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Neufeststellung des Einheitswertes auf den 01.01.2009


Metadaten

Gericht FG Berlin-Brandenburg 3. Senat Entscheidungsdatum 20.02.2013
Aktenzeichen 3 K 3190/09 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Tatbestand

Streitig ist die Rechtmäßigkeit der Einheitsbewertung eines im ehemaligen Berlin (West) gelegenen nach den Wertverhältnissen von 1964 bewerteten Geschäftsgrundstücks (Ladenwohnung).

Der Kläger erwarb durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung im Jahr 2008 das im Aufteilungsplan mit Nr. 25 bezeichnete Teileigentum in der B…-Straße in C…, mit dem ein Miteigentumsanteil am Gemeinschaftseigentum von 396/100.000 verbunden ist. Das Streitobjekt befindet sich im Erdgeschoss (Vorderhaus) eines im Jahr 1892 errichteten massiven Mehrfamilienhauses mit Vorderhaus und Seitenflügel (siehe Grundrissskizze und Lichtbild, Bl. 65 der Einheitswert- und Grundsteuerakte zur Steuernummer: …, kurz: EW-Akte …). Das Gebäude wurde im Jahr 1983 in Teil- und Wohnungseigentum aufgeteilt. Die Nutzfläche des streitigen Sondereigentums beträgt ca. 117 m² (Bl. 1 der Einheitswert- und Grundsteuerakte zur Steuernummer …, kurz: EW-Akte).

Mit Bescheid vom 13. Februar 2009 rechnete der Beklagte dem Kläger die streitige wirtschaftliche Einheit (Teileigentum) auf den 1. Januar 2009 in der Grundstücksart Geschäftsgrundstück - Grundvermögen - zu (Bl. 37 EW-Akte). Mit Bescheid vom selben Tag setzte er den Grundsteuermessbetrag auf den 1. Januar 2009 (Neuveranlagung) bei Anwendung einer Steuermesszahl von 3,5 v. T. des Einheitswertes (21.576 €) auf 75,51 € fest. Hierauf wendete der Beklagte den für Berlin mit Wirkung ab dem 1. Januar 2007 geltenden Hebesatz von 810 % an (siehe Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin vom 30. Dezember 2006, Nr. 43/2006, 1172) und setzte die Grundsteuer des Jahres 2009 mit Bescheid vom 13. Februar 2009 auf 611,60 € fest (Bl. 95 EW-Akte).

Der im Ertragswertverfahren ermittelte Einheitswert betrug - wie zum Feststellungszeitpunkt 1. Januar 1994 nach Wegfall der Berlin-Ermäßigung im Wege der Wertfortschreibung festgestellt - 42.200 DM (21.576 €). Zuvor betrug der für das Teileigentum im Wege der Nachfeststellung auf den 1. Januar 1984 zuletzt festgestellte Einheitswert 33.800 DM. Der Wertermittlung auf den Stichtag 1. Januar 1984 legte der Beklagte eine durch Schätzung ermittelte übliche Miete von monatlich 4,30 DM/m² zuzüglich eines Zuschlages von 3 % der Jahresrohmiete wegen Schönheitsreparaturen zugrunde (siehe Abschnitt 22 Abs. 2 der Richtlinien für die Bewertung des Grundvermögens -BewR Gr-). Ausgehend von der Nutzfläche des Teileigentums von 117 m² betrug die Jahresrohmiete 6.218 DM (Bl. 5 EW-Akte). Bei Anwendung des für vor 1895 errichtete Altgebäude in Gemeinden mit mehr als 500.000 Einwohnern geltenden Vervielfältigers von 6,8 (Anlage 8 zu § 80 Abs. 1 Bewertungsgesetz -BewG-) ergab sich der o. g. Einheitswert.

Schätzungsgrundlage des Mietansatzes für das Streitobjekt von monatlich 4,30 DM/m² Nutzfläche bildeten die Angaben des seinerzeitigen Grundstückseigentümers in dessen beim Beklagten eingereichter Erklärung zur Hauptfeststellung des Einheitswertes auf den 1. Januar 1964 (Hinweis auf Bl. 2 f EW-Akte 786/0188). Danach betrugen die „Jahresmieten“ zum Hauptfeststellungszeitpunkt für drei im Erdgeschoss des damals ungeteilten Vorderhauses gelegene Gewerbeeinheiten mit einer Gesamtnutzfläche von 151,87 m² insgesamt 6.777,24 DM. Davon entfielen auf zwei am F…-Platz gelegene Gewerbeeinheiten mit einer Nutzfläche von 37,75 m² 3.141,36 DM (monatlich 6,93 DM/m²) bzw. 1.235,88 DM (monatlich 3,55 DM/m²) für eine 28,94 m² große Gewerbeeinheit. Für die dritte an der B…-Straße gelegene Gewerbeeinheit mit einer Nutzfläche von 85,18 m² betrug die Jahresmiete 2.400 DM (monatlich 2,34 DM/m²). Hiervon ausgehend legte der Beklagte für das Streitobjekt ein Drittel der Summe der Einzelmieten von 12,82 DM/m² (= 6,93 DM + 3,55 DM + 2,35 DM je m²) in Höhe von (aufgerundet) 4,30 DM/m² pro Monat als Mietansatz für das strittige Teileigentum zugrunde.

