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Sportunfall; Übergangsrecht; Vollbeweis


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 3. Senat Entscheidungsdatum 15.07.2010
Aktenzeichen L 3 U 9/07 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 215 Abs 1 S 1 SGB 7, § 1150 Abs 2 S 1 RVO, § 581 Abs 1 Nr 2 RVO

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 18. August 2006 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen

Tatbestand

Streitig ist die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls vom Mai oder Juni 1987.

Der 1958 geborene Kläger absolvierte vom 01. September 1986 bis Sommer 1990 ein Sportstudium an der Deutschen Hochschule für Körperkultur und Sport (DHfKS) in L.

Mit Schreiben vom 10. Mai 1991 wandte sich der Kläger zunächst an die Bundesausführungsbehörde für Unfallversicherung (BAfU) und wies auf zwei Sportunfälle aus den Jahren 1976 und 1978 (Verletzungen des linken bzw. rechten Knies) hin, die er als ehemaliger Leistungssportler beim FC Energie C erlitten habe. Im Rahmen der daraufhin eingeleiteten Ermittlungen zog die BAfU auch einen Arztbrief des Dr. S vom damaligen Forschungsinstitut für Körperkultur und Sport vom 04. Februar 1991 bei, nach welchem der Kläger sich während einer Sportfestübung 1987 beim Trampolinspringen eine Kontusion der Wirbelsäule zugezogen hätte. Er sei aus ca. 5 Meter Höhe beim Training auf dem Testfeld der DHfK auf beiden Beinen gelandet und habe danach Schmerzen im Rücken, besonders im Bereich der Lendenwirbelsäule, verspürt. Nachfolgend seien Injektionen und manualtherapeutische Maßnahmen durchgeführt worden. Seitdem seien wechselnde Beschwerden nach sportlichen Belastungen und bei schwerem Tragen aufgetreten. Röntgenaufnahmen der Lendenwirbelsäule vom 22. Januar 1991 hätten einen altersentsprechenden Befund bis auf eine geringe Retrolisthesis L5 gegenüber S1 ergeben. Röntgenaufnahmen des Beckens vom 21. Januar 1987 hätten eine Bogenschlussstörung bei L1 gezeigt. Es sei ein Zusammenhang zwischen der Sportverletzung 1987 und den wiederkehrenden Rückenbeschwerden anzunehmen. Der Kläger legte hierzu eine eidesstattliche Versicherung seines vormaligen Trainingspartners M W vom 28. Juni 1994, der hierin Angaben zu einer schweren Stauchverletzung der Wirbelsäule beim Trampolinspringen am 07. Juli 1987 machte, sowie Kopien aus seinem Sozialversicherungsausweis (SVA) vor. Mit Bescheid vom 13. Juni 1996 lehnte die BAfU die Anerkennung des Ereignisses vom 07. Juli 1987 als Unfall ab, da sie erst nach dem 31. Dezember 1993 Kenntnis von dem Unfall erlangt habe und es sich nicht um einen Arbeitsunfall i. S. d. Vorschriften des 3. Buchs der Reichsversicherungsordnung (RVO) handele (§ 1150 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 RVO). Der hiergegen eingelegte Widerspruch blieb erfolglos. Die anschließende Klage vor dem Sozialgericht Cottbus (SG) wurde mit Urteil vom 28. Oktober 1999 abgewiesen. Das Landessozialgericht Brandenburg (LSG) leitete im Rahmen des Berufungsverfahrens (L 7 U 95/99) Ermittlungen beim Universitätsarchiv L ein und zog von dort u. a. eine Unfallmeldung vom 30. Juni 1987 betreffend eine Stauchung der Lendenwirbelsäule am selben Tag bei. Der Kläger legte außerdem eine Auskunft des Dekans der sportwissenschaftlichen Fakultät der Universität L, Prof. Dr. K, vom 11. Juli 2000 vor. Daraufhin schlossen die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vom 28. August 2000 vor dem LSG einen Vergleich, in welchem die damalige Beklagte die Bekanntgabe des am 30. Juni 1987 geschehenen Ereignisses bei sich am 01. Oktober 1992 als erfolgt ansah und sich zur Prüfung von Leistungen verpflichtete.

Mit Schreiben vom 27. Oktober 2000 leitete die BAfU die Akten an die Beklagte weiter unter Hinweis darauf, dass es sich nach der Aussage von Prof. Dr. K bei dem Unfall nicht um einen Unfall bei einer organisierten gesellschaftlichen, kulturellen oder sportlichen Tätigkeit nach § 1 der Verordnung über die Erweiterung bei Unfällen in Ausübung gesellschaftlicher, kultureller oder sportlicher Tätigkeiten vom 11. April 1973 (VersSchutzErwVO), sondern um einen Unfall im Rahmen des Studiums gehandelt habe.

Die Beklagte zog im Rahmen ihrer Ermittlungen eine auszugsweise Kopie der Patientenakte des behandelnden Allgemein- und Sportmediziners Dr. S, eine auszugsweise Kopie des SVA des Klägers sowie eine Aufstellung der Versicherungs- und Arbeitsunfähigkeitszeiten von der AOK B bei. Anschließend veranlasste sie eine Untersuchung und Begutachtung des Klägers durch den Facharzt für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. G. In seinem Gutachten vom 16. November 2001 gelangte dieser zu dem Schluss, sämtliche heute nachweisbaren Veränderungen an der Wirbelsäule seien degenerativer Natur. Wenn man das angeschuldigte Ereignis als Unfallereignis in Betracht ziehe, so habe dies lediglich eine Stauchung der Wirbelsäule zur Folge gehabt, welche innerhalb von sechs Wochen folgenlos ausgeheilt sei. Unfallunabhängig bestünden eine rechtskonvexe Skoliose thorakal nach Morbus Scheuermann, eine mäßiggradige Listhesis L5/S1, eine Bandscheibenverschmälerung L4/5 als Anschlusssegmenterkrankung, eine massive Varusgonarthrose beidseits mit Retropatellararthrose, ein Zustand nach Leisten- und Hodenbruchoperation als Kind, ein konservativ behandelter Knöchelbruch rechts 1980. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage 0. v. H.. Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 18. Januar 2002 (bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 21. März 2002) die Gewährung von Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 30. Juni 1987 ab. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit habe bis zum 13. August 1987 bestanden. Nach ärztlichen Erfahrungswerten und gutachterlicher Stellungnahme habe als Unfallfolge eine Stauchung der Lendenwirbelsäule vorgelegen, die innerhalb von sechs Wochen folgenlos ausgeheilt sei. Als unfallunabhängige Erkrankungen seien schicksalhafte Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule (rechtskonvexe Verkrümmung der Wirbelsäule nach Morbus Scheuermann, Bandscheibenverschmälerung L4/L5 als Anschlusssegmenterkrankung) festgestellt worden.

