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Nachbarklage; Baugenehmigung; Abstandsflächen; Zustimmung; Nachbarzustimmung; Verzicht auf nachbarliche Abwehrrechte; Einzelfall der Auslegung; objektivierter Empfängerhorizont; Einschränkungen; Bedingungen; Brandschutz; Brandschutzwand; Brandschutzanforderungen; Verzichtbarkeit; Selbstgefährdung; Treu und Glauben; Zustimmungsversagung; Vereitelung des Bedingungseintritts


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 2. Senat Entscheidungsdatum 21.06.2011
Aktenzeichen OVG 2 N 73.08 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 86 VwGO, § 124 Abs 2 Nr 1 VwGO, § 124 Abs 2 Nr 3 VwGO, § 124 Abs 2 Nr 5 VwGO, § 124a Abs 4 S 4 VwGO, § 6 Abs 2 BauO BB, § 23 Abs 1 BauO BB, § 26 Abs 2 S 1 Nr 2 BauO BB, § 133 BGB

Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das der Klägerin und der Beigeladenen am 6. Juni 2008 sowie dem Beklagten am 11. Juni 2008 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die im Hinblick auf das Darlegungserfordernis (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO) allein maßgeblichen Ausführungen der Klägerin ergeben keinen der geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 3 und Nr. 5 VwGO.

1. Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen. Derartige Zweifel bestehen dann, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung der angegriffenen Entscheidung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden und nicht nur die Begründung, sondern auch die Richtigkeit des Ergebnisses der Entscheidung derartigen Zweifeln unterliegt. Das ist nicht der Fall.

a) Das Vorbringen der Klägerin ergibt keine ernstlichen Zweifel an der Annahme des Verwaltungsgerichts, sie habe auf die Geltendmachung ihrer Nachbarrechte verzichtet, denn sie habe durch die von ihr unterzeichneten Zustimmungserklärungen ihr grundsätzliches Einverständnis mit dem Bauvorhaben zum Ausdruck gebracht und die Beigeladene habe die von ihr in dem Schreiben vom 22. Juni 2003 formulierten „Bedingungen“ erfüllt, soweit es ihr möglich gewesen sei.

aa) Soweit die Klägerin in diesem Schreiben gefordert hatte (Ziff. 1), die Höhe des Neubaus dürfe die des Altbaus nicht überschreiten, hat das Verwaltungsgericht angenommen, diese Bedingung biete keinen hinreichenden Anhalt dafür, es sei der Klägerin darum gegangen, dass sich der Neubau in seiner gesamten Ausdehnung an der Höhe des früheren Vorbaus zu orientieren habe; der Beklagte und die Beigeladene hätten vielmehr davon ausgehen müssen, dass es der Klägerin, insbesondere mit Blick darauf, dass der Anbau im Juni 2003 im Rohbau im Wesentlichen fertig gestellt gewesen sei und nur die Dachkonstruktion noch gefehlt habe, allein darauf angekommen sei, dass der Neubau an das vorhandene Wohnhaus nicht höher angesetzt werde als der frühere Anbau.

