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Entscheidung 2 T 33/13


Metadaten

Gericht LG Neuruppin 2. Zivilkammer Entscheidungsdatum 19.04.2013
Aktenzeichen 2 T 33/13 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Schuldners gegen den Beschluss des Amtsgerichts Neuruppin vom 25.01.2013 – Az. 15 IN 133/12 - wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.

Gründe

I.

Unter dem 10.09.2012 legte der Schuldner einen Insolvenzplan vor. Wegen der diesbezüglichen Einzelheiten wird auf die Blätter 145-165 d.A. Bezug genommen. In dem Termin zur Erörterung und Abstimmung über den vom Schuldner eingereichten Insolvenzplan stimmte die Kopf- und Summenmehrheit der Gläubiger der Gruppen 1, 2 und 5 für den Insolvenzplan, hingegen wurde die Kopf- und Summenmehrheit bei den Gruppen 3 und 4 nicht erreicht.

Am 25.01.2013 hat das Amtsgericht Neuruppin beschlossen, dass der Insolvenzplan nicht bestätigt wird. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die fehlende Zustimmung der Gruppen 3 und 4 nicht als erteilt gelten könne, da die Gläubiger der zustimmenden Gruppen quotal besser gestellt würden als die Gläubiger der nicht zustimmenden Gruppen. Zudem sei die Zuwendungshöhe, die der Gläubiger der Gruppe 5 erhalten würde, nicht klar definiert, da der Plan keine Angaben zum Wert der Zuwendung im Falle der Planbestätigung beinhalte.

Bei einem Gesamtbetrag der im Verfahren angemeldeten Forderungen von 1.112.557,35 € erscheine die vorgenommene Einteilung zwischen zwei Kleinstbeträgen willkürlich und als alleiniges Abgrenzungskriterium nicht ausreichend. Eine sachgerechte Abgrenzung von Gläubigergruppen gleicher Rechtsstellung finde nicht statt. Im Übrigen seien die Unterscheidungskriterien im Plan nicht dargestellt.

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Schuldner mit der am 31.01.2013 eingegangenen sofortigen Beschwerde. Zur Begründung führt er aus, dass Gläubigern unterschiedlicher Gruppen auch unterschiedliche Quoten zugesprochen werden dürften. Sämtliche Gläubiger würden auch mehr erhalten als ihnen im Regelverfahren zustünde.

Die Zuwendungshöhe an die Lxxx GmbH sei auch hinreichend bestimmt. Der Wert der Maschinen sei im Gutachten der Insolvenzverwalterin mit 110.000,00 € angegeben. Die zum Pressen von Ballen dienende Hydraulikpresse und 2 Transportwechselbänder seien ohne die Wirkmaschineneinheiten der Lxxx GmbH wertlos. Da der Lxxx GmbH ein Aussonderungsrecht an den Maschinen im Wert von 110.000,00 € zustehe und der Wert der ihr nach dem Plan darüber hinaus zuzusprechenden Maschinen nicht darüber hinaus gehe, falle keine zusätzliche Quote für diese an.

Es sei auch keine fehlerhafte Gruppenbildung erfolgt. Das Gesetz sehe in § 222 Abs. 3 S. 2 InsO vor, dass für Kleingläubiger Gruppen gebildet werden können. Der Gesetzgeber mache damit deutlich, dass auch die Höhe der Forderungen zu unterschiedlichen wirtschaftlichen Interessen führe. Da das Gesetz eine Mehrzahl von Kleingläubigergruppen anspreche, müsse auch die Bildung einer Kleinstgläubigergruppe bzw. die Bildung von Gruppen nach unterschiedlicher Forderungshöhe zulässig sein.

Gläubiger mit Forderungen unter 1.000,00 € hätten im Unterschied zu Gläubigern mit Forderungen zwischen 1.000,00 € und 5.000,00 € ein wesentlich geringeres Rechtsverfolgungsinteresse, da die Kosten für die Beitreibung im Verhältnis höher seien als bei größeren Forderungen.

Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Landgericht Neuruppin zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 6, 253 InsO, 793, 567, 569 ZPO zulässig, aber unbegründet. Das Amtsgericht hat die Bestätigung des Insolvenzplanes zu Recht versagt.

Der Insolvenzplan sieht keine ordnungsgemäße Gruppenbildung im Sinne des § 222 InsO vor. Gemäß § 222 Abs. 2 InsO sind n Beteiligte mit gleichartigen wirtschaftlichen Interessen in Gruppe zusammenzufassen und von anderen Gruppen sachgerecht abzugrenzen. Eine Gruppenbildung ist demnach nur dann zulässig, wenn sie sich erstens auf gleichartige wirtschaftliche Interessen der Beteiligten stützen kann und wenn sie zweitens sachgerecht ist.

Gläubiger mit gleicher Rechtsstellung und gleichartigen wirtschaftlichen Interessen dürfen nicht mehreren Untergruppen zugeordnet werden, weil dann eine sachgerechte Abgrenzung nicht möglich ist (Eidenmüller in Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, 2. Aufl., § 222 Rn. 34).

