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Kein Anordnungsanspruch auf Gewährung höherer Leistungen für Asylbewerber im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes; Leistungen nach § 3 AsylblG sind nicht evident unzureichend zur Sicherung des Existensminimus; Wertgutscheine; Barleistungen


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 23. Senat Entscheidungsdatum 19.04.2011
Aktenzeichen L 23 AY 7/11 B ER, L 23 AY 8/11 B PKH ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 86b Abs 2 S 1 SGG, § 3 AsylblG, Art 1 Abs 1 GG, Art 20 GG

Tenor

Die Beschwerden gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 14. Februar 2011 werden zurückgewiesen.

Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe

I.

Die 1963 in K geborene Antragstellerin ist auf ihren Asylantrag vom 9. Mai 2010 im Besitz einer Aufenthaltsgestattung zur Durchführung eines Asylverfahrens. Sie lebt aufgrund einer Zuweisungsentscheidung der Zentralen Ausländerbehörde des Landes Brandenburg vom 10. August 2010 gem. § 46 Abs. 1 und 2, § 50 Abs. 1 AsylVfG seit diesem Tag und bis heute in einem Übergangswohnheim im Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners. Der Antragsgegner trägt die Kosten der Unterbringung und gewährt der Antragstellerin darüber hinaus laufende Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Mit Bescheid vom 11. August 2010 wurden ihr für den Monat August 2010 Leistungen nach § 3 Abs. 1 und 2 AsylbLG in Höhe von 199,40 € (228,12 € abzüglich Energiepauschale von 28,72 €) monatlich bewilligt, und zwar in Form von Wertgutscheinen in Höhe von 158,50 € monatlich, anteilig für August 2010 in Höhe von 112,48 €, sowie als Geldleistung zur Deckung persönlicher Bedürfnisse per Scheck in Höhe von 40,90 € monatlich, anteilig für 08/2010 29,02 €. Der Bescheid enthält den Hinweis: "Dieser Bescheid regelt das Leistungsverhältnis nur für den eingangs genannten Bewilligungszeitraum. Ergibt sich in den wesentlichen Verhältnissen keine Veränderung, bleibt vorenthalten, die Leistungen für nachfolgende Zeiträume stillschweigend durch Auszahlung der Beträge zu bewilligen. In einem solchen Fall können Sie davon ausgehen, dass die Begründung sowie die Berechnung und Festsetzung der Einzelansprüche denen des vorliegenden Bescheides entsprechen. Sofern nicht ausdrücklich anders geregelt, gilt als Bewilligungszeitraum der Kalendermonat, für den die Leistung erbracht wird.“

Am 19. August 2010 erhob der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin Widerspruch gegen diesen Bescheid, mit dem er zum einen höhere Leistungen für die Antragstellerin begehrte und sich zum anderen gegen die Gewährung von Sachleistungen per Wertgutscheinen wandte. Leistungen nach dem AsylbLG seien seit Einführung des Gesetzes 1993 nicht mehr angepasst worden, dadurch sei eine evident zu niedrige Leistungshöhe entstanden. § 3 AsylbLG verstoße ferner gegen den Grundsatz des Bundesverfassungsgerichts, wonach die Leistungshöhe durch den Gesetzgeber aufgrund von nachvollziehbaren Berechnungen festgelegt werden und sich auch die Absenkung von Leistungen aus zuverlässigen Erhebungen ergeben müsse und eine regelmäßige Anpassung zu normieren sei. Auch sei der Abzug einer Energiepauschale in Höhe von 28,72 € überhöht. Die Gewährung von Leistungen in Form von Wertgutscheinen sei grundsätzlich rechtswidrig, wenn keine im Einzelfall begründeten besonderen Umstände bestünden, die diese Verfahrensweise ausnahmsweise rechtfertigen könnten.

Gegen den den Widerspruch zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 20. September 2010 hat die Antragstellerin am 24. September 2010 Klage zum Sozialgericht Potsdam erhoben und im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes beantragt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Antragstellerin ab sofort bis zur Entscheidung in der Hauptsache, vorläufig die Leistungen nach dem AsylbLG in angemessener Höhe und in bar auszuzahlen sowie ihr Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten zu bewilligen.