Diese Auslegung begegnet aus den von der Klägerin geltend gemachten Gründen keinen Bedenken. Soweit die Klägerin auf die Formulierung „Höhe gesamt wie Altbau“ des von ihr im Widerspruchsverfahren eingereichten handschriftlich ausgefüllten Zustimmungsformulars (Bl. 92 des Heftes 1 der Verwaltungsvorgänge) hinweist, gebietet dies keine andere Auslegung, denn die Formulierung lässt offen, worauf sich der Ausdruck „gesamt“ beziehen soll und welches der Anknüpfungspunkt für das einzuhaltende Maß beim Altbau sein soll. Auch sie kann deshalb so verstanden werden, dass die Gesamthöhe des Neubaus, d.h. dessen Höhe bis zum Dachfirst, die Höhe des Altbaus an dessen höchster Stelle, d.h. am Ansatz an die Rückwand des Wohngebäudes, nicht überschreiten sollte. Soweit die Klägerin ihre Forderung so ausgelegt wissen will, dass der Neubau in seiner gesamten Länge die jeweilige Höhe des Altbaus nicht überschreiten sollte, hält dem das Verwaltungsgericht zutreffend den bei Abfassung des Schreibens vom 22. Juni 2003 bereits erreichten Rohbauzustand entgegen und weist darauf hin, dass die Klägerin in Ziff. 3 dieses Schreibens hinsichtlich der Länge des Neubaus lediglich die Bitte geäußert hatte, diese zu überdenken. Diese Argumentation ist entgegen der Zulassungsbegründung durchaus nachvollziehbar. Die zum Sachstandsbericht vom 16. Juni 2003 gehörenden Fotografien zeigen, dass der damalige Rohbau bereits erkennen ließ, dass der Anbau erheblich länger werden sollte als der frühere Vorbau. Dies spricht dagegen, die Forderung der Klägerin so zu verstehen, dass der Neubau in seiner gesamten Länge die jeweilige Höhe des früheren Vorbaus einhalten sollte, denn der Neubau hätte dann nicht länger sein dürfen als der alte Vorbau. Das hatte die Klägerin ausweislich ihrer unter Ziff. 3 ihres Schreibens vom 22. Juni 2003 lediglich geäußerten Bitte aber gerade nicht zwingend beansprucht. Soweit sie einwendet, bei der Höhe des Anbaus und bei dessen in Ziff. 3 angesprochener Länge handele es sich um unterschiedliche Fragestellungen, verkennt sie den insoweit bestehenden Zusammenhang, auf den das Verwaltungsgericht mit seiner Erwägung abstellt, die unter Ziff. 3 geäußerte Bitte, die Länge des Anbaus zu überdenken, hätte bei dem von der Klägerin vertretenen Verständnis ihrer Erklärung keinen Sinn mehr.

Ebenso wenig überzeugt die Ansicht der Klägerin, die Auslegung der Zustimmungserklärung habe sich nicht am Empfängerhorizont, sondern am wirklichen Willen des Erklärenden zu orientieren. Für die Auslegung einer Nachbarzustimmung gelten die allgemeinen Auslegungsgrundsätze. Richtig ist zwar, dass nach der danach anwendbaren Auslegungsregel des § 133 BGB der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften ist. Insoweit kommt es jedoch nicht auf den inneren, sondern auf den erklärten Willen an, wie er in dem Gesamtverhalten des Erklärenden erkennbar zum Ausdruck kommt, wobei maßgeblich ist, wie der Erklärungsempfänger bei objektiver Würdigung das Erklärte verstehen durfte (vgl. zur Nachbarzustimmung OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 4. Februar 2002 – 2 M 328/01 –, juris Rn. 7; zur Maßgeblichkeit des objektivierten Empfängerhorizonts auch für die Auslegung von Erklärungen von Bürgern vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Januar 2011 – 1 C 1.10 –, juris Rn. 16; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15. April 2008 – 8 S 12.07 –, juris Rn. 32).

bb) Ernstliche Richtigkeitszweifel werden von der Klägerin auch nicht dargelegt, soweit sie geltend macht, das Verwaltungsgericht habe einen entscheidungserheblichen Teil des Sachverhalts unberücksichtigt gelassen, indem es sich nicht damit befasst habe, ob auch die unter Ziff. 2 des Schreibens vom 22. Juni 2003 formulierte Bedingung „kein Fenster zu unserer Seite“ erfüllt worden sei. Dieser Forderung sei nicht entsprochen worden, da Lichtöffnungen jeder Art als Fenster zu bezeichnen seien und es sich demnach bei den in der maßgebenden Außenwand verwendeten Glasbausteinen um ein Fenster handele.