Unter Berücksichtigung dieser Kriterien ist die vom Schuldner vorgenommene Aufteilung der Gläubiger in solche mit Forderungen in Höhe von bis 1.000,00 €, solche mit Forderungen über 1.000,00 € bis 5.000,00 € und solche mit Forderungen über 5.000,00 € nicht zu rechtfertigen. Zwar ermöglicht § 222 Abs. 3 S. 2 InsO grundsätzlich auch die Bildung einer oder mehrerer Kleingläubigergruppen. Der Verzicht auf die verfahrensrechtliche Sicherung durch die Gruppenbildungskriterien des § 222 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 InsO – sie gewährleisten die Interessenhomogenität innerhalb einer gebildeten Gruppe und damit auch die Fairness des Abstimmungsergebnisses für die überstimmten Gruppenmitglieder – ist aus Sicht der betroffenen Gläubiger aber nur dann hinnehmbar, wenn er mit einem korrespondierenden Vorteil – nämlich ihrer vollen Befriedigung – einhergeht. Ist eine andere Behandlung beabsichtigt, kommt eine Gruppenbildung nur unter den in § 222 Abs. 2 S. Satz 1 und Satz 2 niedergelegten Voraussetzungen in Betracht (Eidenmüller in Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, 2. Aufl., § 222 Rn. 130). Eine volle Befriedigung der Gläubiger der Gruppe 1 sieht jedoch der Plan nicht vor. Dass hier die Gläubiger der Gruppe 1 einheitlich gleichwohl für den Insolvenzplan gestimmt haben und sich somit mit einer Quote von 20 % zufrieden gaben, ändert an der Beurteilung nichts. Denn die Gruppenbildungskriterien sind losgelöst vom später erzielten Abstimmungsergebnis zu betrachten. Dies wird bereits daran deutlich, dass gemäß § 231 Abs. 1 Nr. 1 InsO das Insolvenzgericht den Plan grundsätzlich schon vor Durchführung einer Abstimmung zurückzuweisen hat, wenn er die Vorschriften zur Bildung von Gruppen nicht beachtet.

Selbst wenn man der vorgenannten Auffassung nicht folgt, ist die Gruppenbildung hier gleichwohl nicht ordnungsgemäß erfolgt. Denn § 222 Abs. 3 S. 2 InsO erlaubt nicht die Bildung einer beliebigen Anzahl von Kleingläubigergruppen. Andernfalls hätte es der Planersteller in der Hand, gegebenenfalls durch Bildung einer hinreichenden Anzahl von Kleingläubigergruppen die Gruppenmehrheit bei der Abstimmung erlangen zu können. § 222 Abs. 3 S. 2 InsO ist daher dahingehend einschränkend auszulegen, dass bei der Bildung mehrerer Kleingläubigergruppen deren sachgerechte Abgrenzung erforderlich ist und die Abgrenzungskriterien im Plan anzugeben sind (Eidenmüller in Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, 2. Aufl., § 222 Rn. 131). Eine sachgerechte Abgrenzung der Kleingläubigergruppen ist hier jedoch nicht erfolgt. Auf den ersten Blick scheint zwar die Differenzierung nach der Forderungshöhe bis 1.000,00 €, zwischen 1.000,00 € und 5.000,00 € und über 5.000,00 € plausibel. Diese nach absoluten Maßstäben vorgenommene Aufteilung lässt jedoch die konkrete Insolvenzsituation unbeachtet. Wie bereits das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat, beläuft sich der Gesamtbetrag der im Verfahren angemeldeten Forderungen auf über 1,1 Millionen Euro. Die Forderungen der nicht absonderungsberechtigten Gläubiger der Gruppen 1 und 2 machen hier jedoch lediglich ca. 0,3 % bzw. 1,8 % der Gesamtforderungen aus. Unabhängig davon, ob man vor diesem Hintergrund nicht auch noch einige der der Gruppe 3 zugeordneten Gläubiger zu den Kleingläubigern hätte zählen müssen – Eidenmüller in Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, 2. Aufl., § 222 Rn. 129 schlägt insoweit vor, als Kleingläubiger alle diejenigen bis zum summenmäßigen Erreichen von 10% des gegen den Schuldner insgesamt gerichteten Forderungsvolumens zu behandeln – ist hier jedenfalls die vorgenommene Aufteilung in Klein- und Kleinstgläubiger nicht sachgerecht. Da die Abgrenzung nicht sachgerecht erfolgt ist, erfüllt die Gruppenbildung auch nicht unabhängig von § 222 Abs. 3 S. 2 InsO die Vorgaben des § 222 Abs. 2 S. 1 und 2 InsO.

Angesichts der vorstehenden Ausführungen bedarf es keiner Auseinandersetzung mehr damit, ob der Umstand, dass der Lxxx GmbH neben ihren Insolvenzforderungen ein Aussonderungsrecht zusteht, sie ein Interesse daran hat, die weiteren Maschinen des Schuldners zu erwerben und sie diejenige ist, die nach dem Insolvenzplan die quotalen Zahlungen an die Gläubiger vornehmen soll, ein sachgerechtes Kriterium dafür ist, diesen Gläubiger isoliert einer besonderen Gruppe zuzuordnen. Gleichermaßen bedarf es keiner Klärung, ob die Planerstellung auch noch aus anderen Gründen fehlerhaft erfolgt ist.

Da nicht in jeder der abstimmenden Gruppen die erforderliche Mehrheit erzielt worden ist, liegen die Voraussetzungen des § 244 InsO nicht vor. Es ist auch nicht von einer fiktiven Zustimmung gemäß § 245 InsO auszugehen. Gemäß § 245 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 2 Nr. 3 InsO darf kein Gläubiger, der ohne einen Plan gleichrangig mit den Gläubigern der Gruppe zu befriedigen wäre, bessergestellt werden als diese Gläubiger. Angesichts der nicht sachgerechten Gruppenbildung ist dies jedoch gerade nicht gewährleistet. Gemäß § 250 InsO ist daher durch das Gericht die Bestätigung des Insolvenzplanes zu versagen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.