Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 2. Senat | Entscheidungsdatum | 07.06.2012 | |
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Aktenzeichen | OVG 2 B 18.11 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 68 Abs 1 S 2 VwGO, § 75 S 2 VwGO, § 91 VwGO, § 113 Abs 1 S 4 VwGO, § 113 Abs 5 VwGO, § 162 Abs 2 S 2 VwGO, § 1 Abs 7 BauGB, § 2 Abs 1 S 2 BauGB, § 14 Abs 1 Nr 1 BauGB, § 15 BauGB, § 17 Abs 1 S 2 BauGB, § 29 BauGB, § 30 Abs 1 BauGB, § 39 BauGB, § 214 BauGB, § 215 BauGB, § 1 Abs 5 BauNVO, § 1 Abs 9 BauNVO, § 7 Abs 1 BauNVO, § 7 Abs 2 Nr 2 BauNVO, § 7 Abs 2 Nr 3 BauNVO, § 15 Abs 1 BauNVO, § 6 Abs 1 BauGBAG BE, § 13 Abs 1 BauGBAG BE, § 2 Abs 4 Nr 8 BauO BE, § 2 Abs 4 Nr 18 BauO BE, § 65 BauO BE, § 67 Abs 2 S 2 Nr 1 BauO BE, § 70 Abs 3 BauO BE, § 71 BauO BE, § 13 Abs 3 BauVerfV BE 2006, § 14 Abs 3 BauVerfV BE 2006 |
Auf die Berufung der Klägerin wird unter Änderung des dem Beklagten am 31. Mai 2010 und der Klägerin am 3. Juni 2010 zugestellten Urteils des Verwaltungsgerichts Berlin festgestellt, dass der Beklagte
1. bei Inkrafttreten der Verordnung über die Veränderungssperre 7-50 B/61 im Bezirk Tempelhof-Schöneberg, Ortsteil Schöneberg, am 1. Oktober 2011 und
2. seit dem 13. Februar 2008 bis zum 30. September 2011
verpflichtet war, den Antrag der Klägerin vom 30. April 2007 auf Erteilung einer Baugenehmigung erneut zu bescheiden.
Die Gebührenfestsetzung im Widerspruchsbescheid der Senats-verwaltung für Stadtentwicklung vom 16. Juli 2008 wird aufgehoben.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Hinzuziehung des Bevollmächtigten der Klägerin im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin zu 5/6 und der Beklagte zu 1/6.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird in Bezug auf die Entscheidung über den Hauptantrag zu 1. zugelassen.
Die Klägerin erstrebt eine Baugenehmigung zur Nutzungsänderung der oberen Geschosse des Gebäudes Kurfürstenstraße 150/151, Ecke Potsdamer Straße 124/126 in einen bordellartigen Betrieb bzw. hilfsweise die Feststellung, dass ihr vor Inkrafttreten der von dem Beklagten inzwischen erlassenen Veränderungssperre ein Anspruch auf Neubescheidung ihres Bauantrags zustand.
Die Klägerin ist Mieterin des zweiten bis fünften Obergeschosses des auf dem genannten Grundstück befindlichen Gebäudes, das bis zu sieben Geschosse aufweist. Im Erdgeschoss sowie im ersten Obergeschoss dieses Gebäudes ist u.a. das Erotikfachgeschäft L... mit angeschlossenem Kino untergebracht. Das Gebäude wurde in den Jahren 1963/1964 von der Firma W... errichtet, die es bis 1995 als Hauptverkaufsstelle nutzte.
In unmittelbarer Nähe des Vorhabengrundstücks findet im Bereich der Potsdamer Straße, der Kürfürsten- und der Frobenstraße sowie der Genthiner Straße Straßenprostitution statt.
Das Vorhabengrundstück und die südlich angrenzenden Grundstücke Potsdamer Straße 128 bis 138 wurden durch den mit Verordnung vom 22. Dezember 1993 (GVBl. 1994 S. 29) festgesetzten Bebauungsplan XI-101u, dessen Geltungsbereich den Block zwischen Kurfürstenstraße, Potsdamer Straße, Bülowstraße und Frobenstraße umfasst, als Kerngebiet ausgewiesen, in dem Wohnungen oberhalb des 1. Vollgeschosses für allgemein zulässig erklärt wurden. Angestoßen durch Pläne der Firma W..., auf dem Vorhabengrundstück ein neues Büro- und Geschäftsgebäude zu errichten, beschloss das damalige Bezirksamt Schöneberg im Jahre 1995 die Aufstellung des Bebauungsplans XI-101u-1. Dieser durch Rechtsverordnung vom 14. Juni 2006 (GVBl. S. 614) festgesetzte Bebauungsplan umfasst neben dem Vorhabengrundstück das westlich angrenzende Grundstück Kurfürstenstraße 148-149, das als allgemeines Wohngebiet ausgewiesen ist, das Grundstück Frobenstraße 27-29, von dem eine Teilfläche als öffentliche Grünfläche mit der Zweckbestimmung öffentlicher Spiel- und Tummelplatz festgesetzt ist, und daneben Flächen der Frobenstraße und der Potsdamer Straße. Das Vorhabengrundstück ist wiederum als Kerngebiet ausgewiesen, wobei durch die Festsetzung von Baugrenzen ein gegenüber den Festsetzungen des Bebauungsplans XI-101u geänderter Baukörper mit bis zu acht Vollgeschossen zugelassen wird. Durch textliche Festsetzungen werden in dem Kerngebiet Spielhallen für unzulässig erklärt. Ferner sind in der ersten Ebene unter der Geländeoberfläche nur Einzelhandelsbetriebe und Tiefgaragen zulässig sowie Wohnungen oberhalb des sechsten Vollgeschosses allgemein zulässig.
Das Gebiet auf der dem Vorhabengrundstück gegenüberliegenden östlichen Seite der Potsdamer Straße wird durch den Baunutzungsplan für Berlin in der Fassung vom 28. Dezember 1960 südlich der Kurfürstenstraße als gemischtes Gebiet (§ 7 Nr. 9 der Bauordnung für Berlin von 1958, im Folgenden: BO 1958) und nördlich der Kurfürstenstraße als Kerngebiet (§ 7 Nr. 12 BO 1958) ausgewiesen. Das Gebiet nördlich der Kurfürstenstraße und westlich der Potsdamer Straße ist durch den Bebauungsplan II-B3 des damaligen Bezirks Tiergarten vom 4. Juni 1996 (GVBl. S. 212) als Kerngebiet festgesetzt. Dieser erklärt im Kerngebiet oberhalb des ersten Vollgeschosses Wohnungen für allgemein und in weiten Bereichen – davon ausgenommen ist u.a. das Eckgrundstück Kurfürstenstraße 30/Potsdamer Straße 120 – oberhalb des zweiten Vollgeschosses für ausschließlich zulässig. Ferner werden im dortigen Kerngebiet Schank- und Speisewirtschaften sowie Vergnügungsstätten für nur ausnahmsweise und nur in bestimmten Geschossen zulässig sowie Spielhallen und die Schaustellung von Personen für allgemein unzulässig erklärt.
Bereits im Dezember 2005 war das Gebäude auf dem Vorhabengrundstück durch das Erotikfachgeschäft L... bezogen worden, welches das Geschäft am 1. Januar 2006 eröffnet hatte.
Mit Antrag vom 30. April 2007, der beim Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg von Berlin am 9. Mai 2007 einging, beantragte die Klägerin eine Baugenehmigung für eine Nutzungsänderung des zweiten bis fünften Obergeschosses des auf dem Vorhabengrundstück befindlichen Gebäudes. In dem Bauantrag wird das Vorhaben als „Laufhaus/Zimmervermietung/bordellähnlicher Betrieb“ bezeichnet. Es ist beabsichtigt, die nach den Plänen vorgesehenen 48 Zimmer an Prostituierte zu vermieten, die jeweils vor den Zimmern auf ihre Kunden warten. Vorgesehen ist eine Öffnungszeit von 11:00 Uhr bis 6:00 Uhr. Der auf dem Grundstück befindliche, westlich an das Gebäude angrenzende Parkplatz soll von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr nicht genutzt werden. Während dieser Zeit wäre das Gebäude nur über den an der Straßenecke Kurfürstenstraße/Potsdamer Straße gelegenen Haupteingang zugänglich.
Das Bezirksamt lehnte den Antrag mit Bescheid vom 28. Januar 2008 ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung mit Widerspruchsbescheid vom 16. Juli 2008 zurück.
