Gericht | VG Potsdam 12. Kammer | Entscheidungsdatum | 03.08.2012 | |
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Aktenzeichen | 12 L 407/12 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1. Die Antragsgegnerin wird im Wege einstweiliger Anordnung verpflichtet, den Antragsteller vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache zum Besuch der Sekundarstufe I der ... Gesamtschule mit Beginn des Schuljahres 2012/2013 aufzunehmen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Der Streitwert wird auf 2.500 Euro festgesetzt.
Der sinngemäße Antrag des Antragstellers,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, seinen Sohn vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache in die Jahrgangsstufe der Neuen Gesamtschule Potsdam (jetzt ... Gesamtschule) aufzunehmen,
ist zulässig und begründet.
Der Antragsteller ist entsprechend § 42 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) antragsbefugt. Als Vater des Schülers ... ... steht ihm aus seinem Elternrecht gemäß Art. 6 Abs. 2 Grundgesetz die Rechtstellung zu, für seinen Sohn den Zugang zu einer gewünschten Schule zu erstreiten. Unter Berücksichtigung der anwaltlichen Versicherung vom heutigen Tage geht das Gericht auch davon aus, dass der Vater insoweit (allein) vertretungsberechtigt ist.
Nach der hier allein in Betracht kommenden Vorschrift des § 123 Abs. 1 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gefahr zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt voraus, dass der Antragsteller das Bestehen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes glaubhaft macht (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO).
Diese Voraussetzungen liegen hier nach summarischer Prüfung vor. Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch in diesem Sinne glaubhaft gemacht. Der anhängige Widerspruch gegen den ablehnenden Bescheid vom 4. April 2012 dürfte voraussichtlich Erfolg haben.
Zum Schuljahr 2012/2013 können an der ... Gesamtschule 109 Schülerinnen und Schüler aufgenommen werden. An der Schule werden nach den Festlegungen des Schulträgers 4 Klassen der Jahrgangsstufe 7 eingerichtet. In einer dieser Klassen sollen Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf unterrichtet werden, so dass die Klassenstärke dort gemäß § 8 Abs. 2 Sonderpädagogikverordnung mit maximal 23 Schülerinnen und Schülern bemessen ist. Die verbleibenden drei Klassen waren zunächst für jeweils 28 Schülerinnen und Schüler vorgesehen. Bei der Berechnung dieser Kapazität wurde im anhängigen Verfahren nunmehr berücksichtigt, dass die zur Verfügung stehenden Räume eine Belegung mit 29 Schülern pro Klasse erlauben. Von den nunmehr zur Verfügung stehendem 110 Plätzen wird ein Platz für einen Wiederholer benötigt, so dass sich eine Aufnahmekapazität für 109 Schülerinnen und Schülern ergibt.
Der Sohn des Antragstellers hat allerdings keinen Anspruch darauf, unter Überschreitung der bestehenden Kapazität in die Jahrgangsstufe 7 der Schule aufgenommen zu werden. Zwar gewähren sowohl das Elternrecht aus Artikel 6 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) und Artikel 27 Abs. 2 und Artikel 30 Abs. 4 der Verfassung des Landes Brandenburg (LV), als auch das durch Artikel 12 Abs. 1 GG verbürgte Grundrecht auf freie Wahl der Ausbildungsstätte die freie Wahl zwischen unterschiedlichen Bildungswegen, die der Staat in der Schule zur Verfügung stellt, und damit auch ein Recht auf Zulassung zu einer Schule der gewählten Schulform (vgl. BVerfG, Urteil vom 6. Dezember 1972 - 1 BvR 230/70 und 95/71 -, BVerfGE 34, 165, 184). Die genannten Vorschriften gewähren aber keinen einklagbaren Anspruch auf die Schaffung neuer bzw. die Erweiterung vorhandener Kapazitäten (vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschluss vom 2. Oktober 1998 - 1 B 41/98 - NVwZ 2001, 912; OVG für das Land Brandenburg, Beschluss vom 2. Oktober 1998 - 1 B 121/98-).
