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Teilberufsausübungsgemeinschaft - Genehmigung


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 7. Senat Entscheidungsdatum 12.09.2012
Aktenzeichen L 7 KA 78/10 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 33 Ärzte-ZV

Leitsatz

Eine Teilberufsausübungsgemeinschaft ist nicht genehmigungsfähig, wenn sie nicht auf die gemeinsame Erbringung bestimmter sachbezogener einzelner Leistungen i.S.v. § 33 Abs. 2 Satz 3 Ärzte-ZV gerichtet ist, sondern (nur) auf die gemeinsame Behandlung Versicherter an einem bestimmten Ort (hier: ambulantes OP-Zentrum).

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 7. Juli 2010 wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen gesamtschuldnerisch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger begehren ihre Zulassung als Teilberufsausübungsgemeinschaft (TBAG).

Die Kläger sind Fachärzte für Anästhesiologie und nehmen als solche an der vertragsärztlichen Versorgung in Berlin teil. Jeder von ihnen ist in der H Berlin-S belegärztlich sowie im Rahmen des ambulanten Operierens tätig. Dieses Krankenhaus ist mit 72 Betten/ Plätzen, darunter 49 Belegbetten, in den Fachabteilungen Chirurgie, Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Neurochirurgie und Urologie in den Landeskrankenhausplan 2010 des Landes Berlin aufgenommen; hinzu kommen 66 Belegbetten aufgrund von Versorgungsverträgen nach § 108 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V). Für die Zwecke des ambulanten Operierens stellt die H Räume und (medizinische) Geräte in Form eines ambulanten OP-Zentrums zur Verfügung. Sowohl bei belegärztlichen als auch bei ambulanten Operationen ist in der Havelklinik – so die Darstellung der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat – jeweils ein Anästhesist für jeden OP-Saal zuständig und legt die Reihenfolge der Operationen fest. Es werden z.T. mehrstündige Operationen (z.B. an der Wirbelsäule oder im Bereich der Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurgie) und bei Komplikationen auch die ggf. erforderliche Nachoperation durchgeführt. Nach jeder OP entscheidet der Anästhesist darüber, wann ein Patient zur Weiterbehandlung auf die Station verlegt wird.

Außer dem Kläger zu 1) nehmen alle Kläger am ambulanten Operieren auch in anderen Einrichtungen teil und sind in geringem Umfang in eigener (Einzel-)Praxis schmerztherapeutisch tätig.

Unter dem 26./30. September 2008 schlossen die Kläger sowie die Fachärztin für Anästhesiologie Dr. A einen Vertrag über eine TBAG mit u.a. folgendem Inhalt:

Präambel

1.<…> Die Gesellschafter beabsichtigen nun, sich mit Wirkung zum 01.01.09 zur gemeinsamen Berufsausübung in einer Teil-Berufsausübungsgemeinschaft zusammenzuschließen. Hierdurch soll eine gerechtere Verteilung der durch die Tätigkeit an der H verdienten ärztlichen Honorare erreicht werden. Bisher hat jeder der Gesellschafter auf eigene Rechnung die Leistungen in der H erbracht, sodass die Höhe der Vergütung von der zufälligen Verteilung der Operationen im Operationsplan der H abhing.
2.Der vorliegende Vertrag regelt die Voraussetzungen einer zwischen den Gesellschaftern zu gründenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts zum 01.01.2009 sowie die Bedingungen, unter denen die Gesellschaft geführt wird.
3.Der Vertrag steht unter der aufschiebenden Bedingung der Genehmigung der teilweisen gemeinsamen Berufsausübung der Gesellschafter durch den Zulassungsbeschluss nach § 33 Ärzte-ZV.