Das Sozialgericht Potsdam hat die Anträge mit Beschluss vom 14. Februar 2011 abgewiesen. Die Voraussetzungen des § 86 b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) lägen nicht vor. Die Antragstellerin habe nicht glaubhaft gemacht oder auch nur ansatzweise aufgezeigt, dass ihr unter Zugrundelegung der bisher bewilligten Grundleistungen ohne die Gewährleistung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen drohen würden, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr beseitigt werden könnten. Der konkrete Bedarf der Antragstellerin an Unterkunft und Heizung sei durch ihre Unterbringung im Übergangswohnheim abgesichert. Bekleidung sei ihr bereits im Frühjahr 2010 ergänzend bewilligt worden. Hinsichtlich der weiteren Bedarfe, insbesondere für Ernährung, Gesundheits- und Körperpflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgütern des Haushalts habe die Antragstellerin nicht einmal im Ansatz und schon gar nicht substantiiert aufgezeigt, weshalb es ihr konkret derzeit und bis zur Entscheidung der Kammer in der Hauptsache nicht möglich sein solle, diese Bedarfe mit dem ihr zur Verfügung stehenden Betrag von insgesamt 199 € in Form von Wertgutscheinen und Bargeld zu decken. Hierfür wäre es erforderlich, etwa unter Vorlage eines Buches, das sämtliche Ausgaben detailliert beinhalte und nachvollziehbar mache, glaubhaft zu machen, dass mit diesem Betrag das menschenwürdige Existenzminimum evident nicht gewahrt ist, weil die Antragstellerin tatsächlich gezwungen wäre, bestimmte konkret vorhandenen Bedarf an Lebensmitteln beziehungsweise Gesundheits- und Körperpflegemitteln nicht mehr zu decken. Auch das LSG für das Land Nordrhein-Westfalen habe in seinem Vorlagebeschluss an das BVerfG (L 20 AY 13/09) nicht einen höheren Anspruch des dortigen Antragstellers angenommen, sondern das Verfahren dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt mit der Intention, eine vergleichbare Entscheidung wie zu den Regelsätzen von Leistungsempfängern nach dem SGB II/XII zu treffen. Ohnehin bedürfte es eines legislativen/exekutiven Umsetzungsaktes, um dem Begehren der Leistungsberechtigten zum Erfolg zu verhelfen. Die Antragstellerin habe auch keinen Anspruch auf Auszahlung des gesamten Betrages in bar. Der Gesetzgeber habe in § 3 AsylbLG eine klare Entscheidung zu Gunsten des Sachleistungsprinzips beziehungsweise Sachleistungszwangs getroffen. Der weitere Taschengeldbetrag von 40,90 € stelle einen echten Geldbetrag dar, weil der der Antragstellerin gewährte Scheck bei der Mittelbrandenburgischen Sparkasse Potsdam (MBS) in Bargeld eingewechselt werden könne. Der Barbetrag sei auch nicht zu Gunsten der Antragstellerin im Hinblick auf eine im Land Brandenburg gegebene erhöhte Freizügigkeit zu erhöhen. Insoweit fehle ein konkreter Vortrag der Antragstellerin.