Im anschließenden Klageverfahren hat der Kläger geltend gemacht, er habe am 30. Juni 1987 nicht nur eine Stauchung der Lendenwirbelsäule, sondern eine schwere Verletzung erlitten. Erst seit dem Unfall bestünden erhebliche Beschwerden insbesondere im Bereich der Lendenwirbelsäule. Er hat außerdem seinen SVA im Original vorgelegt.

Das SG hat zunächst Befundberichte von dem behandelnden Orthopäden Dipl.-Med. R vom 21. Juni 2002 sowie von dem Allgemeinmediziner Dr. P vom 08. Juli 2002 eingeholt. Darüber hinaus hat das SG eine schriftliche Zeugenaussage des ehemaligen Trainingspartners M W (schriftliche Aussage vom November 2003) veranlasst.

Des Weiteren hat das SG Beweis erhoben und den Chirurgen Dr. B mit der Untersuchung des Klägers und der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. In seinem Gutachten vom 20. Juli 2004 hat der Sachverständige nach einer Untersuchung des Klägers am 15. Juli 2004 folgende Gesundheitsstörungen festgestellt: degenerative Veränderungen und Fehlhaltung der Wirbelsäule mit Neigung zu cervikalen und lumbalen Reizerscheinungen, erhebliche Varusgonarthrose, Zustand nach Innenmeniskektomie beidseits, Zustand nach arthroskopisch gesicherter vorderer Kreuzbandruptur rechts, Zustand nach Nasenbeinfraktur, Zustand nach Sprunggelenksfraktur rechts, Zustand nach operativer Versorgung einer Leistenhernie links und einer Rezidivhernie links, Zustand nach Trommelfellperforation links. Keine dieser Gesundheitsstörungen sei ursächlich auf den Unfall vom 30. Juni 1987 zurückzuführen. Das Geschehen sei nicht geeignet gewesen, einen Körperschaden hervorzurufen. Entsprechende medizinische Befunde zeitnah zum Geschehen vom 30. Juni 1987 lägen nicht vor.

Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG noch den Facharzt für Allgemein- und Sportmedizin Dr. S mit der Erstellung eines Gutachtens betraut. In seinem am 22. November 2005 nach einer Untersuchung des Klägers am 10. September 2005 fertig gestellten Gutachten ist dieser zu dem Ergebnis gelangt, es sei davon auszugehen, dass eine schwere Verletzung i. S. e. Fraktur, Luxation o. ä. nicht vorgelegen habe. Denn posttraumatisch nach dem 30. Juni 1987 sei keine stationäre Behandlung erfolgt, neurologische Ausfälle seien zudem nicht aufgetreten. Bei dem Kläger lägen im Bereich der Wirbelsäule folgende Gesundheitsstörungen vor: chronischer Wirbelsäulenschaden mit mittelgradiger funktioneller Auswirkung in mindestens zwei Abschnitten, chronisch-rezidivierende Funktionsstörungen der Lendenwirbelsäule bei Zustand nach Kontusions-Distorsionstrauma der Lendenwirbelsäule mit chronischer Fehlhaltung, degenerative Veränderungen der Lendenwirbelsäule mit osteochondrotischer und bandscheibenbedingter Degeneration L4/5 und L5/S1 sowie Spondylose, Bandscheibenprotrusion L4/5 mit erheblicher lumbosacraler Osteochondrose und Dornfortsatzelongation, Bandscheibenprolaps L1/2 und Spondylarthrose. Durch den Sturz aus 5 Meter Höhe könne es zu unphysiologischen Mikrobewegungen in dem Bewegungssegment i. S. e. Segmentinstabilität mit verstärkter Belastung der Wirbelgelenke und Reizung der nervalen Strukturen und Gelenkkapseln kommen. Dies sei durch eine Röntgenuntersuchung allein nicht nachweisbar. Die posttraumatisch gehäuften Rückenschmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule seien zum größten Teil auf den Unfall zurückzuführen. Die aktuellen Röntgen- und MRT-Aufnahmen gäben Hinweise auf einen Dauerschaden. Hierfür solle eine MdE von 20 v. H. zuerkannt werden.

Das SG hat die auf Gewährung einer Verletztenrente gerichtete Klage durch Urteil vom 18. August 2006 abgewiesen. Der geltend gemachte Anspruch des Klägers richte sich nach den Rechtsvorschriften der RVO i. V. m. den gesetzlichen Bestimmungen der DDR. Der hier maßgebliche Versicherungsfall sei, sein Vorliegen unterstellt, allenfalls im Jahre 1987 eingetreten und der Beklagten am 01. Oktober 1992 zur Kenntnis gebracht worden. Das Gericht folge den stimmigen und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. B. Danach sei keine der beim Kläger bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf den Unfall im Jahre 1987 zurückzuführen. Nach Durchsicht sämtlicher Unterlagen ergebe sich kein Hinweis für einen ambulant oder stationär behandlungspflichtigen Befund im Bereich der Lendenwirbelsäule im Zeitraum von Ende Juni 1987 bis Anfang Juli 1987. Ein Arbeitsunfall sei im SVA nicht vermerkt. Dem SVA sei allerdings zu entnehmen, dass der Kläger im Januar und Mai sowie wieder im November 1987 in ambulanter Behandlung gewesen sei. Für November 1987 sei kein Diagnoseschlüssel verzeichnet. Am 26. Mai 1987 sei der Diagnoseschlüssel 922 bzw. 724 verzeichnet. 922 bezeichne eine Prellung des Rumpfes, 724 hingegen eine sonstige und nicht näher bezeichnete Affektion des Rückens. Keinesfalls seien Behandlungen und Diagnosen in Bezug auf das angeschuldigte Ereignis dokumentiert, so dass davon ausgegangen werden müsse, dass bei dem Kläger zum infrage kommenden Zeitpunkt keine schwere gesundheitliche Beeinträchtigung bestanden habe. Die Tatsache, dass der Kläger nach seinen eigenen Angaben unter „Spritzentherapie“ am Sportfest habe teilnehmen können, spreche ebenfalls gegen eine schwere Verletzung. Außerdem bestünden Hinweise für eine unfallunabhängige anlagebedingte Fehlhaltung der Wirbelsäule mit Verschleißprozessen in allen Wirbelsäulenabschnitten. Die Ausführungen des Dr. S könnten hingegen nicht zu überzeugen. Seine Schlussfolgerungen seien nicht nachvollziehbar und rein spekulativ.

