I.
Die Auftraggeberin schrieb im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union vom … 2009 die Beratung, Betreuung und Durchführung der internen und externen Laborleistungen der Städtisches Krankenhaus … GmbH für den Zeitraum vom 1. März 2010 bis zum 31. Dezember 2015 mit Verlängerungsoption im Offenen Verfahren europaweit aus.
Nach Ziffer II.1.9) der Bekanntmachung waren Varianten/Alternativangebote nicht zugelassen. In Ziffer III.1.4), sonstige besondere Bedingungen an die Auftragsausführung, war bestimmt, dass dem Auftraggeber bei Unterauftragsvergabe die Unternehmen zu benennen sind sowie, dass die Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit in diesen Fällen dem Auftraggeber nachzuweisen sind. Hinsichtlich der Zuschlagskriterien wurde zu Ziffer IV.2.1) auf das wirtschaftlich günstigste Angebot in Bezug auf die Kriterien, die in den Verdingungsunterlagen … aufgeführt sind, verwiesen. Schlusstermin für den Eingang der Angebote bzw. Teilnahmeanträge war nach Ziffer IV.3.4) der 11. Dezember 2009.
Die Antragstellerin forderte mit Schreiben vom 16. November 2009 die Verdingungsunterlagen bei der Auftraggeberin ab.
In der Aufforderung zur Angebotsabgabe hatte die Auftraggeberin zahlreiche Vorgaben aufgelistet, welche die potentiellen Bieter bei der Angebotserstellung zu beachten hatten. So bestimmte Ziffer 5.2 der Angebotsaufforderung, welche Unterlagen mit dem Angebot abzugeben waren; hierzu gehörte nach dem dritten Punkt der Auflistung der „vom Bieter rechtsverbindlich unterzeichnete Labor-Dienstleistungsvertrag (Anlage B)“, nach dem sechsten Punkt der Auflistung die „gegebenenfalls rechtsverbindlich unterzeichnete Nachunternehmererklärung (soweit zutreffend) gemäß Ziffer 10.1 (Anlage D)“. Nach Ziffer 5.5, Abs. 2, waren Liefer-, Zahlungs- und Geschäftsbedingungen des Bieters/Auftragnehmers ausdrücklich ausgeschlossen, da sie gemäß Ziffer 8 eine unzulässige Änderung der Verdingungsunterlagen darstellen. Nach Ziffer 8 – ebenfalls in Fettdruck graphisch hervorgehoben – führten vom Bieter in den Verdingungsunterlagen vorgenommene Änderungen oder Ergänzungen zum Ausschluss des Angebotes und seien daher zu unterlassen.
Gemäß Ziffer 11.1 war der Bieter berechtigt, alle Leistungen durch sein Unternehmen allein oder als Generalunternehmer oder Generalübernehmer zu erbringen. … Im Fall des Rückgriffs auf Dritte/Nachunternehmer/Konzernverbundene hatte der Bieter in zuordenbarer Weise Art und Umfang der Leistung anzugeben, die von den zu benennenden Dritten/Nachunternehmern/Konzernverbundenen übernommen werden sollen. Dafür war das beiliegende Formular bzw. ein Formular mit identischem Inhalt zu nutzen (Anlage D). …
Die Anlage D war mit „Verzeichnis der Nachunternehmer und Nachunternehmerleistungen (vom Bieter gegebenenfalls auszufüllen)“ überschrieben. Im Anschluss an die vorgedruckte Erklärung („Zur Ausführung der im Angebot enthaltenen Leistungen beabsichtige/n ich/wir folgende Nachunternehmer mit den von diesen auszuführenden Teilleistungen zu beauftragen“) war an den gekennzeichneten Stellen der/die „Nachunternehmer (Name, Anschrift, Telefon, Vertreter/Ansprechpartner)“ sowie die „Beschreibung der Teilleistungen“ einzutragen.
Bei der Angebotswertung (Ziffer 13) sollten die zwei Hauptkriterien, Preis und Qualität, mit 40 % bzw. insgesamt 60 % gewichtet werden. Der in die Preiskalkulation einfließende Leistungsumfang war in § 2 Labor-Dienstleistungsvertrag (Anlage B) geregelt; hinsichtlich der labormedizinischen Leistungen verweist Abs. 1 auf Abschnitt M der derzeit gültigen bzw. künftig geltenden GOÄ für alle stationären und ambulanten Patienten des Krankenhauses.