Die von der Klägerin hierauf erhobene Verpflichtungsklage hat das Verwaltungsgericht mit dem Beklagten am 31. Mai 2010 und der Klägerin am 3. Juni 2010 zugestellten Urteil abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, das geplante Laufhaus sei in dem durch den Bebauungsplan XI-101u-1 festgesetzten Kerngebiet als sonstiger, nicht wesentlich störender Gewerbebetrieb (§ 7 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO) zwar allgemein zulässig. Das Vorhaben verstoße jedoch gegen das in § 15 Abs. 1 BauNVO verankerte Gebot der Rücksichtnahme. Diese Vorschrift sei zur Beurteilung der Zulässigkeit des Vorhabens heranzuziehen, denn der Bebauungsplan enthalte hinsichtlich der Zulässigkeit prostitutiver Einrichtungen keine abschließende Entscheidung. Auch die nähere Bestimmung der Art der Nutzung, insbesondere durch den Ausschluss von Spielhallen, führe nicht dazu, dass kein oder nur ein sehr geringer Spielraum für eine Feinsteuerung nach § 15 Abs. 1 BauNVO im Baugenehmigungsverfahren bleibe. Das Vorhaben verstoße gegen § 15 Abs. 1 BauNVO, da es zu einem sog. Trading-Down-Effekt, d.h. zu einem durch eine Niveauabsenkung bewirkten Attraktivitätsverlust des gesamten Gebietes mit der Folge der Verdrängung bereits ansässiger Betriebe und der Wohnbevölkerung führen würde. Es widerspreche der Eigenart des Baugebiets (§ 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO), das durch eine gewachsene Verflechtung von kerngebietstypischen Nutzungen und einen für ein Kerngebiet ungewöhnlich hohen Anteil an Wohnnutzungen geprägt sei, die zu erhalten und zu sichern ein wesentliches Anliegen der Bebauungspläne XI-101u und XI-101u-1 sei. Zwar würde es sich bei dem geplanten Laufhaus um das erste Vorhaben dieser Art in dem Baugebiet handeln, jedoch könne das bereits vorhandene Erotikkaufhaus und -kino ebenso wenig außer Betracht bleiben wie die in der Umgebung vorhandene Straßenprostitution. Die Kammer bezweifle zwar, ob es durch das geplante Laufhaus tatsächlich zu dem von dem Beklagten befürchteten Nachzieheffekt, d.h. einer Ausweitung der Straßenprostitution und der Ansiedlung weiterer prostitutiver Einrichtungen und Erotik-Shops kommen würde. Mit dem Laufhaus käme aber insbesondere aufgrund seiner Größe Prostitution in einem Umfang hinzu, der angesichts der bereits vorhandenen Belastung des Baugebiets städtebaulich nicht mehr tragbar sei. Es sei anerkannt, dass eine Konzentration von Bordellbetrieben, sonstigen Einrichtungen des Sex-Gewerbes und Vergnügungsstätten eine Gebietsabwertung auslösen könne. Zudem habe eine Vielzahl der Anwohner bereits deutlich gemacht, im Falle der Realisierung des Laufhauses in eine andere Gegend abwandern zu wollen. Das Vorhaben sei auch nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO unzulässig. Aufgrund der exponierten Lage an der Ecke Kurfürstenstraße/Potsdamer Straße betreffe der Trading-Down-Effekt auch die Umgebung des Baugebiets, nämlich das westlich an das Vorhabengrundstück angrenzende allgemeine Wohngebiet und die auf der gegenüberliegenden Seite der Kurfürstenstraße befindlichen Kern- und Wohngebiete sowie das östlich der Potsdamer Straße gelegene Mischgebiet, die ebenfalls durch eine Nutzungsverflechtung von Gewerbe und Wohnbebauung geprägt seien.
Am 12. April 2011 hat das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg die Aufstellung des Bebauungsplans 7-50B beschlossen, dessen Geltungsbereich u.a. die Grund-stücke beidseits der Potsdamer Straße im Abschnitt zwischen Kurfürsten- und Bülowstraße, darunter auch das Vorhabengrundstück, umfassen soll. Der Aufstellungsbeschluss wurde am 6. Mai 2011 (ABl. S. 816) bekannt gemacht. Der Planentwurf sieht unter anderem vor, das Vorhabengrundstück sowie die südlich daran angrenzenden Grundstücke, ebenso wie die auf der gegenüberliegenden Seite an die Potsdamer Straße angrenzenden Grundstücke als Mischgebiet auszuweisen. Mit Rechtsverordnung vom 27. September 2011 hat das Bezirksamt die Veränderungssperre 7-50B/61 für den Geltungsbereich des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans erlassen. Diese Verordnung ist am 30. September 2011 (GVBl. S. 496) verkündet worden und am Tage nach der Verkündung in Kraft getreten (vgl. § 5).
Mit der vom Senat mit Beschluss vom 1. August 2011 zugelassenen Berufung verfolgt die Klägerin ihre Verpflichtungsklage weiter. Sie hält daran trotz der inzwischen beschlossenen Veränderungssperre fest. Dies begründet sie damit, dass die Zeit einer rechtswidrigen Versagung der Baugenehmigung und einer rechtswidrigen Verzögerung ihrer Erteilung (sog. faktische Zurückstellung) analog § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB auf die Geltungsdauer der Veränderungssperre anzurechnen sei. Da ihr die Baugenehmigung bereits im August oder September 2007, spätestens aber am 28. Januar 2008 – dem Tag, an dem der Beklagte über den Bauantrag entschieden habe, – hätte erteilt werden müssen, sei die Veränderungssperre ihr gegenüber jedenfalls seit dem 29. Januar 2012 hinfällig. Bereits am 29. Januar 2011 wäre die dreijährige Frist nach § 17 Abs. 1 Satz 3 BauGB ihr gegenüber abgelaufen. Besondere, eine Verlängerung rechtfertigende Umstände im Sinne des § 17 Abs. 2 BauGB lägen nicht vor. Jedenfalls sei ihr gegenüber am 29. Januar 2012 die gesetzliche Höchstdauer der Veränderungssperre von vier Jahren verstrichen. Der erneute Erlass einer Veränderungssperre nach § 17 Abs. 3 BauGB komme ebenfalls nicht in Betracht. In der Sache macht die Klägerin geltend, der Bebauungsplan XI-101u-1, durch den das Vorhabengrundstück aus dem bisherigen Bebauungsplan herausgelöst und eine erhebliche Intensivierung der kerngebietstypischen Nutzung unter bewusster Zurückdrängung der Wohnnutzung zugelassen worden sei, lasse als Einzelfallbebauungsplan keinen Raum mehr für eine Feinsteuerung nach § 15 Abs. 1 BauNVO. Unabhängig davon lägen die Voraussetzungen für eine Unzulässigkeit des Vorhabens nach § 15 Abs. 1 BauNVO nicht vor. Unzumutbare Belästigungen oder Störungen im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO stünden nicht in Rede. Aufgrund des An- und Abfahrtsverkehrs sei nicht mit einer die Schwelle der Unzumutbarkeit überschreitenden Verkehrslärmbelastung zu rechnen. Von dem sog. Laufhaus selbst gingen keine Störungen aus. Die Einrichtung widerspreche auch nicht nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets. Dass die Wohnbevölkerung mit kerngebietstypischen Nutzungen konfrontiert werde, habe der Plangeber bereits mit der Zulassung von Wohnungen oberhalb des sechsten Vollgeschosses hingenommen. Schließlich lasse sich die Zulässigkeit des Vorhabens auch nicht mit Blick auf einen zu befürchtenden Trading-Down-Effekt versagen, denn es gebe keine belastbaren Feststellungen oder Erfahrungssätze, die eine entsprechende Prognose tragen könnten. Im Gegenteil seien die Voraussetzungen, unter denen nach der Rechtsprechung ein Trading-Down-Effekt zu befürchten sei, nämlich die konzentrierte Ansiedlung von Vergnügungsstätten in einem Baugebiet, nicht gegeben, da es sich bei dem Vorhaben um die erste prostitutive Einrichtung ihrer Art in der Umgebung handle. Davon abgesehen sei bei der Anwendung des § 15 Abs. 1 BauNVO von der Zweckbestimmung des Kerngebiets auszugehen, weshalb eine Versagung nur dann in Betracht komme, wenn eine Verdrängung anderer Kerngebietsnutzungen drohe. Dies sei nicht der Fall.
Im Berufungsverfahren hat die Klägerin ihre Klage erweitert. Sie begehrt nunmehr hilfsweise zu dem Verpflichtungsbegehren die Feststellung, dass sie vor Inkrafttreten der Veränderungssperre einen Anspruch auf Neubescheidung ihres Bauantrags gehabt habe. Ein entsprechendes Feststellungsinteresse leitet sie aus der Befürchtung, ihr Bauantrag könne unter gleichen Umständen erneut abgelehnt werden, sowie aus der beabsichtigten Geltendmachung von Schadensersatz- und Entschädigungsansprüchen her.
Die Klägerin beantragt,
1. das angefochtene Urteil abzuändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides des Bezirksamts Tempelhof-Schöneberg vom 28. Januar 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung vom 16. Juli 2008 zu verpflichten, ihr die beantragte Nutzungsänderung auf dem Grundstück Kurfürstenstraße 150/151 Ecke Potsdamer Straße 124/126 in ein Laufhaus entsprechend ihres Bauantrags vom 30. April 2007, vervollständigt am 13. August 2007, zu genehmigen,
hilfsweise
festzustellen, dass der Beklagte bei Inkrafttreten der Veränderungssperre 7-50B/61 im Bezirk Tempelhof-Schöneberg, Ortsteil Schöneberg, am 1. Oktober 2011 verpflichtet war, über den Antrag der Klägerin vom 30. April 2007 auf Erteilung einer Baugenehmigung, vervollständigt am 13. August 2007, erneut zu entscheiden,
weiter hilfsweise
festzustellen, dass der Beklagte in der Zeit vom 13. Februar 2008 bis zum 30. September 2011 verpflichtet war, über den Antrag der Klägerin vom 30. April 2007 auf Erteilung einer Baugenehmigung, vervollständigt am 13. August 2007, erneut zu entscheiden,
weiter hilfsweise
den Widerspruchsbescheid der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung vom 16. Juli 2008 insoweit aufzuheben, als darin eine Widerspruchsgebühr in Höhe von 217 Euro festgesetzt wird,
2. die Hinzuziehung der bevollmächtigten Rechtsanwälte für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung abzuweisen.