Gegen den Einheitswert- sowie den Grundsteuerbescheid, beide vom 13. Februar 2009, welche dem Kläger aufgrund einer fehlerhaften Adressierung tatsächlich erst Anfang März 2009 zugegangen waren (Hinweis auf den Telefonvermerk des Beklagten vom 9. März 2009, Bl. 39 EW-Akte), legte dieser beim Beklagten mit am 19. März 2009 eingegangenem Schreiben vom „18.02.2009“ Einsprüche ein (Bl. 40 EW-Akte). Zu deren Begründung führte er aus, die für das Streitobjekt erhobene Grundsteuer sei unverhältnismäßig hoch. Bezogen auf die Nutzfläche des Teileigentums betrage die Grundsteuer etwa das Fünffache der Grundsteuer, welche normalerweise für vergleichbare Objekte erhoben werde. Außerdem rügte der Kläger die Verfassungswidrigkeit der Vorschriften über die Einheitsbewertung und verwies insoweit u.a. auf das Urteil des Bundesfinanzhofes -BFH- vom 2. Februar 2005 (Aktenzeichen II R 36/03, Bundessteuerblatt -BStBl- II 2005, 428).

Mit Schreiben vom 25. März 2009, dem eine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt war, teilte der Beklagte mit, dass beide Einsprüche keine Aussicht auf Erfolg hätten. Soweit der Kläger Einwände gegen die Höhe des im Einheitswertbescheid auf den 1. Januar 2009 (Zurechnungsfortschreibung) mitgeteilten Einheitswertes erhebe, sei der Einspruch unzulässig. Insoweit handele es sich um eine der Anfechtung nicht zugängliche formlose Mitteilung. Die überdies angefochtene Grundsteuerfestsetzung für 2009 entspräche dem Grunde und der Höhe nach den maßgeblichen gesetzlichen Voraussetzungen.

Des Weiteren legte der Beklagte das Einspruchsschreiben des Klägers vom „18.02.2009“ als Antrag auf „Neufeststellung des Einheitswertes“ aus, den er zugleich ablehnte. Zur Begründung führte er aus, nach ständiger Rechtsprechung des BFH sei die Durchführung einer neuen Hauptfeststellung derzeit nicht geboten. Die Frage der Verfassungswidrigkeit von Wertverzerrungen innerhalb des Systems der Einheitsbewertung des Grundvermögens stelle sich nur noch unter dem Gesichtspunkt der Grundsteuerbelastung. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass die im Ertragswertverfahren festgestellten Einheitswerte regelmäßig erheblich unter den gemeinen Werten (Verkehrswerten) der zu bewertenden wirtschaftlichen Einheiten lägen, so dass ein Unterbleiben einer neuen Hauptfeststellung einen Verfassungsverstoß nicht begründen könne.

Hiergegen wandte sich der Kläger mit seinem beim Beklagten am 27. April 2009 eingegangenen Schreiben vom 22. April 2009. Er führte aus:

Die Grundsteuer betrage für das Streitobjekt jährlich 5,23 €/m². Für das von ihm ebenso in der Zwangsversteigerung erworbene, in weitaus besserer Wohnlage gelegene Teileigentum in der D…-Straße, C… betrage die Grundsteuer hingegen lediglich 1,16 €/m² im Jahr. Die unterschiedlich hohe Grundsteuerbelastung sei nicht gerechtfertigt und müsse zu einem Verstoß gegen den durch Art. 3 des Grundgesetzes -GG- verbürgten Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung führen.