Die Antragstellerin gab fristgemäß innerhalb der verlängerten Abgabefrist mit Begleitschreiben vom 9. Dezember 2009 ihr Angebot ab. In die Anlage D hatte sie zu dem Punkt „Nachunternehmer (Name, Anschrift, Telefon, Vertreter/Ansprechpartner)“ eingetragen: „Laborverbund …“, zur Beschreibung der Teilleistungen hatte sie einen Hinweis vorgenommen: „Teilleistungen – siehe Leistungsverzeichnis (sind mit „W“ gekennzeichnet)“.
Dem Angebot beigefügt war das über 300 Seiten starke „Leistungsverzeichnis 2009“ der Antragstellerin. Die ab S. 32 in alphabetischer Reihenfolge aufgelisteten Laborleistungen sind teils mit „W“, teils auch mit anderen Buchstaben, beispielsweise mit „U“, gekennzeichnet. Die Kennzeichnung wird auf S. 8 wie folgt erklärt: „Die im Leistungsverzeichnis mit W (Weiterleitung) gekennzeichneten Untersuchungen werden von Laboratorien des Laborverbundes …, die mit U (Unterauftrag) gekennzeichneten Untersuchungen werden von anderen Laboratorien durchgeführt und gegebenenfalls auch abgerechnet.“ Des Weiteren legte die Antragstellerin eine Broschüre bei, in der sie sich als einen von derzeit 26 Standorten des Laborverbundes … vorstellte. Hiernach sind die Mitglieder des Laborverbundes rechtlich selbstständig, aber wirtschaftlich miteinander verbunden.
Dem Angebotspreis (§ 11 Labor-Dienstleistungsvertrag) legte die Antragstellerin einen GOÄ-Faktor von … zugrunde.
Ausweislich des Vergabevermerkes vom 16. Dezember 2009 stellte die bei der Auftraggeberin gebildete Vergabekommission bei der Wertung auf der I. Wertungsstufe in Bezug auf das Angebot der Antragstellerin fest, dass die Antragstellerin das Formular für Angaben zum Nachunternehmereinsatz nicht vollständig ausgefüllt habe, da sowohl die Angabe eines Ansprechpartners beim Nachunternehmer als auch die Angabe einer Telefonnummer fehlten. In der Nachunternehmererklärung habe sie auf ein selbst erstelltes und dem Angebot beigefügtes Leistungsverzeichnis Bezug genommen, sodass die Frage, ob das Angebot in der Wertung verbleiben könne, einer gesonderten rechtlichen Überprüfung zu unterziehen sei. Da auch die Prüfung der Angemessenheit der Preise ergab, dass die Antragstellerin mit dem in Höhe von … angebotenen GOÄ-Faktor deutlich günstiger als ihre Mitbewerber lag, wurde die Auswertung als lediglich vorläufig erachtet.
Noch am 16. Dezember 2009 wurde die Antragstellerin gebeten, wegen des von ihr in Ansatz gebrachten GOÄ-Faktors die Kalkulation zu erläutern. Dem kam sie mit Schreiben vom gleichen Tage nach.
Die gesonderte rechtliche Prüfung des Antragstellerangebotes fand am 21. Dezember 2009 unter Beteiligung des Verfahrensbevollmächtigten der Auftraggeberin als externem Berater der Vergabekommission statt. Das Ergebnis der Überprüfung, dass zwingende Ausschlussgründe nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. d), Abs. 2 lit. a) VOL/A vorliegen, teilte die Auftraggeberin der Antragstellerin mit Information nach § 101 a GWB vom 11. Januar 2010 mit. Zur Begründung führte sie aus, dass die Antragstellerin entgegen der Forderung zu Ziffer 11.1 der Vergabeunterlagen ihren in die Anlage D eingetragenen Nachunternehmer, den Laborverbund …, nicht eindeutig benannt habe; aus der dem Angebot beigefügten Broschüre gehe auch hervor, dass jedes einzelne Mitgliedslaboratorium eigenständig handele, dem Laborverbund selbst hiernach keine eigenständige Funktion/Rechtsform zukomme. Zudem fehlten in der Nachunternehmererklärung die geforderten Angaben zu Ansprechpartner und Telefonnummer. Dem Angebot seien auch weder die gemäß Ziffer III.1.4 der Bekanntmachung verlangten Eignungsweise für den Nachunternehmer beigefügt worden, noch seien die vom Nachunternehmer zu erbringenden Teilleistungen entsprechend den Formvorgaben benannt worden. Der allgemeine Hinweis auf die Kennzeichnungen in dem von der Antragstellerin beigefügten, 376 Seiten umfassenden eigenen Leistungsverzeichnis genüge nicht. Die Beifügung des eigenen Leistungsverzeichnisses sei unzulässig und stelle eine Abänderung der Verdingungsunterlagen dar.