Er beruft sich gegenüber dem Hauptantrag auf die inzwischen in Kraft getretene Veränderungssperre. Die analoge Anwendung des § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB auf Fälle der sog. faktischen Zurückstellung sei nicht gerechtfertigt, solange die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht beschlossen worden sei und damit die Voraussetzungen für den Erlass einer Veränderungssperre oder eine Zurückstellung gemäß § 15 BauGB nicht vorlägen. Unabhängig davon sei das Vorhaben nach § 15 BauNVO unzulässig. Die hilfsweise gestellten Feststellungsanträge seien deshalb unbegründet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Streitakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge und Aufstellungsvorgänge der Bebauungspläne XI-101u, XI-101u-1 sowie II-B3 verwiesen.
Die zulässige Berufung hat teilweise Erfolg.
I.
Die mit dem Hauptantrag weiterverfolgte zulässige Verpflichtungsklage ist nicht begründet. Die Versagung der Baugenehmigung ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie kann in dem für die Beurteilung ihres Verpflichtungsbegehrens maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren weder die Erteilung der beantragten Baugenehmigung noch eine erneute Entscheidung über ihren darauf gerichteten Antrag beanspruchen (§ 113 Abs. 5 VwGO), denn die von dem Beklagten inzwischen mit Rechtsverordnung vom 27. September 2011 (GVBl. S. 496) erlassene Veränderungssperre 7-50B/61 steht der beabsichtigten Nutzungsänderung entgegen.
1. Die von der Klägerin beabsichtigte Nutzungsänderung wird von der Veränderungssperre erfasst. Das Vorhabengrundstück liegt in dem durch § 1 bestimmten räumlichen Geltungsbereich der Verordnung. Die von der Klägerin beabsichtigte Nutzungsänderung fällt zudem gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 29 BauGB inhaltlich unter die Veränderungssperre. Der Regelungsgehalt dieser Sperre ergibt sich aus § 1 der dazu erlassenen Rechtsverordnung. Dort ist bestimmt, dass in dem räumlichen Geltungsbereich der Verordnung eine „Veränderungssperre gemäß § 14 des Baugesetzbuchs“ eintritt. Diese einschränkungslose Verweisung auf § 14 BauGB ist dahingehend auszulegen, dass damit eine Veränderungssperre mit allen Verbotstatbeständen angeordnet wird, die § 14 BauGB in Absatz 1 als möglich vorsieht. Eine Veränderungssperre dieses Inhalts bewirkt regelmäßig keine unverhältnismäßige Eigentumsbeeinträchtigung. Vielmehr kann davon ausgegangen werden, dass die Sicherung der Planung regelmäßig die Anwendung sowohl der Nummer 1 als auch der Nummer 2 des § 14 Abs. 1 BauGB erfordert, denn die gesetzlich bestimmten Vorhaben sind typischerweise geeignet, ein Sicherungsbedürfnis auszulösen, und der Gemeinde soll nach dem Zweck der Veränderungssperre eine umfassende Sicherung der Planung gewährt werden (vgl. m.w.N. Stock in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand November 2011, § 14 Rn. 69).
2. An der Wirksamkeit der gemäß § 13 Abs. 1 AGBauGB Bln (vgl. § 246 Abs. 2 Satz 1 BauGB) durch Rechtsverordnung des Bezirksamts beschlossenen Veränderungssperre bestehen keine Bedenken.
Der Veränderungssperre lag, wie in § 14 Abs. 1 BauGB vorausgesetzt, ein wirksamer Aufstellungsbeschluss zugrunde (vgl. Beschlüsse des Senats vom 20. Dezember 2010 – OVG 2 S 34.10 – und vom 13. April 2011 – OVG 2 S 20.11 –, juris Rn. 7), nämlich der am 6. Mai 2011 (ABl. S. 816) ortsüblich bekannt gemachte (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB, § 6 Abs. 1 Satz 1 AGBauGB Bln) Beschluss vom 20. April 2011 über die Aufstellung des Bebauungsplans 7-50B. Der in Aufstellung befindliche Bebauungsplan genügt den Anforderungen, die bei Erlass der Veränderungssperre an die zu sichernde Planung zu stellen sind. Insbesondere war das Planungsziel in dem erforderlichen Mindestumfang konkretisiert (vgl. m.w.N. Beschluss des Senats vom 19. Januar 2010 – OVG 2 S 69.09 –, juris Rn. 4) und die beabsichtigte Planung wies keinen schlechterdings nicht behebbaren Mangel auf (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18. Juli 2007 – OVG 12 A 34.05 –, juris Rn. 40).
Dass der Inhalt der Veränderungssperre in der Verordnung nicht ausdrücklich, sondern durch eine Verweisung auf § 14 BauGB geregelt wird, ist im Hinblick auf das rechtsstaatliche Bestimmtheitsgebot nicht zu beanstanden. Zwar wird vielfach eine wörtliche Übernahme der Verbotstatbestände des § 14 Abs. 1 BauGB als empfehlenswert angesehen (vgl. u.a. Lemmel in: Berliner Kommentar zum BauGB, Stand: Mai 2012, § 14 Rn. 13; Stock in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a.a.O., § 16 Rn. 13). Gleichwohl ist eine Verweisung auf § 14 BauGB ausreichend, da der Inhalt der Veränderungssperre danach für die Betroffenen hinreichend bestimmbar ist (a.A. Reidt in: Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, 2004, Rn. 2310). Dafür spricht die allgemeine Anerkennung der Verweisungstechnik in der Rechtsetzung (vgl. Stock, a.a.O., § 16 Rn. 13). Unschädlich ist ferner, dass die Verordnung auf § 14 BauGB insgesamt verweist, nicht aber speziell dessen Absatz 1 in Bezug nimmt. Entscheidend ist vielmehr, dass die Verweisung auch die Regelung des § 14 Abs. 1 BauGB zum möglichen Inhalt der Veränderungssperre zum Gegenstand hat.
3. Die Veränderungssperre ist nicht in entsprechender Anwendung des § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB gegenüber der Klägerin unwirksam geworden.
Die Klägerin beruft sich zwar darauf, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts der Zeitraum, der nach angemessener Bearbeitungsfrist dadurch vergeht, dass ein Bauantrag nicht hinreichend zügig bearbeitet, sonst verzögert oder rechtswidrig abgelehnt wird (sog. faktische Zurückstellung), in entsprechender Anwendung des § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB auf die Geltungsdauer der Veränderungssperre anzurechnen ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 11. November 1970 – IV C 79.68 –, NJW 1971, S. 445, und vom 10. September 1976 – IV C 39.74 –, juris Rn. 43, Beschlüsse vom 27. April 1992 – 4 NB 11.92 –, juris Rn. 19, und vom 5. Mai 2011 – 4 B 12.11 –, juris Rn. 3). Daran anknüpfend macht sie geltend, da ihrem Bauantrag schon vor mehr als vier Jahren hätte stattgegeben werden müssen, sei dieser Zeitraum ihr gegenüber in Anrechnung zu bringen.
Der vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellte Grundsatz der entsprechenden Anwendbarkeit des § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB bedarf jedoch einer Differenzierung (vgl. OVG Berlin, Beschluss vom 3. Januar 1991 – 2 A 10.90 –, BRS 52 Nr. 85; Grauvogel in: Brügelmann, BauGB, Stand: Februar 2012, § 17 Rn. 8; Schenke in: Wirtschaft und Verwaltung 1994, S. 253, 287 ff.; generell ablehnend Gaentzsch in: ders., BauGB, 1991, § 17 Rn. 3). Er wird damit begründet, dass faktische Zurückstellungen eine gleichartige Wirkung wie eine förmliche Zurückstellung erreichten und die Interessenlage in beiden Fällen übereinstimme. Der qualitative Unterschied zwischen einer rechtmäßigen Zurückstellung und einer rechtswidrigen Verzögerung stehe einer Analogie nicht entgegen. Vielmehr müsse sich die Verwaltung, wenn sie sich zulässige Verzögerungen anrechnen lassen müsse, „erst recht“ Verzögerungen, die sie rechtswidrig erreicht habe, anrechnen lassen. Andernfalls könnten die Rechtsfolgen einer förmlichen Zurückstellung unschwer unterlaufen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. November 1970, a.a.O.). Für die entsprechende Anwendung des § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB wird außerdem angeführt, dass die Anrechnung von Zeiten faktischer Zurückstellung eine Entschädigung „in Zeit“ darstelle, die dem verfassungsrechtlich gebotenen Vorrang des Primärrechtsschutzes (Wiederherstellung rechtmäßiger Zustände anstelle einer bloßen Entschädigung in Geld) entspreche (vgl. etwa Lemmel in: Berliner Kommentar, a.a.O., § 17 Rn. 5 unter Hinweis auf Berkemann in: Festschrift für Weyreuther, S. 389, 416 f.).