Der Kläger monierte außerdem, dass die Bemessung der Grundsteuer nach den Einheitswerten von 1964 unberücksichtigt lasse, dass de facto immer weniger Ladenräume tatsächlich kommerziell genutzt würden. Auch das Streitobjekt werde tatsächlich zu nichtkommerziellen Zwecken als Kommunikationszentrum des X… Instituts sowie für Zwecke des X… Kulturclubs Berlin genutzt, dessen Vorstandsmitglied er sei. Er beabsichtige, durch den Einbau einer Dusche und den Umbau eines Raumes zum Schlafraum, das Streitobjekt auch zu Wohnzwecken zu nutzen und ggf. später ganz in das Streitobjekt einzuziehen und dort zu wohnen. Mittlerweile würden Gewerberäume zunehmend nicht mehr zu gewerblichen, sondern zu Wohnzwecken genutzt. Im Jahr 2000 sei die Berliner Zweckentfremdungsverordnung aufgehoben worden, weil ein Mangel an Wohnraum nicht mehr bestanden habe. Es sei nicht einsehbar, aus welchem Grund für zu Wohnzwecken genutzte ehemalige Ladenräume gleichwohl eine vergleichsweise höhere Grundsteuer erhoben werde als für privaten Wohnraum. Die derzeitige Einheitsbewertung trage zudem nicht dem Umstand Rechnung, dass heutige Ladenwohnungen gegenüber den für die Einheitsbewertung maßgebenden Wertverhältnissen des Jahres 1964 erheblich an Wert verloren hätten. Es sei auch nicht nachvollziehbar, dass bei den im Beitrittsgebiet gelegenen Bewertungseinheiten Einheitswerte nach den Wertverhältnissen von 1935 und für die in den alten Bundesländern einschließlich Berlin (West) gelegenen Grundstücke die ungleich höheren Einheitswerte nach den Wertverhältnissen von 1964 als Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer zugrunde gelegt würden. Angesichts der mittlerweile lange zurückliegenden Wiedervereinigung beider deutscher Staaten bestehe für eine solche Privilegierung kein Grund mehr. Zur Vermeidung einer weiteren gleichheitswidrigen Benachteiligung des Grundbesitzes in den alten Bundesländern gegenüber den im Beitrittsgebiet gelegenen Grundstücken sei es erforderlich, für das Streitobjekt spätestens zum Stichtag 1. Januar 2009 einen deutlich niedrigeren Einheitswert festzustellen.

Mit Einspruchsentscheidungen vom 16. September 2009 wies der Beklagte u.a. die Einsprüche gegen die Ablehnung auf Neufeststellung (Neubewertung) des Einheitswertes und die Festsetzung der Grundsteuer für 2009 als unbegründet zurück.

Im Einzelnen führte er aus: Die Festsetzung der Grundsteuer sei rechtmäßig. Der Festsetzung der Grundsteuer liege der gesondert festgestellte Grundsteuermessbetrag auf den 1. Januar 1994 von 75,51 € sowie der für Berlin geltende Hebesatz von 810 % zugrunde. Der Grundsteuermessbetrag auf den 1. Januar 1994 basiere auf dem für das Streitobjekt zuletzt zum 1. Januar 1994 festgestellten Einheitswert in Höhe von 21.576 € (42.200 DM).

Der Antrag auf Neufeststellung des Einheitswertes sei zu Recht abgelehnt worden.

Der Kläger habe keinen Anspruch auf Feststellung eines niedrigeren Einheitswertes. Die für das Streitobjekt angesetzte monatliche Miete von 4,30 DM/m² sei angemessen und entspreche den für vergleichbare Objekte am 1. Januar 1964 erzielten Gewerbemieten. Die Voraussetzungen für eine Bewertung des Streitobjekts als Wohnung seien nicht erfüllt. Dafür sei erforderlich, dass der Wohnungsinhaber in der Lage sei, in den Räumen einen Haushalt zu führen. Hierzu müsse neben einer Küche und sanitären Anlagen auch ein zu Wohnzwecken nutzbarer Raum vorhanden sein. Hieran fehle es. Dass der Kläger beabsichtigt habe, in das Streitobjekt eine Dusche einzubauen und Schlafgelegenheiten zu schaffen, erfülle diese Voraussetzungen nicht. Die persönliche Entscheidung des Grundbesitzeigentümers, wie er sein Grundstück nutzen wolle, ob zu kommerziellen oder nicht kommerziellen Zwecken oder ob er es leer stehen lassen wolle, könne keinen Einfluss auf die Feststellung des Einheitswertes und die Erhebung der Grundsteuer nehmen. Das Bewertungsobjekt müsse auch überwiegend zu Wohnzwecken genutzt werden. Bei dem vom Kläger angeführten Vergleichsobjekt sei eine unzutreffende (zu geringe) Nutzfläche festgestellt worden. Aufgrund der daraufhin erfolgten fehlerbeseitigenden Wertfortschreibung des Einheitswertes habe sich das Verhältnis zwischen Einheitswert und Grundsteuer inzwischen entsprechend relativiert.