Gegen den ihren Prozessbevollmächtigten am 17. Februar 2011 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 7. März 2011 Beschwerde eingelegt, mit der sie ihre Begehren weiterverfolgt und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren begehrt. Es liege eine Verletzung der Menschenwürde vor, da keine Berechnung der Bedarfe/Leistungen vorliege und die gewährte Leistung evident zu niedrig sei, um eine menschenwürdige Existenz zu ermöglichen. Mangels Berechnungsgrundlage müsse in verfassungskonformer Auslegung auf die vorhandenen Berechnungen zum Regelsatz nach dem SGB XII zurückgegriffen werden. Es ergebe sich eine Differenz zwischen dem Bedarf unter Zugrundelegung der Regelsatzverordnung und den tatsächlich gewährten Leistungen in Höhe von monatlich 119,71 €. Mit der Gewährung von Wertgutscheinen werde massiv in das Recht der Menschenwürde, der allgemeinen Handlungsfreiheit und des allgemeinen Persönlichkeits-rechts eingegriffen. Dafür bedürfe es einer Rechtfertigung und der Ausübung von Ermessen. Da weder eine Rechtfertigung noch eine Ermessensausübung zu erkennen sei, sei der Antragstellerin Bargeld zu bewilligen. Der Barbetrag von 40,90 € reiche nicht aus, um davon den Bedarf für Verkehrsmittel, Telefon, Porto, Schreibmittel, Lesestoff, Werkmaterial und kleine Mengen von Genussmitteln zu decken.

Die Antragstellerin beantragt schriftsätzlich,

den Antragsgegner unter Abänderung des Beschlusses des Sozialgerichts Potsdam vom 14. Februar 2011 im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, an die Antragstellerin weitere 119,71 € für den Zeitraum seit Anhängigkeit der Beschwerde für 12 Monate (längstens jedoch bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache), vorläufig zu zahlen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Der vom Antragsgegner berechnete Bedarf entspreche den gesetzlichen Vorschriften. Ein Anspruch, bei der Berechnung des Bedarfes auf den Regelsatz nach dem SGB XII zurückzugreifen bestehe nicht, weil die Antragstellerin nicht zum Personenkreis der Berechtigten nach § 2 AsylbLG gehöre. § 3 AsylblG sehe grundsätzlich Sachleistungen vor und räume dem Antragsgegner kein Ermessen für die Gewährung der Leistungen in bar ein.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und den Verwaltungsvorgang des Antragsgegners Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung gewesen sind.

II.

Die zulässigen Beschwerden sind unbegründet. Das Sozialgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss zu Recht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe sowie den Antrag zurückgewiesen, den Antragsgegner im Rahmen einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, an die Antragstellerin vorläufig höhere Leistungen nach dem AsylbLG zu zahlen.

Nach § 86 b Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Notwendigkeit der vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) und der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 3 SGG i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung - ZPO -). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Sie gehört gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 AsylbLG zum Kreis der Leistungsberechtigten nach diesem Gesetz. Sie ist deshalb von anderen Leistungsgesetzen ausgeschlossen, die bedürftigkeitsabhängige Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vorsehen (s. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Zweites Buch Sozialgesetzbuch - SGB II -, § 23 Abs. 2 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB XII). Diese Unterscheidung ist nicht gleichheitswidrig. Der Gesetzgeber darf Art und Umfang von Sozialleistungen an Ausländerinnen und Ausländer grundsätzlich von der voraussichtlichen Dauer Ihres Aufenthalts abhängig machen und dabei auch ein eigenes, von den Regelungen der allgemeinen Leistungsgesetze zur Existenzsicherung abweichendes Konzept zur Sicherung des Lebensbedarfs entwickeln (Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 11. Juli 2006 - 1 BvR 293/05, BVerfGE 116, 229 ff. m.w.N.).

Der von der Antragstellerin geltend gemachte Anspruch lässt sich aus dem einfachen Recht des AsylbLG nicht herleiten. Ob das in § 3 Abs. 3 AsylbLG ermächtigte Bundesministerium das in dieser Vorschrift aufgestellte Normsetzungsgebot verletzt hat, indem es die in § 3 Abs. 2 AsylbLG angegebenen Werte nicht durch Rechtsverordnung angepasst hat, kann offen bleiben. Denn selbst wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Anpassung vorlägen, verböte der Grundsatz der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 2 Satz 2 Grundgesetz [GG]) den Gerichten, selbst normsetzend tätig zu werden. (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25. März 2011 - L 15 AY 4/11 B ER, unveröff.).