Diese Erwägungen tragen jedoch den Unterschieden zwischen dem gesetzlich geregelten Fall der förmlichen Zurückstellung und den möglichen Konstellationen der faktischen Zurückstellung nicht hinreichend Rechnung. Die in § 15 BauGB geregelte Zurückstellung setzt als Instrument zur Sicherung der Bauleitplanung voraus, dass eine Veränderungssperre nicht beschlossen wird, obwohl ihre Voraussetzungen gegeben sind, d.h. nach § 14 Abs. 1 BauGB insbesondere ein Beschluss zur Aufstellung eines Bebauungsplans vorliegt, oder dass eine beschlossene Veränderungssperre noch nicht in Kraft getreten ist. Die sog. faktische Zurückstellung umfasst dagegen auch Fälle, in denen ein Beschluss zur Aufstellung eines Bebauungsplans nicht getroffen wurde und ein Bauantrag aus anderen Gründen als zur Sicherung einer beabsichtigten Bauleitplanung nicht beschieden oder abgelehnt wurde. Eine entsprechende Anwendung der Anrechnungsvorschrift auf diese Fälle überschritte die Grenzen der zulässigen Analogie, denn die gesetzliche Regelung würde hiermit auf einen dem gesetzlich vorausgesetzten Sachverhalt nicht hinreichend ähnlichen Fall ausgedehnt. Daran ändert das an sich überzeugungskräftige Argument nichts, die Rechtsfolgen einer zulässigen Verzögerung müssten die Gemeinde erst recht im Falle einer rechtswidrigen Verzögerung treffen, denn es geht daran vorbei, dass in § 15 BauGB nur der Fall einer vor dem Hintergrund eines Planaufstellungsbeschlusses ausgesprochenen Zurückstellung und damit ein besonderer Fall der zulässigen Verzögerung des Bauvorhabens geregelt ist. Für die Anwendung des § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB auf Fälle, in denen noch kein Aufstellungsbeschluss vorlag und auch sonst noch keine greifbare Planungsabsicht bestand, hätte es deshalb im Hinblick auf die damit verbundenen Folgen für die kommunale Planungshoheit, die so weit gehen können, dass die Gemeinde eine beabsichtigte Planung gegenüber einzelnen Vorhaben möglicherweise nicht mehr durch eine Veränderungssperre absichern kann, einer gesetzlichen Regelung bedurft. Nichts anderes ergibt sich aus der Erwägung, die Anrechnungsvorschrift trage dem verfassungsrechtlichen Gebot Rechnung, Eigentumsbeeinträchtigungen in erster Linie real auszugleichen, denn es bedarf unter dem Gesichtspunkt des Gesetzesvorbehalts einer gesetzlichen Entscheidung, inwieweit sich der eigentumsrechtliche Grundsatz des Vorrangs der Realrestitution bei rechtswidrig verzögerter oder versagter Baugenehmigung gegenüber der gleichfalls verfassungsrechtlich verankerten gemeindlichen Planungshoheit durchsetzen soll. Darüber hinaus weisen die Fälle, in denen die in den §§ 14 und 15 BauGB aufgestellten gesetzlichen Voraussetzungen für eine Veränderungssperre nicht vorliegen und die Baugenehmigung aus anderen Gründen als zur Sicherung einer Planung verzögert oder versagt wurde, durchaus eine andere Interessenlage auf. So besteht die als Argument für die entsprechende Anwendung des § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB herangezogene Umgehungsgefahr nur in den Fällen, in denen die faktische Bauverhinderung der Sicherung von Planungsabsichten dienen soll, die als Ziele der Planung bei Vorliegen der in den §§ 14 und 15 BauGB aufgestellten gesetzlichen Voraussetzungen durch eine Veränderungssperre oder eine förmliche Zurückstellung gesichert werden können (vgl. OVG Berlin, Beschluss vom 3. Januar 1991, und Grauvogel, jeweils a.a.O.). Hinzu kommt, dass bei einer förmlichen Zurückstellung die der Gemeinde aufgrund der Anrechnungsvorschrift drohenden Rechtsfolgen zeitlich kalkulierbar sind, so dass sie sich im Hinblick auf das zurückgestellte Bauvorhaben der Notwendigkeit einer zügigen Durchführung des Planaufstellungsverfahrens bewusst sein muss. Davon unterscheidet sich der Fall, dass der Bauantrag aus anderen Gründen als zur Sicherung einer beabsichtigten Planung abgelehnt wurde und die Gemeinde keinen Anlass für die Einleitung und gar beschleunigte Durchführung eines Planaufstellungsverfahrens gesehen hat, weil sie ohnehin von der Unzulässigkeit des Bauvorhabens ausging. In diesem Fall ist den Interessen der Gemeinde regelmäßig ein stärkeres Gewicht beizumessen als bei einer förmlichen Zurückstellung. Eine analoge Anwendung der Anrechnungsvorschrift erscheint in diesen Fällen, mit Ausnahme von greifbaren Missbrauchsfällen, grundsätzlich nicht gerechtfertigt.
Hiervon ausgehend scheidet eine entsprechende Anwendung der Anrechnungsvorschrift des § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB hier aus. Die Voraussetzungen für eine förmliche Zurückstellung und den Erlass einer Veränderungssperre lagen frühestens mit der Bekanntmachung des Aufstellungsbeschlusses am 6. Mai 2011 vor. Der seitdem bis zum Inkrafttreten der Veränderungssperre am 1. Oktober 2011 verstrichene Zeitraum von etwas weniger als fünf Monaten hätte im Falle einer Anrechnung entsprechend § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB nicht zur Folge, dass die Veränderungssperre gegenüber der Klägerin im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 7. Juni 2012 nicht mehr wirksam wäre. Ein davor liegender Zeitraum einer faktischen Zurückstellung ist – ohne dass an dieser Stelle entschieden werden muss, ob die Baugenehmigung zu Unrecht versagt oder ihre Erteilung rechtswidrig verzögert wurde – nicht entsprechend § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB anzurechnen. Dem steht vielmehr entgegen, dass vor dem 6. Mai 2011 noch kein wirksamer Planaufstellungsbeschluss vorlag und die Versagung der Baugenehmigung auf anderen Gründen als dem Zweck der Sicherung einer Bauleitplanung beruht. Vielmehr ging der Beklagte – zuletzt gestützt durch das Urteil des Verwaltungsgerichts – davon aus, das Bauvorhaben sei gemäß § 15 BauNVO unzulässig. Es liegt auch kein greifbarer Fall eines Missbrauchs der faktischen Zurückstellung vor, der ausnahmsweise eine analoge Anwendung des § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB selbst bei fehlender Absicht der Sicherung einer Planaufstellung rechtfertigen könnte.
II.
Erfolg hat dagegen der auf die Feststellung eines Neubescheidungsanspruchs bei Wirksamwerden der Veränderungssperre gerichtete erste Hilfsantrag der Klägerin.
1. Der Antrag ist als Fortsetzungsfeststellungsantrag in entsprechender Anwendung von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft. Diese auf Anfechtungsklagen zugeschnittene Vorschrift ist auf Verpflichtungsklagen entsprechend anwendbar (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2011 – 4 C 10.10 –, juris Rn. 7, st. Rspr.; w.N.b. Gerhardt, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand: September 2011, § 113 Rn. 100). Der Übergang von einer Verpflichtungs- zu einer Fortsetzungsfeststellungsklage stellt dabei keine an den Voraussetzungen des § 91 VwGO zu messende Klageänderung dar (vgl. u.a. BVerwG, Urteil vom 12. September 1989 – 1 C 40.88 –, juris Rn. 9; Urteil vom 21. Dezember 2010 – 7 C 23.09 –, juris Rn. 47; Gerhardt, a.a.O., § 113 Rn. 79).
Die weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen liegen ebenfalls vor (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. April 1999 – 4 C 4.98 –, juris Rn. 9):
a) Die Verpflichtungsklage war zulässig.
b) Das Verpflichtungsbegehren der Klägerin hat sich mit Wirksamwerden der Verordnung über die Veränderungssperre 7-50B/61 erledigt. Die Erledigung einer Verpflichtungsklage ist anzunehmen, wenn das Verpflichtungsbegehren nach Klageerhebung aus dem Kläger nicht zurechenbaren Gründen unzulässig oder unbegründet wurde, also das Rechtsschutzziel aus Gründen, die nicht in der Einflusssphäre des Klägers liegen, nicht mehr zu erlangen ist, etwa weil eine nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage zum Erlöschen des mit der Klage geltend gemachten Anspruchs führt (vgl. m.w.N. BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2011 – 4 C 10.10 –, juris Rn. 7). Dies ist hier der Fall, da die Veränderungssperre, wie oben dargelegt, zur Folge hat, dass eine Baugenehmigung gegenwärtig nicht mehr beansprucht werden kann.
c) Die Frage, ob die Klägerin im Zeitpunkt des Erledigungseintritts einen Anspruch auf erneute Entscheidung über ihren Bauantrag hatte, stellt ein klärungsfähiges Rechtsverhältnis dar. Streitgegenstand einer Fortsetzungsfeststellungsklage nach erledigter Verpflichtungsklage ist, ob die Verpflichtungsklage im Zeitpunkt der Erledigung Erfolg gehabt hätte (vgl. Gerhardt, a.a.O., § 113 Rn. 103, unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 24. Januar 1992 – 7 C 24.91 –; Wolff in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 113 Rn. 314). Bei fehlender Spruchreife kann sich die Feststellung auch darauf richten, dass der Beklagte zur Bescheidung verpflichtet war (vgl. Gerhardt, a.a.O., Rn. 103).
d) Die Klägerin besitzt das nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erforderliche berechtigte Interesse an der beantragten Feststellung. Es ergibt sich jedenfalls aus der von der Klägerin bei Inkrafttreten des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans 7-50B beabsichtigten Geltendmachung eines verschuldensunabhängigen Entschädigungsanspruchs nach § 39 BauGB. Die Geltendmachung eines solchen Anspruchs ist nicht offensichtlich aussichtslos. Davon wäre nur dann auszugehen, wenn ohne eine ins Einzelne gehende Prüfung erkennbar wäre, dass der Anspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt besteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2004 – 4 C 1.03 –, juris Rn. 21; Urteil vom 21. Dezember 2010 – 7 C 23.09 –, juris Rn. 50). Das ist nicht der Fall. Unschädlich ist dabei, dass der Anspruch von zusätzlichen Voraussetzungen abhängt, deren Eintritt noch ungewiss, aber nicht ausgeschlossen ist. Ob ein berechtigtes Interesse auch unter einem anderen der von der Klägerin geltend gemachten Gesichtspunkte gegeben wäre, bedarf unter diesen Umständen keiner Entscheidung.
