an Körper oder Gesundheit gab der Anspruchsteller dann 1964 in einer eidesstattlichen Versicherung an, von 1928 bis zum Einmarsch der deutschen Truppen ein Obst- und Delikatessengeschäft in seinem Heimatort besessen zu haben. Das Geschäft habe er nach dem deutschen Einmarsch aufgeben müssen, es sei von den deutschen Truppen geplündert worden. Von 1939 bis 1942 habe er durch die deutsche Besetzung seiner Heimatstadt schwere Zwangsarbeit leisten müssen. Danach sei er bis 1945 in verschiedenen Konzentrationslagern gewesen, wo er schwere Arbeiten habe ausführen müssen und unglaublich misshandelt worden sei. Als er 1948 nach Amerika gekommen sei, sei er noch immer in schlechtem Zustand gewesen. Die Sozialversicherungsbehörde der USA bescheinigte dem Anspruchsteller erstmals für das Jahr 1950 berücksichtigungsfähige Verdienste für die Alters- und Hinterbliebenenpension.

Im Jahr 1965 wurde der Kläger im Auftrag der Entschädigungsbehörde medizinisch begutachtet. In dem Gutachten des Facharztes für orthopädische Chirurgie Dr. L vom 25. Februar 1965 werden als Angaben des Klägers über die Zeit ab Kriegsbeginn wiedergegeben: „Im September 1939 seien die Deutschen in seine Heimatstadt gekommen, er habe dann bis Anfang 1942 für die Deutschen Zwangsarbeit machen müssen, habe Steine aufgestapelt, Gräben gegraben.“ In dem Gutachten des Facharztes für Psychiatrie Dr. H W, N vom 27. März 1965 wird ausgeführt: „Dieser Antragsteller lebte in C zur Zeit der deutschen Besetzung Polens im September 1939. Er war 27 Jahre alt zu dieser Zeit. Sein Geschäft wurde sofort ausgeplündert und der Ast. wurde hier und dort zur Zwangsarbeit gefordert. Er kam dann in ein Ghetto, wo er täglich für den Judenrat Arbeit verrichten musste. Er wurde manchmal auch für diese Arbeit von C weggeschickt, blieb eine bis 4 Wochen manchmal von der Stadt fort. Er wurde bei der Arbeit viel geschlagen und musste viel erdulden.“

In einem Gutachten des Arztes für Innere Krankheiten F D. R, N Y (N Y), vom 8. April 1965 (Untersuchung am 3. Februar 1965) wird schließlich wiedergegeben, dass der Anspruchsteller „bereits Anfang 1940 zur Zwangsarbeit in einem Lager J in der Nähe seiner Heimatstadt herangezogen“ worden sei. Im Jahr 1941 sei er in das Zwangsarbeitslager B überstellt worden. Soweit er sich erinnere, sei er 1943 in das Zwangsarbeitslager W gekommen. Er sei dann in verschiedenen Konzentrationslagern gewesen, könne sich jedoch an Daten nicht erinnern. Soweit er wisse, sei er etwa 1944 in das Konzentrationslager A-B und Ende 1944 in das Konzentrationslager D gekommen. Dem Gutachten lag ein Schreiben des Anspruchstellers vom 10. Februar 1965 an den Gutachter R bei, in dem er „falls ich bei meinem Dortsein infolge meines schlechten Gedächtnisses keine genauen Angaben gemacht haben sollte“ unter anderem mitteilte, dass er „in 1942 ins Kz. B gekommen“ sei.

In einem am 20. Mai 1999 von dem Facharzt für Innere Medizin Dr. N B, New York, für die Entschädigungsbehörde erstatteten Gutachten wird schließlich wiedergegeben, dass der Anspruchsteller „von 1940 bis 1945 in verschiedenen Zwangsarbeits- und Konzentrationslagern inhaftiert“ gewesen sei.

Im Januar 1998 beantragte der Anspruchsteller bei der Beklagten die Zulassung zur Nachentrichtung von Beiträgen nach dem Zusatzabkommen (ZA) zum Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika über Soziale Sicherheit (DASVA). Darin gab er an, von 1931 bis 1933 in einem Textilbetrieb in C als Schnittmeister beschäftigt gewesen zu sein. Von 1933 bis 1939 habe er ein eigenes Geschäft besessen. Für die Zeit von 1939 bis 1945 ist „Verfolgung“ angegeben.

In einem späteren Antragsformular finden sich die Angaben „4/29 – 5/31 Fa. Z L, ... C, Herrenkonfektion Großhandel, Packer/Erledigung von Bestellungen“ und „5/31 – 12/36 Fa. J S, C, Stoffhandlung en gros ... Verkäufer“. Zu diesen Angaben wurde eine schriftliche Zeugenerklärung ohne Datum des MN, B, N Y, eingereicht.

Nachdem der Anspruchsteller auf die Widersprüche in seinen Angaben hingewiesen worden war, reichte er eine weitere Zeugenerklärung des S K, F, New York, vom 28. Mai 1998 sowie eine eigene Erklärung ohne Datum ein. Er selbst bestätigte die zuletzt von ihm gemachten Angaben, die er dahingehend ergänzte, dass es ihm Anfang 1937 gelungen sei, in einer ganz anderen Branche ein eigenes Delikatessengeschäft zu eröffnen. Der polnische Versicherungsträger konnte Versicherungszeiten in der polnischen Rentenversicherung auf Anfrage der Beklagten nicht bestätigen (Auskunft vom 28. Mai 1999).

Im Mai 1999 änderte der Anspruchsteller seinen Antrag dahingehend, dass die Anrechnung von Zeiten und die Zahlbarmachung einer Rente über § 17 Abs. 1b Fremdrentengesetz (FRG) in Verbindung mit § 18 des Gesetzes zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung (WGSVG) begehrt wurde.

Durch Bescheid vom 25. Juni 1999 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Altersrente ab. Die Wartezeit von fünf Jahren sei nicht erfüllt. Für den Zeitraum vom 1. April 1929 bis zum 31. Dezember 1936 könnten weder Beitrags- noch Beschäftigungszeiten anerkannt werden, weil sie weder nachgewiesen noch ausreichend glaubhaft gemacht worden seien. Weil der Anspruchsteller nicht Versicherter gewesen sei, könne die Zeit von September 1939 bis Sommer 1945 auch nicht als Ersatzzeit anerkannt werden. Ein Rentenanspruch ergebe sich auch nicht unter Berücksichtigung etwaiger amerikanischer Versicherungszeiten, weil in der deutschen Rentenversicherung nicht die erforderliche Mindestversicherungszeit von 18 Monaten zurückgelegt worden sei.