Mit Rügeschriftsatz vom 17. Januar 2010 zeigten die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin an, dass sie diese „als Teil des Laborverbundes“ vertreten. Der beabsichtigte Angebotsausschluss verletze die Antragstellerin in ihren Rechten, denn die Auftraggeberin hätte insbesondere aus der dem Angebot beigefügten Selbstdarstellung (Broschüre) erkennen und juristisch richtig werten können, dass der als Nachunternehmer bezeichnete Laborverbund im gesellschaftsrechtlichen Sinne selbst Teil des Bieters sei. Soweit Zweifel über die Person des Bieters bestanden, sei die Auftraggeberin verpflichtet gewesen, diese gemäß § 24 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A aufzuklären. Sie hätte insbesondere klären müssen, ob das Gemeinschaftslabor … als Vertreter des Laborverbundes handelt oder ob das Gemeinschaftslabor autark vom Laborverbund tätig werden will und allein als Bieter auftritt. Wie den einschlägigen mit dem Angebot eingereichten Nachweisen wie dem Zulassungsbeschluss für Ärzte vom … oder der Akkreditierungsurkunde vom … zu entnehmen sei, sei das Gemeinschaftslabor offensichtlich eine GbR und könne sich an anderen Gesellschaften bürgerlichen Rechts beteiligen – so am Laborverbund, wenngleich dieser nicht ausdrücklich als Solche (GbR) bezeichnet sei. Der Auftraggeberin hätte sich der Widerspruch aufdrängen müssen, der sich aus der Benennung des Laborverbundes als Nachunternehmer in Anlage D und einem Bieter „Laborverbund, vertreten durch das Gemeinschaftslabor“ ergibt. Dass die Antragstellerin jederzeit für den Laborverbund handeln kann, ergebe sich auch aus dem an den Auftraggeber gerichteten Schreiben des … vom 27. Februar 2009, einem weiteren Mitglied des Laborverbundes.
Soweit die Auftraggeberin die Beifügung des eigenen Leistungsverzeichnisses als Abänderung der Vergabeunterlagen durch die Antragstellerin werte, verstoße sie gegen vergaberechtliche Vorschriften, denn dieses Leistungsverzeichnis sollte dem Nachweis der Fachkunde und Leistungsfähigkeit sowohl des Gemeinschaftslabors als auch des Laborverbundes dienen und beschreiben, welche Leistungen im Auftragsfalle vom Standort … bzw. direkt in … erbracht werden können. Insbesondere sei von den Bietern ein Konzept einzureichen gewesen, welches die Möglichkeit von Einsparpotentialen aufzeigen sollte. Die Abfrage einzelner Laborleistungen, von denen durch Beifügung des Leistungskataloges abgewichen worden sein könnte, habe nach den Verdingungsunterlagen nicht im Vordergrund gestanden.
Die Auftraggeberin hat die Beanstandungen der Antragstellerin mit Schreiben vom 19. Januar 2010 zurückgewiesen. Sei dem Vortrag der Antragstellerin zu entnehmen, dass der Laborverbund nicht Nachunternehmer sondern Bieter sei, fehle es, wenn er als Bietergemeinschaft einzuordnen sei, an der zwingend erforderlichen Bietergemeinschaftserklärung. Sei er als eigenständiges Unternehmen zu verstehen, fehlten sämtliche geforderten Erklärungen und Nachweise, denn diese lägen in Bezug auf die Antragstellerin vor, die mit dem Laborverbund nicht identisch sei.
Zu dem streitigen Sachverhalt hat die Auftraggeberin über ihre Verfahrensbevollmächtigten am gleichen Tage bei der Vergabekammer des Landes Brandenburg eine Schutzschrift nach § 110 Abs. 2 Satz 2 GWB hinterlegt. Nach Form und Inhalt des Angebotes sowie den beigefügten Erklärungen und sonstigen Unterlagen habe sich für die Auftraggeberin das Gemeinschaftslabor als Bieter ergeben. Aus der Anlage D über den Nachunternehmereinsatz gehe nichts Gegenteiliges hervor, wenn dort der Laborverbund als Dritter, d.h. als Nachunternehmer des als Bieter auftretenden Gemeinschaftslabors benannt wird. Unklarheiten hinsichtlich der Bieterstellung der Antragstellerin habe erst das anwaltliche Rügeschreiben vom 17. Januar 2010 aufgeworfen. Der Auffassung der Antragstellerin könne nicht gefolgt werden, aus ihrem nun widersprüchlichen Vorbringen folge, dass die Auftraggeberin etwaigen Klärungsbedarf über § 24 VOL/A hätte lösen müssen und nicht gemäß der Rügeabweisung vom 19. Januar 2010, nach der keine der denkbaren Alternativen den Angebotsausschluss abgewendet hätte. Ein Verstoß gegen Aufklärungspflichten liege nicht vor.