2. Der Feststellungsantrag ist begründet. Die von der Klägerin beantragte Baugenehmigung hätte nicht mit der Begründung versagt werden dürfen, das Vorhaben sei nach § 15 BauNVO unzulässig (dazu nachfolgend unter a). Der Klägerin stand daher bei Inkrafttreten der Veränderungssperre ein Anspruch auf (erneute) Entscheidung über ihren Bauantrag zu. Der Beklagte wäre jedenfalls bis zu diesem Zeitpunkt verpflichtet gewesen, die Sache hinsichtlich der noch fehlenden bauaufsichtlichen Prüfung des Brandschutznachweises spruchreif zu machen und auf dieser Grundlage über die Erteilung der Baugenehmigung zu entscheiden (dazu nachfolgend unter b).
Die Voraussetzungen für die Erteilung der beantragten Baugenehmigung ergeben sich aus den §§ 71 und 65 BauO Bln. Nach § 71 Abs. 1 BauO Bln ist die Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Bauvorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind. Das Prüfprogramm richtete sich hier nach § 65 BauO Bln, da das Vorhaben ein Sonderbauvorhaben darstellt. Dies ergibt sich jedenfalls aus § 2 Abs. 4 Nr. 18 BauO Bln, da die von der Klägerin beabsichtigte Nutzung, insbesondere unter dem Gesichtspunkt des Brandschutzes, mit vergleichbaren Gefahren verbunden ist wie eine nach § 2 Abs. 4 Nr. 8 BauO Bln als Sonderbau zu qualifizierende Beherbergungsstätte mit mehr als 12 Betten. Zu prüfen waren insbesondere die Übereinstimmung mit den Vorschriften über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit nach den §§ 29 bis 38 BauGB (§ 65 Satz 1 Nr. 1 BauO Bln) sowie die Anforderungen der Bauordnung für Berlin und der auf ihrer Grundlage erlassenen Vorschriften (§ 65 Satz 1 Nr. 2 BauO Bln).
a) Die beabsichtigte Nutzungsänderung in einen bordellartigen Betrieb in der Form eines Laufhauses mit 48 Zimmern war vor Inkrafttreten der Veränderungssperre bauplanungsrechtlich zulässig.
aa) Das Vorhaben ist mit den Festsetzungen des gemäß § 30 Abs. 1 BauGB insoweit maßgeblichen Bebauungsplans XI-101u-1 vereinbar. Dieser mit Rechtsverordnung vom 14. Juni 2006, bekannt gemacht im Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin vom 24. Juni 2006 (S. 614), festgesetzte Bebauungsplan ist im Hinblick auf die Planerhaltungsvorschriften der §§ 214, 215 BauGB als wirksam zugrundezulegen.
Das Vorhaben gehört zu den in einem Kerngebiet allgemein zulässigen Nutzungen, da es entweder als Vergnügungsstätte (§ 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO) oder als sonstiger nicht wesentlich störender Gewerbebetrieb (§ 7 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO) anzusehen ist. Die bisher nicht abschließend geklärte Frage, ob Prostitutionseinrichtungen im Rahmen des § 7 Abs. 2 BauNVO als Vergnügungsstätten oder sonstige Gewerbebetriebe einzuordnen sind (vgl. Stühler, BauR 2010, S. 1013, 1020 ff.), bedarf im vorliegenden Verfahren keiner Entscheidung, denn das Vorhaben der Klägerin ist jedenfalls als sonstiger nicht wesentlich störender Gewerbebetrieb (§ 7 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO) anzusehen. Als Maßstab für eine wesentliche Störung ist dabei, wie bereits vom Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt worden ist, auf die Zweckbestimmung des Kerngebiets abzustellen, wie sie sich aus der entsprechenden Baugebietsvorschrift der Baunutzungsverordnung und der Funktion ergibt, die dem Baugebiet im Verhältnis zu den anderen Baugebieten der Baunutzungsverordnung zukommt. Kerngebiete im Sinne des § 7 BauNVO sind Gebiete für zentrale Funktionen in der Stadt mit vielfältigen Nutzungen sowie einem urbanen Angebot an Gütern und Dienstleistungen für Besucher der Stadt und für die Wohnbevölkerung eines größeren Einzugsbereichs. Der Charakter von Kerngebieten wird u.a. durch die allgemeine Zulässigkeit von Vergnügungsstätten gekennzeichnet (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Juli 1988 – 4 B 119.88 –, juris Rn. 3). Vorausgesetzt werden dabei von der Baunutzungsverordnung im Hinblick auf die Funktion des Kerngebiets gerade solche Vergnügungsstätten, die für ein größeres und allgemeines Publikum erreichbar sein sollen (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. November 1983 – 4 C 64.79 –, juris Rn. 11). Zwar dienen Kerngebiete in beschränktem Umfang auch dem Wohnen (vgl. § 7 Abs. 2 Nr. 7, Abs. 3 Nr. 2 und Abs. 4 BauNVO). Das Wohnen tritt aber zurück, und zwar sowohl nach Umfang und Gewicht gegenüber den anderen Nutzungen als auch in dem, was ihm im Hinblick auf die Standortanforderungen und die Auswirkungen der „zentralen“ Kerngebietsnutzungen an passiver Rücksichtnahme zuzumuten ist. In Abgrenzung von der Funktion anderer Baugebiete hat die im Kerngebiet zulässige Wohnnutzung ein Mehr an Beeinträchtigungen der Wohnruhe, nämlich gerade die typischerweise von zentralen innerstädtischen Funktionen auch in den Abend- und Nachtstunden ausgehenden Beeinträchtigungen, hinzunehmen als die Wohnnutzung in Gebieten, die vorwiegend oder – wie im Mischgebiet im Verhältnis zur gewerblichen Nutzung – gleichrangig dem Wohnen dienen (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. November 1983 – 4 C 64.79 –, juris Rn. 11).
Hieran gemessen steht das Vorhaben der Klägerin nicht im Widerspruch zum Gebietscharakter eines Kerngebiets. Ein bordellähnlicher Betrieb in der Form eines Laufhauses kann nach der von der Rechtsprechung bei der Zuordnung von Nutzungen zu einzelnen Baugebieten regelmäßig zugrundegelegten typisierten Betrachtungsweise (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. November 1983 – 4 C 21.83 –, juris Rn. 12; Beschluss vom 28. Juli 1988, a.a.O., Rn. 2; w.N.b. Stühler, a.a.O., S. 1024) nicht als wesentlich störend im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO angesehen werden, denn die von einer solchen Einrichtung typischerweise zu erwartenden Nachteile und Belästigungen, vor allem der Lärm des Zu- und Abgangsverkehrs und die zu erwartende sonstige „milieubedingte Unruhe“ bis hin zu „milieubedingter Begleitkriminalität“ erreichen die damit vorausgesetzte Schwelle der Erheblichkeit nicht. Insbesondere führen die möglichen Konflikte mit einer im Kerngebiet vorhandenen Wohnnutzung, anders als bei Wohn- und Mischgebieten, wegen der geringeren Schutzwürdigkeit der Wohnnutzung im Kerngebiet und gemessen an dem möglichen Spektrum der dort für allgemein zulässig erklärten Vergnügungsstätten, die, wie etwa eine Diskothek oder Vergnügungsstätten mit sexuellem Bezug, vergleichbar belastende Auswirkungen, namentlich auch zur Nachtzeit, haben können, regelmäßig nicht zur Gebietsunverträglichkeit. Nichts anderes ergibt sich bei der nach Ansicht des Verwaltungsgerichts vorzunehmenden Gesamtschau der bauplanungsrechtlich relevanten Auswirkungen, bei der unter Berücksichtigung des Betriebskonzepts und der Betriebsgröße des Vorhabens der Klägerin auf die konkret zu erwartenden Nachteile abzustellen ist. Denn wie das Verwaltungsgericht dargelegt hat, lassen die von ihm eingeholten Erfahrungsberichte der Polizei- und Ordnungsbehörden anderer Städte, insbesondere bezüglich der Kriminalität, keine Auswirkungen auf die Umgebung befürchten, die über die Auswirkungen anderer in einem Kerngebiet zulässigen Anlagen hinausgehen. Auch der angesichts des Betriebsumfangs zu erwartende Zu- und Abfahrtsverkehr übersteigt voraussichtlich nicht den Rahmen des in einem Kerngebiet zu erwartenden.
bb) Das Vorhaben ist nicht nach § 15 BauNVO unzulässig. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO sind die in den §§ 2 bis 14 BauNVO aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Dasselbe gilt gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO u.a., wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind.