Entgegen der Ansicht der Klägerin kann nicht davon ausgegangen werden, dass das Verwaltungsgericht die unter Ziff. 2 des Schreibens vom 22. Juni 2003 geäußerte Forderung unberücksichtigt gelassen hat. Mit der Feststellung (UA S. 6), die Beigeladene habe die in dem Schreiben aufgeführten Bedingungen erfüllt, soweit es ihr aufgrund des Verhaltens der Klägerin möglich gewesen sei, sieht das Verwaltungsgericht erkennbar auch die unter Ziff. 2 geäußerte Forderung als erfüllt an. Dabei ist der Bezugnahme auf den Widerspruchsbescheid am Ende der Auseinandersetzung mit dem Schreiben vom 22. Juni 2003 (UA S. 7) zu entnehmen, dass das Verwaltungsgericht insoweit der Begründung des Widerspruchsbescheides vom 20. Januar 2005 folgt. Dort ist ausgeführt (S. 4), die Forderung, dass kein Fenster zur Seite der Klägerin eingebaut sein sollte, sei dadurch umgesetzt worden, dass Glasbausteine verwandt worden seien, die eine Einsichtnahme auf das Grundstück der Klägerin nicht ermöglichten. Dieser Erwägung tritt die Klägerin im Zulassungsverfahren nicht überzeugend entgegen. So ist bereits ihre Auffassung wenig nachvollziehbar, auch durch Glasbausteine geschaffene Lichtöffnungen würden als Fenster bezeichnet. Ebenso wenig setzt sich die Klägerin mit der insoweit letztlich tragenden Argumentation des Widerspruchsbescheides auseinander, die Glasbausteine ermöglichten keine Einsichtnahme auf das Grundstück der Klägerin. Die Klägerin greift diese Erwägung weder in tatsächlicher Hinsicht an, noch stellt sie die ihr zugrunde liegende Annahme in Frage, es sei ihr entscheidend um die Verhinderung einer zusätzlichen Möglichkeit zur Einsichtnahme auf ihr Grundstück gegangen.

cc) Ohne Erfolg wendet sich die Klägerin auch gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, sie könne sich nicht darauf berufen, dass die Beigeladene die unter Ziff. 4 des Schreibens vom 22. Juni 2003 genannten Maßnahmen bisher nicht umgesetzt habe, denn dies habe seinen Grund allein in der Weigerung der Klägerin, die Beigeladene zur Durchführung der Arbeiten das Grundstück betreten zu lassen. Das Verwaltungsgericht knüpft damit, wie aus der Bezugnahme (UA S. 7) auf den Widerspruchsbescheid deutlich wird (vgl. dort S. 2 und S. 4), daran an, dass die Klägerin in einem vor Erlass des Widerspruchsbescheids an die Beigeladene gerichteten Schreiben vom 10. November 2004 (Bl. 132 des Verwaltungsvorgangs – verschiedentlich wird das Schreiben auf den 8. November 2004 datiert, so von dem früheren Bevollmächtigten der Klägerin, Bl. 129 des Verwaltungsvorgangs sowie auf S. 4 des Widerspruchsbescheides) geäußert hatte, sie sehe keine Veranlassung, ihre Zustimmung zur Durchführung des Giebelputzes und zur Anbringung des Grenzzaunes zum jetzigen Zeitpunkt zu erteilen.

Der im Widerspruchsbescheid (S. 4) hieraus abgeleiteten Würdigung, die Berufung auf die Einhaltung der in Ziff. 4 genannten Bedingungen verstoße gegen Treu und Glauben, lässt sich nicht mit Erfolg entgegenhalten, die Klägerin sei berechtigt gewesen, die Erfüllung der übrigen Bedingungen im Sinne eines Rangverhältnisses als erstes einzufordern, denn wie bereits dargelegt wurde, entspricht das genehmigte Bauwerk nach den von der Klägerin nicht erfolgreich angegriffenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts den unter Ziff. 1 und Ziff. 2 genannten Bedingungen; ferner stellt die unter Ziff. 3 formulierten Bitte nach der von der Klägerin ausdrücklich nicht angegriffenen Beurteilung durch das Verwaltungsgericht lediglich einen Wunsch, nicht aber eine Bedingung dar, von der die Zustimmung abhängen sollte.

Auch mit ihrem weiteren Vorbringen, die bisherige Nichterfüllung der Bedingungen unter Ziff. 4 sei keineswegs allein darauf zurückzuführen, dass die Beigeladene zur Durchführung der Arbeiten das Grundstück der Klägerin nicht habe betreten dürfen, vermag die Klägerin nicht durchzudringen.