Die Fachgerichte sind aufgrund ihrer Bindung an Recht und Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG) nicht berechtigt, Leistungen zu zuerkennen, die sich nicht aus dem geschriebenen Recht - unmittelbar oder durch Auslegung nach anerkanntem rechtswissenschaftlichen Methoden unter Beachtung der verfassungsrechtlichen Grenzen - ergeben (LSG Berlin-Brandenburg, 15. Senat a.a.O.). Dass die einfachgesetzliche Rechtslage mit dem Grundgesetz nicht vereinbar ist, vermag der Senat nicht zu erkennen. Deshalb kann im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Frage, ob und inwieweit der Senat im Hinblick auf die Verwerfungskompetenz des Bundesverfassungsgerichts für die entscheidungserheblichen Rechtsnormen eine vorläufige Regelung treffen könnte, ebenso dahingestellt bleiben wie die Frage, ob die gewährten Leistungen der verfassungsrechtlichen Vorgabe zur Festlegung des Existenzminimums entsprechen und ob gegebenenfalls ein Härtefallanspruch unmittelbar aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG gegen den Bund bestehen kann (vgl. BVerfG Urteil vom 9. Februar 2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09, NJW 2010, 505-518). Denn es ist weder ersichtlich noch substantiiert vorgetragen worden, dass das Existenzminimum der Antragstellerin durch die aktuell gewährten Leistungen evident nicht gesichert wäre.

Das BVerfG (Urteil vom 9. Februar 2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09, NJW 2010, 505; Juris) führt zum insoweit bestehenden Prüfungsumfang aus: Dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Bemessung des Existenzminimums entspricht eine zurückhaltende Kontrolle der einfachgesetzlichen Regelung durch das Bundesverfassungsgericht. Da das Grundgesetz selbst keine exakte Bezifferung des Anspruchs erlaubt, beschränkt sich - bezogen auf das Ergebnis - die materielle Kontrolle darauf, ob die Leistungen evident unzureichend sind (a.a.O., Juris Rn. 141).

Dass die der Antragstellerin nach § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 und Satz 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 AsylbLG gewährten Leistungen evident unzureichend sind (so die Auffassung des vom Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin zitierten Vorlagebeschlusses des LSG Nordrhein-Westfalen vom 26. Juli 2010 [L 20 AY 13/09 - veröffentlicht in Juris]), ist nicht erkennbar.

Die Annahme, die Asylbewerbern gewährten Leistungen seien evident unzureichend, lässt sich jedenfalls nicht allein mit der Argumentation des LSG Nordrhein-Westfalen (a.a.O.) rechtfertigen, die Leistungen für Asylbewerber lägen 31% unter denen von Leistungsberechtigten nach dem SGB-II. Um zur Feststellung einer Evidenz zu kommen, müssen vielmehr tatsächliche Feststellungen (etwa in Gestalt der Untersuchungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge) herangezogen werden.

Die Aufteilung der Werte in § 3 Abs. 2 Satz 2 AsylbLG auf die Bedarfspositionen Ernährung, Kleidung, Gesundheits- und Körperpflege sowie Gebrauchs- und Verbrauchsgüter des Haushalts ist gesetzlich nicht bestimmt. Deshalb ist ein Vergleich mit den Beträgen zur Deckung des notwendigen Bedarfs nach dem SGB XII für die Anteile in dem Betrag nach § 3 Abs. 2 AsylbLG geboten, da auch die Leistungen nach dem 3. Kapitel SGB XII nur den notwendigen Bedarf zum Lebensunterhalt abdecken (§ 27 SGB XII).

Der Regelsatz nach § 28 SGB XII bildet sich nach den Werten der Abteilungen der EVS. Durch Anknüpfen der Bemessung der Regelsätze nach § 27 SGB XII an die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe - EVS - (§ 28 Abs. 3 SGB XII), wird der Bedarf am Verbraucherverhalten orientiert. Nach § 5 des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011 (BGBl. I, 454) setzt sich der Regelsatz (ab 1. Januar 2011) aus folgenden – nach der EVS 2008 ermittelten - regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben der Einpersonenhaushalte zusammen:

„Abteilung 1 (Nahrungsmittel, alkoholfreie Getränke) 128,46 Euro
Abteilung 3 (Bekleidung und Schuhe) 30,40 Euro
Abteilung 4 (Wohnen, Energie und Wohnungsinstandhaltung) 30,24 Euro
Abteilung 5 (Innenausstattung, Haushaltsgeräte und -gegenstände) 27,41 Euro
Abteilung 6 (Gesundheitspflege) 15,55 Euro
Abteilung 7 (Verkehr) 22,78 Euro
Abteilung 8 (Nachrichtenübermittlung) 31,96 Euro
Abteilung 9 (Freizeit, Unterhaltung, Kultur) 39,96 Euro
Abteilung 10 (Bildung) 1,39 Euro
Abteilung 11 (Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen) 7,16 Euro
Abteilung 12 (Andere Waren und Dienstleistungen) 26,50 Euro“.
Die Summe der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben der Einpersonenhaushalte nach Absatz 1 beträgt 361,81 Euro. (§ 5 Abs. 2 RegelbedarfsermittlungsG).

Bei dem vorliegend durchzuführenden Vergleich ist zu berücksichtigen, dass durch die Unterbringung in einem Übergangswohnheim, einige der nach § 3 Abs. 1 AsylbLG zu deckenden Bedarfe tatsächlich gedeckt sind, nämlich z.B. der Bedarf für Hausverbrauchsmaterial (Reinigungsmittel, Toilettenpapier, Haushaltsstrom etc.) sowie der Bedarf für Wäschereinigung und Apothekenartikel. Vollständig abgegolten ist auch der Bedarf für Warmwasser. Soweit Bedarfspositionen, die von dem Betrag nach § 3 Abs. 2 Satz 2 AsylbLG erfasst sind, bereits durch Leistungen nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG etwa durch Unterbringung gedeckt sind, ist die durch Sachleistungen bereits erfolgte Bedarfsdeckung bei der Bestimmung des Wertes der Zusatzleistung zu berücksichtigen und der im Gesetz vorgesehene Wert, der sich daher als Maximalwert versteht, entsprechend zu kürzen (GK-AsylbLG, III-§ 3, Rnr. 89).

Vergleichbar sind die im Fall der Antragstellerin nach § 3 Abs. 2 Satz 2 AsylbLG über Wertgutscheine zu deckenden Bedarfe mit den Anteilen im Regelsatz nach SGB XII für Nahrungsmittel, Getränke, Tabakwaren in Höhe von 128,46 Euro (wobei nach dem AsylbLG ein Teil der Bedarfe schon über den Barbetrag nach § 3 Satz 1 Satz 3 AsylbLG abgedeckt wird, so dass ein Abzug gerechtfertigt ist), der Bedarf für Bekleidung und Schuhe (30,40 Euro), der Bedarf für Strom innerhalb der Abteilung 04 mit dem Anteil im Regelsatz - hier unberücksichtigt gelassen, da hinsichtlich eines Betrages von 28,72 Euro eine gesonderte Berücksichtigung als „Energiepauschale“ erfolgt ist - und der Anteil aus Abteilung 12 abzüglich der darin enthaltenen Beträge für Finanzdienstleistungen und andere Dienstleistungen (26,50 Euro - abzüglich 1,06 Euro - nach den Berechnungen des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin, d.h. ein Betrag von 25,44 Euro).

Diese Anteile ergeben zusammen - ausgenommen der Stromanteil - einen Betrag von 184,30 Euro. Diese Summe bildet den Anteil des Regelsatzes nach § 28 SGB XII für diejenigen Bedarfe ab, die im Falle der Antragstellerin von § 3 Abs. 2 AsylbLG über Wertgutscheine erfasst werden. Da mit der Ermittlung der Bedarfe aus den Werten der EVS Bedarfe in den Regelsatz einfließen, die nach mit den Wertgutscheinen nach § 3 Abs. 2 AsylbLG nicht zu decken sind, ist ein Abschlag bei den einzelnen Bedarfspositionen angebracht. Für die Entscheidung über eine nur vorläufige Regelung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ist ferner zu berücksichtigen, dass der Bedarf der Antragstellerin an Bekleidung und Schuhen bisher zusätzlich durch einmalige Beihilfen gedeckt wurde.

