Gericht | FG Berlin-Brandenburg 12. Senat | Entscheidungsdatum | 09.03.2011 | |
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Aktenzeichen | 12 K 12267/07 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 4 Abs 4 EStG, § 5 Abs 1 EStG, § 6 Abs 1 Nr 3a Buchstabe a EStG, § 249 Abs 1 HGB, 1991 § 8 Abs 3 S 2 KStG |
1. Eine verdeckte Gewinnausschüttung setzt kein subjektives Element dergestalt voraus, dass die Beteiligten sich bewusst sein müssten, eine Vermögensverlagerung zu Lasten der Gesellschaft vorzunehmen.
2. Gewährt ein GmbH-Gesellschafter der Gesellschaft ein Darlehen, so richtet sich die Beurteilung der Angemessenheit des Zinssatzes nach den am Markt zu zahlenden Zinsen. Für die Annahme, dass sich Gesellschaft und Gesellschafter die Marge zwischen Soll- und Habenzinsen teilten, besteht kein Raum.
3. Die Feststellungslast für das Vorliegen von Betriebsausgaben trifft den Steuerpflichtigen. Das bedeutet, dass der Steuerpflichtige nachweisen muss, dass Leistungen an ihn erbracht und diese von ihm vergütet worden sind sowie dass der Vorgang betrieblich veranlasst war.
4. Die Anerkennung einer pauschalen Gewährleistungsrückstellung in Höhe von nicht mehr als 0,5 % des garantiebehafteten Umsatzes ist nicht zu beanstanden, wenn der Steuerpflichtige nicht nachweist, dass in seinem Unternehmen oder in seiner Branche erfahrungsgemäß höherer Gewährleistungsaufwand entsteht.
Die Bescheide über Körperschaftsteuer 2001, 2002 und 2003, Gewerbesteuer und Gewerbesteuermessbetrag 2001, 2002 und 2003, gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2003 sowie die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrages zur Körperschaftsteuer auf den 31. Dezember 2003, sämtlich vom 21. September 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31. Oktober 2007, werden dahingehend geändert, dass der Ansatz verdeckter Gewinnausschüttungen in Höhe von DM … im Jahre 2001, € … im Jahre 2002 und € … im Jahre 2003 unterbleibt.
Die Berechnung der Steuer wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) dem Beklagten übertragen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden zu 93 % der Klägerin und zu 7 % dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Beteiligten streiten über das Vorliegen von verdeckten Gewinnausschüttungen, über die Höhe von Rückstellungen für Gewährleistungen sowie über die Berücksichtigungsfähigkeit geltend gemachter Betriebsausgaben.
Die Klägerin ist eine GmbH, deren Unternehmensgegenstand die Erstellung von Rohrleitungsanlagen und die Durchführung von Schweißarbeiten, vornehmlich bei Großbauvorhaben, z.B. bei Kernkraftwerken, ist. Die Klägerin wurde 2001 gegründet; Gesellschafter und zugleich Geschäftsführer waren die Herren J und U. J und U waren zuvor Gesellschafter und Geschäftsführer einer B GmbH gewesen. Die B GmbH hatte J und U jeweils eine Pensionszusage erteilt. Nach dem Ausscheiden von J und U aus der B GmbH sollten die Pensionszusagen fortbestehen. Die Klägerin passivierte insoweit eine Pensionsrückstellung; gleichzeitig aktivierte sie übernommene Ansprüche aus der Rückdeckungsversicherung. Die Differenz zwischen der Höhe der Pensionsrückstellung und dem Anspruch aus der Rückdeckungsversicherung glich die B GmbH durch eine Einmalzahlung an die Klägerin aus. In der Folgezeit vereinbarten die Klägerin, J, U und die Rückdeckungsversicherung, dass J und U keine eigenständigen Pensionszusagen von der Klägerin erhalten sollten. Eine Rückabwicklung des Vorgangs war jedoch nicht mehr möglich, da die B GmbH mittlerweile nicht mehr erreichbar war. Die Parteien kamen daher überein, dass die Klägerin nurmehr als Zahlstelle fungieren solle. J und U sollten fortan ihre Rückdeckungsversicherung selbst bedienen; die Klägerin erhöhte in der Folgezeit weder die Pensionsrückstellung noch den Anspruch aus der Rückdeckungsversicherung. Im Jahre 2002 behandelte die Klägerin eine Zahlung in Höhe von € … an die Rückdeckungsversicherung als Betriebsausgaben. Der Beklagte sieht darin eine verdeckte Gewinnausschüttung.