Mit ihrem Rügevortrag habe sich die Antragstellerin in erster Linie gegen den Ausschluss ihres Angebotes wegen nicht ausschreibungskonformer Angaben zum Nachunternehmereinsatz gewandt. Hier habe sie einerseits darauf abgestellt, nicht alleiniger Bieter zu sein, sondern als Teil des Laborverbundes aufzutreten. Andererseits habe sie darzustellen versucht, dass ein Nachunternehmereinsatz des Laborverbundes – obwohl als Nachunternehmer in dem entsprechenden Formblatt eingetragen – im juristischen Sinne nicht vorliege, denn der Laborverbund sei im gesellschaftsrechtlichen Sinne Teil des Bieters. Eine Klarstellung zur Art der Beteiligung des Laborverbundes und der am Verbund beteiligten Einrichtungen an dem vorliegenden Vergabeverfahren sei nicht erfolgt und ergebe sich auch nicht aus dem Schreiben des … vom 27. Februar 2009. Der Antragstellerin fehle hiernach die Antragsbefugnis, wenn sie erkläre, das Angebot nicht im eigenen Namen, sondern als Teil des Laborverbundes abgegeben zu haben. Auch könnten die sechs Tage nach Eingang der Information vom 11. Januar 2010 erhobenen Rügen nicht mehr als unverzüglich im Sinne des § 107 Abs. 3 GWB angesehen werden bzw. fehlten gänzlich, sofern die Antragstellerin in Verfahrensstandschaft für den Laborverbund und/oder weiteren Dritten aufgetreten sein sollte. Wie bereits in der Rügeabweisung alternativ dargelegt, ist das streitige Angebot unabhängig von der Identifizierung der Person des Bieters zwingend auszuschließen, sodass ein Nachprüfungsantrag zumindest als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen wäre.
Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 20. Januar 2010 hat die Antragstellerin einen Antrag auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens bei der Vergabekammer gestellt, welcher der Auftraggeberin auch unter Berücksichtigung des Inhaltes der Schutzschrift am Folgetag übermittelt worden ist. Die Antragstellerin hat im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen vertieft und ergänzend vorgetragen, dass das Gemeinschaftslabor – abweichend von den von der Auftraggeberin in Betracht gezogenen Alternativen – sehr wohl als Bieter auftreten und gleichzeitig den Laborverbund repräsentieren könne, ohne diesen als Nachunternehmer verpflichten zu müssen. Über einen Kooperationsvertrag seien die (qualitativ gleichwertigen) Mitglieder des Laborverbundes generell permanent eng miteinander verbunden, sodass ein als Bieter auftretendes Labor die Leistung eines anderen Verbundlabors nicht gesondert als Nachunternehmerleistung beauftragen muss, vielmehr benötigte Leistungskapazitäten zur Auftragserfüllung bei den weiteren Verbundmitgliedern nur noch abzurufen brauche. Demzufolge hätte die Auftraggeberin die schriftlich zugesagte Unterstützung des Verbundmitgliedes … vom 27. Februar 2009 als eindeutigen Nachweis im Sinne des § 7 a Nr. 3 Abs. 6 VOL/A werten müssen.
Auch der auf § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. d) VOL/A gestützte Angebotsausschluss wegen des dem Angebot beigelegten Kataloges „Leistungsverzeichnis 2009“ der Antragstellerin greife nicht, denn der Katalog sollte offensichtlich keine Änderung des angebotenen Leistungsumfanges bewirken. Dies gehe zweifelsohne auch aus dem Anschreiben vom 9. Dezember 2009 hervor, in dem sich die Antragstellerin ausdrücklich dazu verpflichtet habe, alle Bedingungen der Verdingungsunterlagen zu akzeptieren.