Gegen den Bescheid legte der Anspruchsteller Widerspruch ein. Auf seine Anfrage hin führte die Beklagte mit Schreiben vom 2. August 1999 ergänzend aus, dass die Glaubhaftmachung deshalb nicht gelungen sei, weil seine jetzigen Angaben im Widerspruch zu denen stünden, die er im Entschädigungsverfahren gemacht habe.

Im Widerspruchsverfahren reichte der Anspruchsteller „über die Beitragszeit im Ghetto C“ schriftliche Zeugenerklärungen des O Y, B, N Y, vom 4. April 2000 und des M Z, E, N J vom 7. April 2000 ein. Beide Zeugen gaben Feldarbeiten „für die Wasserregulierung der Donau“ im Lager Y an. Die Vormerkung („Anerkennung“) dieser Zeiten lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 26. September 2000 erneut mit der Begründung ab, dass Beitrags- oder Beschäftigungszeiten nicht nachgewiesen oder glaubhaft gemacht seien. Auch gegen diesen Bescheid, der den Hinweis enthielt, dass er Gegenstand des laufenden Widerspruchsverfahrens werde, legte der Anspruchsteller Widerspruch ein und führte aus, dass Zeiten im Ghetto C regelmäßig über die Beitragsfiktion nach § 14 WGSVG Berücksichtigung fänden. Mit Schriftsatz vom 13. November 2000 erklärte er weiter, dass der Widerspruch betreffend die abgelehnte Beitragszeit von 1929 bis 1936 nicht mehr aufrecht erhalten werde. Mit weiterem Schriftsatz vom 23. November 2000 reichte er Antworten auf einen Fragenkatalog „Klärung von rentenrechtlichen Zeiten“ ein. Er gab ebenfalls „Feldarbeit für die Wasserregulierung der Donau“ an. Die Arbeit sei durch die Ghettoverwaltung vermittelt worden.

Zu einem Schreiben der Beklagten vom 13. Dezember 2000, in dem auf weiter bestehenden Aufklärungsbedarf und Widersprüchlichkeiten hingewiesen wurde, äußerte sich der Anspruchsteller nicht. Die Beklagte wies den Widerspruch daraufhin durch Widerspruchsbescheid vom 15. August 2001 „gegen den Bescheid vom 25.06.99“ zurück. Eine Altersrente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung könne nicht beansprucht werden, weil eine Beitragszeit von September 1939 bis Dezember 1941 nicht glaubhaft gemacht worden sei. Die Angaben über die Beschäftigung im Ghetto seien nicht nachvollziehbar, weil es sich nicht um Arbeit an der vom Ghetto weit entfernt liegenden Donau gehandelt haben könne. Von daher habe keine Bedeutung, dass sich die Angaben des Anspruchstellers mit denen der Zeugen deckten.

Bei der Beigeladenen hatte der Anspruchsteller unterdessen durch einen anderen Bevollmächtigten im September 1999 ebenfalls Altersrente beantragt. Dieser Antrag war zur weiteren Bearbeitung an die Beklagte abgegeben worden.

Mit der Klage hat sich der Anspruchsteller gegen die Bescheide der Beklagten vom 25. Juni 1999 und 26. September 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. August 2001 gewandt und einen Anspruch auf Altersrente unter Berücksichtigung einer Beitragszeit von September 1939 bis Dezember 1941 sowie anschließender Ersatzzeiten wegen Verfolgung geltend gemacht. Seine jetzigen Angaben stünden nicht im Widerspruch zu denen im Entschädigungsverfahren. Auch damals habe er bereits angegeben, in seiner Heimatstadt zu Zwangsarbeiten herangezogen worden zu sein und für die jüdische Ghettoverwaltung gearbeitet zu haben. Aus seinen Angaben ergebe sich ebenfalls, dass er zu Arbeiten außerhalb des Ghettos abkommandiert worden sei. Während dieser Zeit sei er in dem 14 km von C entfernten Lager J untergebracht gewesen. Soweit davon die Rede gewesen sei, dass Arbeiten „an der Donau“ verrichtet worden seien, handle es sich um einen offenbaren Irrtum der Zeugen. Dieser sei aber nicht so gravierend, da sich der Werdegang bereits aus den zeitnahen Angaben im Entschädigungsverfahren ergebe. Der Ort J liege in der Nähe der Weichsel.

Das Sozialgericht hat die Entschädigungsakten der Oberfinanzdirektion München – Landesentschädigungsamt – und der Bezirksregierung Düsseldorf – Abt. Wiedergutmachung – beigezogen und die damalige Landesversicherungsanstalt Freie und Hansestadt Hamburg (jetzt Deutsche Rentenversicherung Nord) beigeladen. Im Auftrag des Sozialgerichts ist der Zeuge O Y durch das Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland in New York vernommen worden. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Vernehmungsprotokoll vom 9. Januar 2003 sowie die „Zusammenfassung über die erneute Vernehmung“ vom 14. Mai 2003 Bezug genommen. Der Zeuge Z konnte nicht mehr vernommen werden, da er verstorben war.

Der Anspruchsteller selbst hat gegenüber dem Generalkonsulat erklärt, dass er nicht dem deutschen Sprach- und Kulturkreis zugeordnet werden könne. Deutsch habe er erst gelernt, nachdem er seine (aus W stammende) Ehefrau kennengelernt habe. Die Beklagte hat eine von ihr eingeholte Auskunft des Internationalen Suchdienstes Bad Arolsen vom 14. Februar 2003 eingereicht.