Der Beklagte führte bei der Klägerin im Jahre 2005 eine Außenprüfung für die Jahre 2001 bis 2003 durch. Dabei stellte sich folgendes heraus:
Die Klägerin bildete in den Jahresabschlüssen im Prüfungszeitraum Gewährleistungsrückstellungen in Höhe von 1 % der Umsätze abzüglich Skonti und Fremdleistungen. Da sie keine Nachweise über erbrachte Garantiearbeiten vorlegte, sah der Prüfer nur eine Gewährleistungsrückstellung in Höhe von 0,5 % der garantiebehafteten Umsätze als gerechtfertigt an.
Die Klägerin behandelte Aufwendungen für Fremdleistungen eines Unternehmens C in Höhe von DM … zuzüglich Umsatzsteuer in Höhe von DM … als Betriebsausgaben. Nach dem von der Betriebsprüfung angeforderten Fragebogen hatte die Klägerin sich weder von dem Geschäftssitz des Unternehmens C noch von der Vertretungsbefugnis derjenigen Personen, die nach ihren Angaben für dieses Unternehmen gehandelt haben sollten, überzeugt. Auch hatte sie weder die Gewerbeanmeldung noch die Handelsregistereintragung überprüft. Der Prüfer sah den Nachweis für den Betriebsausgabenabzug nicht als geführt an.
J und U gewährten der Klägerin im Prüfungszeitraum Darlehen, die mit 10,5 % verzinst wurden. Der Prüfer hielt demgegenüber nur einen Zinssatz in Höhe von 6 % für angemessen.
Die Klägerin macht geltend, dass in der Zahlung von € … an die Rückdeckungsversicherung keine verdeckte Gewinnausschüttung liege. Es fehle insoweit an dem subjektiven Element; J und U hätten der Klägerin keine nicht gerechtfertigte Vermögensminderung zufügen wollen, sondern seien überzeugt gewesen, das vertraglich und kaufmännisch Richtige zu tun.
Hinsichtlich der Gewährleistungsrückstellung bekräftigt die Klägerin ihren Vortrag, dass angesichts der Natur ihrer Geschäftstätigkeit die von ihr gewählte Höhe anzuerkennen sei. Sie arbeite in einem Bereich, in dem höchste Qualitätsanforderungen gestellt würden. Die Bauherren bzw. Auftraggeber prüften die Werkausführung auf das Genaueste. Aus diesem Grund sei sie, die Klägerin, im Prüfungszeitraum neben einer Anzahl kleinerer Mängelverfahren mehreren großen Verfahren ausgesetzt gewesen, nämlich
- einem Verfahren eines Unternehmens D, das Ende 2001 beendet worden sei und bei dem der Auftraggeber ca. TDM … einbehalten habe;
- einem Verfahren eines Unternehmens E, das Ende 2004 beendet worden sei und bei dem der Auftraggeber ca. TDM … einbehalten habe, und
- einem Verfahren eines Unternehmens F, das Ende 2004 beendet worden sei und bei dem der Auftraggeber ca. TDM … einbehalten habe.
Schon diese wenigen Verfahren zeigen nach Auffassung der Klägerin, dass sich bei ihr die Gewährleistungsproblematik in überdurchschnittlichem Umfange stelle. Im außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren hatte die Klägerin zudem auf einen Gewährleistungsprozess mit einer … Auftraggeberin hingewiesen, bei dem sich die Streitsumme auf TDM … belaufen habe.