Mit seiner hiergegen gerichteten Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren fort. Der Unfall habe sich in Wahrheit am 26. Mai 1987 ereignet, was sich aus dem SVA sowie der Gesundheitsakte a1 des Gesundheitsamtes L ergebe. Im Übrigen sei das Datum des Unfalls zweitrangig. Er sei damals völlig ungeschützt auf dem Boden aufgekommen, denn seine ganze Konzentration und Körperspannung habe der Ausführung des Sprungs in perfekter gestreckter Körperhaltung gegolten, weshalb Gedanken an die Landung hätten völlig ausgeblendet werden müssen. Bei der ungeschützten Landung hätten im Vergleich zu einer normalen – abgefangenen - Landung überproportional große Kräfte auf die Wirbelkörper eingewirkt, die zu Mikroschäden im Gewebeumfeld geführt hätten. Vor dem Unfall hätten keine nennenswerten Lumbalgien bestanden, was sich auch dem Gesundheitszeugnis vom 14. Dezember 1984, welches beigefügt werde, entnehmen lasse. Allein überzeugend sei das Gutachten des Dr. S, der zutreffend darauf hingewiesen habe, dass der Unfall zu Mikroverletzungen geführt habe. Im Übrigen sei es anhand der Akte der Sportmedizinischen Ambulanz der DHfKS seines Erachtens nachgewiesen, dass es durch den Unfall zu einem pendelnden Prolaps gekommen sei. Er legt schriftliche Zeugenerklärungen der ehemaligen Mitstudenten U P vom 25. Februar 2007, H E vom 20. Februar 2007 und M L vom 30. März 2007 sowie unter anderem einen Röntgenbefund der Lendenwirbelsäule vom 09. März 1996, einen CT-Befund der Lendenwirbelsäule vom 01. März 1996, eine Bescheinigung von Frau Dr. H von der Sportmedizinischen Ambulanz der DHfKS vom 12. Januar 1989 (Befreiung vom Kücheneinsatz wegen Wirbelsäulenverletzung) sowie einen Konsiliarbericht des Dr. S für den Dipl.-Psych. S vom 17. März 2010 vor.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 18. August 2006 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. März 2002 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls vom 30. Juni 1987/26. Mai 1987 Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 20 v. H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.

Der Senat hat zunächst die beim Krankenblattarchiv der Stadt L archivierte Akte der Sportmedizinischen Ambulanz der DHfKS sowie die dort vorliegenden Röntgenbilder beigezogen.

Die Beklagte weist nach Einsichtnahme in die Akte der Sportmedizinischen Ambulanz u. a. darauf hin, dass der klägerische Vortrag, er sei vor dem Unfall beschwerdefrei gewesen, unzutreffend sei. Aus der Akte der Sportmedizinischen Ambulanz ergebe sich vielmehr, dass er bereits am 29. September 1986 unter rezidivierenden Rückenbeschwerden gelitten habe. Zum 08. September 1986 sei eine Wirbelsäulenstauchung diagnostiziert worden, unter dem 09. September 1986 sei zudem der Zusatz „Rückenbeschwerden (seit Verheben) etwa 1 Jahr“ vermerkt worden.

Anschließend hat der Senat den Orthopäden Dr. W-R mit der Erstellung eines Gutachtens nach Aktenlage betraut. In seinem Gutachten vom 22. April 2008 sowie in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 05. Juni 2008 ist dieser unter Auswertung der Akte der Sportmedizinischen Ambulanz nebst Röntgenbildern zu dem Schluss gelangt, der vom Kläger geschilderte Geschehensablauf sei zwar als durchaus geeignet für die Verursachung einer schweren Verletzung wie beispielsweise einer Wirbelkörperfraktur anzusehen. Da dem Ereignis ein struktureller Schaden, welcher bis zum heutigen Tage zu dauerhaften Rückenbeschwerden geführt habe, angelastet werde, müsse der damalige Wirbelsäulenschaden das Ausmaß einer Distorsion, Stauchung, Wirbelsäulenblockade oder reaktiven muskulären Überlastung überstiegen haben. Folgen einer Rückenzerrung oder Wirbelsäulenblockierung stellten nämlich vorübergehende Veränderungen dar, die folgenlos nach einigen Wochen ausheilten. Gehe man theoretisch davon aus, dass eine Substanzverletzung am Achsenorgan eingetreten sei, so müsse dies entweder die knöchernen Wirbelkörper und/oder die Bandscheiben betroffen haben. Für derartige Verletzungen gebe es jedoch anhand der Schilderungen des Klägers sowie der vorliegenden Befundunterlagen weder klinische noch bildmorphologische Hinweise. Der rekonstruierbare Beschwerde-, Krankheits- und Behandlungsverlauf innerhalb der ersten Tage, Wochen und Monate nach dem Sturz bzw. den Stürzen sei nicht mit einer substanziellen Verletzung der unteren Lendenwirbelsäule vereinbar. Auch die Bilddokumente späterer Jahre ließen keinen Rückschluss auf ein eindeutiges traumatisches Korrelat zu. Die in den Jahren 1991 bis 2002 veranlassten Röntgenaufnahmen zeigten einen zunehmenden Abnutzungsprozess der Segmente L4/5 und auch L5/S1. Wirbelkörperverformungen als Hinweis auf eine abgelaufene Deckplattenfraktur mit sekundärer Keildeformierung hätten sich nicht entwickelt. Dornfortsatzveränderungen oder Querfortsatzabbrüche könnten ausgeschlossen werden. Das mögliche Argument, dass insbesondere auf der Etage L4/5 durch eine damals nicht nachgewiesene Bandscheibenverletzung eine sekundäre Osteochondrose eingetreten sei, lasse sich durch das fehlende klinische Beschwerdebild entkräften. Eine traumatische Bandscheibenschädigung hätte mit hoher Wahrscheinlichkeit zu neurologischen Ausfallerscheinungen geführt. Außerdem hätte auch unter Schmerzmedikation nicht nach einer Woche das Training bereits wieder aufgenommen werden können. Zudem gebe es keine isolierten Bandscheibenverletzungen. Knöcherne oder ligamentäre Begleitverletzungen seien jedoch nicht nachweisbar. Der MRT-Befund vom 06. Oktober 2005 enthalte unzulässige gutachterliche Bewertungen. Zusammenfassend habe der Trampolinsprung zu einer Stauchung/Distorsion der Lendenwirbelsäule geführt, die innerhalb von maximal sechs Wochen folgenlos ausgeheilt sei. Alle anderen nachgewiesenen Veränderungen an der Lendenwirbelsäule und den übrigen Abschnitten des Achsorgans seien nicht ursächlich auf das angeschuldigte Ereignis zurückzuführen.