§ 15 BauNVO ist eine die Festsetzungen des jeweiligen Bebauungsplans ergänzende Vorschrift, die es ermöglicht, sich aus der Verwirklichung der Festsetzungen ergebende einzelne Konflikte erst im Baugenehmigungsverfahren zu lösen. Dabei ist anerkannt, dass für eine Konfliktlösung im Baugenehmigungsverfahren nur Raum ist, wenn der Bebauungsplan für sie noch offen ist. Nur soweit der Bebauungsplan selbst keine abschließende planerische Entscheidung enthält, ermöglicht § 15 BauNVO eine Nachsteuerung im Baugenehmigungsverfahren. Die Vorschrift erlaubt es dagegen nicht, die Festsetzungen des Bebauungsplans zu korrigieren (vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. März 1989, a.a.O., juris Rn. 8).
(1) Der Anwendung von § 15 BauNVO steht nicht bereits entgegen, dass der Plangeber mit der Festsetzung eines Kerngebiets gerade beabsichtigte, ein Vorhaben der von der Klägerin geplanten Art zuzulassen. Anlass für die Planaufstellung war die von dem früheren Eigentümer des Vorhabengrundstücks ursprünglich geplante Neubebauung mit einem Büro- und Geschäftshaus. Die Ausweisung des Grundstücks als Kerngebiet lässt mit Ausnahme der durch die textliche Festsetzung Nr. 1 ausgeschlossenen Spielhallen die ganze Bandbreite der in einem Kerngebiet zulässigen gewerblichen Nutzungen zu. Die Zulassung eines Bordells oder bordellähnlichen Betriebs war weder das Ziel der Planung, noch ist sie überhaupt erwogen worden. Ebenso wenig lässt sich dem festgesetzten Ausschluss von Spielhallen – wie die Klägerin meint – im Wege des Umkehrschlusses eine Zulassung bordellähnlicher Betriebe entnehmen.
(2) Ein Rückgriff auf § 15 BauNVO ist dem Beklagten jedoch verwehrt, soweit die Unzulässigkeit des Vorhabens damit begründet wird, es komme durch das Zusammentreffen des geplanten Laufhauses mit dem bereits vorhandenen Erotikkaufhaus und -kino sowie der Straßenprostitution zu einer störenden Häufung des Prostitutionsgewerbes und sonstiger Einrichtungen des Sex-Gewerbes und damit zu einer der planerischen Konzeption widersprechenden Strukturveränderung in Richtung auf einen „Rotlichtbezirk“, die zulasten der Wohn- und Einzelhandelsnutzung geht.
(a) Aus der die Planung lediglich sichernden und ergänzenden nicht aber plankorrigierenden oder planersetzenden Funktion des § 15 BauNVO folgt, dass der Anwendungsbereich dieser Vorschrift nur eröffnet ist, wenn der Bebauungsplan bestimmte Konflikte im Hinblick auf das Gebot der Konfliktbewältigung rechtmäßigerweise offen lassen durfte, es also zulässig war, ihre Lösung auf die Ebene des Planvollzugs zu verlagern. Das Gebot der Konfliktlösung, abgeleitet aus dem Abwägungsgebot (§ 1 Abs. 7 BauGB), verlangt, dass die der Bebauungsplanung zuzurechnenden Konflikte zwischen den von der Planung berührten Belangen grundsätzlich auch durch Festsetzungen im Bebauungsplan einer Lösung zugeführt werden müssen (vgl. Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a.a.O., § 15 BauNVO Rn. 7). Zwar kann ein Bebauungsplan als Ausdruck „planerischer Zurückhaltung“ den von der Planung Betroffenen ein gesteigertes Maß an Gestaltungsmöglichkeiten belassen und die Lösung bzw. den Ausgleich bestimmter Interessenkonflikte, die aufgrund von Festsetzungen des Bebauungsplans im Einzelfall auftreten können, z.B. dem Baugenehmigungsverfahren auf der Grundlage von § 15 BauNVO überlassen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. März 1989 – 4 NB 8.89 –, juris Rn. 7). Anders verhält es sich jedoch, soweit es um Konflikte und Belange geht, die zum notwendigen Abwägungsprogramm auf der Ebene der Bauleitplanung gehören. In diesen Fällen liefe es auf eine unzulässige Korrektur des Planes hinaus, wenn die mit den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten oder zulasten dieser Belange getroffene Entscheidung über die Anwendung des § 15 BauNVO auf der Ebene des Planvollzugs geändert würde. Betroffenheiten, die der Plangeber in den Blick nehmen musste, weil sie zum notwendigen Abwägungsprogramm gehören und die sich als eine typische planbedingte Folge darstellen, können nicht mehr Gegenstand einer Nach- bzw. Feinsteuerung durch die Anwendung des § 15 BauNVO sein, denn sie sind durch die getroffene Abwägungsentscheidung im Umfang der getroffenen Festsetzungen gleichsam aufgezehrt (vgl. OVG Nordrh.-Westf., Beschluss vom 4. Juni 1998 – 10 A 1318.97 –, juris Rn. 35, und Urteil vom 2. März 1999 – 10 A 64911.96 –, juris Rn. 18; BVerwG, Beschluss vom 27. Dezember 1984 – 4 B 278.84 –, juris Rn. 2; Ziegler in Brügelmann, BauGB, a.a.O., § 15 BauNVO Rn. 12). § 15 Abs. 1 BauNVO stellt keinen Ersatz für eine ordnungsgemäße Bauleitplanung dar, sondern dient der Erfassung und Bewältigung atypischer Fälle auf der Ebene des Planvollzugs (vgl. Söfker, a.a.O.).
(b) Das Vorhaben gehört – wie bereits ausgeführt worden ist – zu den in einem Kerngebiet allgemein zulässigen Nutzungen mit der Folge, dass im Planungsverfahren abzuwägen war, ob die Auswirkungen eines solchen Betriebes, soweit er sich nach Art und Umfang im Rahmen des in einem Kerngebiet typischerweise zu Erwartenden hält, im Verhältnis zu den übrigen, insbesondere den angrenzenden Nutzungen, hinzunehmen sind.
Die durch das Zusammentreffen des Laufhauses mit dem bereits vorhandenen Erotikkaufhaus und -kino sowie der Straßenprostitution möglichen Nutzungskonflikte mussten bei der Festsetzung des Bebauungsplans XI-101u-1 zum Gegenstand der Abwägung gemacht und durften nicht auf das Baugenehmigungsverfahren verlagert werden. Die insoweit mögliche Konfliktsituation lag bereits bei der Festsetzung des Bebauungsplans auf der Hand. Der Plangeber musste die Folgen der Ausweisung eines Kerngebiets für das Vorhabengrundstück bereits im Rahmen der dem Bebauungsplan zugrunde liegenden Abwägung berücksichtigen und bewältigen. Dies gilt speziell für die Folgen, die sich daraus ergeben, dass der Bebauungsplan die Wohnnutzung und die kerngebietstypische Nutzung in mehrfacher Hinsicht unmittelbar nebeneinander zulässt, nämlich zum einen durch die im Kerngebiet oberhalb des sechsten Vollgeschosses zugelassene Wohnnutzung, zum anderen im Hinblick auf die im südlich angrenzenden Bereich des Bebauungsplans XI-101u oberhalb des ersten Vollgeschosses für zulässig erklärte Wohnnutzung und schließlich durch die Festsetzung des westlich an das Kerngebiet angrenzenden allgemeinen Wohngebiets. Ein Hauptanwendungsfall des aus dem Abwägungsgebot abzuleitenden Gebots der Konfliktlösung betrifft die Festsetzung unterschiedlicher, möglicherweise nicht oder nicht ohne weiteres miteinander verträglicher Nutzungen in Nachbarschaft zueinander, wobei die Pflicht zur Lösung der durch die Planung selbst aufgeworfenen Konflikte größer ist als die bereits vorgefundener Konflikte (vgl. Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a.a.O., § 15 BauNVO Rn. 7). Dem Plangeber war zudem bei der Aufstellung des Bebauungsplans bekannt, dass die nähere Umgebung des als Kerngebiet ausgewiesenen Vorhabengrundstücks bereits seit Jahrzehnten in wechselndem Ausmaß durch die dort betriebene Straßenprostitution mit entsprechenden Belastungen für die Wohnnutzung geprägt war. Bei der Festsetzung des Bebauungsplans im Juni 2006 war zudem erkennbar, dass das Vorhabengrundstück schon seit Anfang des Jahres 2006 durch das Erotikkaufhaus und -kino L... genutzt wurde. Die Bewältigung der sich aus dem Hinzutreten eines aufgrund der Ausweisung als Kerngebiet zulässigen Bordells möglicherweise ergebenden Konflikte durfte unter diesen Umständen nicht auf das nachfolgende Baugenehmigungsverfahren verlagert werden. Von einer abschließenden Konfliktbewältigung im Bebauungsplan darf der Plangeber nur dann Abstand nehmen, wenn bei vorausschauender Betrachtung die Durchführung der als notwendig erkannten Maßnahmen zur Konfliktlösung außerhalb des Planungsverfahrens auf der Stufe der Verwirklichung der Planung sichergestellt ist (st. Rspr. d. BVerwG, vgl. u.a. Beschluss vom 21. Dezember 2011 – 4 B 14.11 –, juris Rn. 13 m.w.N.).