Hinsichtlich der Fremdleistungen der C trägt die Klägerin vor, dass es insoweit um ein Bauvorhaben des M…versorgers G in H gegangen sei. Sie, die Klägerin, sei Subunternehmerin einer I GmbH gewesen und habe ihrerseits C als Subunternehmerin beauftragt. C habe für sie, die Klägerin, auf der Grundlage eines Vertrages vom März 2001 Rohrleitungen und Halterungen hergestellt. Die Klägerin hat dazu die Kopie eines Teilleistungsauftrages Nr. 001/2001 vom März 2001 vorgelegt, der auf Seiten des Auftragnehmers eine unleserliche Unterschrift sowie die Angabe „Fa. C … K …“ trägt. Danach besteht die zu erbringende Leistung in der Vorfertigung und Montage von Rohrleitungen DN 25 bis DN 800. Die Vergütung für die entsprechenden Arbeiten sollte DM … zuzüglich Umsatzsteuer betragen. Für Leistungen, die nicht im Leistungsverzeichnis aufgeführt sind, sollte ein „Stundenverrechnungssatz“ in Höhe von DM … pro Stunde gelten, soweit die Arbeitsleistung montags bis sonnabends erbracht wurde; für Arbeiten an Sonntagen sowie in der Zeit von 20.00 h bis 06.00 h waren Zuschläge vorgesehen, nämlich 50 % bzw. 25 % auf der Basis eines Stundensatzes von DM …. Die Klägerin führt aus, dass die Mitarbeiter des Unternehmens C in der 13. und 14. Kalenderwoche für sie tätig geworden seien. Die Tätigkeit werde durch tagesaktuell geführte Tagelohnzettel nachgewiesen. Diese seien von einem Mitarbeiter des Bauherren, des Bauunternehmens L aus M, und ihrem, der Klägerin, Bauleiter unterschrieben worden. Soweit es sich bei den aufgeführten Mitarbeitern nicht um ihre, der Klägerin, oder um Mitarbeiter der I GmbH handele, handele es sich um Mitarbeiter der C. Die Klägerin hat dazu Tagelohnzettel vorgelegt, auf denen Arbeitnehmer namens AN1, AN2, AN3, AN4, AN5 sowie ein Arbeitnehmer, dessen Name unleserlich ist, aufgeführt sind, bei denen unter der Rubrik „Beruf“ die Bezeichnung „C“ eingetragen ist. Insgesamt entfallen auf diese Arbeitnehmer 491,5 Stunden, von denen 28 an Sonntagen erbracht worden sind. In der Rubrik „Überstunden/Zuschläge“ sind diese Stunden unter „70 %“ aufgeführt; im Übrigen sind acht der geleisteten Stunden unter „25 %“ und 40 Stunden unter „50 %“ aufgelistet.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass nicht ersichtlich sei, warum hinsichtlich des ihr von ihren Gesellschaftern gewährten Darlehens höchstens eine Verzinsung in Höhe von 6 % anzuerkennen sei. Sie, die Klägerin, hätte im Prüfungszeitraum kein Fremdgeld zu einem Zinssatz von 6 % erhalten können; marktgerecht sei vielmehr ein Zinssatz von mindestens 10 % gewesen. Zudem fehle es für die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung auch am subjektiven Element.
Der Senat hat das Verfahren hinsichtlich der Umsatzsteuer 2001 durch Beschluss vom 24. Juli 2008 abgetrennt und zuständigkeitshalber an den 5. Senat des Gerichts abgegeben.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Bescheide über Körperschaftsteuer für 2001, 2002 und 2003, Gewerbesteuer und Gewerbesteuermessbetrag für 2001, 2002 und 2003, die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2003 sowie die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrages zur Körperschaftsteuer auf den 31. Dezember 2003, sämtlich vom 21. September 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31. Oktober 2007, dahingehend zu ändern, dass in allen Streitjahren Gewährleistungsrückstellungen in Höhe von 1 % der Umsätze anerkannt werden, im Jahre 2001 weitere Betriebsausgaben für Fremdleistungen in Höhe von DM … berücksichtigt werden sowie die Berücksichtigung von verdeckten Gewinnausschüttungen in Höhe von DM … im Jahre 2001, € … im Jahre 2002 und € … im Jahre 2003 unterbleibt.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
1. Die Klage ist zulässig, aber nur teilweise begründet. Die angefochtenen Bescheide sind nur insoweit rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO), als der Beklagte in den Zinszahlungen an die Gesellschafter verdeckte Gewinnausschüttungen gesehen hat.
a) Zu Recht hat der Beklagte die Zahlung in Höhe von € … der Klägerin an die Rückdeckungsversicherung zugunsten der Gesellschafter als verdeckte Gewinnausschüttung behandelt.