Der Kläger hält das Gutachten nicht für überzeugend. Er legt einen MRT-Befund der Lendenwirbelsäule vom 10. Juni 2009 sowie eine Nachbefundung des MRT vom 06. Oktober 2005 vom 01. November 2005 vor. Entgegen der Auffassung des Dr. W-R sei es nicht erforderlich, dass es bei dem Unfall auch zu einer Fraktur eines Wirbelkörpers kommen müsse. Nach dem ungeschützten Aufprall sei er mit der Wirbelsäule im gefühlten Lendenbereich (L4/5) nach rückwärts unten umgeknickt. Nach der Verletzung habe er nicht an der planten Übung während des Sportfestes teilgenommen, sondern unter Einnahme von Schmerzmitteln und Verabreichung von Morphiatinjektionen eine abgespeckte zwei bis dreiminütige Version absolviert, in der er nur gymnastische Übungen durchgeführt habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten sowie der Akte des SG Cottbus zum Aktenzeichen S 7 U 82/97 – L 7 U 95/99 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls vom 30. Juni 1987 oder 26. Mai 1987. Nach dem Wortlaut des angefochtenen Bescheides vom 18. Januar 2002 hat die Beklagte allein über die Folgen eines Arbeitsunfalls vom 30. Juni 1987 entschieden. Ausführungen zu anderen Unfällen oder anderen möglichen Daten finden sich weder im Bescheid noch im Widerspruchsbescheid. Auch der vor dem LSG Brandenburg am 28. August 2000 geschlossene Vergleich bezog sich auf einen Unfall vom 30. Juni 1987.

Ausgehend davon, dass der Kläger sich offenbar von Anfang an immer nur auf ein Ereignis bezogen hat, über dessen Datum er sich lediglich nicht im Klaren ist, und dass die Beklagte über dieses eine Ereignis – unabhängig von dem fraglichen Datum - entschieden hat, ist aber auch ein Anspruch des Klägers auf Gewährung von Verletztenrente wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls vom 26. Mai 1987 (oder auch 26. Juni 1987) nicht gegeben.

Rechtsgrundlage für die Gewährung von Verletztenrente sind nach § 215 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) i. V. m. § 1150 Abs. 2 Satz 1 RVO die Vorschriften der RVO sowie die Vorschriften der ehemaligen DDR. Nach § 581 Abs. 1 Nr. 2 RVO wird, solange infolge des Arbeitsunfall die Erwerbsfähigkeit des Verletzten um wenigstens ein Fünftel gemindert ist, als Verletztenrente der Teil der Vollrente gewährt, der dem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) entspricht. Ein Arbeitsunfall war nach den rechtlichen Vorgaben der DDR eine Verletzung eines Werktätigen im Zusammenhang mit dem Arbeitsprozess. Die Verletzung muss durch ein plötzliches, von außen einwirkendes Ereignis hervorgerufen worden sein (§ 220 Abs. 1 des Arbeitsgesetzbuchs der DDR <AGB-DDR> vom 16. Juni 1977, GBl. I Nr. 18 S. 185ff). Arbeitsunfall war auch ein Unfall, den ein Student in Ausübung seines Studiums erlitt, denn Studenten unterlagen der Pflichtversicherung bei der Sozialversicherung (Verordnung über die Pflichtversicherung der Studenten und Aspiranten bei der Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten vom 15. März 1962, GBl. II Nr. 15 S. 126f). Geht man mit der Auskunft des Prof. Dr. K davon aus, dass das Training für das vom 27. Juli bis zum 03. August 1987 andauernde Turn- und Sportfest der DDR in das studentische Curriculum integriert war, bestand somit Versicherungsschutz für den Kläger als Student. Aber auch wenn man dies verneinen wollte, bestand Versicherungsschutz zumindest nach § 1 der VersSchutzErwVO. Derartige Unfälle waren nach § 220 Abs. 3 AGB-DDR Arbeitsunfällen gleichgestellt.

Bei dem Kläger bestehen jedoch keine Gesundheitsstörungen mehr, die ursächlich auf eines der angegebenen Ereignisse zurückgeführt werden können.