Jedoch darf das Wahlrecht der Eltern zwischen den vom Staat zur Verfügung gestellten Schulformen nicht mehr als notwendig begrenzt werden. Art. 29 Abs. 3 LV gewährleistet einen Anspruch auf den gleichen Zugang zu den vorhandenen Schulplätzen (vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschluss vom 24. August 1998 - VfGBbg 41/91 - S. 15 f.).
Im Rahmen der sich aus Artikel 7 Abs. 1 GG ergebenden Befugnis des Staates, das Schulsystem zu bestimmen, kann indessen die Aufnahme des Kindes in die unterschiedlichen Bildungswege an konkrete Zulassungsvoraussetzungen geknüpft werden, deren Festsetzung im einzelnen Sache der Länder ist. Das Wahlrecht der Eltern zwischen den vom Staat zur Verfügung gestellten Schulformen darf dadurch jedoch nicht mehr als unbedingt erforderlich eingeschränkt werden (vgl. BVerfG, a. a. O.).
Von diesen Grundsätzen ausgehend hat der Landesgesetzgeber die Aufnahme von Schülern in eine weiterführende allgemeinbildende Schule in den §§ 50, 53 Brandenburgisches Schulgesetz (BbgSchulG) konkretisiert und der Minister für Bildung, Jugend und Sport für das Land Brandenburg das Aufnahmeverfahren auf Grund der Ermächtigung des § 56 BbgSchulG durch die der Verordnung über die Bildungsgänge in der Sekundarstufe I (Sekundarstufe I-Verordnung - Sek I-V -) im Einzelnen ausgestaltet.
Dies bedeutet, dass im Rahmen der vorhandenen Schulplätze der Wunsch der Erziehungsberechtigten nicht nur bei der Festlegung des Schulzweiges und der Schulform (Oberschule, Gymnasium, Gesamtschule), sondern auch hinsichtlich der konkreten Schule innerhalb des Schulzweiges bestimmend ist. Wird die Aufnahmekapazität der gewählten Schule überschritten, so werden die Schülerinnen und Schüler in einem Auswahlverfahren ausgewählt.
Bei der ... Gesamtschule handelt es sich um eine Gesamtschule mit gymnasialer Oberstufe (Gesamtschule). Nach § 53 Abs. 3 Satz 7 BbgSchulG erfolgt die Aufnahme an Gesamtschulen zu einem Drittel der Aufnahmekapazität für den Bildungsgang zum Erwerb der allgemeinen Hochschulreife nach dem Vorrang der Eignung gemäß § 53 Abs. 5 Satz 4 bis 6 BbgSchulG und zu zwei Dritteln der Aufnahmekapazität entsprechend dem Aufnahmeverfahren an Oberschulen. Die näheren Einzelheiten des Aufnahmeverfahrens an Gesamtschulen richten sich nach § 32 Sek I-V. Danach werden bis zu einem Drittel der Plätze an Schülerinnen und Schüler vergeben, die den Bildungsgang zum Erwerb der allgemeinen Hochschulreife (AHR) gewählt haben, wenn die Zahl der Anmeldungen die Aufnahmekapazität einer Gesamtschule übersteigt. Das Auswahlverfahren für diese Schülerinnen und Schüler wird entsprechend § 43 Sek I-V durchgeführt (§ 32 Satz 2 Sek I-V). Eine Eignungsfeststellung gemäß § 41 sowie eine Eignungsprüfung gemäß § 32 erfolgen nicht (§ 32 Satz 3 Sek I-V). Das Aufnahmeverfahren für die verbleibenden Plätze wird entsprechend den §§ 49 und 50 Sek I-V für Schülerinnen und Schüler durchgeführt, die den Bildungsgang zum Erwerb der Fachoberschulreife und der erweiterten Berufsbildungsreife gewählt haben (§ 32 Satz 5 Sek I-V).