Durch Urteil vom 22. Juni 2004 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Anspruch richte sich noch nach dem Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) beziehungsweise der Reichsversicherungsordnung (RVO), weil sich angesichts des Alters des Anspruchstellers bei ausreichenden Beitragszeiten ein Rentenbeginn ab 1. Dezember 1979 ergeben könne. Die Anspruchsvoraussetzungen seien jedoch nicht erfüllt. Es sei dem Kläger nicht gelungen glaubhaft zu machen, dass er eine Beschäftigungszeit im Sinne der RVO zurückgelegt habe. Die Vorschriften der RVO seien zu prüfen, weil sowohl der Ort Chrzanow als auch der ca. 10 km südlich gelegene Ort Y in Ost-Oberschlesien lägen, das bereits im Oktober 1939 der deutschen Provinz Schlesien zugeschlagen worden sei. In diesem Gebiet sei ab Januar 1940 unter anderem die RVO eingeführt worden. Ausreichend sei die Glaubhaftmachung eines Beschäftigungsverhältnisses, weil die Abführung von Beiträgen fingiert werden könne. Es sei dem Anspruchsteller für die zunächst zu betrachtende Zeit ab 1. Januar 1940 nicht gelungen glaubhaft zu machen, dass er in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gegen Entgelt gestanden habe. Sowohl seine Angaben als auch die des Zeugen Y seien widersprüchlich, so dass nicht angenommen werden könne, dass der Anspruchsteller ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis gegen Entgelt ausgeübt habe. Dies sei nach den historischen Erkenntnissen zwar denkbar. Diese Erkenntnisse reichten aber nicht aus, um Beitragszeiten berücksichtigen zu können. Es sei nicht mit der erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit feststellbar, wo und zu welchem Zeitpunkt der Anspruchsteller eine Beschäftigung ausgeübt habe. Die bereits von der Beklagten aufgezeigten Widersprüchlichkeiten hätten sich durch die Vernehmung des Zeugen Y nicht ausräumen lassen. Anders als die Bevollmächtigten des Anspruchsteller es darstellten, seien es nicht allein die Zeugen gewesen, die in ihren (schriftlichen) Erklärungen von Arbeiten an der Donau gesprochen hätten. Auch der Anspruchsteller habe dies im November 2000 angegeben. Er gestehe selbst ein, dass dies angesichts der geographischen Verhältnisse nicht zutreffen könne. Die Vermutung des Gerichts, dass die Zeugen und der Anspruchsteller die Weichsel mit der Donau verwechselt haben könnten, habe sich nicht bestätigt. Der Zeuge Y habe sich bei seiner Vernehmung an den Namen des Flusses, in dessen Nähe Y liege, nicht erinnern können. Auf Nachfrage des Gerichts habe er dann angegeben, sich nicht daran erinnern zu können, in der Nähe eines Flusses gearbeitet zu haben. Er habe ausgeschlossen, dass es in oder in der Nähe von Y oder C einen großen Fluss gegeben habe. Auch wenn die Weichsel, die sich dort in ihrem Oberlauf befinde, noch nicht besonders groß sei, so sei es doch nicht nachvollziehbar, dass keine Erinnerung an den bedeutendsten Fluss Polens bestehe. Abgesehen davon, dass sich die Angabe „Donau“ nicht mehr klären lasse, sei auffällig, dass sie sowohl vom Anspruchsteller als auch von den Zeugen gemacht worden sei. Dies deute darauf hin, dass die Angaben entweder komplett unrichtig oder von jemand anderem vorgefertigt worden seien. Hinzu komme, dass der Zeuge Y in seiner schriftlichen Erklärung angegeben habe, schon Anfang 1941 deportiert worden zu sein. Bei seiner Vernehmung habe er dagegen ausgesagt, von Mai bis Dezember 1941 mit dem Anspruchsteller in Y zusammengearbeitet zu haben. Darüber hinaus gebe der Zeuge Beschäftigungen des Anspruchstellers an, die dieser selbst nicht genannt habe. Dies spreche zumindest dagegen, dass er im gesamten Zeitraum von 1939 bis Dezember 1941 in Y gearbeitet habe. Insgesamt lasse sich den Angaben des Anspruchstellers und der Zeugen nicht entnehmen, wann, an welchem Ort und zu welchen Bedingungen der Anspruchsteller versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei. Bei dieser Sachlage reiche es nicht aus, dass der Anspruchsteller bereits 1965 im Entschädigungsverfahren Arbeiten in Y angegeben habe. Dies sei zwar ein wichtiges Indiz dafür, dass seine Angaben wenigstens teilweise zuträfen, reiche aber nicht, die überwiegende Wahrscheinlichkeit eines Beschäftigungsverhältnisses anzunehmen. Wie die Zeit von September bis Dezember 1939 rechtlich zu behandeln sei, könne dahinstehen, weil auch für diesen Zeitraum kein Beschäftigungsverhältnis glaubhaft gemacht sei. Ein Anspruch nach dem Gesetz über die Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto komme aus dem gleichen Grund nicht in Betracht. Die Voraussetzungen für die Anrechnung von Ersatzzeiten lägen ebenfalls nicht vor.

Mit der Berufung hat zunächst der Anspruchsteller und nach dessen Tod seine Tochter und Erbin den Rentenanspruch weiterverfolgt. Zur Begründung wird vorgetragen, dass das Sozialgericht einer offensichtlichen Unrichtigkeit in den Aussagen zu großes Gewicht beimesse und die naheliegendste Erklärung hierfür, nämlich Übertragungsfehler bei den Mitarbeitern in Israel, welche die Angaben der Zeugen und des Klägers aufgenommen hätten, außer acht ließen. Diese sei auf Grund des krassen Missverhältnisses zwischen dem im Entschädigungsverfahren dargestellten Werdegang und den im Rentenverfahren gemachten Angaben aber die wahrscheinlichste. Der Würdigung der Aussage des Zeugen Y könne insoweit zugestimmt werden als diese für eine Glaubhaftmachung nicht herangezogen werden könne. Die Abweichungen in den Aussagen seien im historischen Rahmen zu prüfen. Unterlagen aus Yad Vashem und anderen Quellen belegten, dass Juden im Ghetto C bei der Drainage oder Wasserregulierung gearbeitet hätten. Damit würden die Angaben des Anspruchstellers bestätigt. Zur Unterstützung des Vortrags sind diverse Unterlagen in Kopie eingereicht worden.