Alle rechtserheblichen Tatsachen bedürfen des vollen Beweises mit Ausnahme derjenigen, die einen Ursachenzusammenhang (Unfallkausalität, haftungsbegründende und haftungsausfüllende Kausalität) ergeben; für diese genügt angesichts der hier typischen Beweisschwierigkeiten die hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG in SozR 2200 § 548 Nrn. 70 und 84). Voll bewiesen sein müssen aber auch hinsichtlich des Ursachenzusammenhangs immer die Ursache selbst und der ihr zuzurechnende Erfolg; die hinreichende Wahrscheinlichkeit bezieht sich nur auf die kausalen Zwischenglieder. Hinreichende Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG vom 02. April 2009 – B 2 U 29/07 R -, in Juris m. w. N.). Zu den voll zu beweisenden Tatsachen gehören damit z. B. die Erfüllung eines Versicherungsschutztatbestandes nach §§ 539 ff RVO, die Verrichtung der versicherten Tätigkeit, das äußere Ereignis, ein Körperschaden, die Plötzlichkeit als Unfallmerkmale und das Bestehen länger andauernder Gesundheitsstörungen als Unfallfolgen. Eine Tatsache ist bewiesen, wenn sie in so hohem Maße wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 9. Aufl. 2008, Randnr. 3b zu § 128 m. w. N.).

Zur Feststellung einer gesundheitlichen Beeinträchtigung infolge eines Arbeitsunfalls muss zwischen dem Unfallereignis und den geltend gemachten Unfallfolgen entweder mittels des Gesundheitserstschadens, z. B. bei einem Sprunggelenksbruch, der zu einer Versteifung führt, oder direkt, z. B. bei einer Amputationsverletzung, ein Ursachenzusammenhang nach der im Sozialrecht geltenden Theorie der wesentlichen Bedingung bestehen.

Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio-sine-qua-non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen (vgl. Urteil des BSG vom 09. Mai 2006 – B 2 U 1/07 R -, in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17). Da Verschulden bei der Prüfung eines Versicherungsfalles in der gesetzlichen Unfallversicherung unbeachtlich ist, weil verbotswidriges Handeln einen Versicherungsfall nicht ausschließt (§ 7 Abs. 2 SGB VII), erfolgt im Sozialrecht diese Unterscheidung und Zurechnung nach der Theorie der wesentlichen Bedingung. Nach dieser werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (grundlegend: Reichsversicherungsamt, AN 1912, S 930 f; übernommen vom BSG in BSGE 1, 72, 76; BSGE 1, 150, 156 f; stRspr vgl. u. a. Urteile des BSG vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R - in SozR 4-2700 § 8 Nr. 15 sowie vom 09. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R -, a. a. O.). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (vgl. Urteil des BSG vom 09. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R -, a. a. O.).

Für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache hat die Rechtsprechung folgende Grundsätze herausgearbeitet: Es kann mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben. Sozialrechtlich ist allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben) (vgl. u. a. BSG in SozR Nr. 69 zu § 542 a. F. RVO; BSG in SozR Nr. 6 zu § 589 RVO; Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl. 2003, Anm. 1.3.6.1). Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts (vgl. BSG in SozR Nr. 27 zu § 542 RVO; BSG in SozR Nr. 6 zu § 589 RVO). Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden (vgl. BSG in SozR 2200 § 589 Nr. 10; BSG in SozR 2200 § 548 Nr. 75; Urteil vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R – in SozR 4-2700 § 8 Nr. 15). Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (BSG in SozR 2200 § 589 Nr. 10; Urteil vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R – a. a. O.).

Gesichtspunkte für die Beurteilung der besonderen Beziehung einer versicherten Ursache zum Erfolg sind neben der versicherten Ursache bzw. dem Ereignis als solchem, einschließlich der Art und des Ausmaßes der Einwirkung, die konkurrierende Ursache unter Berücksichtigung ihrer Art und ihres Ausmaßes, der zeitliche Ablauf des Geschehens - aber eine Ursache ist nicht deswegen wesentlich, weil sie die letzte war -, weiterhin Rückschlüsse aus dem Verhalten des Verletzten nach dem Unfall, den Befunden und Diagnosen des erstbehandelnden Arztes sowie der gesamten Krankengeschichte. Ergänzend kann der Schutzzweck der Norm heranzuziehen sein (vgl. BSG in SozR 2200 § 548 Nr. 4; BSG in SozR 4-2200 § 589 Nr. 1).

Der Kläger beklagt das Bestehen permanenter bzw. ständig wiederkehrender Beschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule nach dem Ereignis, bei dem er ohne Abbremsung durch die Fänger in gestreckter Körperhaltung mit beiden Beinen aus ca. 5 Meter Höhe auf dem Hallenboden, der nicht durch eine Matte gepolstert gewesen sein soll, aufgekommen sein soll. Dieser – zusammengefasste – Hergang ergibt sich aus den Angaben des Klägers sowie der Zeugen W, P und L. Der Hergang soll nach Auffassung des Klägers zu einem pendelnden Prolaps in unbekannter Segmenthöhe geführt haben.

Dies soll sich – nach den Angaben des Klägers mal am 07. Juli 1987 (Angabe z. B. am 21. August 1995 gegenüber der BAfU), mal am 30. Juni 1987 (dieses Datum wurde nach dem Vorliegen der Unfallmeldung vom selben Tag übernommen, bei dem Gutachten des Dr. G ging der Kläger jedoch weiter vom 07. Juli 1987 aus), dann am 26. Mai 1987 (in der Berufungsinstanz nach Einsicht in die Akte der Sportmedizinischen Ambulanz), zugetragen haben.

Die Zeugen stützen eher einen Zeitpunkt Ende Juni/Anfang Juli 1987. Der Zeuge L meint, der Unfall habe sich vier bis fünf Wochen vor dem Sportfest (das am 27. Juli 1987 begann) ereignet. Der Zeuge W hat immer den 07. Juli 1987 als Unfalldatum genannt.

Zum 30. Juni 1987 liegt zwar eine Unfallmeldung vor. Hiernach ist der Kläger gegen 10 Uhr am 30. Juni 1987 beim Springen über den Ring ohne exakte Absicherung auf dem Rasen des Testfeldes der DHfKS gelandet mit der Folge einer Stauchung im Lendenwirbelsäulenbereich. Jedoch finden sich weder im SVA noch in der Krankenakte der Sportmedizinischen Ambulanz Eintragungen bzgl. eines derartigen Unfalls an jenem Tag. Bei dieser Unfallmeldung könnte es sich aber auch um eine Nachmeldung gehandelt haben, bei der das Unfalldatum falsch angegeben worden ist.

