Gericht | OLG Brandenburg 5. Senat für Familiensachen | Entscheidungsdatum | 21.03.2012 | |
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Aktenzeichen | 3 UF 7/12 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Beschwerdewert wird auf 1.000 € festgesetzt.
In Abänderung der erstinstanzlichen Wertfestsetzung durch Beschluss vom 25. November 2011 wird der Wert für das erstinstanzliche Verfahren über den
Versorgungsausgleich anderweitig auf 1.000 € festgesetzt.
I.
Durch Beschluss vom 25.11.2011 hat das Amtsgericht die Ehe der Parteien geschieden und den Versorgungsausgleich in der Weise durchgeführt, dass es die Anrechte des Antragstellers in der allgemeinen Rentenversicherung sowie in der allgemeinen Rentenversicherung (Ost) und der Antragsgegnerin in der allgemeinen Rentenversicherung im Wege der internen Teilung ausgeglichen hat. Gegen die Entscheidung betreffend die Folgesache über den Versorgungsausgleich hat die weitere Beteiligte zu 1. unter dem 23.12.2011 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, das Amtsgericht habe in seinem Auskunftsersuchen eine falsche Ehezeit, nämlich eine solche mit einem Beginn der Ehezeit am 1.12.2000, genannt, dem angefochtenen Beschluss ein Ehezeitbeginn am 1.10.2000 zu Grunde liege. Die von ihr, der weiteren Beteiligten zu 1., erteilte Auskunft, bezogen auf eine Ehezeit, beginnend mit dem 1.12.2000, sei daher unzutreffend. Eine Auskunft auf der Grundlage der zutreffenden Ehezeit werde kurzfristig nachgereicht. Unter dem 30.1.2012 hat die weitere Beteiligte zu 1. die Beschwerde zurückgenommen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, eine Überprüfung habe ergeben, dass die Antragsgegnerin in der Zeit vom 1.10. bis zum 30.11.2000 keine rentenrechtlichen Zeiten zurückgelegt habe. Die in erster Instanz erteilte Auskunft über die von der Antragsgegnerin erworbenen Anrechte sei daher weiterhin zutreffend.
II.
Nach Rücknahme des Rechtsmittels ist noch, wie aus der Beschlussformel ersichtlich, über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden. Ebenso ist der Verfahrenswert festzusetzen.
1.
Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Jeder Beteiligte hat seine außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen.
a)
Gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 FamGKG werden Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, nicht erhoben. Dies gilt im vorliegenden Fall für die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Dem Vorblatt der Unterakte für den Versorgungsausgleich ist zu entnehmen, dass die Richterin die Ehezeit gemäß § 3 Abs. 1 VersAusglG zutreffend mit dem Zeitraum vom 1.10.2000 bis zum 30.11.2010 bestimmt hat. Dessen ungeachtet enthält das Auskunftsersuchen, welches das Amtsgericht an die weiteren Beteiligten zu 1. und 2. gerichtet hat, als Ehezeit den Zeitraum vom 1.12.2000 bis zum 30.11.2010. Näherer Feststellungen zu der Frage, wie es zu diesem Fehler gekommen ist und wer den Fehler verursacht hat, bedarf es nicht. Denn bei der Anwendung von § 20 FamGKG ist es ebenso wie bei der Anwendung von § 21 GKG unerheblich, welcher Angehörige des Gerichts den Fehler begangen hat (Hartmann, Kostengesetze, 41. Aufl., § 21 GKG Rn. 6). Der Fehler hat jedenfalls dazu geführt, dass die weitere Beteiligte zu 1. nach Zustellung der angefochtenen Entscheidung davon ausgehen musste, eine unzutreffende Ehezeitauskunft erteilt zu haben. Dies war der Grund für die Einlegung der Beschwerde. Hätte das Amtsgericht die Ehezeit zutreffend mitgeteilt, wäre es zur Beschwerde nicht gekommen. Dies rechtfertigt es, Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren überhaupt nicht zu erheben.