Zur möglichen Staatsangehörigkeit sowie zu möglichen Aufenthaltsorten der Klägerin im Zeitpunkt des Todes des Anspruchstellers ergeben sich aus der Gerichtsakte sowie der Entschädigungsakte des Bayerischen Landesentschädigungsamtes folgende Unterlagen:

- Kopie einer Geburtsbescheinigung („Certification of Birth“), ausgestellt am 1963 von der Stadt New York (New York), USA, mit der die Geburt der Klägerin in der Stadt New York am 1958 ausweislich des Geburtsregisters bestätigt wird,
- Kopie eines Testaments („Last Will and Testament“), am 2005 vom Anspruchsteller unterschrieben, in dem der Wohnort der Klägerin („now lives at“) zu diesem Zeitpunkt mit „ H, H, Israel“ angegeben wird,
- Kopie einer Sterbeurkunde betreffend den Tod des Anspruchstellers, ausgestellt von der Stadt New York am 2006, in der als Adresse der Klägerin („Informant“) die des Anspruchstellers (, F, N Y) angegeben wird,
- Briefumschlag mit Absenderangabe „S K c/o K F NY “ und Poststempel vom Mai 2006; Adressat: „Hbank NY Branch NY NY “,
- Schreiben der Klägerin an die Bank L mit Datum Juni 2007, in der im Briefkopf eine Email-Adresse und im laufenden Text als Adresse für die Zusendung von Schecks, um deren Ausstellung die Klägerin in dem Schreiben gebeten hatte, die „c/o K“ wie eben angeben wird („This is the new address that should be entered into your files“),
- Schreiben der Bank L USA mit Datum . Juni 2007, gerichtet an die Klägerin „c/o K“ wie eben,
- Urkunde des Nachlassgerichtes („Surrogate’s Court“) des Staates New York – Queens County – vom . Mai 2007, mit der die Ausstellung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses („letters testamentary“) an die Klägerin als bestellte Treuhänderin („Fiduciary Appointed“) mit der Postanschrift („Mailing Address“) „N H, H, Israel“, am 2006 bestätigt wird.

Die Klägerin selbst hat zunächst angegeben, dass sie die alleinige Staatsangehörigkeit der USA besitze und auch einen ständigen Wohnsitz in den USA habe (Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 26. Mai 2009). Zu einem Aufklärungsschreiben des Senats vom 15. Juni 2009, mit dem sie aufgefordert worden war, einen Nachweis zu ihrer Staatsangehörigkeit und Belege für ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt des Todes des Anspruchstellers zu erbringen, hat sie mit Schriftsatz vom 29. Juli 2009 erwidert, dass der Aufforderung nicht nachgekommen werden solle. Die persönlichen Verhältnisse des berufenen Erben gehörten nicht zum Sachverhalt, der Gegenstand des Verfahrens sei. Das Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG), aus dem der Anspruch ebenfalls abgeleitet werde, sei unabhängig vom Aufenthaltsort der Klägerin anwendbar.

Die Klägerin stellt die Beweisanträge, die sich aus Blatt 11 und 12 des Schriftsatzes ihrer Bevollmächtigten vom 8. März 2010 ergeben. Sie beantragt in der Sache,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. Juni 2004 und die Bescheide der Beklagten vom 25. Juni 1999 und 26. September 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. August 2001 aufzuheben und die Beklagte, hilfsweise die Beigeladene zu verurteilen, ab dem 1. Dezember 1979, hilfsweise ab dem 1. Juli 1997 bis zum 30. April 2006 Altersruhegeld aus der Versicherung des E B zu bewilligen und an sie auszuzahlen und hierbei eine glaubhaft gemachte Beitragszeit vom 1. September 1939 bis zum 31. Dezember 1941 und Ersatzzeiten wegen Verfolgung bis zum 31. Dezember 1949 zu berücksichtigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Anspruch sei jedenfalls deshalb nicht begründet, weil die Widersprüche in der Sachverhaltsdarstellung durch den verstorbenen Anspruchsteller so gravierend seien, dass eine Glaubhaftmachung nicht gelungen sei.

Die Beigeladene beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie schließt sich der Auffassung der Beklagten an.

Die Gerichtsakten, die Verwaltungsakte der Beklagten und die Entschädigungsakten des Bayerischen Landesamtes für Finanzen – Landesentschädigungsamt – (betreffend Entschädigungsansprüche des Anspruchstellers für sich selbst) und der Bezirksregierung Düsseldorf – Abt. Wiedergutmachung (betreffend Entschädigungsansprüche für die ermordeten Eltern) waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt dieser Aktenstücke Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Auszahlung einer dem Anspruchsteller für Lebzeiten zustehenden Rentenleistung wegen Alters.

Die Klägerin ist bereits nicht Inhaberin eines gegen die Beklagte oder die Beigeladene gerichteten subjektiven öffentlichen Rechts geworden. Dies wäre nur auf Grund des § 58 Satz 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) möglich gewesen. Danach werden fällige Ansprüche auf Geldleistungen (die nicht nach § 59 Satz 2 SGB I erloschen sind, zur Prüfungsreihenfolge s. stellvertretend BSG SozR 4-1200 § 56 Nr 3) nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs vererbt, soweit sie nicht nach den §§ 56 und 57 SGB I einem Sonderrechtsnachfolger zustehen. Die Klägerin war keine Sonderrechtsnachfolgerin im Sinne dieser Vorschriften und andere derartige Sonderrechtsnachfolger sind nicht ersichtlich.

§ 58 Abs. 1 SGB I war jedenfalls im maßgeblichen Zeitpunkt des Todes des Anspruchstellers nicht für die Klägerin anwendbar. Gemäß § 30 Abs. 1 SGB I gelten die Vorschriften „dieses Gesetzbuches“ – das ist: das Sozialgesetzbuch einschließlich seiner besonderen Teile und den ihnen gemäß § 68 SGB I gleichgestellten Regelungen – für alle Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Geltungsbereich haben. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllte die Klägerin im maßgeblichen Zeitpunkt ersichtlich nicht.