In der Akte der Sportmedizinischen Ambulanz finden sich hingegen folgende Einträge:

08. September 1986

„Beim Sprung Wirbelsäule gestaucht; deutlicher Schmerz paravertebrale Lendenwirbelsäule; Diagnose: Wirbelsäulenstauchung“.

Röntgenaufnahmen wurden nicht veranlasst, jedoch bereits ein halbes Jahr zuvor gefertigte Röntgenaufnahmen von der Poliklinik in L angefordert. Es wurde ein Sportverbot bis zum 10. September 1986 ausgesprochen. Die Therapieanordnung ist nicht lesbar.

26. Mai 1987

„Nach Unfall bei Sprung Wirbelsäule gestaucht.

Befund: Bewegungsschmerz nach ventral und dorsal; Diagnose: vertebragenes Schmerzsyndrom nach Stauchung“. Er erhielt eine fünfmalige Anwendung des Perl´schen Geräts und fünfmal URS (Ultraschall?), außerdem Rewodina (Schmerzmittel), Elacur (Schmerzcreme) und Bäder. Sportverbot bestand zunächst bis zum 02. Juni 1987 mit den Diagnoseschlüsseln 922 und 724.

Dies spiegelt sich im SVA wider, wo Arbeitsunfähigkeit vom 26. Mai bis zum 02. Juni 1987 wegen 922 (lt. Diagnoseschlüssel der DDR nach dem ICD i. d. 9. Revision 1979: Prellung des Rumpfes) und 724 (sonstige und nicht näher bezeichnete Affektionen des Rückens) eingetragen wurde.

In der Folgezeit wurde das Sportverbot verlängert bis zum 05. Juni 1987 (Eintrag vom 02. Juni 1987 ). Am 02. Juni 1987 hatte der Kläger keine Beschwerden mehr, der Finger-Boden-Abstand betrug 0 cm. Die Rückenmuskulatur war noch verspannt. Physiotherapie war nicht durchgeführt worden.

26. Juni 1987

„Heute Stauchung Wirbelsäule (Rezidiv).

„Schmerzen in Lendenwirbelsäule beim Gehen, Beugen, Laufen; Blockierung LWK 3/ LWK 4“. Es erfolgte eine manualtherapeutische Behandlung, die zur Besserung führte. Verordnet wurde noch Elacur; eine Wiedervorstellung im Bedarfsfall war für den folgenden Tag geplant.

Am 27. Juni 1987 war die gesamte Wirbelsäule fixiert. Es bestanden Blockierungen bei C1-5, Th 7-9 und L3-5. Erneut wurde der Kläger manualtherapeutisch behandelt. Außerdem erhielt er zwei Tage Sportbefreiung.

Am 29. Juni 1987 war eine „deutliche Besserung“ eingetreten. Bei L5 links bestand noch eine Blockierung, das Training sollte am folgenden Tag wieder aufgenommen werden.

Am 02. Juli 1987 (evtl. 01. Juli 1987 ?) zeigte sich erneute eine Blockierung bei L5, die manualtherapeutisch behandelt wurde. Zunächst war eine Wiedervorstellung bei Bedarf angedacht mit Xylocain-Behandlung (Lokalanästhetikum).

Am 02. Juli 1987 morgens bestand muskulärer Hartspann. Der Kläger erhielt lokale Xylocain-Behandlungen und Rewodina. Nachmittags um 17 Uhr war keine Besserung eingetreten, es bestanden Blockierungen bei L3-5. Ärztlicherseits wurde ein Verdacht auf einen pendelnden Prolaps festgehalten.

Am 06. Juli 1987 war der Zustand deutlich gebessert, trotzdem wurde ein Trainingsverbot bis zum 11. Juli 1987 ausgesprochen.

Am 16. Juli 1987 morgens klagte der Kläger weiter über Schmerzen bei Beuge- und Streckbelastungen. Eine Blockierung der Lendenwirbelsäule wurde manualtherapeutisch behandelt. Der Kläger wünschte ein Schmerzpflaster (Capsaicinpflaster?).

Am 02. August 1987 erlitt der Kläger offenbar einen Unfall beim Fußball, der Status wurde jedoch mit „ohne Befund“ beschrieben.

20. Januar 1988

„Erneut Rückenbeschwerden“ (Zuvor waren bereits am 18. Januar 1988 Rückenbeschwerden der Lendenwirbelsäule bei Steilstellung der Lendenwirbelsäule geklagt und eine Sportbefreiung bis zum 27. Januar 1988 ausgesprochen worden).

„Bei Springen und Geräteturnen erneut gestaucht. Schmerz. Diagnose: vertebragenes Schmerzsyndrom“. Sportbefreiung bestand bis zum 27. Januar 1988. Verordnet wurde fünfmal Perl, fünfmal URS, Rewodina und Vipratox (Schmerzsalbe).

Am 01. Februar 1988 war der Zustand gebessert.

Am 11. Januar 1989 wurde bescheinigt, dass ärztlicherseits ein Kücheneinsatz im Januar/Februar 1989 wegen Rückenschmerzen nicht möglich sei.

Am 12. November 1990 findet sich die Eintragung, der Kläger sei wegen 724 bis zum 09. November 1990 arbeitsunfähig. Hierzu findet sich im SVA auch eine Eintragung betreffend eine Arbeitsunfähigkeit vom 05. bis zum 09. November 1990. Es bestanden am 12. November 1990 Bewegungsschmerzen der Lendenwirbelsäule. Die Verdachtsdiagnose lautete „Blockierung der Lendenwirbelsäule“. Es erfolgte eine manualtherapeutische Deblockierung. Der Kläger sollte außerdem zu Hause selber Übungen durchführen. Es wurde Salben und Bäder verschrieben. Am 28. November 1990 wurde von einer zwischenzeitlichen Besserung berichtet, nach Fußballspiel und Volleyballspiel waren aber erneut Beschwerden aufgetreten. Der Finger-Boden-Abstand betrug 5 cm. Es fand sich ein geringer Schmerz bei der Bewegung nach vorn und hinten. Die Reflexe waren regelrecht, die Beweglichkeit normal, sensible oder motorische Ausfälle konnten nicht festgestellt werden. Als Diagnosen wurden eine Blockierung der unteren Lendenwirbelsäule bei L3-4 und eine mäßige Verkürzung der Rückenstrecker gestellt. Es fand erneut Manualtherapie (Traktion, Manipulation) statt, der Kläger erhielt außerdem Voltaren, Bäder und eine Serie Perl-Gerät. Die Behandlung ist auch im SVA dokumentiert.