§ 1
Vertragszweck

1.Die Gesellschafter verbinden sich bei Erhaltung ihrer jeweiligen Einzelpraxen zur teilweisen gemeinsamen Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit in der H aus (Teilberufsausübungsgemeinschaft). Die gemeinsame Berufsausübung der Gesellschafter der Teilberufsausübungsgemeinschaft ist beschränkt auf die ärztlichen Tätigkeiten, die ein Facharzt für Anästhesie im Rahmen seiner vertragsärztlichen Zulassung üblicherweise ausübt.
2.<…>

§ 2
Praxissitz, Name

1.Die Teilberufsausübungsgemeinschaft hat ihren Sitz in der J Str., 1 Berlin.
2.<…>

§ 3
Beiträge, Gesellschaftsvermögen

1.Die jeweiligen Einzelpraxen der Gesellschafter sind nicht Gegenstand dieser Vereinbarung. Die Gesellschafter bringen nur insoweit das jeweilige materielle und immaterielle Vermögen ihrer Praxen in die neue Gesellschaft ein, als es auch ihre bisherige Tätigkeit in der H betraf. Im Übrigen bringen die Gesellschafter ihre Beiträge durch ihre Arbeitsleistung ein. Damit sind die Gesellschafter zu gleichen Teilen am immateriellen Vermögen der Teilgemeinschaftspraxis beteiligt.
2.Die Gesellschafter sind an der Gesellschaft wie folgt beteiligt:
          20 %
    H    20 %
          20 %
          20 %
    A    20 %
3.Die Gesellschaft besitzt kein materielles Vermögen. Die Einrichtung am Sitz der Gesellschaft wird von Frau H zur Nutzung zur Verfügung gestellt. Die Einrichtungsgegenstände verbleiben im Sonderbetriebsvermögen von Frau H.
4.<…>

§ 4
Verpflichtung zur Zusammenarbeit, Sprechstundenregelung

1.Die Gesellschafter vereinbaren im Hinblick auf die Tätigkeit in der H durch schriftlichen Gesellschafterbeschluss eine Regelung, die sicherstellt, dass eine gleichmäßige Arbeitsverteilung erfolgt, insbesondere auch für den Fall, dass nicht alle Operationsräume ausgelastet sind.
2.Nebentätigkeiten, Übernahme einer ehrenamtlichen Tätigkeit in einer ärztlichen Standesorganisation, in einem freien ärztlichen Berufsverband oder in sonstigen Organisationen, bedürfen der Zustimmung der anderen Gesellschafter.
3.Die Gesellschafter verpflichten sich zur kollegialen Zusammenarbeit und zur konsiliarischen Tätigkeit untereinander. Sie unterrichten sich gegenseitig über alle Vorgänge, die für die Belange der Teilgemeinschaftspraxis von Bedeutung sind.
4.Die Sprechstundenzeiten werden im gegenseitigen Einvernehmen festgelegt und geändert.

§ 5
Freie Arztwahl, Behandlungsverträge

1.Bei der Ausführung der Behandlung ist der Wunsch eines Patienten, von einem bestimmten Arzt behandelt zu werden, zu respektieren.
2.Sämtliche Behandlungsverträge an der H werden im Namen und für Rechnung der Teilgemeinschaftspraxis abgeschlossen.

§ 6
Gegenseitige Vertretung, Urlaub, Krankheit

1.In sprechstundenfreien Zeiten, bei Urlaub, Krankheit, Teilnahme an Fortbildungskongressen sowie sonstiger Abwesenheit vertreten sich die Gesellschafter gegenseitig, soweit die Vorschriften der ärztlichen Berufsordnung nicht entgegenstehen.
2.<…>

§ 7
Geschäftsführung

1.Die Geschäftsführung und die rechtsgeschäftliche Vertretung der Teilgemeinschaftspraxis nach außen obliegen den Gesellschaftern gemeinsam. Hiervon ausgenommen sind der Abschluss, die Änderung, die Beendigung und Erfüllung des Behandlungsvertrages.
2.<…>