Die Antragstellerin beantragt,
1. ein Vergabenachprüfungsverfahren einzuleiten,
2. die Auftraggeberin zu verpflichten, das Vergabeverfahren aufzuheben und die Leistungen erneut auszuschreiben,
3. hilfsweise die Auftraggeberin zu verpflichten, erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer in die Wertung der Angebote einzutreten und die Antragstellerin als Bestbieterin auszuwählen,
4. der Auftraggeberin zu untersagen, das Vergabeverfahren fortzuführen, insbesondere den Zuschlag zu erteilen, solange die Vergabekammer nicht über diesen Antrag entschieden hat,
5. hilfsweise, festzustellen, dass die Antragstellerin dadurch in ihren Rechten im Sinne des § 97 Abs. 7 GWB verletzt ist, dass sie ohne hinreichenden Grund vom Offenen Verfahren ausgeschlossen wurde,
6. der Antragstellerin Akteneinsicht im Sinne des § 111 Abs. 1 GWB zu gewähren,
7. der Auftraggeberin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen,
8. festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes als Bevollmächtigten der Antragstellerin notwendig war.
Die Auftraggeberin hat im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens keine Stellungnahme abgegeben und keine Anträge gestellt. In der Schutzschrift vom 19. Januar 2010 hatte sie beantragt,
1. den Antrag auf Nachprüfung im Vergabeverfahren der Auftraggeberin über Beratung, Betreuung und Durchführung der internen und externen Laborleistungen, Aktenzeichen: Labor …, als offenbar unzulässig sowie offenbar unbegründet zu verwerfen,
2. hilfsweise, den Antrag auf Nachprüfung nicht zuzustellen oder über die Antragstellung im Sinne von § 115 Abs. 1 GWB zu informieren.
Auf entsprechende Anfrage ist der Antragstellerin die Schutzschrift mit Schreiben der Vergabekammer vom 25. Januar 2010 zur Kenntnis gegeben worden. Mit weiterem Schreiben vom 29. Januar 2010 hat die Vergabekammer die Auftraggeberin über die Antragstellerin betreffende vertragliche Bindungen durch Übersendung teilweise geschwärzter Auszüge der fraglichen Vereinbarungen informiert.
Auf die Vergabeakten sowie die eingereichten Schriftsätze der Beteiligten wird ergänzend Bezug genommen.
II.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig.
Die Vergabekammer des Landes Brandenburg ist für die Entscheidung über den Nachprüfungsantrag zuständig. Bei den ausgeschriebenen Leistungen handelt es sich um einen öffentlichen Auftrag, der dem Land Brandenburg zuzurechnen ist und der den maßgeblichen Schwellenwert übersteigt (§§ 104 Abs. 1, 100 Abs. 1, 127 Nr. 1 GWB i.V.m. Artikel 2 der VERORDNUNG (EG) Nr. 1422/2007 DER KOMMISSION vom 4. Dezember 2007).
Die Auftraggeberin ist in der Rechtsform einer gemeinnützigen Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren alleinige Gesellschafterin die Stadt … ist, öffentlicher Auftraggeber i.S.d. § 98 Nr. 2 GWB (vgl. OLG Naumburg, Beschluss vom 17. Februar 2004 – 1 Verg 15/03, IBR 2004, 335). Der Betrieb der Klinik hat als klassische Daseinsvorsorge den Schutz und die Aufrechterhaltung der Gesundheit der Bevölkerung zum Ziel. Da die Auftraggeberin sich wegen des Einflusses der Stadt zumindest zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht wie ein Marktteilnehmer in einem entwickelten Wettbewerb bewegt, ist auch die Nichtgewerblichkeit zu bejahen (vgl. OLG München, Beschluss vom 26. Juni 2007 – Verg 6/07, VergabeR 2007, 684).
Die Antragstellerin ist auch antragsbefugt, § 107 Abs. 2 GWB. Sie hat als Anbieterin von laborärztlichen Dienstleistungen ihr Interesse am Auftrag durch die Abgabe ihres Angebotes dokumentiert und trägt die Möglichkeit einer Rechtsverletzung sowie eines ihr deshalb drohenden Schadens vor.
Antragsbefugt ist gemäß § 107 Abs. 2 Satz 1 GWB jedes Unternehmen, das ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung der Bestimmungen über das Vergabeverfahren geltend macht. Die Antragstellerin hat ihr Interesse an dem zu vergebenden Auftrag durch die Teilnahme am Vergabeverfahren schlüssig belegt. Sie macht die Verletzung vergaberechtlicher Vorschriften und eine daraus resultierende Verletzung ihrer Rechte aus § 97 Abs. 7 GWB geltend, indem sie vorträgt, die Auftraggeberin habe ihr Angebot zu Unrecht aus formalen Gründen zwingend von der Vergabe ausgeschlossen. Die Antragstellerin hat auch dargelegt, dass durch die behauptete Rechtsverletzung ein Schadenseintritt nicht ausgeschlossen ist (§ 107 Abs. 2 Satz 2 GWB). Die schlüssige Behauptung ist erforderlich, aber regelmäßig auch ausreichend (OLG Brandenburg, Beschluss vom 9. August 2007 – Verg W 12/07), dass und welche Vergabevorschriften missachtet worden sein sollen. Die Unternehmen haben einen Anspruch darauf, dass der öffentliche Auftraggeber die Bestimmungen über das Vergabeverfahren einhält. Ob die von der Antragstellerin vorgebrachten Rechtsverletzungen tatsächlich vorliegen, ist im Rahmen der Begründetheit des Nachprüfungsantrages zu prüfen.