Unter einer verdeckten Gewinnausschüttung i.S.d. § 8 Abs. 3 Satz 2 Körperschaftsteuergesetzes (KStG) ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH), der sich der Senat anschließt, bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.V.m. § 8 Abs. 1 des KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht. Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis wird dabei in der Regel angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie einem Nichtgesellschafter unter ansonsten vergleichbaren Umständen nicht gewährt hätte. Maßstab für den danach anzuwendenden Fremdvergleich ist die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters (BFH-Urteil vom 06. April 2005 – I R 15/04, Bundessteuerblatt – BStBl. – II 2006, 196, unter II.2. der Gründe m.w.N.).
Danach stellt die Zahlung in Höhe von € … an die Rückdeckungsversicherung eine verdeckte Gewinnausschüttung dar. Es handelt sich insoweit um eine Zuwendung eines Vermögensvorteils in dieser Höhe, denn nach den Vereinbarungen hätten die Gesellschafter der Klägerin diesen Betrag aus ihrem Vermögen leisten müssen. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter hätte folglich keinen Anlass gesehen, diese Zahlung zugunsten der Gesellschafter der Klägerin zu übernehmen.
Unerheblich ist insoweit, dass die Gesellschafter der Klägerin sich nicht bewusst gewesen sein mögen, dass mit der Zahlung durch die Klägerin eine verdeckte Gewinnausschüttung verwirklicht wurde. Neben der objektiven Vermögensminderung setzt die verdeckte Gewinnausschüttung nämlich grundsätzlich keine subjektiven Handlungserfordernisse, mithin keine bestimmte Ausschüttungsabsicht und keine Einigung zwischen Gesellschafter und Gesellschaft über die „verdeckte“ Zuwendung voraus. Die handelnden Personen müssen weder den Tatbestand der verdeckten Gewinnausschüttung kennen noch das Geschehene rechtlich zutreffend würdigen (BFH-Urteil vom 29. April 2008 – I R 67/06, BStBl. II 2011, 55, unter B.III.2.b)aa) der Gründe m.w.N.).
Entgegen der Auffassung der Klägerin handelt es sich insoweit auch nicht um eine nichtabziehbare Betriebsausgabe. Das Vorliegen einer nichtabziehbaren Betriebsausgabe setzt begrifflich voraus, dass eine Betriebsausgabe, also eine Aufwendung, die betrieblich veranlasst ist, in Rede steht, die aber aufgrund bestimmter Regelungen ausnahmsweise nicht abziehbar ist. Das war hier nicht der Fall; die Zahlung war vielmehr, wie die Klägerin selbst auch eingeräumt hat, nicht betrieblich veranlasst.
b) Ohne Erfolg macht die Klägerin auch geltend, dass Gewährleistungsrückstellungen in Höhe von 1 % des gewährleistungsbehafteten Umsatzes anzuerkennen seien.
Die Klägerin ermittelt ihren Gewinn gemäß §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 EStG i.V.m. § 8 KStG. Sie hat demnach die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung zu befolgen. Nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung sind Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu passivieren, wenn und soweit eine Inanspruchnahme wahrscheinlich ist und der Steuerpflichtige ernsthaft damit rechnen muss, in Anspruch genommen zu werden (§ 5 Abs. 1 EStG i.V.m. § 249 Abs. 1 Satz 1 des Handelsgesetzbuches – HGB –). Solche Rückstellungen geben das Risiko künftiger Erlösminderungen an, das einzeln, pauschal oder gemischt erfasst werden kann (Sächsisches FG, Urteil vom 16. August 2005 – 3 K 1318/02, juris, m.w.N.).