Maßgebliches Kriterium für die Zuordnung zu den Plätzen für die jeweiligen Bildungsgänge der Gesamtschule ist der Wunsch der Eltern, dass ihr Kind den von ihnen ausgewählten Bildungsgang besucht. Dies entspricht der gesetzlichen Grundentscheidung in § 53 Abs. 1 Satz 2 BbgSchlG zur Gewährleistung der vorrangigen Rechtsstellung der Eltern aus Art. 6 Abs. 2 Grundgesetz (GG). Eine Vergabe der begrenzten Anzahl der Plätze nach der Empfehlung des Grundschulgutachtens, wenn diese vom Elternwunsch abweicht, wäre deshalb fehlerhaft (Beschluss der Kammer vom 3. September 2008 – 12 L 370/08). Eine Ausschlussfrist, auf Grund der eine Änderung des Elternwunsches vor Abschluss des Aufnahmeverfahrens unzulässig würde, sehen weder das Schulgesetz noch die Sekundarstufe I-Verordnung vor.
Der Antragsteller hat für seinen Sohn den Bildungsgang Realschulabschluss/Fach-oberschulreife gewünscht. Die Antragsgegnerin hat das nach § 53 Abs. 2 BbgSchulG i. V. m. §§ 32, 43, 49, 50 Sek I-V notwendige Auswahlverfahren durchgeführt und bisher 99 Schülerinnen und Schüler aufgenommen, davon 33, die den Bildungsgang zum Erwerb der allgemeinen Hochschulreife sowie 66, die den Bildungsgang Fachoberschulreife/Allgemeine Berufsbildungsreife gewählt haben. Für weitere 10 Schülerinnen und Schüler ist die Aufnahme vorgesehen, davon 4, die den Bildungsgang AHR gewählt haben. Drei dieser Plätze haben sich aus der Erhöhung der Kapazitäten wegen nunmehr richtiger Berücksichtigung der Raumgröße ergeben, 7 werden nicht für Wiederholer benötigt. Bis zu einem Drittel dieser Plätze sind in der Gruppe der AHR-Bewerber zu vergeben, dies sind nach der hier vorzunehmenden Abrundung insgesamt (nur) 36 Plätze. In der Gruppe Bildungsgang Fachoberschulreife/Allgemeine Berufsbildungsreife können neben den in dieser Gruppe bereits besetzten 66 Plätzen nunmehr noch 7 Plätze vergeben werden.
Nach summarischer Prüfung kann der Sohn des Antragstellers einen dieser Plätze erhalten.
Die Antragsgegnerin hat zunächst 5 der Plätze im Bildungsgang Fachoberschulreife/Allgemeine Berufsbildungsreife an Bewerber mit besonderen Härten gemäß § 53 Abs. 4 Schulgesetz vergeben; drei der Plätze wurden an Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf vergeben (§ 29 i.V.m. § 50 Abs. 2 SchulG). Nach § 53 Abs. 3 Satz 7 i. V. m. Satz 6 BbgSchulG und § 32 Satz 4 i. V. m. § 50 Satz 4 bis 6 Sek I-V erfolgt die Verteilung der übrigen Plätze nach der Nähe der Wohnung zur Schule. Bis zu 50 vom Hundert der Plätze können nach besonderen Gründen vergeben werden. Von den 65 ermittelten freien Plätzen sind bisher 29 nach besonderen Gründen und 29 nach der Wohnortnähe vergeben worden.
