Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 2. Senat | Entscheidungsdatum | 04.08.2011 | |
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Aktenzeichen | OVG 2 S 32.11 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 123 VwGO, § 51 Abs 1 Nr 7 AufenthG, § 51 Abs 2 S 1 AufenthG |
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 22. März 2011 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Beschwerde trägt der Antragsteller.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 2.500 EUR festgesetzt.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die von dem Antragsteller in seiner Beschwerdebegründung dargelegten Gründe - nur sie sind vom Oberverwaltungsgericht zu prüfen (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) - rechtfertigen keine Änderung oder Aufhebung des angefochtenen Beschlusses. Der Antragsgegner ist danach nicht - wie erstinstanzlich beantragt - im Wege einstweiliger Anordnung zu verpflichten, die dem Antragsteller erteilte Niederlassungserlaubnis als wirksam zu behandeln.
Ohne Erfolg wendet sich der Antragsteller gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Niederlassungserlaubnis sei infolge seines Auslandsaufenthalts in der Zeit vom 11. März 2008 bis zum 10. März 2009 gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG erloschen.
1. Der Einwand des Antragstellers, er habe rechtzeitig einen Fristverlängerungsantrag gestellt, verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg. Entgegen der Beschwerdebegründung ist das Schreiben des Antragstellers vom 26. Januar 2008 an die seinerzeit zuständige Behörde in Goch nicht analog §§ 133, 157 BGB als Antrag gemäß § 51 Abs. 4 AufenthG auf Bestimmung einer längeren Frist für die Wiedereinreise auszulegen. Zwar sind Anträge bzw. Erklärungen nach § 133 BGB auszulegen, wobei der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften ist; maßgebend ist, wie die Behörde den Antrag bzw. die Erklärung bei objektiver Würdigung verstehen musste („objektivierter Empfängerhorizont", vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Januar 2011 - 1 C 1/10 -, juris). Der Inhalt des oben angeführten Schreibens ist ersichtlich unter keinem denkbaren Gesichtspunkt geeignet, in dem vom Antragsteller angeführten Sinne als Antrag verstanden zu werden oder gar - wie in der Beschwerdeschrift geltend gemacht - eine Beratungspflicht der Behörde auszulösen. Der Antragsteller informiert darin lediglich darüber, dass er sich vom 15. Februar 2008 bis 15. Mai 2008 vorübergehend wieder in Sri Lanka aufhalten werde, und fügt hinzu: „Bitte betrachten Sie dieses Schreiben als mein Nachkommen der gesetzlichen Meldepflicht (Abmeldung)."
2. Ebenso wenig kann der Antragsteller seine Ansicht, er verfüge nach wie vor über eine wirksame Niederlassungserlaubnis, erfolgreich auf § 51 Abs. 2 S. 1 AufenthG stützen.
Zwar kommt es für die Frage der Sicherung des Lebensunterhalts nicht auf den Zeitpunkt der Wiedereinreise des Antragstellers (a.A. Möller, in: HK-AuslR, 2008, § 51 Rn. 19) oder einen späteren Zeitpunkt an, es ist jedoch entgegen der Ansicht der Beschwerde auch nicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers während seines Aufenthaltes in Sri Lanka abzustellen, da es insoweit allein auf eine zu treffende inlandsbezogene Prognose für die Zeit nach einer Wiedereinreise ankommt (vgl. Schäfer, in: GK-AufenthG, Stand: April 2011, § 51 Rn. 83; Möller, a.a.O.). Da das Gesetz das Erlöschen des Aufenthaltstitels nach § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG an bestimmte Voraussetzungen knüpft, ist maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt vielmehr der des Eintritts dieser in der Vorschrift genannten Voraussetzungen (vgl. OVG Nordrh.-Westf., Beschluss vom 30. März 2010 - 18 B 111/10 -, juris; Schäfer, a.a.O., Rn. 84, 86; Armbruster, in: HTK-AuslR, Stand: August 2011, § 51 AufenthG zu Abs. 2, 3 und 7, Anm. 2; a.A. Bayer. VGH, Beschluss vom 15. Oktober 2009 - 19 CS 09.2194 u.a. -, InfAuslR 2010, 7ff). Die Rechtssicherheit gebietet, dass sich zu jedem Zeitpunkt eindeutig feststellen lässt, ob die Niederlassungserlaubnis fortbesteht oder erloschen ist. Dies wäre bei einem Abstellen auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse im Zeitpunkt der Wiedereinreise nicht gewährleistet, weil im Zeitraum zwischen dem Ablauf der Frist des § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG und der Wiedereinreise keine sichere Aussage darüber möglich ist, ob der Lebensunterhalt des Ausländers bei einer Rückkehr in das Bundesgebiet gesichert sein wird (vgl. OVG Nordrh.-Westf., a.a.O.). Der von dem Antragsteller hiergegen erhobene Einwand, § 51 Absatz 2 S. 1 AufenthG sei dann praktisch ohne Anwendungsbereich, weil nur in den seltenen Fällen einer unbedingten Arbeitsplatzzusicherung nach der Wiedereinreise oder eines so hohen Vermögens, dass der Lebensunterhalt auch bei längerer Arbeitslosigkeit gesichert wäre, überhaupt von einer Lebensunterhaltssicherung ausgegangen werden könnte, verfängt nicht. Die Vorschrift fasst die früher geltenden Regelungen des § 44 Abs. 1a und 1b AuslG 1990 zusammen, die ältere ausländische Arbeitnehmer, welche nach Beginn des Rentenbezugs für einen längeren Zeitraum in ihr Herkunftsland zurückkehren wollten, jedoch nur unter den Voraussetzungen des § 16 Abs. 5 AuslG 1990 ein Recht auf Wiederkehr geltend machen konnten, weil die ursprünglich erteilte Aufenthaltsgenehmigung gemäß § 44 Abs. 1 AuslG 1990 erlosch, privilegierte. Sie wurden nach einem Erwerbsaufenthalt von mindestens 15 Jahren und bei Bezug einer Rente wegen Alters, verminderter Erwerbsfähigkeit, Arbeitsunfalls oder Berufskrankheit von der Erlöschensregelung des § 44 Abs. 1 Nr. 2 und 3 AuslG 1990 ausgenommen. Durch diese Privilegierung blieb den Beziehern originärer Renten das einmal erworbene Aufenthaltsrecht auch bei längeren Auslandsaufenthalten auf Dauer erhalten, so dass sie nicht länger darauf angewiesen waren, ein Recht auf Wiederkehr gemäß § 16 Abs. 5 AuslG 1990 geltend machen zu müssen (vergleiche zum Vorstehenden: BTDrucks. 13/4948, S. 7ff,; BTDrucks. 15/420, S. 89; BVerwG, Urteil vom 6. März 2008 – 1 C 16/06-, BVerwGE 130, 284). In diesen Fällen liegt der hauptsächliche Anwendungsbereich des § 51 Abs. 2 S. 1 AufenthG. Dass bei der Beurteilung der Frage, ob für die Zeit nach der Wiedereinreise der Lebensunterhalt gesichert sein wird, eine Prognose anzustellen ist, steht nicht entgegen.
Der Antragsteller hat nicht dargetan, dass er sechs Monate nach seiner im März 2008 erfolgten Ausreise über eigenes Einkommen oder Vermögen verfügte, das zur Deckung seines Lebensunterhalts ausgereicht hätte. Dem Vortrag des Antragsgegners in der Beschwerdeerwiderung, der Antragsteller habe bereits vor seiner Ausreise öffentliche Leistungen bezogen, ist die Beschwerde nicht entgegengetreten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).