Aus dieser Dokumentation der Ereignisse, Beschwerden und Behandlungen ergeben sich nach übereinstimmender Auffassung aller Gutachter keinerlei Hinweise für schwerwiegende Verletzungen im Bereich der Wirbelsäule wie Frakturen, Luxationen oder Bandscheibenvorfälle. Der Kläger hatte zwar immer wieder Beschwerden, konnte aber bis auf kürzere Pausen am Training teilnehmen. Operative Maßnahmen waren nicht erforderlich, Röntgenaufnahmen wurden offenbar mangels Schwere der Beschwerden nicht erstellt, während in anderem Zusammenhang, z. B. bei anhaltenden Adduktorenbeschwerden oder Mittelfußbeschwerden, durchaus Röntgenaufnahmen veranlasst wurden. Neurologische Störungen/Ausfälle wurden ebenfalls zu keinem Zeitpunkt dokumentiert.

Entgegen den Angaben des Klägers litt er auch schon vor der Aufnahme des Sportstudiums an Rückenbeschwerden, wie sich aus einem Eintrag in der Akte der Sportmedizinischen Ambulanz vom 09. September 1986 ergibt, nach welchem der Kläger etwa seit einem Jahr nach einem Verhebetrauma unter Rückenbeschwerden litt. Die Befunde, auf die sich der Kläger zum Beweis des Gegenteils bezieht, stammen alle aus den Jahren vor 1986 (Gesundheitszeugnis vom 14. Dezember 1984 sowie sportärztliche Voruntersuchung vom 29. Oktober 1982 von Frau Dipl.-Med. M). Außerdem ist auffällig, dass bereits im September 1976, im Dezember 1977 sowie am 14. Juni 1978 Röntgenaufnahmen der Lendenwirbelsäule gefertigt worden waren. Hier fanden sich leicht wellige Begrenzungen der Grund- und Deckplatten der medialen und kaudalen Brustwirbelkörper bei Flaschenform der Zwischenwirbelräume der kaudalen Brustwirbelsäule und oberen Lendenwirbelsäule, die als Folge eines juvenilen Morbus Scheuermann zu werten sind (vgl. z. B. das Gutachten des Dr. G).

Die neueren radiologischen Befunde vom 06. April 1992 (Anlage zum Befundbericht von Dr. P), von 1996 (laut Gutachten des Dr. G, vom Kläger vorgelegte Befunde vom 01. und 09. März 1996), vom 22. Januar 1991 (Arztbrief des Dr. S vom 04. Februar 1991), vom 26. Februar 1997 (Anlage zum Befundbericht von Dr. P), vom 13. September 2001 (Dr. G), vom 15. Juli 2004 (Dr. B), vom 20. September 2005 (Gutachten Dr. S), vom 06. Oktober 2005 (MRT zum Gutachten von Dr. S) und vom 08. Juni 2009 (vom Kläger eingereichter MRT-Befund) ergeben nach übereinstimmender Auffassung aller Gutachter keine Hinweise für ein älteres – und schon gar nicht für ein auf Mai bis Juli 1987 festzulegendes - traumatisches Geschehen wie z. B. Wirbelkörperfrakturen, Luxationen, Bandscheibenvorfälle, Dornfortsatzveränderungen, Querfortsatzabbrüche oder Bänderverletzungen.

Soweit der beurteilende Radiologe im MRT-Befund vom 06. Oktober 2005 einen wohl älteren Vorfall bei L1/2 als möglicherweise im Zusammenhang mit einem Stauchungstrauma stehend sah, kann dies nicht überzeugen. Denn diese Aussage ist – worauf sowohl die erste Instanz als auch Dr. W-R zutreffend hinweisen - angesichts des Zeitablaufs von annähernd 20 Jahren rein spekulativ. Im Übrigen soll ja nach den Angaben des Klägers L4/5 geschädigt worden sein, was er anhand des CT-Befundes vom 01. März 1996 nachweisen will (hochgradige Protrusion des Bandscheibengewebes am Segment L4/5). Aber auch hier lässt sich ein ursächlicher Zusammenhang nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit herstellen. Dagegen sprechen die nach den verschiedenen Vorfällen geäußerten Beschwerden (z. T. mit die gesamte Wirbelsäule betreffenden Blockierungen), insbesondere ohne Auftreten von Nervenwurzelreiz- sowie Ausfallerscheinungen, die konventionelle Therapie mit nur kurzfristigen Sportbefreiungen sowie kaum Arbeitsunfähigkeitszeiten – wobei hier Morphininjektionen in der Akte der Sportmedizinischen Ambulanz nicht dokumentiert sind – und die Tatsache, dass keinerlei strukturelle Schäden im Bereich der knöchernen oder ligamentären Teile des Achsorgans zeitnah nachgewiesen sind. Insoweit sind die Ausführungen des Dr. S sowie des Klägers selber zu Mikroverletzungen bloße Spekulation. Derartige Mikroverletzungen sind nicht – mehr - nachweisbar.

Auch weist Dr. W-R zutreffend darauf hin, dass Bandscheibenverletzungen unfallmäßig meist vergesellschaftet mit Wirbelkörperfrakturen auftreten. Als Unfallfolge entstehen Bandscheibenvorfälle jedenfalls stets mit begleitenden (minimalen) knöchernen oder Bandverletzungen im betroffenen Segment (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. A. 2010, Anm. 8.3.2.6.2).