Eine Herabsetzung des Einheitswertes aus verfassungsmäßigen Gründen komme nicht in Betracht. Der Bundesfinanzhof habe ausgeführt, dass entstehende Ungleichmäßigkeiten bei der Feststellung der Einheitswerte im Ertragswertverfahren aufgrund des lange zurückliegenden Hauptfeststellungszeitpunktes noch nicht die Verfassungswidrigkeit und Nichtigkeit der maßgebenden Vorschriften über die Einheitsbewertung zur Folge haben könnten. Die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland behalte die Entscheidung über die Verfassungswidrigkeit ausdrücklich dem Bundesverfassungsgericht vor, das jedoch bislang die Verfassungswidrigkeit der Grundsteuer und der ihr zugrunde liegenden Bewertungsvorschriften nicht festgestellt habe. Als Rechtsanwender sei er - der Beklagte - durch die Verfassung an den Vollzug der Gesetze gebunden. Wertverzerrungen bei der Bemessungsgrundlage habe die finanz- und verfassungsgerichtliche Rechtsprechung in Bezug auf die Grundsteuer wegen der geringeren steuerlichen Belastungswirkung in höherem Maße als hinnehmbar angesehen. Mit Erfolg könne der Kläger sich auch nicht auf die unterschiedliche Bewertung von Grundbesitz in den neuen und den alten Bundesländern berufen. Nach ständiger Rechtsprechung seien die für die Bewertung des Grundbesitzes im Beitrittsgebiet geltenden Vorschriften trotz des lange zurückliegenden Hauptfeststellungszeitpunktes und der dadurch verursachten erheblichen Schwierigkeiten bei der Bewertung nach wie vor anzuwenden. Diesbezüglich eingelegte Verfassungsbeschwerden seien vom Bundesverfassungsgericht -BVerfG- nicht zur Entscheidung angenommen worden.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner fristgerecht erhobenen Klage. Er ist der Auffassung, die Grundsteuerbelastung für das Streitobjekt verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Bezogen auf die Fläche, den Kaufpreis und den Verkehrswert des Streitobjektes sei die Grundsteuer für das Streitobjekt um ein Mehrfaches höher als für ein vergleichbares Objekt. Für das Streitobjekt betrage die Grundsteuer umgerechnet jährlich 5,23 €/m², während sie für seine Ladenwohnung in der D…-Straße hingegen jährlich 1,16 €/m² und für seine Eigentumswohnung am E…-Platz (C…) jährlich 1,19 €/m² betrage. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 13. Oktober 2009 ergänzend Bezug genommen (Bl. 1 f Streitakte).

Die unterschiedliche Belastungswirkung sei mit den vom BVerfG in seinem zur Erbschaftsteuer ergangenen Grundsatzurteil vom 7. November 2006 - 1 BvL 10/02 - (Amtliche Sammlung von Entscheidungen des BVerfG -BVerfGE- 117, 1 ff., BStBl II 2007, 192) aufgestellten Grundsätzen nicht vereinbar. Der allgemeine Gleichheitssatz gebiete es aber, wesentliches Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Ein Steuergesetz müsse die Steuerpflichtigen rechtlich und tatsächlich gleichmäßig belastet. Eine wirtschaftlich ungleiche Wirkung auf die Steuerpflichtigen dürfe ein gewisses Maß nicht übersteigen. Diesen Grundsätzen werde die Einheitsbewertung aber nicht gerecht. Es gebe keinen Grund, Wohn- und Gewerbeimmobilien unterschiedlich zu besteuern. Dem Finanzamt werde nicht oder allenfalls zufällig bekannt, ob Wohnraum tatsächlich gewerblichen Zwecken diene oder zu Wohnzwecken genutzt werde. Das Finanzamt unternehme nichts, um diese Ungleichheit aus der Welt zu schaffen.

Eine weitere gleichheitswidrige Benachteiligung sieht der Kläger darin begründet, dass der Grundbesitz nicht auf der Grundlage gleicher Wertverhältnissen erfolge, sondern für Grundbesitz in den neuen Bundesländern bzw. im früheren Ostteil Berlin einerseits und für den Grundbesitz in den alten Bundesländern und im ehemaligen Berlin (West) andererseits unterschiedliche Wertverhältnisse von 1935 bzw. 1964 zugrunde gelegt würden. Dass seit dem Fall der Mauer seit mehr als zwei Jahrzehnten nicht nur innerhalb desselben Bundeslandes Berlin, sondern teilweise sogar innerhalb eines Verwaltungsbezirks die Wertverhältnisse auf mehrere Jahrzehnte auseinanderliegende Stichtage bei der Bemessung der Grundsteuer berücksichtigt würden, führe zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung. Präzise Angaben zum Ausmaß der unterschiedlichen Belastungswirkung der Grundsteuer seien ihm nicht möglich. Die Berliner Finanzverwaltung weigere sich, Auskunft darüber zu geben, in welchem Ausmaß die Grundsteuer je Quadratmeter Wohn- und Nutzfläche je nach Lage innerhalb Berlin voneinander abweiche. Offen bliebe auch, in welchem Maß die Einheitswerte vergleichbarer Grundstücke im ehemaligen Ost- bzw. Westteil Berlin zu unterschiedlich hohen Grundsteuerbelastungen führten. Datenschutzrechtliche Argumente könnten der begehrten Auskunftserteilung nicht entgegenstehen, da aussagekräftige Daten auch ohne die Herstellung eines Einzelfallbezuges unproblematisch erhoben werden könnten. Es widerspreche dem Prinzip einer gerechten in sich schlüssigen und nachvollziehbaren Ausgestaltung des steuerlichen Normensystems, wenn die Einheitswerte (gemeinen Werte) auf mehrere Jahrzehnte zurückliegende Hauptfeststellungszeitpunkte fixiert würden. Mit einem solchen Bewertungssystem könne den zwischenzeitlich eingetretenen Veränderungen und Verschiebungen bei den Grundstückswerten nicht mehr annähernd Rechnung getragen werden.