Die Anwendung des § 30 Abs. 1 SGB I ist nicht ausgeschlossen. Durch ihn wird das sogenannte Territorialitätsprinzip verwirklicht, welches die völkerrechtliche Grundnorm umsetzt, dass staatliche Hoheitsgewalt nur im eigenen Hoheitsbereich ausgeübt werden darf und ihre Schranken in den räumlichen Grenzen dieses Hoheitsbereiches findet. Das Territorialitätsprinzip ist im Bereich des Leistungsrechts zwar im besonderen dann durchbrochen und damit die Anwendbarkeit des § 30 Abs. 1 SGB I eingeschränkt, wenn ein Anspruchsteller in das soziale Sicherungssystem der Bundesrepublik Deutschland aufgrund von hier ausgeübten Beschäftigungen einbezogen war und aufgrund dessen Leistungsansprüche erworben hat (s. stellvertretend BSG SozR 1200 § 35 Nr. 1 und vom 27. August 2008 – B 11 AL 7/07 R). Es gibt jedoch keinen generellen Rechtssatz des Inhalts, dass für jegliche Vorschrift, die im weitesten Sinn zur Erbringung von Leistungen führen kann, das Territorialitätsprinzip nicht gilt. Die Anwendung des § 30 Abs. 1 SGB I steht unter zwei gesetzlich ausdrücklich geregelten Vorbehalten: Zum einen dem abweichender Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts (§ 30 Abs. 2 SGB I) und zum anderen dem abweichender Regelungen in den besonderen Teilen des SGB (§ 37 Abs. 1 SGB I). Diese Bestimmungen wären überflüssig, wenn von vornherein der gesamte Bereich des „Leistungsrechts“ einschließlich der Vorschriften über die Rechtsnachfolge ausgenommen wären.

Etwas anderes ergibt sich auch dann nicht, wenn zugunsten der Klägerin unterstellt würde, dass ein zahlbarer Rentenanspruch des Anspruchstellers unter Berücksichtigung ZRBG bestanden hätte. Auch insoweit können sich Rechte der Klägerin für Lebzeiten des Anspruchstellers nur aufgrund von § 58 Abs. 1 SGB I ergeben. Das ZRBG enthält weder eigene Rechtsgrundlagen für Rentenansprüche (s. u.a. BSG, Urteil vom 12. Februar 2009 – B 5 R 70/06 R) noch zum Übergang von Rechten. Es ergänzt vielmehr die rentenrechtlichen Vorschriften des WGSVG (§ 1 Abs. 2 ZRBG). Da § 7 WGSVG wiederum anordnet, dass die Vorschriften des WGSVG über die gesetzliche Rentenversicherung die allgemein anzuwendenden Vorschriften des Sozialgesetzbuchs Sechsten Buches ergänzen, kommt es auch in „ZRBG-Fällen“ zur Anwendung des SGB I insgesamt (s. BSG SozR 4-5075 § 1 Nr. 3). Die (etwaige) Modifikation von Vorschriften des SGB I kann mit anderen Worten auch in diesen Fällen nur durch § 30 Abs. 2 oder § 37 SGB I begründet sein. Für Berechtigte, die aufgrund der Vorschriften des ZRBG einen Anspruch auf Rente aus eigener Versicherung oder auf eine Hinterbliebenenrente erworben haben, leitet sich das Recht auf Zahlung dieser Rente an einen beliebigen Ort im Ausland folgerichtig daraus ab, dass das ZRBG – insoweit – eine abweichende Regelung im Sinne des § 37 SGB I betreffend den räumlichen Geltungsbereich darstellt (s. BSG, Urteil vom 2. Juni 2009 – B 13 R 81/08 R, unter 5 b aa der Entscheidungsgründe).

Für eine Ausdehnung des räumlichen Anwendungsbereichs der §§ 56 ff. SGB I ergibt sich aus dem ZRBG nichts. Mit dem Gesetz war lediglich eine Regelung „zugunsten von Verfolgten, die alle bereits das für die Regelaltersrente geltende Alter von 65 Jahren – teils erheblich – überschritten haben“ beabsichtigt; (nur) insoweit war durch das Gesetz vorgesehen, „von bestimmten Grundsätzen sowohl im Bereich der Anerkennung von rentenrechtlichen Zeiten als auch der Erbringung von Leistungen daraus ins Ausland“ abzuweichen (BT-Dr 14/8583, S. 5, erste Spalte, letzter Absatz, in die zweite Spalte überlaufend). Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass auch für die Rechtsnachfolger der Verfolgten, die nicht selbst aus deren Versicherung rentenberechtigt sind, begünstigende Regelungen getroffen werden sollten.

§ 58 SGB I ist auch nicht aufgrund von § 30 Abs. 2 SGB I anwendbar. Als zwischenstaatliche Regelungen, die zu diesem Ergebnis führen könnten, kommen hier das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über Soziale Sicherheit (DISVA) und das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika über Soziale Sicherheit (DASVA) in Betracht. Es ist jedoch kein Nachweis dafür erbracht, dass die Klägerin nach diesen Abkommen Rechte aufgrund der sogenannten Gebietsgleichstellung mit Deutschen in Anspruch nehmen könnte. Nach Art. 3 Abs. 1 Buchstabe a) und 4 Abs. 1 Satz 1 DISVA setzte dies die israelische Staatsangehörigkeit und einen gewöhnlichen Aufenthalt in einem der Vertragsstaaten – also der Bundesrepublik Deutschland oder Israel – voraus. Hierbei ist betreffend den Staat Israel noch zu beachten, dass zu seinem Staatsgebiet lediglich die völkerrechtlich anerkannten Territorien zu rechnen sind, somit nicht der annektierte Ostteil Jerusalems und die seit 1967 unter israelischer Verwaltung stehenden Gebiete im besonderen des Westjordanlandes (s. BSG SozR 6480 Art. 1 Nr. 1; ergänzend auch EuGH, Urteil vom 25. Februar 2010 – C-386/08). Nach Art. 3 Buchstabe a) und Art. 5 DASVA setzte dies die Staatsangehörigkeit der Vereinigten Staaten von Amerika (die bereits durch den Besitz eines von der zuständigen Behörde ausgestellten Reisepasses belegt wird) und den gewöhnlichen Aufenthalt in einem der Vertragsstaaten dieses Abkommens – also der Bundesrepublik Deutschland oder den Vereinigten Staaten von Amerika (in dem durch Art. 1 Nr. 1 DASVA umschriebenen Rahmen) voraus. Die Klägerin hat sich ausdrücklich geweigert, Nachweise für ihre Staatsangehörigkeit(en) und ihren (gewöhnlichen) Aufenthalt im Zeitpunkt des Todes des Anspruchstellers zu erbringen. Aus den Unterlagen, die sich aus der Gerichtsakte und der beigezogenen Entschädigungsakte des Anspruchstellers ergeben, ergibt sich weder hinsichtlich der Staatsangehörigkeit der Klägerin noch hinsichtlich ihres gewöhnlichen Aufenthalts ein einheitliches Bild. Die für einen Nachweis erforderliche, an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit einer Staatsangehörigkeit und eines gewöhnlichen Aufenthalts, der zur Gebietsgleichstellung nach dem DASVA oder dem DISVA führen würde, war deshalb nicht zu gewinnen. Da für das Gericht keine anderen greifbaren Möglichkeiten bestehen, jedenfalls den Ort ihres gewöhnlichen Aufenthaltes festzustellen, trifft die Klägerin nach den allgemeinen Regeln der Beweislast der aus der Nichterweislichkeit anspruchsbegründender Tatsachen entstehende Nachteil.