Die Antragstellerin erhält neben ihrer Unterbringung im Übergangswohnheim und dem Geldbetrag von 40,90 Euro (§ 3 Abs. 1 AsylbLG) eine Zusatzleistung (§ 3 Abs. 2 AsylbLG) von 158,50 Euro zuzüglich der hier nicht berücksichtigten Energiepauschale.

Insgesamt ist der Wert nach § 3 Abs. 2 AsylbLG von 158,50 Euro um 13,99 % geringer als der hier gebildete Vergleichswert von 184,30 Euro, wobei die vorzunehmenden Abschläge (s.o.) noch nicht durchgeführt wurden und auch die Deckung des Bekleidungsbedarfs durch einmalige Beihilfen nicht berücksichtigt wurde. Von einer evident unzureichenden Leistung kann vor diesem Hintergrund nicht gesprochen werden.

Dies gilt auch für den so genannten Barbetrag nach § 3 Abs. 1 AsylbLG von 40,90 Euro. Die insoweit entsprechenden Anteile im Regelsatz für Verkehr (22,78 Euro), Nachrichten-übermittlung (31,96 Euro), Bildung (1,39 Euro), Beherbergungs- und Gaststätten-dienstleistungen (7,16 Euro) addieren sich zu einem Betrag von 63,29 Euro. Unter Berücksichtigung eines Abstandsgebots zwischen den Analogleistungen nach § 2 AsylbLG und den Grundleistungen nach § 3 AsylbLG ist insoweit ein Betrag von 40,90 Euro jedenfalls nicht evident unzureichend.

Die Antragstellerin hat auch keinen Anspruch auf Gewährung sämtlicher Leistungen in bar glaubhaft gemacht. Die Leistungsgewährung in Form von Wertgutscheinen ist nicht zu beanstanden. Nach § 3 Abs. 1 und 2 AsylbLG sind Leistungen zur Deckung des notwendigen Bedarfs an Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheit und Körperpflege sowie an Gebrauchs- und Verbrauchsgütern des Haushaltes grundsätzlich als Sachleistungen zu gewähren. Für außerhalb von in Aufnahmeeinrichtungen im Sinne des § 44 AsylVfG untergebrachte Leistungsberechtigte - hierzu gehören auch Wohnheime und Gemeinschaftsunterkünfte - eröffnet § 3 Abs. 2 AsylbLG Ausnahmen vom - auch für diesen Personenkreis grundsätzlich vorrangigen - Sachleistungsprinzip, soweit es nach den Umständen erforderlich ist. Insoweit können die Leistungen in Form von Wertgutscheinen, von anderen unbaren Abrechnungen oder von Geldleistungen im gleichen Wert gewährt werden. Da diese gesetzlich normierten drei Formen in einem Rangverhältnis stehen, ist die Gewährung von Geldleistungen nur dann zulässig, wenn die beiden zuerst genannten Formen ausscheiden und die Erforderlichkeitsklausel erfüllt ist (Hohm in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, Komm., 18. Aufl., 2010, § 3 AsylbLG Rn. 25 ff m.w.N.). Dass für die Antragstellerin weitere Barzahlungen anstelle von Wertgutscheinen „erforderlich“ sind, ist auch nicht ansatzweise dargetan. Die gesetzlich normierte Leistungsgewährung in Form von Wertgutscheinen ist auch nicht per se diskriminierend.

Die Entscheidung des Sozialgerichts, der Antragstellerin mangels Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung für das sozialgerichtliche Verfahren keine Prozesskostenhilfe zu bewilligen (§ 73a SGG i. V. m. § 114 ZPO), ist daher nicht zu beanstanden.

Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren war ebenfalls mangels Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung nicht zu bewilligen (§ 73a SGG i. V. m. § 114 ZPO).

Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und aus § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 127 Abs. 4 Zivilprozessordnung.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden, § 177 SGG.