Die am 18. Januar 2010 bei der Auftraggeberin eingegangenen, mit anwaltlichem Schreiben vom 17. Januar 2010 erhobenen Rügen, waren noch unverzüglich i.S.d. § 107 Abs. 3 GWB. Der Antragstellerin wurde mit Schreiben der Auftraggeberin vom 11. Januar 2010 der Ausschluss ihres Angebotes mitgeteilt. Im Hinblick auf die berechtigte Einschaltung von Rechtsanwälten bedeutet eine Frist von einer Woche bis zur Rüge hier noch kein schuldhaftes Verzögern.
Der Nachprüfungsantrag ist offensichtlich unbegründet.
Die Zurückweisung eines Nachprüfungsantrages gemäß § 112 Abs. 1 Satz 3 GWB ohne mündliche Verhandlung als „offensichtlich unbegründet“ sollte die Ausnahme bleiben, die nur dann aus prozessökonomischen Gründen statthaft ist, wenn eine Verhandlung von vornherein unnötig und für das Ergebnis irrelevant erscheint (Maier, NZBau 2004, S. 667/669), etwa wenn nach Durchsicht der Vergabeakten kein Zweifel mehr daran bestehen kann, dass es die von der Antragstellerin behaupteten Vergaberechtsverstöße tatsächlich nicht gibt. So liegt der Fall hier. Die Antragstellerin ist zu Recht mit ihrem Angebot wegen Änderung der Verdingungsunterlagen vom Wettbewerb ausgeschlossen worden.
Ein Angebot ist dann nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. d) VOL/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 4 VOL/A zwingend von der Wertung auszuschließen, wenn der Bieter Änderungen oder Ergänzungen an den Verdingungsunterlagen vorgenommen hat. Es ist umstritten, ob bei einem Abweichen der angebotenen von der im Leistungsverzeichnis beschriebenen Leistung ein Fall der unzulässigen Änderung an den Verdingungsunterlagen nach § 21 Nr. 1 Abs. 4 VOL/A vorliegt, welcher zum Ausschluss des Angebotes nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. d) VOL/A führt (so zum Beispiel OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12. März 2007 – Verg 53/06) oder ob ein nicht ausdrücklich in der VOL/A genannter Ausschließungsgrund wegen der sich nicht deckenden und damit nicht zu einem Vertragsschluss führenden Willenserklärungen angenommen wird (so zum Beispiel OLG München, Beschluss vom 28. Juli 2008 – Verg 10/08). Unabhängig von der dogmatischen Einordnung ist jedenfalls ein zwingender Ausschlussgrund gegeben, weil das Angebot der Antragstellerin nicht den Anforderungen der Leistungsbeschreibung und den vorgegebenen Vertragsbedingungen entsprach.
Das Angebot der Antragstellerin entspricht nicht den Anforderungen der Leistungsbeschreibung. Vorgegeben waren gemäß § 2 Abs. 1 des Labor-Dienstleistungsvertrages als Leistungspflichten labormedizinische Leistungen, die den Abschnitt M der derzeit gültigen bzw. künftig geltenden GOÄ umfassen sollten.
Der Abschnitt M – Laboratoriumsuntersuchungen – enthält im Unterabschnitt I. Vorhalteleistungen in der eigenen, niedergelassenen Praxis, im Unterabschnitt II. Leistungen des Basislabors, im Unterabschnitt III. Untersuchungen von körpereigenen oder körperfremden Substanzen und körpereigenen Zellen und im Unterabschnitt IV. Untersuchungen zum Nachweis und zur Charakterisierung von Krankheitserregern. Demgegenüber weist das von der Antragstellerin mit ihrem Angebot eingereichte Leistungsverzeichnis vom 5. November 2008 (LV 2009) schwerpunktmäßig (S. 32 bis 257) die von der Antragstellerin angebotenen Leistungen in alphabetischer Reihenfolge einschließlich der klinischen Indikationen aus. Die Laboratoriumsuntersuchungen des Gebührenverzeichnisses werden durch die vielfältigen Untersuchungsmöglichkeiten des Labors der Antragstellerin überlagert bzw. verifiziert.
