Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 5. Senat | Entscheidungsdatum | 18.07.2011 | |
---|---|---|---|---|
Aktenzeichen | OVG 5 M 5.12 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 166 VwGO, § 114 ZPO, § 2 Abs 1 HSchulZulG BE, § 5 HSchulZulV BE, § 20 HSchulZulV BE, § 21 HSchulZulV BE |
Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe in dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 25. Februar 2011 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Der Auffassung der Beschwerde, dass die erstinstanzliche Rechtsverfolgung wegen der im Zeitpunkt der Einleitung des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens vom Antragsteller nicht vorhersehbaren und von der Antragsgegnerin nicht bekannt gegebenen Überbuchung um 9 Studienplätze hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne von § 166 VwGO in Verbindung mit § 114 ZPO gehabt habe, kann nicht gefolgt werden. Denn Maßstab für die Beurteilung, ob ein - wie hier - auf Zuweisung eines Studienplatzes außerhalb der festgesetzten Kapazität gerichtetes Verfahren die erforderliche Aussicht auf Erfolg bietet, ist nicht die Frage nach hinreichenden Anhaltspunkten dafür, dass die festgesetzte Zulassungszahl nicht kapazitätserschöpfend festgesetzt worden ist, sondern die Frage nach der Wahrscheinlichkeit, dass in dem jeweiligen Studiengang unausgeschöpfte Kapazität vorhanden ist, die für eine gerichtliche Vergabe noch zur Verfügung steht. Tatsächlich nicht mehr zur Verfügung stehen jedoch auch die im universitären Vergabeverfahren aufgrund von Überbuchungen vergebenen Studienplätze. Daher ist jeder einzelne Rechtsstreit für einen Studienplatzkläger von vornherein mit dem Risiko belastet, im gerichtlichen Verfahren trotz aufgedeckter Fehler bei der Kapazitätsberechnung letztlich an einer kapazitätswirksamen Überbuchung zu scheitern (vgl. hierzu Zimmerling/Brehm, Hochschulkapazitätsrecht, 2003, Rn. 383 ff.). Das mag dem Antragsteller selbst nicht bewusst gewesen sein, wohl aber dürfte seinem in hochschulzulassungsrechtlichen Verfahren erfahrenen Bevollmächtigten bekannt sein, dass die Hochschulen wegen des zunehmend unkalkulierbar gewordenen Annahmeverhaltens von Studienbewerbern von dem Instrument der - auch erheblichen - Überbuchung verstärkt Gebrauch machen, um innerhalb der festgesetzten Kapazität keinen Studienplatz unbesetzt bleiben zu lassen. Es wäre daher Sache des Bevollmächtigten gewesen, vor Einreichung der Klage, vor allem aber vor der - nicht fristgebundenen - Beantragung vorläufigen Rechtsschutzes, zwecks Abschätzung der Erfolgsaussichten bei der Antragsgegnerin nachzufragen, ob und ggf. in welchem Umfang eine Überbuchung der festgesetzten Zulassungszahl zu erwarten steht.
Dem kann die Beschwerde nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass die Antragsgegnerin in ihrem die Zulassung ablehnenden Bescheid vom 16. August 2010 die Zahl der zu vergebenden Studienplätze mit 74 angegeben und ausdrücklich darauf hingewiesen habe, dass „außer den in der Zulassungsordnung der Freien Universität Berlin vorgegebenen, keine weiteren Plätze zur Verfügung stehen“. Es bedarf an sich keiner Erwähnung, dass die Hochschule der Studienplatzvergabe nur die nach Maßgabe der Kapazitätsverordnung errechnete und vom Akademischen Senat durch Satzung festgesetzte Zulassungszahl, also die Zahl der höchstens aufzunehmenden Bewerber in einem Studiengang (vgl. § 2 Abs. 1 BerlHZG), zugrundelegen kann. Dass auch die nach Durchführung des Auswahlverfahrens zu erteilenden Zulassungs- oder Ablehnungsbescheide keine andere Anzahl der „zur Verfügung stehenden Plätze“ ausweisen kann und darf, dürfte sich von selbst verstehen. Im Zeitpunkt der Bescheiderteilung ist für die Antragsgegnerin jedoch ebenso wenig wie für den einzelnen Studienplatzbewerber vorhersehbar, ob alle erteilten Zulassungen auch tatsächlich wirksam werden. Denn der Zulassungsbescheid wird unwirksam, wenn sich der Bewerber nicht bis zu dem von der Hochschule bestimmten Termin immatrikulieren lässt oder die Immatrikulation aus sonstigen Gründen von der Hochschule abgelehnt werden muss (vgl. § 5 HochschulzulassungsVO). An dieser Situation ändert sich im Prinzip bis zum Abschluss des Vergabeverfahrens nichts (vgl. §§ 20, 21 HochschulzulassungsVO). Das Verfahren im Interesse der Studienbewerber möglichst so weit abzukürzen, dass noch rechtzeitig vor Vorlesungsbeginn alle verfügbaren Studienplätze besetzt sind, ist Sinn und Zweck der - für die Hochschule mit nicht zu vernachlässigenden Risiken verbundenen - Überbuchung. Das „entscheidende“ Argument der Beschwerde, die Aufnahmekapazität habe ausweislich der Einschreibstatistik der Antragsgegnerin, die sie jedoch erstmals im Januar 2011 bekannt gegeben habe, von vornherein bei mindestens 83 Studienplätzen gelegen, was den Antragsteller im Falle rechtzeitiger Kenntnis aller Voraussicht nach von der Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes abgehalten hätte, geht folglich von unzutreffenden Annahmen aus. Dass die Antragsgegnerin dem Verwaltungsgericht die Einschreibstatistik zusammen mit den Kapazitätsunterlagen bereits mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2010 übersandt hatte, sei nur der Vollständigkeit halber erwähnt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 127 Abs. 4 ZPO. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es wegen der gesetzlich bestimmten Festgebühr nicht.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).