Die Ausführungen des Klägers zum Unfallhergang und insbesondere dazu, dass ihn die Landung völlig unvorbereitet getroffen habe, führen zu keiner anderen Beurteilung. Diese Ausführungen sind, soweit sie aus dem Umstand, dass er sich auf eine perfekte Körperhaltung konzentriert und bei Überschreitung des Flugbahnhöhepunktes ausgeatmet habe, auf eine unvorbereitete Landung schließen wollen, nicht überzeugend. Denn zum einen ergibt sich aus den Angaben deutlich, dass er sich in einer gespannten Körperhaltung befand, sein Körper also nicht schlaff war, woran sich durch die Ausatmung nichts Grundsätzliches ändert. Darüber hinaus lag es in der Natur der sportlichen Übung, dass die Landung vorbedacht sein musste. Die Fänger konnten zwar den Aufprall abfedern und in horizontale Bewegungsenergie überleiten, dennoch kam der Springer noch mit einer gewissen Energie, deren er sich bewusst sein musste, auf dem Boden auf. Der Springer war sich daher in jedem Fall der zu erwartenden Landung bewusst. Wenn der Kläger nun auch noch von überproportional großen Kräften, die auf die Wirbelkörper eingewirkt haben sollen, ausgeht, so wird schon hieraus deutlich, dass vorrangig auf jeden Fall nicht die Bandscheiben betroffen waren. Die von ihm postulierten „angrenzenden Mikroschäden“ sind wiederum nicht nachgewiesen.

Wie es bereits die behandelnden Ärzte der Sportmedizinischen Ambulanz taten, kann deswegen nur davon ausgegangen werden, dass das Ereignis zu einer Stauchung der Wirbelsäule (eventuell verbunden mit einer Distorsion) geführt hat. Eine solche Stauchung ohne gleichzeitige strukturelle Schädigung des Achsorgans heilt jedoch, wie die Sachverständigen Dr. G, Dr. B und Dr. W-Rübereinstimmend und überzeugend ausführen, folgenlos binnen sechs Wochen ab. Ein pendelnder Prolaps ist nie nachgewiesen worden, in der Akte der Sportmedizinischen Ambulanz findet sich lediglich eine Verdachtsäußerung, der nach Besserung der Beschwerden nicht weiter nachgegangen wurde. Die jetzt noch anhand des MRT vom 08. Juni 2009 nachweisbaren Veränderungen im Bereich der Lendenwirbelsäule mit Steilstellung und Degeneration bei L1/2 (Spondylose) sowie L3/4 und L5/S1 (Osteochondrose) ohne relevante Protrusionen sind schicksalhaft und nicht ursächlich auf eine Kontusion/Distorsion von Mai oder Juni 1987 zurückzuführen.

Soweit der Kläger nunmehr mit seinem letzten Schriftsatz vom 06. Juli 2010 eine starke psychische Belastung als Unfallfolge einführen will, ist ein ursächlicher Zusammenhang mit dem Unfall nicht erkennbar. Wie sich schon aus dem Konsiliarbericht des Dr. S vom 07. März 2010 ergibt, sind die vom Kläger beklagten depressiven Beschwerden (eine fachärztliche Diagnose liegt nicht vor) wohl bedingt durch die chronisch-rezidivierenden Beschwerden vorwiegend im Bereich der Kniegelenke, aufgrund derer mehrfache schwerwiegende Operationen in den vergangenen Jahren notwendig waren, sowie beruflichen Probleme des Klägers, der sich offenbar nie als Trainer oder Sportlehrer beruflich etablieren konnte. Darüber hinaus ließe sich ein Zusammenhang der depressiven Beschwerden mit dem Unfall nur dann herstellen, wenn der Unfall nachweisbar zu chronischen körperlichen Beschwerden geführt hätte, was – wie schon ausgeführt – zu verneinen ist.

Soweit der Kläger schließlich die Einholung eines interdisziplinären Gutachtens von Amts wegen nach §§ 103, 106 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von dem Institut für angewandte Trainingswissenschaft der Universität L insbesondere zur Aufklärung „des Verhältnisses biomechanischer und biochemischer Korrelationen hinsichtlich der Kraft- und Druckeinwirkungen auf Wirbelkörper/Bandscheiben/Zwischenwirbelscheiben/Gallertkern/Nerven/Mikrofasern etc. zum Zeitpunkt des Aufpralls auf den Hallenboden sowie der Wahrscheinlichkeit von dauerhaften Beschädigungen von Wirbelkörpern/Bandscheiben/ Gallertkernen/Bandapparaten/Mikrofasern/Nerven unter Beachtung eines kurzzeitigen Ausfalls des Tonus bei gleichzeitiger maximaler Krafteinwirkung auf Wirbelkörper/Bandscheiben/Gallertkern etc. im Lendenwirbelsäulen- und Halswirbelsäulenbereich“ beantragt hat, war dem nicht nachzukommen. Ein Erfordernis für weitere Beweiserhebung besteht auch unter Berücksichtigung des gesamten Vortrags des Klägers in seinem Schriftsatz vom 06. Juli 2010 nicht. Die vom Kläger benannten Beweisziele sind nicht geeignet, zur einer weiteren Aufklärung bzw. zu einer anderen Entscheidung des Rechtsstreites zu führen. Unabhängig von Fragen der Biomechanik bei dem Ereignis mangelt es hier bereits an dem Nachweis einer strukturellen Schädigung der Wirbelsäule bzw. der angrenzenden Strukturen durch den Sturz. Die Aufklärung der Biomechanik könnte nur dann von Interesse sein, wenn eine strukturelle Schädigung nachgewiesen, aber fraglich wäre, ob der Unfallhergang geeignet war, eine solche Schädigung hervorzurufen. Dies steht hier jedoch nicht im Streit. Die vorliegenden röntgenologischen Befunde sowie der Inhalt der Akte der Sportmedizinischen Ambulanz der DHfKS sind umfassend von Dr. W-R und dem Senat gewürdigt worden. Auf die Möglichkeit, einen Antrag nach § 109 SGG zu stellen, ist der Kläger bereits mit Schreiben des Senats vom 19. März 2009 hingewiesen worden, ohne dass ein entsprechender Antrag gestellt worden wäre. Im Übrigen ist dem Kläger das Verfahren nach § 109 SGG bekannt, denn die Einholung des Gutachtens von Dr. S beruhte auf einem derartigen Antrag.

Nach alldem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.