Da das LV 2009 der Antragstellerin bei Zuschlag inhaltlich in den Vertrag einbezogen worden wäre, liegt eine unzulässige Abweichung gegenüber den Vertragsbedingungen vor. Ein Vertrag konnte daher auf der Grundlage der beiderseitigen Willenserklärungen nicht zustande kommen.
Das LV 2009 der Antragstellerin ist Bestandteil des abgegebenen Angebotes.
Welchen Inhalt das Angebot der Antragstellerin hat, ist durch Auslegung nach §§ 133, 157 BGB zu ermitteln, weil es sich um eine empfangsbedürftige Willenserklärung handelt. Nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen sind empfangsbedürftige Willenserklärungen so auszulegen, wie sie der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste. Bei der Auslegung dürfen nur solche Umstände berücksichtigt werden, die bei Zugang der Erklärung für den Empfänger erkennbar waren. Entscheidend ist im Ergebnis nicht der empirische Wille des Erklärenden, sondern der durch normative Auslegung zu ermittelnde objektive Erklärungswert seines Verhaltens (vgl. Palandt/Heinrichs, 67. Aufl. § 133 BGB Rn. 9).
Es ist zunächst festzustellen, dass weder im Begleitschreiben der Antragstellerin vom 9. Dezember 2009 noch im Angebot ein ausdrücklicher Hinweis enthalten ist, dass das LV 2009 nicht Bestandteil des Angebotes ist. Aus der im Verzeichnis der Nachunternehmer und Nachunternehmerleistungen (Anlage D) enthaltenen Angabe bezüglich des Nachunternehmers 1 – Teilleistungen siehe Leistungsverzeichnis (sind mit „W“ gekennzeichnet) - folgt jedoch die Einbeziehung des LV 2009 in das Angebot der Antragstellerin. Denn andernfalls hätte sie im Zusammenhang mit der Beschreibung der Teilleistungen des Nachunternehmers 1 auf die Nummern des Abschnittes M der GOÄ Bezug nehmen müssen. Das war nicht der Fall.
Dieses Auslegungsergebnis wird auch im Rahmen der Qualitätsmanagement-Mitteilung des LV 2009 bestätigt. Danach sollen die mit „W“ (Weiterleitung) gekennzeichneten Untersuchungen von Laboratorien des Laborverbundes …, die mit „U“ (Unterauftrag) gekennzeichneten Untersuchungen von anderen Laboratorien durchgeführt und gegebenenfalls auch abgerechnet werden. Nach dem objektiven Erklärungswert aus der Sicht einer verständigen Vergabestelle folgt daraus, dass die weder mit „W“ noch mit „U“ gekennzeichneten Untersuchungen durch die Antragstellerin gemäß ihres LV 2009 erfolgen werden.
Dem kann mit Erfolg nicht entgegen gehalten werden, das LV 2009 sollte dem Nachweis der Fachkunde und Leistungsfähigkeit sowohl des Gemeinschaftslabors als auch des Laborverbundes dienen. Wenn die Antragstellerin ihr Angebot so verstanden wissen wollte, hätte es nahegelegen, dies in ihrem Begleitschreiben entsprechend darzulegen. Ohne eine solche Erläuterung musste die Auftraggeberin die Beifügung des LV 2009 so verstehen, dass die Antragstellerin ihre Leistungen auf dieser Grundlage anbietet.
Vorliegend hat die Antragstellerin aber auch die labormedizinischen Leistungen des Abschnittes M der GOÄ durch ihr Begleitschreiben vom 9. Dezember 2009 und durch Unterzeichnung des Labor-Dienstleistungsvertrages als Bestandteil ihres Angebotes bestätigt. Sofern diese Regelungen den Parametern im LV 2009 entsprechen sollten, könnte das LV 2009 insoweit rechtlich bedeutungslos sein. Diese Feststellung kann aber in Anbetracht des ca. 225-seitigen alphabetischen Leistungsverzeichnisses nur nach einer umfassenden zeitaufwändigen Prüfung des Abschnittes M der GOÄ und des LV 2009 getroffen werden, die vertiefte labormedizinische Kenntnisse voraussetzt und oftmals nicht zu zweifelsfreien Ergebnissen führen kann. Da die Auftraggeberin den Vertragsinhalt in den Angebotsunterlagen vorgegeben hat, ist es ihr anerkennenswertes Interesse, zu verhindern, dass über die Geltung von Vertragsbedingungen nachträglich Streit entsteht und den Prüfungsumfang im Vergabeverfahren im Interesse einer schnellen und reibungslosen Umsetzung der Auftragsvergabe nicht ausufern zu lassen (vgl. VK Brandenburg, Beschluss vom 3. April 2007 – 1 VK 9/07). Eine derartige materielle Prüfung der Leistungen kann der Auftraggeberin und den weiteren Bietern nicht zugemutet werden (für VOB-Vergaben vgl. Weyand, ibr-online-Kommentar Vergaberecht, Stand: 25. Januar 2010, § 25 VOB/A, Rz. 5557; 5563). Eine Abweichung von den Verdingungsunterlagen liegt daher bereits dann vor, wenn ein Leistungsverzeichnis des Bieters formell in das Angebot einbezogen wird und daher inhaltlich bei der Feststellung des Vertragsinhaltes Berücksichtigung finden muss.