§ 8
Haftung

<…>

§ 9
Geschäftskonto

<…>

§ 10
Einnahmen

1.Einnahmen der Teilgemeinschaftspraxis sind alle Erlöse aus der belegärztlichen Tätigkeit und der Tätigkeit im Rahmen des ambulanten Operierens in der H. Ebenfalls gelten alle Einnahmen im Zusammenhang mit der H, wie etwa aus privatärztlichen Tätigkeiten, aus Tätigkeiten innerhalb einer integrierten Versorgung bzw. Kooperation als Einnahmen der Teilgemeinschaftspraxis. Die Aufzählung ist nicht abschließend.
2.<…>
3.<…>
4.Der dem einzelnen Gesellschafter zustehende Gewinn aus der Tätigkeit in der H wird durch Multiplikation der von ihm dort geleisteten Stunden und des Gewinns pro Arbeitsstunde nach Maßgabe des § 10 Abs. 3 ermittelt. Die Gewinnermittlung wird von den Gesellschaftern quartalsweise durch Gesellschafterbeschluss festgestellt. <…>

Den Antrag der fünf Vertragspartner vom 2. Oktober 2008 auf Genehmigung zur Ausübung einer TBAG lehnte der Zulassungsausschuss am 22. Oktober 2008 ab. Den hiergegen gerichteten Widerspruch der Vertragspartner wies der Beklagte mit insgesamt fünf, jeweils einzeln an die Vertragspartner gerichteten Beschlüssen vom 18. Februar 2009 zurück, weil das Zusammenwirken der Ärzte nicht erforderlich im Sinne von § 15a Abs. 5 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) sei.

Die hiergegen gerichtete Klage wies das Sozialgericht mit Urteil vom 7. Juli 2010 ab und führte zur Begründung u.a. aus: Es fehle an dem zulässigerweise in § 15a Abs. 5 Satz 2 BMV-Ä geregelten zusätzlichen Merkmal, dass das zeitlich begrenzte Zusammenwirken der Ärzte zur Patientenversorgung erforderlich sei. Erforderlich sei das Zusammenwirken nur, wenn bezogen auf den einzelnen Patienten und seine Behandlung sich ergänzende Behandlungsleistungen erbracht würden, die über die organisatorische Erleichterung der Versorgung hinausgingen. Ein nur die Patientenversorgung „förderliches“ Zusammenwirken reiche nicht aus. Nach der Einschätzung der Kammer diene das beabsichtigte Zusammenwirken der Kläger ganz überwiegend der Vereinfachung von Arbeitsabläufen, vor allem im Hinblick auf die vollständige Erbringung der im einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) geregelten Leistungen, der besseren Gestaltung der Arbeitsteilung im Hinblick auf erforderliche Absprachen und Terminkoordinierung und im Auftreten gegenüber den Partnern der in Aussicht genommenen TBAG im Rahmen der belegärztlichen Tätigkeit sowie des ambulanten Operierens. Die bessere Erreichbarkeit wegen dieses einen Partners der TBAG in Fällen, in denen ein medizinisches Eingreifen, eine Nachversorgung oder eine Ablösung im Operationssaal erforderlich werde, vermöge das Erfordernis des Zusammenwirkens ebenfalls nicht zu begründen. Auch hier gehe es letztlich nur um organisatorische Erleichterungen. Die in § 15a Abs. 5 Satz 2 BMV-Ä getroffene Regelung sei auch nicht rechtswidrig, da sie sich auf die in den §§ 72 Abs. 2, 82 Abs. 1 SGB V enthaltene Regelungsermächtigung stützen könne. Insbesondere wegen § 82 Abs. 1 SGB V seien auch Fragen der Zulassung, die im Grundsatz in der Zulassungsverordnung Ärzte (Ärzte-ZV) selbst geregelt seien, aber auch allgemein der Teilnahme an der vertragärztlichen Versorgung nicht generell von einer Regelung durch die Partner der Bundesmantelverträge ausgenommen, soweit – wie hier – keine vorrangige und abschließende Regelung bestehe. Grundrechte der Kläger seien nicht tangiert, da es vorliegend nicht um statusrelevante Regelungen gehe und im Übrigen eine aus Gründen des allgemeinen Wohls zulässige Berufsausübungsregelung vorliege. Die Beschränkung der Genehmigungsfähigkeit auf solche Zusammenschlüsse, die zur gemeinschaftlichen Versorgung von Patienten erforderlich seien, erscheine auch sachgerecht und durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt, weil sie sich allein an therapeutischen Erfordernissen ausrichte.