Der Anwendungsbereich des § 15 Abs. 1 BauNVO ist nur eröffnet, wenn bei einem Vorhaben aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalles ein qualifizierter Ausnahmefall vorliegt, nicht aber, wenn sich bereits aus der Verwirklichung eines nach den Baugebietsvorschriften der Baunutzungsverordnung generell zulässigen Vorhabens – ohne hinzutretende atypische Besonderheiten – ein Nutzungskonflikt ergibt. In diesen Fällen kommt eine Konfliktlösung nur auf der Ebene des Bebauungsplans, nämlich durch den Ausschluss einzelner nach der Baunutzungsverordnung allgemein zulässiger Nutzungsarten oder -unterarten (vgl. § 1 Abs. 5 und 9 BauNVO) in Betracht. Vorliegend hätte der Plangeber deshalb bei der Aufstellung des Bebauungsplans den möglichen Ausschluss von Vergnügungsstätten und anderer Gewerbebetriebe mit sexuellem Bezug, namentlich von Bordellen und bordellähnlichen Einrichtungen erwägen müssen (vgl. zur Zulässigkeit des Ausschlusses derartiger Nutzungen nach § 1 Abs. 5 und 9 BauNVO Stühler, a.a.O., S. 1015). Die gleichwohl getroffene Ausweisung eines Kerngebiets ohne derartige Einschränkungen hat zur Folge, dass die mit der Festsetzung eines Kerngebiets planbedingt vorgegebenen typischen Betroffenheiten bei der Anwendung des § 15 BauNVO nicht mehr zulasten eines zur Genehmigung stehenden Vorhabens berücksichtigt werden können.
Dem lässt sich nicht entgegenhalten, bei der Festsetzung des Bebauungsplans XI-101u-1 sei dem Plangeber ein konkretes Vorhaben, auf dem Grundstück einen bordellartigen Betrieb anzusiedeln, noch nicht bekannt gewesen. Angesichts der konkreten Umstände hätte es sich vielmehr aufgedrängt, auch eine solche Entwicklung in Erwägung zu ziehen. Der Plangeber muss die aufgrund geplanter Festsetzungen des Bebauungsplans zu erwartenden Nutzungskonflikte in den Blick nehmen, was eine sorgfältige Analyse des Bestandes und eine Prognose der zukünftigen Entwicklung voraussetzt (vgl. zum Trennungsgebot BVerwG, Beschluss vom 8. März 2010 – 4 B 76.09 –, juris Rn. 7). Hier lag eine mögliche Ansiedlung weiterer Betriebe des „Rotlichtgewerbes“ im Hinblick auf die das Gebiet prägende Straßenprostitution und das auf dem Grundstück bereits angesiedelte Erotikkaufhaus und -kino durchaus nahe. Hinzu kam, dass das ursprüngliche Bauvorhaben, das die Aufstellung des Bebauungsplans veranlasst hatte, seit mehreren Jahren nicht mehr betrieben worden war, und Pläne, das Grundstück einer anderen geschäftlichen Nutzung, z.B. durch Ansiedlung eines Hotels, zuzuführen, ebenfalls nicht weiterverfolgt worden waren.
(3) Der von der Klägerin geplante Betrieb eines Laufhauses lässt ausweislich der eingereichten Betriebsbeschreibung im Verhältnis zu den Festsetzungen des Bebauungsplans XI-101u-1 keine die Annahme eines qualifizierten Ausnahmefalles rechtfertigenden atypischen Besonderheiten oder sonstigen besonderen Umstände erkennen, die einer Regulierung auf der Grundlage von § 15 BauNVO zugänglich wären.
Bei dem Vorhabengrundstück handelt es sich um ein in hohem Maß gewerblich ausnutzbares Grundstück. Das festgesetzte Kerngebiet umfasst allein das Vorhabengrundstück, dessen Nutzung lediglich insoweit eingeschränkt ist, als der Plangeber von der Möglichkeit, bestimmte allgemein zulässige Nutzungsarten bzw. -unterarten auszuschließen (§ 1 Abs. 5 und 9 BauNVO), nur im Hinblick auf Spielhallen Gebrauch gemacht hat (textliche Festsetzung Nr. 1). Allerdings hat er oberhalb des sechsten Vollgeschosses (bei bis zu acht möglichen Vollgeschossen) eine Wohnnutzung allgemein zugelassen (vgl. textliche Festsetzung Nr. 3), um die an der Potsdamer Straße bestehende Nutzungsverflechtung von Wohnen und Gewerbe beizubehalten und neu zu ordnen (vgl. S. 13 der Planbegründung). Aber auch eine im Kerngebiet angesiedelte Wohnnutzung bleibt grundsätzlich verpflichtet, den ihr im Kerngebiet zumutbaren erhöhten Grad an Störungen hinzunehmen (vgl. Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a.a.O., § 7 BauNVO Rn. 40 f.). Derartigen Störungen ist die im Kerngebiet eingeschränkt zugelassene Wohnnutzung hier infolge der in weitaus größerem Umfang zugelassen kerngebietstypischen Nutzung planbedingt ausgesetzt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Wohnnutzung durch den Bebauungsplan XI-101u-1 gegenüber den Festsetzungen des Bebauungsplans XI-101u, der für das Vorhabengrundstück eine Wohnnutzung bereits oberhalb des ersten Vollgeschosses zuließ, zugunsten einer kerngebietstypischen Nutzung eingeschränkt wurde. Zudem sieht der Bebauungsplan nicht vor, dass in bestimmten Geschossen oder Anteilen der Geschossfläche ausschließlich eine Wohnnutzung zulässig ist (§ 7 Abs. 4 BauNVO). Darüber hinaus ist das Vorhabengrundstück, wie sich aus der Planbegründung des Bebauungsplans XI-101u-1 ergibt, erheblichen Lärm- und Abgasbelastungen an der stark frequentierten Potsdamer Straße ausgesetzt, die die Wohnqualität dort ohnehin mindern. Weiter ist in die Betrachtung einzubeziehen, dass im südlich angrenzenden Bereich des Bebauungsplans XI-101u gleichfalls ein Kerngebiet festgesetzt ist und unmittelbar westlich an das Kerngebiet zwar ein allgemeines Wohngebiet angrenzt, das Plankonzept allerdings darin bestehen dürfte, dass die Kerngebietsnutzung zur Potsdamer Straße hin orientiert ist und sich erst zum Blockinnenbereich nach Westen hin ruhigere Zonen anschließen.
Das von der Klägerin geplante Laufhaus überschreitet nicht das Maß einer kerngebietstypischen Nutzung. Es handelt sich um das erste Vorhaben dieser Art, das in dem Kerngebiet verwirklicht werden soll, das sich im Umfang, sei es hinsichtlich der Größe oder bezüglich der geplanten Betriebszeiten, nicht erheblich von anderen kerngebietstypischen Vorhaben unterscheidet. Hierbei ist davon auszugehen, dass sich in einem Kerngebiet typischerweise anzusiedelnde Einrichtungen an ein größeres und allgemeines Publikum richten. Anhaltspunkte dafür, dass die zu erwartenden konkreten Auswirkungen des Vorhabens in atypischer Weise das Maß anderer kerngebietstypischer Betriebe, z.B. einer Diskothek mit überörtlichem Einzugsbereich, überschreiten, sind nicht ersichtlich.
b) Wegen der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens stand der Klägerin bei Inkrafttreten der Veränderungssperre ein Anspruch auf (erneute) Entscheidung über ihren Bauantrag zu. Der Beklagte wäre jedenfalls bis zu diesem Zeitpunkt verpflichtet gewesen, die Sache hinsichtlich der noch fehlenden bauaufsichtlichen Prüfung des Brandschutznachweises spruchreif zu machen und auf dieser Grundlage über die Erteilung der Baugenehmigung zu entscheiden.
Vor der Erledigung ihres Verpflichtungsbehrens konnte die Klägerin die Erteilung der beantragten Baugenehmigung nicht beanspruchen, weil der Beklagte die nach § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BauO Bln erforderliche bauaufsichtliche Prüfung des Brandschutznachweises wegen der von ihm angenommenen Unzulässigkeit des Vorhabens nach § 15 BauNVO zurückgestellt hatte. Ohne diese Prüfung darf die Baugenehmigung jedoch nicht erteilt werden, da der Bericht über den geprüften Brandschutznachweis gemäß § 14 Abs. 3 BauVerfVO im Genehmigungsverfahren nach § 65 BauO Bln der Bauaufsichtsbehörde vor Erteilung der Baugenehmigung vorliegen muss.
III.
Der weitere Hilfsantrag hat gleichfalls Erfolg.
1. Der Antrag ist zulässig. Er richtet sich auf die Feststellung eines Bescheidungsanspruchs der Klägerin in einem früheren, dem Eintritt der Erledigung vorangehenden Zeitraum. Eine solche Feststellung kann zwar regelmäßig nicht zum Inhalt einer Fortsetzungsfeststellungsklage gemacht werden, da sich der für die Beurteilung maßgebliche Zeitpunkt nicht mit dem des ursprünglichen Begehrens deckt und somit der Streitgegenstand ausgewechselt bzw. erweitert wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Januar 1992 – 7 C 24.91 –, juris Rn. 7 ff.). Zulässig kann es allerdings sein, eine Fortsetzungsfeststellungsklage um einen Feststellungsantrag (§ 43 Abs. 1 VwGO) zu erweitern, der sich darauf bezieht, dass zu einem früheren Zeitraum ein Anspruch auf Genehmigung bestand (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. April 1999 – 4 C 4.98 –, juris Rn. 15 ff.; vgl. ferner Beschluss vom 21. Oktober 2004 – 4 B 76.04 –, juris Rn. 2). Entsprechendes muss für einen Antrag gelten, der sich auf die Feststellung eines in einem früheren Zeitraum bestehenden Bescheidungsanspruchs richtet. Für eine solche Klageerweiterung müssen die Voraussetzungen einer Klageänderung (§ 91 VwGO) vorliegen. Ist sie zulässig, so sind an das Feststellungsinteresse geringere Anforderungen zu stellen als bei einer isolierten Feststellungsklage. Insoweit kann an die gesetzliche Wertung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO angeknüpft werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. April 1999, a.a.O., Rn. 20).