Die Gleichstellungen mit Deutschen im vertragslosen Ausland durch Art. 3 Abs. 2 DISVA bzw. Art. 4 Abs. 2 DASVA führten nicht zur Anwendung des § 58 Abs. 1 SGB I, da sie auch ein deutscher Staatsangehöriger aufgrund von § 30 Abs. 1 SGB I nicht für sich in Anspruch nehmen könnte. Abgesehen davon fehlt es auch insoweit an dem Nachweis einer Staatsangehörigkeit, die zur Anwendung eines der Abkommen führen würde.

Selbst wenn ein Anspruchsübergang aufgrund von § 58 Abs. 1 SGB I in Betracht kommen würde, wäre die Berufung jedoch unbegründet. Der Anspruchsteller hatte zu keiner Zeit die Eigenschaft eines Versicherten in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung erworben. Erst recht war somit weder unter Berücksichtigung des – für ihn allein in Betracht kommenden – DASVA noch unabhängig davon ein Anspruch auf Altersrente entstanden. Hierfür hat auch keine Bedeutung, ob der Anspruch unter Berücksichtigung der vom Sozialgericht erwähnten „Stammrechts“-Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG; in SozR 3-5070 § 18 Nr. 2 und 4-6961 Nr. 8 Nr. 1) noch nach den Vorschriften des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) beziehungsweise der Reichsversicherungsordnung (RVO) oder nach dem ab 1. Januar 1992 und damit im Zeitpunkt des Rentenantrags geltenden Sozialgesetzbuchs Sechstes Buch (SGB VI) zu beurteilen ist.

Von vornherein kommt keine Verurteilung der Beklagten zu einer Rentenleistung in Betracht. Sie ist nicht der zur Leistungsfestsetzung und –erbringung zuständige Träger. Die zeitlich letzten vom Anspruchsteller behaupteten Beitragszeiten wären im Falle ihres Nachweises oder ihrer Glaubhaftmachung der (früheren) Rentenversicherung der Arbeiter zuzuordnen, weil keine in der Rentenversicherung der Angestellten versicherungspflichtige Beschäftigung (s. §§ 3 AVG, 133 SGB VI, letzterer in der bis 31. Dezember 2004 geltenden Fassung) beschrieben worden ist. Da die letzte geltend gemachte Beschäftigung keinen Anhaltspunkt für die Zuständigkeit spezieller Versicherungsträger (Knappschaft, Seekasse usw.) gibt, war die Zuständigkeit der Träger der Rentenversicherung der Arbeiter begründet (§§ 1227, 1326 ff. RVO, 128, 130 SGB VI, letztere in der bis 31. Dezember 2004 geltenden Fassung).

Der Anspruch auf Altersruhegeld beziehungsweise Regelaltersrente setzte für den Anspruchsteller sowohl bei einem Rentenbeginn am 1. Juli 1979 als auch bei einem am 1. Juli 1997 voraus, dass das 65. Lebensjahr vollendet und die Wartezeit von 60 Monaten (allgemeine Wartezeit) zurückgelegt worden war (§ 1248 Abs. 5 und 7 Abs. 3 RVO in der bis 31. Dezember 1991 geltenden Fassung, § 35 SGB VI in der ab 1. Januar 1992 geltenden Fassung des Rentenreformgesetzes 1992). Die allgemeine Wartezeit wird nach der RVO durch Versicherungszeiten im Sinne des § 1250 RVO, nach dem SGB VI gemäß § 51 Abs. 1 und 4 SGB VI durch Beitragszeiten und Ersatzzeiten erfüllt. Zur Erfüllung der Wartezeit tragen damit in beiden Rechtszuständen Beitragszeiten nach Bundesrecht und unter anderem nach den früheren Vorschriften der reichsgesetzlichen Rentenversicherung (§§ 1250 Abs. 1 Buchstabe a RVO, 55, 247 Abs. 3 SGB VI) sowie Ersatzzeiten (§§ 1251 RVO, 250 SGB VI) bei.

Der Status des Versicherten wird dadurch erworben, dass wenigstens ein Beitrag vor Beginn der Rente wirksam gezahlt worden ist oder als wirksam entrichtet gilt (s. stellvertretend BSG, Urteile vom 3. Juni 2009 – B 5 R 26/08 R und in SozR 4-5050 § 15 Nr. 1).

Eine Beitragszeit in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung hat der Anspruchsteller nicht zurückgelegt. Er macht geltend, Beschäftigungen in dem Ort C beziehungsweise dessen näheren Umkreis ausgeübt zu haben. Der Ort und die Umgebung gehörten, wie das Sozialgericht bereits dargelegt hat, zum Gebiet „Ost-Oberschlesien“, das nach dem deutschen Überfall auf Polen im September 1939 der Provinz Oberschlesien zugeschlagen wurde und in dem mit Wirkung ab 1. Januar 1940 die Reichsversicherungsgesetze in Kraft gesetzt wurden (dazu ausführlich BSG, Urteil vom 14. Juli 1999 – B 13 RJ 75/98 R). Ferner macht der Anspruchsteller geltend, die Beschäftigungen in einem Ghetto ausgeübt zu haben.