Nachdem dieses Urteil den Klägern am 29. Juli 2010 zugestellt worden war, beantragten sie am 26. August 2010 beim Sozialgericht, die Sprungrevision zuzulassen. Dies lehnte das Sozialgericht mit Beschluss vom 8. September 2010, den Klägern zugestellt am 16. September 2010, ab. Am 4. Oktober 2010 haben die Kläger Berufung eingelegt.

Zur Begründung tragen die Kläger vor: Zu Unrecht gehe das Sozialgericht davon aus, neben den unstreitig vorliegenden Genehmigungsvoraussetzungen nach § 33 Ärzte-ZV seien die einschränkenden Genehmigungsvoraussetzungen aus § 15a Abs. 5 BMV-Ä zu beachten. Aus dem ausdrücklichen Verweis in § 1 a Nr. 13 BMV-Ä auf Nr. 12 dieser Regelung ergebe sich, dass § 15 Abs. 5 BMV-Ä schon keine Einschränkung im Vergleich zu den Vorschriften der Ärzte-ZV beabsichtige. Es könne auch nicht darauf ankommen, dass das Zusammenwirken der Ärzte „zwingend erforderlich“ sei, weil dies mit der ausdrücklichen Entscheidung des Gesetzgebers, TBAGen zur vertragsärztlichen Versorgung zuzulassen, nicht zu vereinbaren wäre. Unabhängig hiervon sei ein Zusammenwirken der Kläger in der H als TBAG aus den im angegriffenen Urteil genannten Erwägungen erforderlich. Eine Definition für die „Erforderlichkeit“ bestehe nicht. Unerheblich sei, dass die erforderliche gemeinsame Versorgung der Patienten nicht in den Gesellschaftszweck aufgenommen worden sei. Zum einen stehe § 1 des Gesellschaftsvertrages einer Auslegung nicht entgegen, wonach auch die Versorgung der Patienten der H zum Gesellschaftszweck gehöre, wie es sich aus der Formulierung „zum Zwecke der gemeinsamen Berufsausübung“ ergebe. Zum anderen könne der Gesellschaftsvertrag jederzeit geändert werden. Die Zulassungsgremien dürften den Gesellschaftsvertrag jedoch nicht im Hinblick auf die Richtigkeit der Präambel oder auch ansonsten „auf Grund und Nieren“ überprüfen, da die Verpflichtung zur Vorlage des Gesellschaftsvertrages für eine Zulassung nach § 33 Ärzte-ZV allein sicherstellen solle, dass nach dem Gesellschaftsvertrag keine verdeckte Anstellung eines Arztes vorliege. Darüber hinaus seien die Partner der Bundesmantelverträge zur Schärfung von einschränkenden Zulassungsregelungen nicht berechtigt. Keine der vom Sozialgericht zitierten Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) betreffe die hier einschlägige Rechtsfrage.

Für die Abrechnung – so das ergänzende Vorbringen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat – ergäben sich durch eine TBAG keine Vorteile, wohl aber organisationstechnisch: denn häufig sehe sich ein Patient im Zusammenhang mit einer OP mit mehreren Anästhesisten konfrontiert, die für die unterschiedlichen Behandlungsstadien (Präanästhesiologische Untersuchung, OP-Begleitung, postoperative Betreuung) eingeteilt seien. In diesen Fällen müsse jeder Anästhesist separat die Patientendaten aufnehmen, separat eine Dokumentation führen und es müsse für jeden Anästhesisten ein Überweisungsschein ausgestellt werden. Trete demgegenüber mit der TBAG ein einzige anästhesistische Leistungserbringerin den OP-Patienten gegenüber, entfiele dieser mehrfache Aufwand, was auch den Patienten zu gute käme, da z.B. nicht vor Beginn jedes der o.g. Behandlungsstadien erneut ihre Daten aufgenommen werden müssten.