Soweit sie ausführt, die Beigeladene habe bereits diverse Leistungen von dem Grundstück der Klägerin aus erbracht, die aber, wie beispielsweise eine partielle Verblechung des eigentlich zu verputzenden Giebels, nicht bedingungsgemäß gewesen seien, ist damit nicht schlüssig dargelegt, dass die unter Ziff. 4 genannten Leistungen auch vom Grundstück der Beigeladenen aus erbracht werden konnten.

Soweit die Klägerin weiter ausführt, die Beigeladene rede sich nur aus ihrer Verantwortung heraus, wenn sie geltend mache, den Zaun nur vom klägerischen Grundstück aus erneuern zu können, genügt das Zulassungsvorbringen bereits tatsächlich nicht, um ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung zu begründen. In tatsächlicher Hinsicht spricht nämlich nach der Lebenserfahrung einiges dafür, dass zur Errichtung bzw. Erneuerung eines Grenzzaunes regelmäßig auch das Nachbargrundstück betreten werden muss. Einen hiervon abweichenden Sachverhalt hat die Klägerin nicht substantiiert dargelegt.

Selbst wenn dies anders zu beurteilen sein sollte, vermag das Zulassungsvorbringen die Annahme im Ergebnis nicht in Zweifel zu ziehen, die Berufung der Klägerin auf die Nichterfüllung der unter Ziff. 4 des Schreibens vom 22. Juni 2003 geforderten Maßnahmen sei treuwidrig. Es überzeugt nicht, wenn die Klägerin im Zulassungsverfahren geltend macht, die Beigeladene hätte sich durch die von der Klägerin erklärte Zustimmungsverweigerung nicht davon abhalten lassen dürfen, die geforderten Maßnahmen von ihrem eigenen Grundstück aus zu erbringen. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass dem Erlass des die Baugenehmigung bestätigenden Widerspruchsbescheides vom 20. Januar 2005 ein Schriftwechsel zwischen der Beigeladenen und der Klägerin über die in Ziff. 4 geforderten Maßnahmen vorangegangen war. Während die Beigeladene die Durchführung dieser Maßnahmen mit Schreiben vom 7. September 2004 und vom 3. November 2004 unter Hinweis darauf angeboten hatte, dass es sowohl für den Giebelputz als auch für die Zaunerneuerung zwingend erforderlich sei, ihr den Zutritt zum Grundstück der Klägerin zu gewähren, ließ die Klägerin mit dem im Widerspruchsbescheid zitierten Schreiben vom 10. November 2004 erklären, sie sehe keine Veranlassung, ihre Zustimmung zur Durchführung des Giebelputzes und zur Anbringung des Grenzzauns zum jetzigen Zeitpunkt zu erteilen: Erst sei das rechtswidrig errichtete Bauwerk auf die durch sie gebilligten Maße zurückzubauen, dann seien die anderen Leistungen, die an die Billigung gebunden seien, auszuführen. An dieser Reihenfolge hielt die Klägerin auch in ihrem an den Beklagten adressierten Schreiben vom 13. Dezember 2004 fest. Hat die Klägerin die Erbringung der unter Ziff. 4 geforderten Leistungen aber seinerzeit vorbehaltlos zurückgewiesen, ohne die Beigeladene trotz deren ausdrücklichen Hinweises auf die ihrer Ansicht nach gegebene Notwendigkeit, das klägerische Grundstück zu betreten, darauf zu verweisen, die Arbeiten von ihrem eigenen Grundstück aus zu erbringen, so erscheint es auch unabhängig davon, ob dies tatsächlich möglich gewesen wäre, als treuwidrig, sich im Nachhinein hierauf zu berufen.