b)
Die Kostenentscheidung nach Rücknahme des Rechtsmittels beruht im Übrigen auf § 84 FamFG.
aa)
Die Spezialvorschrift über die Kosten des Scheidungsverbundverfahrens, § 150 FamFG, findet bei einem erfolglosen Rechtsmittel, auch hinsichtlich einer Folgesache, keine Anwendung. Vielmehr ist für die Kostenentscheidung in einem solchen Fall in der Ehesache selbst oder in einer Folgesache, die eine Familienstreitsache im Sinne von § 112 FamFG darstellt, im Hinblick auf § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG die Vorschrift des § 97 Abs. 1 ZPO heranzuziehen. Bleibt ein Rechtsmittel bezüglich einer Folgesache der freiwilligen Gerichtsbarkeit ohne Erfolg, ist § 84 FamFG anzuwenden. Denn der Gesetzgeber ist, indem er durch Art. 29 Nr. 5 des FGG-Reformgesetzes vom 22.12.2008 (BGBl. I, S. 2585, 2701) die Vorschrift des § 97 Abs. 3 ZPO a. F., die eine entsprechende Anwendung von § 97 Abs. 1, 2 ZPO im Rechtsmittelverfahren über Folgesachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit vorgesehen hatte, mit Wirkung ab 1.9.2009 aufgehoben hat, davon ausgegangen, dass die Regelung der Kosten beim erfolglosen Rechtsmittel nunmehr einheitlich für alle Verfahren nach dem FamFG durch § 84 FamFG erfolge (Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zu Art. 29 Nr. 5 des FGG-Reformgesetzes, BT-Drs. 16/6308, S. 325; siehe auch Prütting/Helms, FGG, 2. Aufl., § 150 Rn. 21 f.; Keidel/Weber, FamFG, 17. Aufl., § 150 Rn. 12; Zöller/Herget, ZPO, 29. Aufl., § 150 FamFG, Rn. 10; Johannsen/Henrich/Markwardt, Familienrecht, 5. Aufl., § 150 FamFG Rn. 13).
bb)
Gemäß § 84 FamFG soll das Gericht die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat. Erfolglos bleibt ein Rechtsmittel auch dann, wenn es zurückgenommen worden ist (Keidel/Zimmermann, a.a.O., § 84 Rn. 19). Bei § 84 FamFG handelt es sich aber um eine „Soll“-Vorschrift, d. h., in besonders gelagerten Fällen müssen die Kosten nicht dem im Ergebnis erfolglosen Rechtsmittelführer auferlegt werden. Dies betrifft nach dem Willen des Gesetzgebers etwa die Rücknahme des Rechtsmittels, die für sich genommen nicht zwingend die Auferlegung der Kosten nach sich zieht. Es sind auch die Umstände zu berücksichtigen, die einen Rechtsmittelführer zur Rücknahme seines Rechtsmittels veranlasst haben (BT-Drs. 16/6308, S. 216).
Auch der vorliegende Fall ist besonders gelagert. Die weitere Beteiligte zu 1. hat Beschwerde nur eingelegt, weil das Amtsgericht ihr eine unzutreffende Ehezeit mitgeteilt hat. Die Rechtsmitteleinlegung geschah im Interesse einer materiell richtigen Entscheidung über den Versorgungsausgleich. Die Rücknahme ist nur deshalb erfolgt, weil sich nach der Prüfung herausgestellt hat, dass sich die Auskunft über die von der Antragsgegnerin erworbenen Anrechte auch bei Zugrundelegung der zutreffenden Ehezeit nicht geändert hat. Dies rechtfertigt es, die weitere Beteiligte zu 1. nicht mit den außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu belasten. Vielmehr verbleibt es bei dem Grundsatz, dass jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen hat, vgl. § 150 Abs. 1, 3 FamFG.
2.
Die Wertfestsetzung beruht auf § 50 Abs. 1 FamGKG.
Der Wert für das erstinstanzliche Verfahren ist gemäß § 55 Abs. 3 FamGKG abzuändern. Denn der Verfahrenswert sowohl erster als auch zweiter Instanz beläuft sich auf 1.000 €.