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 7. Juli 2010 und den Bescheid der Beklagten vom 18. Februar 2009 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihnen auf den Antrag vom 2. Oktober 2008 die Genehmigung zur Berufsausübung als Teilberufsausübungsgemeinschaft zu erteilen,

hilfsweise,

den Beklagten zu verpflichten, über ihren Antrag auf Genehmigung zur Berufsausübung als Teilberufsausübungsgemeinschaft unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und weist darauf hin, dass z.B. eine TBAG mit zahlreichen Ärzten einer Fachgruppe ggf. eine marktbeherrschende Stellung mit nachteiligen Wirkungen auf die nicht daran beteiligten Ärzte dieser Fachgruppe haben kann.

Mit dem „Gesellschafterbeschluss zum Vertrag über eine Teil-Berufsausübungsgemeinschaft vom 26./30. September 2008“ vom 23./24./29. Februar 2012 haben alle fünf Vertragspartner übereinstimmend geregelt, dass die Gesellschafterin zu 5) (Dr. A) zum 1. Oktober 2010 aus der Gesellschaft ausgeschieden sei. Ein Nachfolger sei nicht bestimmt worden, weshalb der Gesellschaftsanteil dieser Gesellschafterin zum gleichen Zeitpunkt den übrigen Gesellschaftern zu gleichen Teilen angewachsen sei.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen sowie wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 18. Februar 2009 ist rechtmäßig, da den Klägern kein Anspruch auf Genehmigung der zwischen ihnen vereinbarten TBAG zusteht.

I) Die Berufung ist zulässig. Insbesondere ist die Berufungsfrist von einem Monat (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG) gewahrt. Zwar endete die Frist von einem Monat ab Zustellung des sozialgerichtlichen Urteils gemäß § 64 Abs. 2 und 3 SGG am Montag, den 30. August 2010. Da die Kläger jedoch am 26. August 2010 – und somit vor Ablauf dieser Frist – beim Sozialgericht die Zulassung der Sprungrevision schriftlich beantragten und die Zustimmung des Beklagten beigefügt war, begann die Berufungsfrist gemäß § 161 Abs. 3 Satz 1 SGG mit der am 16. September 2010 erfolgten Zustellung des ablehnenden Beschlusses des Sozialgerichts die Berufungsfrist von neuem. Vor Ablauf dieser neuen Frist am Montag, den 18. Oktober 2010, legten die Kläger Berufung ein.

II) Die Berufung ist jedoch unbegründet.

1) Die Rechtsgrundlage für die Genehmigung von Berufsausübungsgemeinschaften findet sich in § 33 Ärzte-ZV in der seit dem 1. Januar 2012 geltenden, hier maßgeblichen Fassung. Nachdem erstmals durch das Gesetz zur Änderung des Vertragsarztrechts und anderer Gesetze (Vertragsarztrechtsänderungsgesetz – VÄndG) vom 22. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3439) mit Wirkung zum 1. Januar 2007 die Möglichkeit einer Teilberufsausübungsgemeinschaft geschaffen wurde, gilt nach § 33 Abs. 2 Sätze 1, 3 bis 5 sowie Abs. 3 Sätze 1 und 5 Ärzte-ZV in der o.g. Fassung Folgendes:

Abs. 2:

Die gemeinsame Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit ist zulässig unter allen zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringern an einem gemeinsamen Vertragsarztsitz (örtliche Berufsausübungsgemeinschaft). […] Die gemeinsame Berufsausübung, bezogen auf einzelne Leistungen, ist zulässig, sofern diese nicht einer Umgehung des Verbots der Zuweisung von Versicherten gegen Entgelt oder sonstige wirtschaftliche Vorteile nach § 73 Absatz 7 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch dient. Eine Umgehung liegt insbesondere vor, wenn sich der Beitrag des Arztes auf das Erbringen medizinisch-technischer Leistungen auf Veranlassung der übrigen Mitglieder einer Berufsausübungsgemeinschaft beschränkt oder wenn der Gewinn ohne Grund in einer Weise verteilt wird, die nicht dem Anteil der persönlich erbrachten Leistungen entspricht. Die Anordnung einer Leistung, insbesondere aus den Bereichen der Labormedizin, der Pathologie und der bildgebenden Verfahren, stellt keine persönlich erbrachte anteilige Leistung in diesem Sinne dar.

Abs. 3:

Die Berufsausübungsgemeinschaft bedarf der vorherigen Genehmigung des Zulassungsausschusses. […] Die Genehmigung kann mit Auflagen erteilt werden, wenn dies zur Sicherung der Anforderungen nach Absatz 2 erforderlich ist; das Nähere hierzu ist einheitlich in den Bundesmantelverträgen zu regeln.

Hieran gemessen sind die Voraussetzungen für die Genehmigung einer auf die gemeinsame Erbringung von Anästhesie-Leistungen in der H gerichteten TBAG im vorliegenden Fall nicht erfüllt.

2) Einem Anspruch steht allerdings nicht entgegen, dass die angestrebte TBAG Anästhesie-Leistungen im Rahmen des ambulanten Operierens in der H erbringen will. Zwar hat das BSG (Urteil vom 23. März 2011, Az.: B 6 KA 11/10 R, veröffentlicht in Juris) auf der Grundlage von § 7 Abs. 4 Satz 2 des Vertrages nach § 115b Abs. 1 SGB V – Ambulantes Operieren und sonstige stationsersetzende Eingriffe im Krankenhaus – (AOP-Vertrag) i.d.F. vom 18. März 2005 (DÄ 2005, A 1232) entschieden, dass der Rahmen des § 115b SGB V i.V.m. dem AOP-Vertrag nur eingehalten ist, wenn die Anästhesieleistung von einem Arzt erbracht wird, der voll- oder teilzeitig am Krankenhaus beschäftigt und sozialversichert oder dort beamtet ist. Zwischenzeitlich hat jedoch der Gesetzgeber (Art. 1 Nr. 41b GKV-Versorgungsstrukturgesetz) § 115b Abs. 1 SGB V mit Wirkung zum 1. Januar 2012 um einen Satz 4 ergänzt, wonach im AOP-Vertrag vorzusehen ist, dass die darin enthaltenen Leistungen auch auf der Grundlage einer vertraglichen Zusammenarbeit des Krankenhauses mit niedergelassenen Vertragsärzten ambulant im Krankenhaus erbracht werden können. Dies haben die Partner des AOP-Vertrages umgesetzt, indem sie § 7 Abs. 4 des Vertrages folgenden Satz 3 angefügt haben:

„Krankenhäuser können die im Katalog nach § 3 aufgeführten ambulant durchführbaren Operationen und sonstigen stationsersetzenden Eingriffe und anästhesiologische Leistungen/Narkosen auch auf der Grundlage einer vertraglichen Zusammenarbeit des Krankenhauses mit niedergelassenen Vertragsärzten ambulant im Krankenhaus erbringen.“

Somit bedarf es für die Abrechnung von Leistungen des ambulanten Operierens nach § 115b SGB V nach der Rechtslage zum für kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung keines Anstellungs- oder Beamtenverhältnisses des Anästhesisten zum Krankenhaus mehr.