Der Kläger sieht seine Rechtsauffassung zudem durch eine zwischenzeitlich ergangene Entscheidung des Bundesfinanzhofes (Urteil vom 30. Juni 2010 II R 60/08, BStBl II 2010, 897) bestätigt. Der BFH habe in dieser Entscheidung ausgeführt, dass an seiner bisherigen Rechtsprechung, wonach die Vorschriften über die Einheitsbewertung des Grundvermögens trotz der verfassungsrechtlichen Zweifel, die sich aus dem lange zurückliegenden Hauptfeststellungszeitpunkt (1. Januar 1964) und darauf beruhenden Wertverzerrungen ergäben, als verfassungsgemäß zu beurteilen seien, nur noch für Stichtage bis zum 1. Januar 2007 festzuhalten sei. Da hier der danach liegende Stichtag des 1. Januar 2009 im Streit stehe, sei anzunehmen, dass der BFH die hier maßgeblichen Vorschriften über die Einheitsbewertung des Grundvermögens nunmehr für verfassungswidrig erachte.

Sein Begehren, das Streitobjekt zum Stichtag 1. Januar 2009 nicht als Geschäftsgrundstück, sondern stattdessen als gemischtgenutztes Grundstück zu bewerten, hat der Kläger im Termin am 20. Februar 2013 ausdrücklich aufgegeben (Bl. 14 f Streitakte).

Hinsichtlich der Anfechtung des Grundsteuerbescheides für 2009 vom 13. Februar 2009 ist das Verfahren durch Senatsbeschluss abgetrennt und unter dem Aktenzeichen 3 K 3052/13 nach § 72 Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung -FGO- eingestellt worden, nachdem der Kläger seine Klage im Termin insoweit zurückgenommen hatte.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Verwaltungsaktes vom 25. März 2009 und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 16. September 2009 den Beklagten zu verpflichten, den Einheitswert mit Wirkung ab dem 1. Januar 2009 betreffend das Teileigentum 25, B…-Straße, C…, ersatzlos aufzuheben.

Der im Termin nicht vertretene Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist im Wesentlichen auf die Gründe seiner Einspruchsentscheidungen und führt ergänzend aus: Der Kläger könne einen Anspruch auf die begehrte Wertfortschreibung des Einheitswertes auch nicht aus der Entscheidung des BFH vom 30. Juni 2010 (a.a.O.) herleiten. Solange der Gesetzgeber eine Neuregelung nicht geschaffen habe, müsse das bisherige Bewertungsrecht - wie geschehen - weiter angewandt werden. Für eine davon abweichende Bewertung des Streitobjekts bleibe kein Raum.

Dem erkennenden Senat haben bei seiner Entscheidungsfindung neben der Streitakte zwei Bände -Bde.- Einheitswert- und Grundsteuerakten des Beklagten zu den Steuernummern … und … vorgelegen, auf deren Inhalt ergänzend Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe

Das Gericht war an einer Entscheidung nicht gehindert, obwohl für den Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung niemand erschienen ist. Er ist mit der ordnungsgemäßen Ladung darauf hingewiesen worden, dass auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann (§ 91 Abs. 2 FGO).

Die in zulässiger Weise erhobene Verpflichtungsklage ist unbegründet.

Die Ablehnung des Antrages auf Aufhebung des Einheitswertes mit Wirkung ab dem 1. Januar 2009 sowie die dazu ergangene Einspruchsentscheidung sind nicht rechtswidrig und verletzen den Kläger nicht in seinen (verfassungsmäßigen) Rechten (§ 101 FGO).

Eine Korrektur des zuletzt auf den 1. Januar 1994 bestandskräftig festgestellten Einheitswertes zum hier maßgebenden Stichtag des 1. Januar 2009 kann nur nach Maßgabe der Vorschrift des § 22 Abs. 3 BewG über die fehlerbeseitigende Wertfortschreibung erfolgen, deren Voraussetzungen indes nicht vorliegen, weil der bisher festgestellte Einheitswert nicht an einem Fehler leidet.