Die Kammer hat allerdings – auch unter Berücksichtigung dieses Verfahrens - Zweifel, ob die maßgeblichen Bestimmungen des Brandenburgischen Schulgesetzes und der Verordnung zur Sekundarstufe I mit dem Verweis auf „besondere Gründe“ hinreichend bestimmt sind. Nach Art. 20 Abs. 3 GG bedürfen wesentliche Entscheidungen der Verwaltung einer gesetzlichen Grundlage (vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Juli 1998 – BVerfGE 98, 218). Dies gilt auch im Schulrecht, wenn das Elternrecht aus Art. 6 Abs. 1 Satz 1 GG und aus Art. 27 Abs. 2 und Art. 30 Abs. 4 LV sowie die Rechtsstellung aus Art. 12 Abs. 1 GG bei der Wahl zwischen unterschiedlichen Bildungsgängen berührt sind (vgl. Niehues/Rux, Schul- und Prüfungsrecht Band 1 Schulrecht, 4. Aufl. Rdnr. 56). Die nach Art. 7 Abs. 1 GG dem Staat zugewiesenen Befugnisse und Aufgaben zur Organisation, Planung, Leitung und Beaufsichtigung des Schulwesen ermächtigt die Schulverwaltung nicht zu einer gesetzesfreien Ausgestaltung des Schulverhältnisses (BVerwG, Urteil vom 15. November 1974 – 7 C 12.74 –, BVerwGE 47, 201). Es kann dahinstehen, ob der Gesetzgeber verpflichtet ist, die „besonderen Gründe“ bereits im Schulgesetz näher zu definieren, wie er dies in § 53 Abs. 4 BbgSchulG für „besondere Härtefälle“ getan hat, denn auch in der gemäß § 56 BbgSchulG ergangenen Rechtsverordnung findet sich eine nähere Bestimmung der „besonderen Gründe“ nicht. Solche Hinweise sind lediglich in einer Verwaltungsvorschrift enthalten, die zudem sehr offen formuliert ist. Es ist mithin den Schulen im Ergebnis selbst überlassen, für die Auswahl von bis zu einem Drittel der Schülerinnen und Schüler, die an der Gesamtschule aufgenommen werden, die Aufnahmekriterien zu bestimmen. Die Entscheidung, ob der Gesetzgeber oder jedenfalls der Verordnungsgeber im Lichte der betroffenen Grundrechte durch Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs „besondere Gründe“ die Kriterien für die Auswahl der Schülerinnen und Schüler bei erschöpfter Kapazität für bis zu einem Drittel der Plätze den Gesamtschulen überlassen darf oder ob er dies jedenfalls in Grundzügen selbst regeln muss, stellt aber eine schwierige Rechtsfrage dar, die einem eventuellen Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben muss, so dass die Kammer für das einstweilige Rechtsschutzverfahren von der Anwendbarkeit einer Verteilung nach „besonderen Gründen“ ausgeht.
Darauf kommt es letztlich aber auch nicht an, denn die Verteilung der Plätze nach „besonderen Gründen“ ist hier fehlerhaft erfolgt.
Zwar hält die Kammer die Annahme eines besonderen Grundes für den Fall, dass bereits ein Geschwisterkind die angewählte Schule besucht, für ein sachgerechtes Kriterium der bevorzugten Vergabe von Plätzen. Denn bei gemeinsamem Besuch der Schule durch Geschwisterkinder erfahren die Eltern eine Entlastung bei der Kontaktpflege mit der Schule, etwa beim Besuch von Elternsprechtagen sowie bei der Bewältigung der Schulwege. Eine darüber hinausgehende Begründung der Notwendigkeit des gemeinsamen Schulbesuchs der Geschwisterkinder auf Grund der persönlichen Situation der Familie ist nicht zu fordern. Mit Blick auf den besonderen Grund „Geschwisterkind“ ist die erfolgte Platzvergabe auch nachvollziehbar.
Es bestehen aber durchgreifende Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Vergabe der Plätze nach den übrigen von der Antragsgegnerin angeführten besonderen Gründen.