Die Antragstellerin hat mit dem eigenen, vom Text des Abschnittes M der GOÄ abweichenden Wortlaut in der ergänzend vorgelegten laborspezifischen Leistungsbeschreibung nicht die in dem Labor-Dienstleistungsvertrag beschriebenen Leistungen angeboten. Ihr Angebot war aus diesem Grunde aus der Wertung zu nehmen.
Das Angebot der Antragstellerin kann auch nicht als Nebenangebot berücksichtigt werden, da nach Ziffer II.1.9) der Bekanntmachung Nebenangebote ausgeschlossen sind.
Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, ob das Angebot der Antragstellerin auch wegen unvollständiger Angaben zum Nachunternehmereinsatz gemäß § 21 Nr. 1 Abs. 1 i.V.m. § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a) hätte ausgeschlossen werden müssen.
III.
Der Antrag auf Akteneinsicht durch die Antragstellerin gemäß § 111 Abs. 1 GWB ist abzulehnen. Das Akteneinsichtsrecht ist nur in dem Umfang gegeben, in dem es zur Durchsetzung der Rechte der Antragstellerin aus § 97 Abs. 7 GWB erforderlich ist. Das ist bei einem offensichtlich unbegründeten Nachprüfungsantrag nicht der Fall.
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein Beteiligter die Kosten zu tragen, soweit er im Verfahren unterliegt.
Die Vergabekammer hält die Festsetzung der …gebühr von … EUR gemäß § 128 Abs. 2 Satz 1 GWB bei Abwägung des Aufwandes einerseits und der wirtschaftlichen Bedeutung des dem Vergabeverfahren zugrunde liegenden Auftrages für die Antragstellerin andererseits für angemessen, zumal keine Beiladung erfolgt ist und eine mündliche Verhandlung nicht stattgefunden hat.
V.
Gegen die Entscheidung der Vergabekammer ist die sofortige Beschwerde zulässig. Sie ist schriftlich innerhalb einer Frist von zwei Wochen, die mit der Zustellung der Entscheidung beginnt, beim Brandenburgischen Oberlandesgericht, Gertrud-Piter-Platz 11, 14770 Brandenburg, einzulegen.
Die sofortige Beschwerde ist zugleich mit ihrer Einlegung zu begründen. Die Beschwerdebegründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Entscheidung der Vergabekammer angefochten und eine abweichende Entscheidung beantragt wird, und die Tatsachen und Beweismittel angeben, auf die sich die Beschwerde stützt.
Die Beschwerdeschrift muss durch einen Rechtsanwalt unterschrieben sein. Dies gilt nicht für Beschwerden von juristischen Personen des öffentlichen Rechts (§ 117 Abs. 3 GWB).
Mit der Einlegung der Beschwerde sind die anderen Beteiligten des Verfahrens vor der Vergabekammer vom Beschwerdeführer durch Übermittlung einer Ausfertigung der Beschwerdeschrift zu unterrichten (§ 117 Abs. 4 GWB).
Die sofortige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung gegenüber der Entscheidung der Vergabekammer. Die aufschiebende Wirkung entfällt zwei Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist. Hat die Vergabekammer den Antrag auf Nachprüfung abgelehnt, so kann das Beschwerdegericht auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung bis zur Entscheidung über die Beschwerde verlängern (§ 118 Abs. 1 GWB).
Gemäß § 6 Abs. 1 der Geschäftsordnung der Vergabekammern des Landes Brandenburg vom 26. Mai 2009, Amtsblatt für Brandenburg S. 1225, ist die Unterzeichnung des Beschlusses durch den ehrenamtlichen Beisitzer nicht erforderlich.