3) Die von den Klägerin angestrebte TBAG ist aber deshalb nicht genehmigungsfähig, weil sie nicht auf „einzelne Leistungen“ i.S.v. § 33 Abs. 2 Satz 3 Ärzte-ZV bezogen ist.

a) Welche Anforderungen an diese einzelnen Leistungen zu stellen sind, ist allerdings dem Gesetzeswortlaut ebenso wenig zu entnehmen wie der als Vorbild für die gesetzliche Erweiterung dienende Regelung in § 18 Abs. 1 Satz 2 der von der Bundesärztekammer entwickelten (Muster-)Weiterbildungsordnung („zum Erbringen einzelner Leistungen“) oder der für die Berliner Ärzte maßgebliche Bestimmung in § 18 Abs. 1 der Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Berlin („auch beschränkt auf einzelne Leistungen“). Durch die Verwendung des Plurals in allen diesen genannten Vorschriften wird zumindest erkennbar, dass eine TBAG, die nur die gemeinsame Erbringung einer einzigen Leistung zum Inhalt hat, ausgeschlossen ist.

b) Hinreichend scharfe Konturen zur näheren Eingrenzung der weit gefassten Formulierung „einzelne Leistungen“ lassen sich indes aus der Gesetzesbegründung (Entwurf eines VÄndG, BT-Drs. 16/2474, S. 31) ableiten. Danach wird die die Bildung einer TBAG „zur Übernahme spezifischer, auf die Erbringung bestimmter Leistungen bezogener Behandlungsaufträge“ erlaubt. Als Beispiel werden ein Kinderarzt und ein Neurologe angeführt, die – neben ihren weiterhin bestehenden Einzelpraxen – eine Berufsausübungsgemeinschaft zur Behandlung kinderneurologischer Erkrankungen bilden. Hieran, vor allem aber durch die Erwähnung der „Behandlungsaufträge“ wird deutlich, dass die „einzelnen Leistungen“ sach- und nicht orts- oder personenbezogen näher zu definieren sind. Der Gesetzgeber hatte somit die diagnose- oder therapiebezogene gemeinsame Behandlung vor Augen, nicht aber die umfassende gemeinsame Leistungserbringung gegenüber bestimmten Patienten oder an einem bestimmten Ort, z.B. einem bestimmten Krankenhaus, wie es die Kläger beabsichtigen.

c) Hinzu kommt, dass dem Vertrag der Kläger in keiner Weise zu entnehmen ist, welche durch die Gebührenziffern des EBM konkretisierten Leistungen im Einzelnen Gegenstand der teilweise gemeinsamen Berufsausübung sein sollen. Einer solchen Bezeichnung bereits im Gesellschaftsvertrag bedarf es, weil auch die Zulassungsgremien in die Genehmigungsentscheidung die im Rahmen der TBAG gemeinsam erbrachten Leistungen im Einzelnen aufnehmen müssen. Nur so ist es möglich für Abrechnungs- und Qualitätssicherungszwecke die durch die TBAG erbrachten Leistungen von den Leistungen abzugrenzen, die die an der TBAG beteiligten Vertragsärzte im Rahmen ihrer daneben bestehenden Praxis erbringen.

d) Offen bleiben kann in diesem Zusammenhang, ob von einer TBAG auch dann gesprochen werden kann, wenn einer der an ihr beteiligten Vertragsärzte – wie hier der Kläger zu 1) – seine gesamten vertragsärztlichen Leistungen nur noch im Rahmen der TBAG erbringen will, sodass die gesetzlich vorgegebene Begrenzung auf „einzelne Leistungen“ in seinem Fall nicht beachtet wäre.

4) Scheitert die von den Klägern angestrebte TBAG gegenwärtig bereits daran, dass sie nicht sachbezogen auf die Erbringung „einzelner Leistungen“ ausgerichtet ist, können alle weiteren im bisherigen Verfahren erörterten Fragen, etwa nach der Erfüllung der weiteren Voraussetzungen gemäß § 15a Abs. 5 BMV-Ä, der Rechtmäßigkeit dieser Vorschrift oder einer Verletzung der Berufsfreiheit (Art. 12 GG) der Kläger, dahinstehen.

III) Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 und 2, § 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).