Ob eine Verbindlichkeit mit einiger Wahrscheinlichkeit besteht oder entstehen wird, ist nach objektiven, am Bilanzstichtag vorliegenden und spätestens bei Aufstellung der Bilanz erkennbaren Tatsachen zu prüfen. Für die Bildung von Pauschalrückstellungen wird vorausgesetzt, dass der Kaufmann aufgrund der Erfahrungen in der Vergangenheit mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit mit Gewährleistungsansprüchen rechnen muss oder dass sich aus der Erfahrung in der jeweiligen Branche und der individuellen Gestaltung des Betriebs die Wahrscheinlichkeit ergibt, Gewährleistung erbringen zu müssen. Dabei ist die Höhe der Rückstellung auf den notwendigen Betrag begrenzt (Sächsisches FG, Urteil vom 16. August 2005 – 3 K 1318/02, juris, m.w.N.). Insoweit ist auf die betriebsindividuellen oder branchenüblichen Erfahrungen der Vergangenheit abzustellen; die bloße Möglichkeit der Inanspruchnahme genügt nicht. § 6 Abs. 1 Nr. 3a lit. a) EStG i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes (StEntlG) 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (BGBl I 1999, 402) hat die vergangenheitsbezogene Ermittlung der Rückstellungen auf der Grundlage der tatsächlichen Abwicklung der Gewährleistungsverpflichtungen nunmehr gesetzlich geregelt. Nach dieser Vorschrift ist zudem – im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung – zu berücksichtigen, dass der Unternehmer erfahrungsgemäß nur hinsichtlich eines Teils der Summe der Gewährleistungsverpflichtungen in Anspruch genommen wird (zum Ganzen FG Hamburg, Urteil vom 23. Juli 2008 – 2 K 38/07, juris, m.w.N.).
Dies hat zur Folge, dass einerseits die Verwaltung nicht von vornherein die Bildung einer Pauschalrückstellung für Gewährleistungspflichten auf einen bestimmten Prozentsatz begrenzen darf, andererseits das betreffende Unternehmen eine solche Pauschalrückstellung jedoch auch nicht höher festsetzen darf, als es in Anbetracht des jeweiligen Risikos angemessen erscheint Der Steuerpflichtige, den insoweit die Feststellungslast trifft, ist deshalb verpflichtet, zur Rechtfertigung der von ihm begehrten Rückstellung konkrete Tatsachen darzulegen, soweit das nach den betrieblichen Verhältnissen zumutbar ist (Sächsisches FG, Urteil vom 16. August 2005 – 3 K 1318/02, juris, m.w.N.).
Nach diesen Grundsätzen war der Beklagte berechtigt, die Rückstellung für Gewährleistungspflichten auf 0,5 % des garantiebehafteten Umsatzes der Klägerin zu beschränken. Die Klägerin hat nicht nachvollziehbar dargetan, dass die Erfahrungswerte ihres konkreten Unternehmens oder auch nur ihrer Branche höhere pauschale Rückstellungen in diesem Bereich erfordern. Die von der Klägerin gemachten Angaben lassen diesen Schluss nicht zu. Die Klägerin hat zwar ausgeführt, dass Auftraggeber häufig höhere Summen einbehalten und dass in Gewährleistungsprozessen um höhere Summen gestritten wird, sie hat jedoch keine Nachweise dafür geliefert, dass letztlich tatsächlich mehr als 0,5 % ihres Umsatzes an Gewährleistungsverpflichtungen anfallen. Dies war der Klägerin aber zumutbar, denn der Betrag der garantiebehafteten Umsätze sowie die Summe der tatsächlich erbrachten Garantieleistungen dürften der Buchführung unschwer zu entnehmen sein.
c) Zu Recht hat der Beklagte den Betrag in Höhe von DM …, von dem die Klägerin vorträgt, dass es sich um die Vergütung von Fremdleistungen handelt, nicht als Betriebsausgaben anerkannt.