Geht man von den Angaben der kommissarischen Schulleiterin vom 8. Juni 2012 in dem Verfahren VG 12 L 260/12 – die zu diesem Verfahren beigezogen wurden - aus, so wurden im Auswahlverfahren als „besondere Gründe“ u.a. folgende angesehen: Schulprofil - Gesamtschule mit GOST, alle Abschlüsse möglich, Medien, moderne Sprachen, Interesse an Mitgestaltung einer aufbauenden Schule, Projektunterricht, Individualisierung des Lernens; Unterrichtsorganisation – Blockunterricht, Binnendifferenzierung statt Fachleistungsdifferenzierung, offener Anfang; Ganztag - Wunsch nach Teilnahme an gebundenen Ganztag, persönliche Voraussetzungen - bezogen auf die individuelle Eignung für das Schulprofil bezogen auf und Interesse am Abitur nach 13 Jahren.
Bedenken hat die Kammer bereits hinsichtlich der Berücksichtigung der Fähigkeit zum selbstorganisierten und kooperativen Lernen. Soweit die Antragsgegnerin hier Bewerber auswählt, die besonders für die Integrationsklasse geeignet erschienen, lässt sich eine Bevorzugung gegenüber anderen Bewerbern nicht rechtfertigen. Denn dieser Gesichtpunkt könnte von ihr auch im Rahmen der Auswahl unter den aufgenommenen Schülerinnen und Schülern bei der Klassenbildung berücksichtigt werden. Bedenken bestehen bei der Vergabe der Plätze im Bildungsgang Fachoberschulreife/Allgemeine Berufsbildungsreife zudem dagegen, Bewerber, die die Möglichkeit, das Abitur nach 13 Jahren zu erlangen, benennen, gegenüber den anderen Bewerbern vorzuziehen. Dies erscheint hier gerade deshalb bedenklich, weil einige der aufgenommenen Bewerber augenscheinlich trotz Vorliegen der Voraussetzungen für den Bildungsgang der Allgemeinen Hochschulreife eine (dem Anschein nach strategische) Wahl des Bildungsganges Fachoberschulreife/Allgemeine Berufsbildungsreife getroffen haben.
Aber selbst wenn man annehmen wollte, dass es sich hier wie bei den übrigen Kriterien um solche handelt auf die der unbestimmte Rechtsbegriff „besondere Gründe“ anwendbar ist, kann das Ergebnis des Auswahlverfahrens keine Berücksichtigung finden. Erforderlich ist weiterhin, dass die Auswahl zwischen den Bewerbern nach diesen Gründen transparent und nachprüfbar erfolgt ist. Unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlich geschützten Zugangsanspruchs der konkurrierenden Bewerber (vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschluss vom 24. August 1998 - VfGBbg 41/91 - , 15 f.) muss gewährleistet sein, dass das Auswahlverfahren gegebenenfalls von der Widerspruchsbehörde oder dem Gericht überprüft werden kann. Dies ist hier nicht möglich. Die Antragsgegnerin hat die Anmeldebögen der Schülerinnen und Schüler, die wegen des Vorliegens besonderer Gründe berücksichtigt wurden, eingereicht. In einer Vielzahl der Fälle finden sich besondere Gründe lediglich schlagwortartig in einem von der Antragsgegnerin gefertigten – undatierten – Gesprächsvermerk, ohne dass bereits im Anmeldformular ein besonderer Grund angekreuzt war. Andere Anmeldungen enthalten nur die Angabe eines besonderen Grundes, ohne diesen mit dem Vorliegen persönlicher Voraussetzungen zu begründen. Allein die Benennung eines besonderen Grundes, ohne nähere Begründung mit in der Person des Bewerbers liegenden Eigenschaften, kann aber nicht zur Bevorzugung eines Bewerbers gegenüber einem anderen Bewerber führen. Da zudem davon ausgegangen werden kann, dass grundsätzlich alle Schülerinnen und Schüler die Schule (auch) wegen des Schulprofils, der Ganztagsbetreuung und dem Abitur nach 13 Jahren gewählt haben, müsste für das Gericht nachvollziehbar dokumentiert sein, warum diese Gründe für die Auswahl der aufgenommenen Bewerber in besonderem Maße vorhanden sind. Daran fehlt es.