Die Anerkennung einer Beitragszeit nach Bundesrecht vom 1. September 1939 bis zum 31. Dezember 1939 kommt auf der Grundlage des § 1250 Abs. 1 Buchstabe a) RVO (bei einem Rentenbeginn bis zum 31. Dezember 1991) bzw. (bei einem Rentenbeginn ab dem 1. Januar 1992) der §§ 55 Abs. 1 Satz 1, 247 Abs. 3 Satz 1 SGB VI, in beiden Fällen i.V. mit der im Zeitpunkt des Beschäftigungsverhältnisses geltenden Fassung des § 1227 RVO, unter den Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 Buchstabe b) Fremdrentengesetz (FRG) in der bis 31. Dezember 1991 geltenden Fassung i.V. mit § 15 FRG oder unabhängig davon i.V. mit §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 Nr. 1 ZRBG in Betracht.

Die Anerkennung einer Beitragszeit nach Bundesrecht für die Zeit ab dem 1. Januar 1940 kommt auf der Grundlage des § 1250 Abs. 1 Buchstabe a) RVO (bei einem Rentenbeginn bis zum 31. Dezember 1991) bzw. (bei einem Rentenbeginn ab dem 1. Januar 1992) der §§ 55 Abs. 1 Satz 1, 247 Abs. 3 Satz 1 SGB VI, in beiden Fällen (lediglich) i.V. mit den im Zeitpunkt des Beschäftigungsverhältnisses geltenden Vorschriften der reichsgesetzlichen Invalidenver-sicherung (s. BSG, Urteil vom 14. Juli 1999 – B 13 RJ 75/98 R) oder i.V. mit §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 Nr. 1 ZRBG in Betracht.

Es kann dahingestellt bleiben, ob für die Feststellung der Zeiten danach zu unterscheiden ist, ob sie vor oder ab dem 1. Januar 1940 zurückgelegt worden sind oder ob der Anspruchsteller sich im geltend gemachten Beschäftigungszeitraum 1. September 1939 bis zum 31. Dezember 1941 im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 ZRBG zwangsweise in einem Ghetto aufgehalten hat.

In allen Fällen müssen für eine „Anerkennung“ als Beitragszeit nach Bundesrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung zunächst die tatsächlichen Grundlagen für eine Beschäftigung, die zu der vom Anspruchsteller gewünschten Rechtsfolge führt, wenigstens glaubhaft gemacht sein. Im Fall der Anwendung der Reichsversicherungsgesetze ist dies eine nach diesen Gesetzen versicherungspflichtige, im besonderen durch freien Willensentschluss zustande gekommene, Beschäftigung (s. etwa BSG SozR 3-5070 § 14 Nr. 3), im Fall der Anwendbarkeit des § 15 FRG eine nach den für den Anspruchsteller am Ort der Beschäftigung maßgeblichen Gesetzen versicherungspflichtige Beschäftigung (wobei dann, wenn – wie hier – die Entrichtung von Beiträgen nicht belegt ist, die Gleichstellung zusätzlich davon abhängt, dass für die Beschäftigung nach Bundesrecht Beiträge zu entrichten gewesen wären, § 15 Abs. 3 Satz 1 FRG) und im Fall des ZRBG gemäß dessen § 1 Abs. 1 Satz 1 eine Beschäftigung, die aus eigenem Willensentschluss zustande gekommen ist und gegen Entgelt sowie in einem Ghetto ausgeübt wurde, das sich in einem Gebiet befand, welches vom Deutschen Reich besetzt oder diesem eingegliedert war (s. hierzu ausführlich BSG, Urteile vom 2. Juni 2009 – B 13 R 81/08 R und 139/08 R – und vom 3. Juni 2009 – B 5 R 26/08 R).

Eine Tatsache ist dann glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist (soweit „Reichsgebiets-Beitragszeiten“ in Betracht kommen s. bei einem Rentenbeginn bis 31. Dezember 1991 § 10 Abs. 1 Versicherungsunterlagen-Verordnung bzw. bei einem Rentenbeginn ab 1. Januar 1992 § 286a SGB VI i.V. mit § 23 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch, soweit Zeiten nach dem FRG in Betracht kommen § 4 Abs. 1 FRG und soweit Zeiten auf der Grundlage des ZRBG in Betracht kommen § 3 Abs. 1 WGSVG).

Die Glaubhaftmachung ist hier unabhängig von der Rechtsgrundlage für die geltend gemachten Beitragszeiten nicht gelungen. Die eigenen Angaben des Anspruchstellers zu seinen Aufenthaltsorten und Tätigkeiten sind derart vielfältig und nicht miteinander zu vereinbaren, dass sich nicht mehr als die bloße Möglichkeit feststellen lässt, dass er eine Beschäftigung der Art und Dauer ausgeübt hat, wie er sie im Rechtsstreit geltend macht. Auch die vorliegenden Zeugenaussagen können nicht den erforderlichen Grad an Wahrscheinlichkeit vermitteln. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die Ausführungen des Sozialgerichts auf den Seiten 8 (ab dem letzten, durch eine Leerzeile von den von den vorangegangenen getrennten Absatz) bis 10 (bis Ende des zweiten, durch Leerzeilen getrennten Absatzes) des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Entgegen der Auffassung der Klägerin wird die Würdigung des Sozialgerichts nicht dadurch gegenstandslos, dass während des Berufungsverfahrens Unterlagen eingereicht worden sind, die weitere Angaben zu den Verhältnissen in Chrzanow während der Zeit der geltend gemachten Beschäftigung enthalten. Das Sozialgericht hat nicht die Aussage getroffen, dass eine für den Anspruchsteller günstige Würdigung des Sachverhalts davon abhänge, dass weitere historische Erkenntnisse bekannt werden. Vielmehr ist seinen Ausführungen die zutreffende Aussage zu entnehmen, dass allein der Umstand, dass es historische Erkenntnisse gibt, welche eine versicherungspflichtige bzw. nach § 1 Abs. 1 ZRBG berücksichtigungsfähige Beschäftigung denkbar erscheinen lassen, nicht ausreicht, um eine solche Beschäftigung auch als glaubhaft gemacht anzusehen. Die Glaubhaftmachung muss für den konkreten Einzelfall gelingen.