Betriebsausgaben sind gemäß § 4 Abs. 4 EStG alle Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Die Feststellungslast für das Vorliegen von Betriebsausgaben, also von betrieblich veranlassten Minderungen des Betriebsvermögens, trägt der Steuerpflichtige (BFH-Beschluss vom 21. April 2005 – X B 115/04, juris). Die Anerkennung von Betriebsausgaben ist nicht nur dann zu versagen, wenn dem Steuerpflichtigen nachgewiesen werden kann, dass Aussteller einer Rechnung bzw. Empfänger einer Zahlung nicht der Leistungserbringer war. Vielmehr kann im Hinblick auf unklare Verhältnisse in Frage gestellt werden, dass eine behauptete Zahlung durch den Betrieb des Steuerpflichtigen veranlasst war. Das hat zur Folge, dass der Steuerpflichtige den Umstand der Zahlung und deren betriebliche Veranlassung nachweisen muss. Dem steht nicht die Beweiskraft der Buchführung gemäß § 158 der Abgabenordnung (AO) entgegen. Die formelle Ordnungsmäßigkeit der Buchführung entfaltet keine Beweiskraft zugunsten der sachlichen Richtigkeit des verbuchten einzelnen Geschäftsvorfalls (zum Ganzen BFH-Beschluss vom 21. April 2005 – X B 115/04, juris).
Die Klägerin hat nicht nachgewiesen, dass sie entsprechende Leistungen, die sie vergütet hat, von einem Unternehmen namens C erhalten hat. Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Beklagten ist ein Unternehmen mit dieser Firma nicht aufzufinden. Die Klägerin hat auch keinerlei Nachweise über die Existenz dieses Unternehmens beigebracht. Sie hat weiterhin nicht nachgewiesen, dass Leistungen an sie erbracht worden sind. Die Vorlage der Tageslohnzettel allein reicht dafür keinesfalls aus, zumal die Vereinbarungen in dem vorgelegten Teilleistungsauftrag, die aufgezeichneten Stunden und die geleistete Zahlung nicht in Einklang zu bringen sind. Nach dem Teilleistungsauftrag hatte die Klägerin in erster Linie einen Betrag in Höhe von DM … an die C für die Vorfertigung und Montage von Rohrleitungen zu leisten. Nur in Ergänzung dazu fielen Stundenlöhne für Vorrichter und Schweißer an. Gleichwohl hat die Klägerin die Hauptleistung offenbar nicht vergütet, so dass nicht ersichtlich ist, dass diese überhaupt erbracht worden wäre. Dann ist es nicht glaubhaft, dass im Zusammenhang damit anderweitig Stundenlöhne für Arbeitnehmer der C angefallen sein sollen. Zudem stimmen die verzeichneten Stunden nicht mit den vereinbarten Stundenlöhnen überein. Es trifft zwar zu, dass sich bei einem vereinbarten Stundenlohn in Höhe von DM … und 491,5 geleisteten Stunden ein Betrag von netto DM … ergibt. Die Arbeitnehmer, von denen die Klägerin vorträgt, dass sie der C zuzurechnen seien, hatten jedoch nach den vorgelegten Tageslohnzetteln Anspruch auf Überstundenzuschläge, die in der von der Klägerin geltend gemachten Zahlung nicht enthalten sind. Auch aus diesem Grund erscheint es nicht glaubhaft, dass der vorgelegte Teilleistungsauftrag tatsächlich mit erbrachten Leistungen unterlegt worden ist.
d) Mit Erfolg greift die Klägerin jedoch die teilweise Qualifizierung der Zinszahlungen als verdeckte Gewinnausschüttung an.
Zur Definition der verdeckten Gewinnausschüttung vgl. oben 1.a). Danach stellen insbesondere auch überhöhte Vergütungen, die eine Kapitalgesellschaft ihren Gesellschaftern gewährt, verdeckte Gewinnausschüttungen dar. Der Senat kann jedoch nicht feststellen, dass die Darlehenszinsen, die die Klägerin ihren Gesellschaftern gewährte, überhöht gewesen seien.