Fehler im Sinne des § 22 Abs. 3 BewG ist jede objektive Unrichtigkeit (Halaczinsky in Rössler/Troll, BewG, § 22 Anm. 56 m.w.N. zur BFH-Rechtsprechung). Hierfür ist nach neuerer Rechtsprechung des BFH nicht (mehr) erforderlich, dass der Fehler klar und einwandfrei feststellbar ist (Halaczinsky in Rössler/Troll, a.a.O. m.w.N.). Entscheidend ist allein, dass die getroffene Regelung geltendem Recht widerspricht. Der Maßstab hierfür folgt zum einen aus dem einfachen Recht und zum anderen aus dem Verfassungsrecht.

Im Streitfall ist nichts dafür ersichtlich, dass die zuletzt erfolgte Einheitswertfeststellung den Bestimmungen des Bewertungsrechts zuwiderläuft. Der Beklagte hat das streitige Teileigentum sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach zutreffend im Ertragswertverfahren bewertet. Hierzu im Einzelnen:

Jedes Wohnungseigentum und Teileigentum bildet gemäß § 93 Abs. 1 Satz 1 BewG eine wirtschaftliche Einheit und damit ein Grundstück im Sinne des Bewertungsgesetzes (vgl. § 68 Abs. 1 Nr. 3, § 70 Abs. 1 BewG). Für die Bestimmung der Grundstücksart im Sinne des § 75 Abs. 1 BewG von Wohn- bzw. Teileigentumseinheiten ist die Nutzung des auf das Wohn- bzw. Teileigentum entfallenden Gebäudeteils maßgebend (§ 93 Abs. 1 Satz 2 BewG). Wohnungs- und Teileigentum sind bei der Einheitsbewertung 1964 keine besonderen Grundstücksarten. § 93 Abs. 1 Satz 2 BewG stellt ausdrücklich klar, dass sich die Grundstücksart allein nach der Nutzung des auf das Wohnungs- oder Teileigentum entfallenden Gebäudeteils richtet; die Verhältnisse des Gesamtgrundstücks sind somit unbeachtlich (Halaczinsky in Rössler/Troll, BewG, § 93 Anm. 21). Da das Bewertungsobjekt zum hier maßgebenden Stichtag nicht zu Wohnzwecken umgebaut war und der Kläger auf Nachfrage im Termin erklärt hat, dass es nach wie vor als Teileigentum im Wohnungsgrundbuch verzeichnet ist, bestehen an dessen Bewertung als Geschäftsgrundstück keine Bedenken.

Die Ermittlung des Einheitswertes im Ertragswertverfahren ist zu Recht erfolgt.

Bezieht sich die wirtschaftliche Einheit - wie hier - auf die Grundstücksart „Geschäftsgrundstück“ in der Rechtsform des Teileigentums ist der Einheitswert nach § 93 Abs. 1 Satz 2 BewG i.V.m. § 76 Abs. 1 BewG grundsätzlich im Wege des Ertragswertverfahrens zu ermitteln, wobei der Grundstückswert gemäß § 78 BewG den Bodenwert, den Gebäudewert und den Wert der Außenanlagen umfasst, der sich durch Anwendung eines Vervielfältigers auf die Jahresrohmiete ergibt. Das Sachwertverfahren (§§ 83 ff BewG) findet nur auf bestimmte Gruppen von Geschäftsgrundstücken Anwendung, für die weder eine Jahresrohmiete noch eine übliche Miete nach § 79 Abs. 2 BewG geschätzt werden kann (Abschnitt 16 Abs. 6 und 7 BewR Gr). Geht es wie hier um die Bewertung einer bereits im Hauptfeststellungszeitpunkt (1. Januar 1964) vorhanden gewesenen „Alt-Berlin Ladenwohnung“, besteht für die Anwendung des Sachwertverfahrens kein Raum.

Der vom Beklagten berücksichtigte Mietansatz von monatlich 4,30 DM/m² zuzüglich eines Zuschlages wegen Schönheitsreparaturen von 3 % der Jahresrohmiete (Abschnitt 22 Abs. 2 BewR Gr) ist nicht zu beanstanden.