Somit kann - mit Ausnahme des besonderen Grundes „Geschwisterkind“ – in einer Vielzahl der Fälle weder nachvollzogen werden, auf welcher Grundlage die Punkte für „besondere Gründe“ in der dazu erstellten Liste vergeben wurden, noch kann überprüft werden, ob diese Vergabe den von der Schule selbst aufgestellten Kriterien gerecht wird. Das Vergabeverfahren leidet damit an einem Fehler, der 26 Plätze in diesem Segment erfasst und damit eine Verwertbarkeit des Ergebnisses insoweit ausschließt.
Nach § 53 Abs. 4 Satz 7 i. V. m. Satz 6 BbgSchulG können in einem Anteil von bis zu 50 vom Hundert der auf die Bildungsgänge Fachoberschulreife und Allgemeine Bildungsreife entfallenden Plätze nach besonderen Gründen vergeben werden. Ist aber das Vergabeverfahren in dieser Gruppe - mit Ausnahme der drei Geschwisterkinder - fehlerhaft erfolgt, verbleibt es für die Auswahl bei dem Kriterium der Nähe der Wohnung zur Schule (§ 53 Abs. 3 Satz 5 Nr. 2 i. V. m. Satz 7 BbgSchulG).
Auf der Liste der nach Entfernung aufgenommenen Bewerber befindet sich der Sohn des Antragstellers auf Platz 36 bei einer Entfernung von 4 km zwischen Wohnung und Schule. Diese Liste kann hier auch Verwendung finden, weil insoweit keine Schülerinnen und Schüler, die nach besonderem Grund aufgenommen wurden, in einer geringeren Entfernung wohnen.
Der Sohn des Antragstellers darf zwar durch das von ihm angestrengte gerichtliche Verfahren nicht bessergestellt werden, als er in einem ordnungsgemäß durchgeführten Auswahlverfahren gestanden hätte. Bei einer fehlerfreien Vergabe hätte er aber berücksichtigt werden müssen. Bei einer Vergabe der 65 Plätze unter Berücksichtigung von drei Geschwisterkindern und im Übrigen ausschließlich nach der Entfernung hätten 62 Schülerinnen und Schüler einen Platz erhalten können. Mit der Platzziffer 36 hätte sich der Antragsteller in dieser Bewerbergruppe befunden.
Da die Antragsgegnerin insgesamt noch 7 Plätze für Nachrücker zur Verfügung hält, steht dem Sohn des Antragstellers nach dem Ergebnis der summarischen Prüfung einer dieser Plätze zu. Vorsorglich weist die Kammer darauf hin, dass die Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang nicht auf eine – andere – Nachrückerliste im Sinne von § 7 Abs. 2 Satz 3 Sek I-V verweisen kann, denn auch ein Nachrücken könnte sich bei den hier betroffenen Bildungsgängen Fachoberschulreife/besondere Berufsbildungsreife nach dem oben Dargestellten lediglich nach der Entfernung zwischen Wohnort und Schule bemessen.
Der Antragsteller hat auch das Vorliegen eines Anordnungsgrundes glaubhaft gemacht. Zwar steht seinem Sohn nach der Zuweisung des Staatlichen Schulamtes im kommenden Schuljahr ein Platz an der ... Oberschule zur Verfügung. Der Antragsteller braucht sich im gerichtlichen Verfahren, das auf die vorläufige Aufnahme an eine ganz bestimmte Schule einer bestimmten Schulform gerichtet ist, aber nicht darauf verweisen lassen, dass sein Sohn den gewünschten Bildungsgang auch an einer anderen von ihm nicht gewünschten Schule einer anderen Schulform besuchen könnte, nur weil die dortige Kapazität weniger erschöpft ist, als an der von ihm beantragten Schule (Beschluss der Kammer vom 3. September 2003 – 12 L 370/08 –).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Streitwertfestsetzung aus § 52 Abs. 1 i. V. m. § 53 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes (GKG), wobei der Streitwert in Anbetracht der Vorläufigkeit des Verfahrens zu halbieren ist.