Ob und ggf. in welchem Umfang bei Leistungen zwischen der Kapitalgesellschaft und ihrem Gesellschafter die tatsächlich vereinbarten Vergütungen von denjenigen abweichen, die zwischen fremden Dritten vereinbart worden wären, ist eine tatsächliche Frage, deren Beantwortung im gerichtlichen Verfahren in erster Linie dem Finanzgericht obliegt. Dieses muss die maßgebliche Fremdvergleichsvergütung unter Berücksichtigung aller Umstände des konkreten Einzelfalles ermitteln, was im Regelfall eine Schätzung notwendig macht. Die Entscheidung darüber, wie der Fremdvergleich im Einzelfall durchzuführen ist, obliegt grundsätzlich dem Finanzgericht. Dieses muss wie ansonsten auch (z.B. bei der Prüfung der Angemessenheit von GmbH-Geschäftsführergehältern oder bei der Prüfung der Angemessenheit von Konzernverrechnungspreisen) bei der Ermittlung der „fremdüblichen“ Vergütung allerdings beachten, dass es häufig für die betreffende Leistung nicht nur eine zutreffende Fremdvergleichsvergütung gibt, sondern regelmäßig eine gewisse Bandbreite, die in vollem Umfang einen zutreffenden objektiven Wert widerspiegelt und deswegen auch in ihrem unteren und oberen Bereich als „richtig“ zugrunde zu legen ist. Bei der Berechnung der verdeckten Gewinnausschüttung ist von der für den Steuerpflichtigen günstigsten Vergleichsvergütung auszugehen; eine Mittelwertmethode – wie sie der Beklagte unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BFH vom 28. Februar 1990 (I R 83/87, BStBl. II 1990, 649) im Ergebnis anwendet – lässt sich § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG und dem in diesem Zusammenhang anzustellenden Fremdvergleich nicht entnehmen. Soweit der BFH in der Vergangenheit für die Frage, was im Verhältnis zwischen Kapitalgesellschaft und Gesellschafter eine angemessene Verzinsung sei, angenommen hat, dass sich im Zweifel Darlehensgläubiger und Darlehensschuldner die Spanne zwischen banküblichen Haben- und Sollzinsen teilen, ist diese Betrachtung angesichts der neueren Rechtsprechung nicht mehr haltbar (zum Ganzen FG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 21. Februar 2008 – 3 K 305/01, juris; vgl. auch Gosch, KStG, Kommentar, 2. Auflage 2009, § 8 Rz. 693). Eher ist darauf abzustellen, zu welchen Konditionen die Kapitalgesellschaft anderweitig einen Kredit hätte erhalten können (ebenso Gosch aaO. für den umgekehrten Fall der Darlehensgewährung an den Gesellschafter, nach dessen Auffassung zu untersuchen ist, ob die darlehensgewährende Kapitalgesellschaft auf dem freien Markt anderweitige Verwendung für die Darlehensmittel gehabt hätte und welche Vergütung sie dafür erzielt hätte).
Der Beklagte, den insoweit die Feststellungslast trifft, hat nicht nachgewiesen, dass die Klägerin in den Streitjahren ein Darlehen zum Zinssatz von 6 % p.a. hätte erhalten können. Ausgehend von der nicht zutreffenden Überlegung des Beklagten, dass von einer Margenteilung zwischen Darlehensgeber und Darlehensnehmer auszugehen sei (dazu s.o.), ist dies auch wenig wahrscheinlich. Nach der Statistik der Bundesbank (Zeitreihe SU0502) lag die Obergrenze der Streuwerte der Sollzinsen der Banken – die als für die Klägerin günstigste Variante in Ansatz zu bringen ist – für Kontokorrentkredite unter € 100 000 in den Jahren 2001 bis 2003 zwischen 13 und 13,5 %, und damit deutlich über den von der Klägerin mit ihren Gesellschaftern vereinbarten Zinssatz. Die Obergrenze der Streuwerte für Dispositionskredite an Privatkunden (Zeitreihe SU0505) lag relativ konstant bei 13,5 %, die Obergrenze der langfristigen Festzinskredite an Unternehmen und Selbständige zwischen € 100 000 und € 500 000 (Zeitreihe SU0508) lag zwischen 7,5 und 8,89 %, für den größeren Teil des Zeitraumes, nämlich bis Ende 2002, aber bei 8,5 % und darüber.
Bei der gebotenen Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles gelangt der Senat danach nicht zu der Überzeugung, dass der den Gesellschaftern gewährte Zinssatz von 10,5 % p.a. überhöht war, so dass der Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung insoweit entfallen muss.
2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung - ZPO -. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.