Die Jahresrohmiete ist nach § 79 Abs. 1 BewG das Gesamtentgelt, das der Mieter (Pächter) für die Benutzung des Grundstücks aufgrund vertraglicher Vereinbarungen nach dem Stand im Feststellungszeitpunkt für ein Jahr zu entrichten hat, wobei Umlagen und alle sonstigen Leistungen des Mieters einzubeziehen sind. Bei Fortschreibungen und Nachfeststellungen gelten gemäß § 79 Abs. 5 BewG für die Höhe der Mieten die Wertverhältnisse im Hauptfeststellungszeitpunkt, vorliegend somit auf den 1. Januar 1964. Bei einer Nachfeststellung im Sinne von § 23 BewG - eine solche lag hier zum Stichtag 1. Januar 1984 vor - da die im Sondereigentum des Klägers stehende Ladenwohnung erst im Zuge von Umbaumaßnahmen im Jahr 1983 entstanden war - ist deshalb nicht die tatsächliche Miete, sondern die übliche Miete im Hauptfeststellungszeitpunkt zugrunde zu legen. Diese Miete lässt sich nur durch Schätzung gemäß § 162 Abgabenordnung -AO- ermitteln. Für die hier vorliegenden Gewerbegrundstücke kann hierzu aber nicht auf Mietspiegelmieten zurückgegriffen werden, da solche Mietspiegel für Gewerbemieten in Berlin seinerzeit nicht von der Finanzverwaltung aufgestellt worden waren. Soweit der Beklagte die hier anzusetzende Jahresrohmiete deshalb aus den tatsächlichen Mieten zweier (vergleichbarer) Ladenwohnungen des zum Hauptfeststellungszeitpunkt noch ungeteilten Gebäudes abgeleitet hat, lässt die Schätzung des Beklagten keine Fehler erkennen. Abgesehen davon würde selbst eine anderweitige Schätzung der ortsüblichen Miete im Grundsatz eine Fortschreibung zur Fehlerbeseitigung nicht rechtfertigen. Ein Fehler im Sinne des § 22 Abs. 3 BewG könnte nur dann angenommen werden, wenn die ursprüngliche Schätzung der Jahresrohmiete außerhalb jeder vernünftigen Überlegung gelegen hätte (BFH, Urteil vom 17. April 1957 III 227/56; vom 22. April 1966 III 145/65, BStBl III 1966, 532; vom 31. Juli 1981 III R 127/79, BStBl II 1981, 6; Halaczinsky in Rössler/Troll, BewG, § 22 Anm. 22). Dafür bestehen aber im Streitfall keine Anhaltspunkte, zumal der Beklagte sich bei seiner Schätzung sachgerecht und angemessen an den tatsächlichen Mieten für die Ladenwohnungen des 1964 noch ungeteilten Mehrfamilienhauses orientiert hat.

Auch der angesetzte Vervielfältiger von 6,8 (Gemeindegröße: über 500.000 Einwohner, Massivgebäude, Altgebäude vor 1895, Geschäftsgrundstücke gemäß § 80 BewG i.V.m. der Anlage 8 zu Abschnitt 26 bis 29 BewR Gr) ist frei von einem Fehler.

Die Ermittlung des Einheitswertes entspricht somit der geltenden Gesetzeslage und diese steht auch im Einklang mit der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland.

Nach Ansicht des erkennenden Senats sind die hier streitentscheidenden Vorschiften über die Einheitsbewertung jedenfalls bezogen auf den Stichtag 1. Januar 2009 noch als verfassungsgemäß anzusehen. Der Senat hat deshalb keine Veranlassung, das Verfahren nach § 74 FGO auszusetzen und eine Entscheidung des BVerfG zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der Einheitswerte des Grundvermögens einzuholen, § 100 Abs. 1 GG i.V.m. § 80 Bundesverfassungsgerichtsgesetz -BVerfGG-).

Der BFH hat in seinen Urteilen vom 30. Juni 2010 (II R 60/08, BStBl II 2010, 897 und II R 12/09, BStBl II 2011, 48) zwar ausgeführt, das weitere Unterbleiben einer allgemeinen Neubewertung des Grundvermögens für Zwecke der Grundsteuer sei mit verfassungsrechtlichen Anforderungen, insbesondere mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG), nicht vereinbar. In beiden Entscheidungen hat der BFH aber auch klargestellt, dass an seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. BFH, Urteil vom 2. Februar 2005 II R 36/05, BStBl II 2005, 428; Urteil vom 21. Februar 2006 II R 31/04, Sammlung der amtlich nicht veröffentlichten Entscheidungen des BFH -BFH/NV- 2006, 1450, sowie FG Münster, Urteil vom 14. April 2011 3 K 1387/08 Ew, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2011, 1502 m.w.N. zur BFH-Rechtsprechung), wonach die Vorschriften über die Einheitsbewertung des Grundvermögens trotz der verfassungsrechtlichen Zweifel, die sich aus den überlangen Hauptfeststellungszeiträumen und darauf beruhenden Wertverzerrungen ergeben, als verfassungsgemäß zu beurteilen seien, jedenfalls für Stichtage bis zum 1. Januar 2007 festzuhalten sei. Der Senat schließt sich dieser Auffassung mit der Maßgabe an, dass auch - bezogen auf den vorliegend strittigen Stichtag des 1. Januar 2009 - noch von der Verfassungsmäßigkeit auch für die hier relevanten im Ertragswertverfahren ermittelten Einheitswerte auszugehen ist. Für diese Beurteilung spricht, dass Wertverzerrungen bei der Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer wegen der geringeren steuerlichen Belastungswirkung verfassungsrechtlich in höherem Ausmaß hinnehmbar sind als bei der früheren Vermögensteuer bzw. der Erbschaft- und Schenkungsteuer, obgleich der Senat nicht übersieht, dass auch ein geringer jährlicher Grundsteuerbetrag sich über die Zeit zu einer beträchtlichen Belastung summiert (vgl. Becker, Grundsteuerreformmodelle im Vergleich - Konzeption und Praxisfolgen, Betriebsberater -BB- 2010, Seite 535 ff.).