Nach § 50 Abs. 1 Satz 1 FamGKG beträgt der Verfahrenswert für jedes Anrecht 10 % des in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens der Ehegatten. Das Amtsgericht ist bei der Festsetzung des Wertes für die Ehesache, von den Ehegatten unbeanstandet, von einem Gesamteinkommen für drei Monate von 4.332 € ausgegangen. Zu Unrecht hat das Amtsgericht diesen Betrag jedoch mit 30 % multipliziert. Tatsächlich ist insoweit der Faktor 20 % anzusetzen, so dass sich 866,20 € errechnen. Denn dem Versorgungsausgleich unterliegen nur zwei Anrechte, eines auf Seiten des Antragstellers, eines auf Seiten der Antragsgegnerin.
Anrechte im Sinne des § 50 Abs. 1 Satz 1 FamGKG sind alle Anrechte, die eine Versorgungsart des Ehegatten darstellen, gleich, ob sie im In- oder Ausland erworben worden sind (Thiel, in: Schneider/Wolf/Volbert, FamGKG, § 50 Rn. 10). Insoweit hat jeder der beiden Ehegatten ein Anrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung.
Der Umstand, dass der Antragsteller sowohl Entgeltpunkte als auch Entgeltpunkte (Ost) erworben hat, die mit Rücksicht auf §§ 10 Abs. 1 VersAusglG, 120f Abs. 2 Nr. 1 SGB VI gesondert auszugleichen sind (siehe auch Verfahrenshandbuch Familiensachen – FamVerf/Gutjahr, 2. Aufl., § 6 Rn. 76) und die nicht als gleichartig im Sinne von § 18 Abs. 1 VersAusglG anzusehen sind (vgl. BGH, FamRZ 2012, 192 Tz. 22), ändert nichts daran, dass es sich gebührenrechtlich nur um ein Anrecht handelt (Brandenburgisches Oberlandesgericht, 2. Senat für Familiensachen, Beschluss vom 21.10.2011 – 10 UF 309/11, BeckRS 2011, 24724; Beschluss vom 14.6.2011 – 10 UF 249/10, BeckRS 2011, 16974; Keuter, FamRZ 2011, 1026; a. A. OLG Brandenburg, 3. Senat für Familiensachen, Beschluss vom 12.1.2011 – 15 UF 136/10, FamRZ 2011, 1149; OLG Nürnberg, NJW 2011, 620, 621; OLG Jena, FPR 2010, 360, 361; OLG Stuttgart, NJW-RR 2010, 1376). Dabei ist zu berücksichtigen, dass auf der Grundlage des Anrechts, dem sowohl Entgeltpunkte als auch Entgeltpunkte (Ost) zugrunde liegen, ein Anspruch auf eine einheitliche Rente erworben wird (vgl. OLG Brandenburg, 2. Senat für Familiensachen, Beschluss vom 26.7.2010 – 10 UF 78/10).
Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber, indem er die Vorschrift des § 50 FamGKG durch Art. 13 des Gesetzes zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs vom 3.4.2009 (BGBl. I, S. 700) eingeführt hat, dem konkreten Aufwand der Gerichte und den Leistungen der Anwältinnenund Anwälte im Versorgungsausgleich Rechnung tragen wollte (vgl. BT-Drs. 16/10144, S. 111). Ein nennenswerter zusätzlicher Aufwand entsteht sowohl für die Gerichte als auch für die Anwaltschaft aber nicht, wenn ein Ehegatte in der gesetzlichen Rentenversicherung sowohl Entgeltpunkte als auch Entgeltpunkte (Ost) erworben hat (vgl. zu dem geringen Verwaltungsaufwand, den der Umstand, dass sowohl Entgeltpunkte als auch Entgeltpunkte (Ost) auszugleichen sind, für den Versorgungsträger darstellt, BGH, FamRZ 2012, 192 Tz. 40 ff.).