Die Voraussetzungen des § 91 VwGO liegen hier vor, weil sich der Beklagte rügelos auf die geänderte Klage eingelassen hat (§ 91 Abs. 2 VwGO). Auch sonst bestehen keine Bedenken gegen die Zulässigkeit des Antrags. Er ist auf ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis gerichtet. Bei der gebotenen Anknüpfung an die Maßstäbe nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO ist ein Feststellungsinteresse zu bejahen, denn die beantragte Feststellung zum Zeitpunkt eines Bescheidungsanspruchs kann für den Umfang möglicher Entschädigungsansprüche der Klägerin von Bedeutung sein.
2. Der Antrag ist begründet. Die Klägerin konnte jedenfalls seit dem 13. Februar 2008 eine Bescheidung ihres Bauantrags beanspruchen.
Allerdings ergibt sich eine Entscheidungspflicht ab diesem Datum nicht unmittelbar aus § 70 Abs. 3 BauO Bln. Danach entscheidet die Bauaufsichtsbehörde über den Bauantrag innerhalb einer Frist von einem Monat, die beginnt, sobald alle für die Entscheidung notwendigen Stellungnahmen vorliegen. Diese Frist ist im vorliegenden Fall nicht in Gang gesetzt worden, da bisher kein Ergebnis der nach § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BauO Bln erforderlichen bauaufsichtlichen Prüfung des Brandschutznachweises vorlag. Bei dem über diese Prüfung zu erstellenden Prüfbericht (vgl. § 19 Abs. 4 i.V.m. § 13 Abs. 6 Satz 3 BauPrüfV) handelt es sich, wie § 13 Abs. 2 Satz 2 BauVerfVO klarstellt, um einen notwendigen Nachweis im Sinne des § 70 Abs. 3 Satz 2 BauO Bln. Die Frist des § 70 Abs. 3 BauGB beginnt deshalb erst ab dem Eingang dieses Berichts.
Dass der Lauf der Frist des § 70 Abs. 3 BauO Bln nicht begonnen hat, kann indes nicht dazu führen, dass die Bauaufsichtsbehörde ihrer Pflicht, innerhalb angemessener Frist über den Bauantrag zu entscheiden, dauerhaft enthoben wäre. Vielmehr wäre sie bei zutreffender Beurteilung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens gehalten gewesen, entweder alsbald die Klägerin aufzufordern, die Prüfung des Brandschutznachweises durch eine Prüfingenieurin oder einen Prüfingenieur zu veranlassen, oder diese Prüfung selbst vorzunehmen, was aufgrund der Regelung des § 13 Abs. 3 BauVerfVO, solange Prüfingenieurinnen und Prüfingenieure für Brandschutz nicht in ausreichender Zahl zur Verfügung stehen, ebenfalls in Betracht kommt und wozu sie durch die Beteiligung der Feuerwehr bereits angesetzt hatte. In Anlehnung an die Regelung des § 75 Satz 2 VwGO und in Ermangelung hinreichender Anhaltspunkte für die Annahme einer anderen Frist, erscheint es angemessen, dem Beklagten hierzu sowie für die anschließende Bescheidung des Bauantrags eine Frist von drei Monaten einzuräumen, so dass, je nachdem, ob von dem Datum der letztmaligen Vervollständigung des Bauantrags am 13. August 2007 durch Einreichung geänderter Unterlagen zum Brandschutznachweis oder von dem Eingang der Stellungnahme der Feuerwehr am 5. September 2007 auszugehen ist, eine Entscheidung über den Bauantrag bis zum 13. November 2007 oder bis zum 5. Dezember 2007 hätte getroffen werden müssen. Hinzu kommt allerdings die durch die Anhörung der Klägerin eingetretene Verfahrensverzögerung, die sich die Klägerin entgegenhalten lassen muss, da sie nach der Anhörung mit Schreiben des Beklagten vom 31. Oktober 2007 nicht umgehend auf einer sofortigen Entscheidung über den Bauantrag bestanden, sondern am 14. November 2007 zunächst eine Stellungnahmefrist erbeten und sich am 10. Dezember 2007 in der Sache auf die Anhörung eingelassen hat. Dies rechtfertigt es, der Bauaufsichtsbehörde die nochmalige Einholung einer Stellungnahme des Planungsamtes, die schließlich am 13. Januar 2008 vorlag, sowie – in entsprechender Anwendung des § 70 Abs. 3 BauO Bln – eine nochmalige Bearbeitungsfrist von einem Monat einzuräumen, so dass ein Anspruch der Klägerin auf Bescheidung des Bauantrags erst ab dem 13. Februar 2008 bestand.
Der Bescheidungsanspruch ist, wie von der Klägerin beantragt, für den gesamten Zeitraum bis zum 30. September 2011 festzustellen. Er endete nicht mit dem Wirksamwerden des Aufstellungsbeschlusses am 6. Mai 2011, mit dem die Voraussetzungen für eine Zurückstellung nach § 15 BauGB vorgelegen hätten, denn das mögliche Sicherungsmittel der Zurückstellung entfaltet seine Wirkung erst dann, wenn es tatsächlich ergriffen wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 1998 – 4 B 72.98 –, juris Rn. 7).
IV.
Ebenfalls Erfolg hat der auf die Aufhebung der Gebührenfestsetzung im Widerspruchsbescheid vom 16. Juli 2008 gerichtete Hilfsantrag.
1. Der Antrag ist zulässig. Die Gebührenfestsetzung im Widerspruchsbescheid stellt einen selbständig anfechtbaren Verwaltungsakt dar. Die Klägerin hat hiergegen rechtzeitig Klage erhoben, denn als Bestandteil des Widerspruchsbescheids war die Gebührenfestsetzung von dem mit dem Verpflichtungsbegehren anhängig gemachten Aufhebungsbegehren umfasst. Eines Vorverfahrens bedurfte es insoweit gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO nicht.
2. Der Antrag ist begründet. Die Gebührenfestsetzung für das Widerspruchsverfahren ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), da der Widerspruch mit der dem Widerspruchsbescheid zugrunde gelegten Begründung nicht hätte zurückgewiesen werden dürfen.
V.
Die Zuziehung der Bevollmächtigten der Klägerin im Vorverfahren gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO war für notwendig zu erklären, da sie vom Standpunkt einer verständigen, nicht rechtskundigen Partei für erforderlich gehalten werden durfte.
Die Kostenentscheidung beruht auf den § 154 Abs. 1 und 2 VwGO. Sie umfasst, nachdem der Senat das Urteil des Verwaltungsgerichts insgesamt geändert hat, auch die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens. Die Quotelung ergibt sich zum einen daraus, dass der Verpflichtungsantrag, mit dem die Klägerin unterlegen geblieben ist, in beiden Rechtszügen anhängig war, während die für die Klägerin erfolgreichen Feststellungsanträge nur im Berufungsverfahren Streitgegenstand waren. Davon abgesehen sind die Feststellungsanträge wertmäßig niedriger zu veranschlagen, zumal sie lediglich auf die Feststellung eines Bescheidungsanspruchs gerichtet waren.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
Die Revision ist in Bezug auf die Entscheidung über den Hauptantrag zu 1., d.h. die Verpflichtungsklage zuzulassen, weil das Urteil von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur entsprechenden Anwendbarkeit des § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB in Fällen der sog. faktischen Zurückstellung abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Hinsichtlich der Entscheidung über die anderen Anträge ist die Revision nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 897.120 Euro festgesetzt.
Gründe
Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in § 52 Abs. 1 GKG. Der Senat schätzt das wirtschaftliche Interesse der Klägerin an der beantragten Baugenehmigung im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens als gleichwertig mit dem Interesse an einer Baugenehmigung für eine Spielhalle ein. Die Festsetzung orientiert sich deshalb an der Empfehlung in Ziff. 9.1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit aus dem Jahre 2004 (600 Euro/m² Nutzfläche ohne Nebenräume), wobei der Berechnung die von der Klägerin erstinstanzlich mitgeteilte Nutzfläche von 1.495,20 m² zugrundeliegt. Die auf Feststellung gerichteten Hilfsanträge führen nicht zu einer Erhöhung. Sie sind wertmäßig insgesamt niedriger zu veranschlagen als der auf die Verpflichtung zur Erteilung der Baugenehmigung gerichtete Verpflichtungsantrag, zumal sie nur die Feststellung eines Bescheidungsanspruchs zum Gegenstand haben. Da sie bei wirtschaftlicher Betrachtung denselben Gegenstand betreffen wie der Hauptantrag, wird gemäß § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG nur dessen höherer Wert zugrundegelegt. Der die Gebührenfestsetzung für das Widerspruchsverfahren betreffende Antrag bleibt gemäß § 43 Abs. 1 GKG außer Betracht.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).