Mit der Berufung haben der Anspruchsteller und die Klägerin auch sonst nichts vorgetragen, was zu einer anderen rechtlichen Bewertung führen könnte. Die Ausführungen dazu, wie es im Verwaltungsverfahren zu der Angabe des Anspruchstellers wie der Zeugen gekommen ist, es seien vom Anspruchsteller Drainagearbeiten an der „Donau“ vorgenommen worden, lassen weiter die Frage offen, wie sich erklärt, dass der Anspruchsteller und die Zeugen unabhängig voneinander diese Angabe gemacht haben, die nun als „offensichtlich falsch“ bezeichnet wird. Die Frage beantwortet sich nicht dadurch, dass Quellenmaterial eingereicht wird, welches belegen soll, dass an dem Ort J tatsächlich nächstgelegenen Fluss – der Weichsel – tatsächlich Drainagearbeiten durchgeführt worden sind. Selbst wenn diese allgemeine Tatsache als wahr unterstellt wird, besagt sie nichts über das, was der Anspruchsteller tatsächlich getan hat. Die Frage beantwortet sich ebensowenig durch den Hinweis auf mögliche Übertragungsfehler bei Mitarbeitern von Bevollmächtigten des Anspruchstellers bzw. der Klägerin. Es wird keine plausible Erklärung dafür gegeben, wie es bei den phonetisch gänzlich unterschiedlichen Wörtern „Weichsel“ und „Donau“ hierzu gekommen sein könnte und aus welchem Grund der Fehler gleich mehrfach, nämlich beim Anspruchsteller und bei den Zeugen aufgetreten ist. Wird weiter berücksichtigt, dass der Zeuge Y bei seiner persönlichen Vernehmung nicht einmal mehr eine Erinnerung daran hatte, überhaupt in der Nähe eines Flusses gearbeitet zu haben, steht vielmehr in Frage, ob die schriftlichen Erklärungen des Anspruchstellers und der Zeugen überhaupt deren eigenes Wissen wiedergeben.

Auch wenn das zugrunde gelegt würde, was in den ärztlichen Gutachten aus dem Entschädigungsverfahren als Angaben des Anspruchstellers wiedergegeben wird, würde dies die jetzige Darstellung des fraglichen Zeitraums nicht stützen. Denn zur damaligen Zeit war lediglich die Rede davon, dass er für Arbeiten „manchmal“ bis zu vier Wochen von C weggeschickt worden sei. Das steht jedenfalls der Annahme entgegen, dass eine durchgehende Beschäftigung ausgeübt wurde – unabhängig davon, ob diese als beitragszeitbegründend anzusehen sein könnte. Selbst diese Angaben können im übrigen nicht als „gesicherte Erkenntnis“ angesehen werden. Denn insgesamt weicht die Darstellung, welche der Anspruchsteller im Verwaltungsverfahren von der Zeit vor und während der Verfolgung gegeben hat, wiederum so sehr von dem ab, was er im Entschädigungsverfahren wegen Schadens an Körper und Gesundheit vorgetragen hat, dass keine der Darstellungen aus sich heraus einen höheren Grad an Wahrscheinlichkeit für sich beanspruchen kann. Wenn die unterschiedlichen und jeweils mit Zeugenerklärungen untermauerten Angaben aber nicht einmal vom Anspruchsteller selbst nachvollziehbar aufgeklärt werden, wird nicht erkennbar warum Zeugenaussagen, welche die anspruchsbegründende Darstellung des Anspruchstellers stützen, einen größeren Aussagewert haben sollen.

Auf die Unterlagen, welche die Klägerin mit dem Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 8. März 2010 eingereicht hat, muss bereits deshalb nicht weiter eingegangen werden, weil die Beweiswürdigung jeweils anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls vorzunehmen ist. Die hierfür erforderliche Sachkunde besitzt der Senat selbst.

Den Beweisanträgen der Klägerin aus dem Schriftsatz vom 8. März 2010 war nicht nachzukommen. Es kann dahingestellt bleiben, ob darin die „zu begutachtenden Punkte“ im Sinne des § 118 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V. mit § 403 Zivilprozessordnung hinreichend konkret bezeichnet worden sind (s. hierzu auch BSG, Beschlüsse vom 14. Oktober 2008 – B 13 R 407/08 B und vom 19. November 2009 – B 13 R 303/09 B). Jedenfalls sind sie nicht entscheidungserheblich. Der Beweisantrag zu 1) könnte allenfalls dann Bedeutung erlangen, wenn für den Zeitraum der geltend gemachten Beschäftigung ein tatsächlicher Geschehensablauf als glaubhaft gemacht angesehen werden könnte, der wenigstens dem Grunde nach die von der Klägerin begehrte Rechtsfolge nach sich ziehen könnte. Das ist, wie ausgeführt, nicht der Fall. Soweit sich ausweislich des Beweisantrages zu 2) der benannte Sachverständige zur Glaubwürdigkeit des Vortrags des Anspruchstellers bzw. der Klägerin „über die entgeltliche Beschäftigungsaufnahme aufgrund eines eigenen Willensentschlusses und die Entlohnung“ äußern soll, würde durch die Beweiserhebung keine Sachkunde vermittelt, die der Senat nicht selbst besitzt. Die Beweiswürdigung ist seine eigene, gesetzliche Aufgabe (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG; s. auch hierzu BSG, Beschluss vom 14. Oktober 2008 – B 13 R 407/08 B). Soweit der Beweisantrag zu 2) augenscheinlich zusätzlich den Antrag enthält, den Sachverständigen mit der Aufgabe zu betrauen, in den Archiven des Ghettos Chrzanow nach bestimmten Unterlagen „zu forschen“, könnte auch dies allenfalls dann Bedeutung erlangen, wenn für den Zeitraum der geltend gemachten Beschäftigung ein tatsächlicher Geschehensablauf als glaubhaft gemacht angesehen werden könnte, der wenigstens dem Grunde nach die von der Klägerin begehrte Rechtsfolge nach sich ziehen könnte. Wie bereits ausgeführt, ist dies nicht der Fall.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor. Dies gilt auch, soweit der Senat seine Entscheidung darauf gestützt hat, dass die Klägerin nicht Inhaberin des geltend gemachten Anspruchs geworden ist. Die erkannte Rechtsfolge ergibt sich aus dem Gesetz unter Berücksichtigung der zitierten Rechtsprechung des BSG.