Ferner spricht gegen eine Verfassungswidrigkeit, dass das Ertragswertverfahren seiner Struktur nach - wie auch das vorliegende Verfahren zeigt - ein pauschalierendes Wertermittlungsverfahren ist, das sämtliche individuellen Wertunterschiede zwischen den einzelnen Bewertungsobjekten ohnehin nicht ansatzweise erfassen kann.

Auch etwaige Mängel beim Vollzug der Einheitsbewertung durch die Finanzverwaltung können jedenfalls zum hier maßgebenden Stichtag noch keine Verfassungswidrigkeit der Vorschriften über die Einheitsbewertung begründen. Denn zur Gleichheitswidrigkeit führt nicht ohne Weiteres die empirische Ineffizienz von Rechtsnormen, wohl aber das normative Defizit des widersprüchlich auf Ineffektivität angelegten Rechts (BVerfG, Urteil vom 9. März 2004 2 BvL 17/02, BStBl II 2005, 56). Gegen ein solches strukturelles Erhebungsdefizit sprechen nach Ansicht des Senats die umfangreichen Erklärungs-, Mitteilungs- und Anzeigepflichten des § 29 BewG. Es ist nicht ersichtlich, dass die Baugenehmigungsbehörden und die sonstigen nach Bundes- oder Landesrecht zuständigen Behörden die ihnen im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung bekannt gewordenen Umstände, die für die Feststellung von Einheitswerten des Grundbesitzes bedeutsam sein können, den Finanzämtern regelmäßig nicht pflichtgemäß mitteilen und damit generell gegen ihre Mitteilungspflicht nach § 29 Abs. 3 BewG verstoßen (so auch FG Düsseldorf, Urteil vom 13. Oktober 2011 11 K 1484/10 Gr, BG, EFG 2012, 212). Zwar kann es in der Praxis vorkommen, dass gerade bei älteren, insbesondere zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäuden, die umfassend und ertragswertsteigernd renoviert worden sind, aufgrund der entfallenen Eigenheimförderungen notwendige Fortschreibungen bei der Einheitsbewertung von der Finanzverwaltung nicht vorgenommen werden (siehe Halaczinsky in Rössler/Troll, BewG, § 76 Anm. 13). Die darin liegenden Ungleichbehandlungen in der Bewertung sind aber noch nicht von solchem Gewicht, dass von einem zur Verfassungswidrigkeit der Einheitsbewertung führenden strukturellen Vollzugsdefizit ausgegangen werden müsste, zumal es sich letztlich nur um weitere Unschärfen im System des Ertragswertverfahrens handelt.

Schließlich darf nicht unbeachtet bleiben, dass den Entscheidungen des BFH vom 30. Juni 2010 (a.a.O) lediglich Ankündigungscharakter beizumessen ist (vgl. Becker, BB 2010, 535 ff.). Nach jahrzehntelanger Zurückhaltung der finanzgerichtlichen Rechtsprechung, die maßgebenden Vorschriften der Einheitsbewertung als Bemessungsgrundlage für die Erhebung der Grundsteuer in den alten und neuen Bundesländern für verfassungswidrig zu erachten, muss dem Gesetzgeber deshalb auch für Zeiträume nach dem 1. Januar 2007 noch eine zeitlich ausreichende Übergangsphase eingeräumt werden, eine gesetzliche Neugestaltung der Grundsteuer zu schaffen. Angesichts des durch Art. 20 Abs. 1 GG verbürgten föderalen Prinzips erfordert eine dringend gebotene grundlegende verfassungsrechtlichen Maßstäben genügende Reformierung der Grundsteuer indes die Mitwirkung von Bund und Ländern. Die im föderalen Prinzip begründeten Abstimmungsschwierigkeiten, sich auf ein bestimmtes Grundsteuermodell zu verständigen, das verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht, aufkommensneutral im Verhältnis zum status quo und administrierbar ist, Akzeptanz bei den Bürgern findet (von den Belastungen der Grundsteuer sind neben Grundstückseigentümern auch Mieter betroffen) und das geeignet erscheint, Belastungsverschiebungen transparent zu machen und abzumildern, bedarf es einer ausreichend bemessenen Umsetzungsphase, die nach Ansicht des Senats bezogen auf den hier vorliegenden Stichtag noch nicht abgelaufen war. Insoweit ist zudem bedeutsam, dass die vorerwähnten Ankündigungsentscheidungen des BFH erst nach dem Stichtag des 1. Januar 2009 im Jahr 2010 ergangen sind.

Die Revision hat der Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung sowie zur Fortbildung des Rechts gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 FGO zugelassen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.