b) Ernstliche Richtigkeitszweifel ergeben sich auch nicht aus dem Vorbringen der Klägerin, die Baugenehmigung verstoße gegen § 26 Abs. 2 und 7 bis 9 BbgBO, da die ihrem Grundstück zugewandte Außenwand mit den dort eingebauten Glasbausteinen allenfalls feuerhemmend sei (F 30, vgl. § 23 Abs. 1 Nr. 1 BbgBO). Die Klägerin macht insoweit – erstmals im Zulassungsverfahren – geltend, nach § 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BbgBO müsse die Wand als äußere Brandwand feuerbeständig sein, d.h. der Feuerwiderstandsklasse F 90 entsprechen (vgl. § 26 Abs. 1 i.V.m. § 23 Abs. 1 Nr. 3 BbgBO). Selbst bei einer inneren Brandwand sei eine feuerbeständige Verglasung erforderlich (§ 26 Abs. 8 BbgBO) und bei Zubilligung einer Erleichterung nach § 26 Abs. 9 BbgBO für Wohngebäude geringer Höhe müsse die Wand zumindest hochfeuerhemmend sein (§ 23 Abs. 1 Nr. 2 BbgBO: F 60). In der Baubeschreibung sei jedoch nicht vorgesehen, dass die Wand diesen Anforderungen entspreche, und auch die der Baugenehmigung beigegebene Auflage Nr. 1 bringe dies wegen der Bezugnahme auf die Anforderung „mind. feuerhemmend“ nach § 25 Abs. 2 BbgBO nicht zutreffend zum Ausdruck.

Eine mögliche Verletzung der Anforderungen des § 26 BbgBO an Brandwände ist nicht geeignet, die Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Ergebnis in Frage zu stellen, denn der von der Klägerin erklärte Verzicht auf die Geltendmachung nachbarlicher Abwehrrechte bezieht sich auch hierauf. Soweit die Klägerin geltend macht, die Zustimmungserklärung habe sich nicht auch auf die Anforderungen an Brandwände bezogen, da diese Thematik ihr gegenüber nicht problematisiert worden sei und sie weder Kenntnis von diesen Anforderungen noch von der geplanten Bauausführung gehabt habe, ist dem entgegenzuhalten, dass die Zustimmungserklärung mit Ausnahme der durch die Bezugnahme auf das Schreiben vom 22. Juni 2003 erklärten Vorbehalte keine weiteren Einschränkungen enthielt, sondern nach dem Wortlaut des verwendeten Formulars ausdrücklich darauf gerichtet war, keine Rechtsmittel gegen die entsprechende Baugenehmigung einzulegen. Dies ist – mit Ausnahme der ausdrücklich erklärten Einschränkungen – als im Übrigen umfassender Verzicht auf nachbarliche Abwehrrechte zu werten. Hätte die Klägerin weitere Einschränkungen im Hinblick auf bestimmte Einzelheiten der Bauausführung geltend machen wollen, so hätte es ihr oblegen, sich die Bauvorlagen vorlegen zu lassen und etwaige weitere Einschränkungen ihrer Zustimmung hinreichend klar und deutlich zu erklären, oder sie hätte dem Bauvorhaben nicht zuzustimmen dürfen. Nachdem die Klägerin hingegen keine weiteren Einschränkungen ihrer Zustimmung zum Ausdruck gebracht hat, muss sie sich aus Gründen des im Rechtsverkehr gebotenen Vertrauensschutzes am objektiven Erklärungsgehalt ihrer Zustimmungserklärung festhalten lassen.

Ebenso wenig dringt die Klägerin mit ihrer Ansicht durch, sie habe unter dem Gesichtspunkt einer unzulässigen Selbstgefährdung nicht wirksam auf die brandschutzrechtlichen Anforderungen des § 26 BbgBO verzichten können. Wie nämlich der Beklagte zutreffend einwendet, gelten die Anforderungen des § 26 Abs. 2 Nr. 2 BbgBO für äußere Brandwände nicht, wenn ein Abstand von mindestens 5 m zu bestehenden oder nach den baurechtlichen Vorschriften zulässigen künftigen Gebäuden rechtlich gesichert ist. Die Anforderungen an die Ausgestaltung als äußere Brandwand tragen danach einer Gefahrenlage Rechnung, die sich ergibt, wenn das Nachbargrundstück in einem Abstand von 5 m oder darunter bebaut ist. Eine solche Gefahrenlage tritt jedoch durch das genehmigte Vorhaben nicht ein, denn die derzeitige Bebauung des klägerischen Grundstücks hält diesen Abstand, was die Klägerin nicht in Abrede stellt, ein. So beträgt nach dem genehmigten Lageplan der Abstand des Wohnhauses der Klägerin zu dem streitgegenständlichen Anbau mehr als 6 m. Dass eine spätere Bebauung ihres Grundstücks zur Unterschreitung des 5 m-Abstandes führen könnte, steht der Wirksamkeit der Verzichtserklärung unter dem Gesichtspunkt der Selbstgefährdung nicht entgegen, denn die Klägerin hätte es, ungeachtet der Frage, ob eine derartige Bebauung nicht wegen der vom Bauwerk der Klägerin ausgehenden Brandgefahr bereits unzulässig wäre, jedenfalls in der Hand, auf eine derartige bauliche Ausnutzung ihres Grundstücks zu verzichten.

c) Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils ergeben sich schließlich nicht aus dem Vorbringen der Klägerin, anders als nach § 6 Abs. 2 BbgBO gefordert, sei nicht durch Eintragung einer Grunddienstbarkeit gesichert worden, dass die auf ihr Grundstück fallenden Abstandsflächen nicht überbaut werden und sich nicht mit anderen Abstandsflächen überdecken. Dabei kann unentschieden bleiben, ob die in § 6 Abs. 2 Satz 4 BbgBO vorgeschriebene, die Bebaubarkeit des nachbarlichen Grundstücks einschränkende rechtliche Sicherung überhaupt dem Schutz des betroffenen Nachbarn dient, denn auch wenn man dies annimmt, bezieht sich jedenfalls der von der Klägerin – wie oben dargelegt – umfassend erklärte Verzicht auf nachbarliche Abwehrrechte auch hierauf.

2. Die Berufung ist auch nicht wegen der von der Klägerin geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen. Es ist bereits fraglich, ob die von der Klägerin als klärungsbedürftig benannte Frage, „inwieweit auf nachbarliche Abwehrrechte verzichtet werden kann, wenn dieser Verzicht eine – wenn auch abstrakte – Selbstgefährdung zur Folge hat, ohne dass ihm eine umfassende Aufklärung vorangegangen ist,“ nicht – trotz ihrer allgemeinen Formulierung – allein auf die Klärung des Einzelfalles der Klägerin zielt. Jedenfalls ist die Frage einer allgemeinen Klärung nicht zugänglich, weil es für die Beurteilung der Reichweite eines erklärten Verzichts maßgeblich auf die konkreten Umstände des jeweiligen Falles ankommt.

3. Ebenso wenig ist die Berufung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO wegen der von der Klägerin beanstandeten Verfahrensmängel zuzulassen. Die Klägerin macht insoweit geltend, das Verwaltungsgericht habe den Sachverhalt entgegen seiner Untersuchungspflicht gemäß § 86 Abs. 1 VwGO hinsichtlich der sich aus dem Abstandsflächenverstoß und dem Fenster aus Glasbausteinen ergebenden Brandschutzgesichtspunkte sowie hinsichtlich der örtlichen Voraussetzungen zur Erfüllung der Bedingung nach Ziff. 4 des Schreibens vom 22. Juni 2003, namentlich der Möglichkeit zur Aufstellung des Zaunes vom Grundstück der Beigeladenen aus, nicht hinreichend von Amts wegen erforscht.

Ein etwaiger Aufklärungsmangel hinsichtlich eines Verstoßes gegen die Anforderungen an Brandschutzwände nach § 26 BbgBO wäre jedoch von vornherein nicht entscheidungserheblich, da sich der von der Klägerin mit der Zustimmung zu dem Bauvorhaben erklärte Verzicht auf nachbarliche Abwehrrechte, wie oben dargelegt, auch hierauf bezieht. Ebenso wenig kommt es aus den dargelegten Gründen wegen der seinerzeit allein mit der Vorrangigkeit anderer Bedingungen begründeten Zustimmungsversagung zu den unter Ziff. 4 geforderten Maßnahmen entscheidungserheblich darauf an, ob die Beigeladene die geforderte Erneuerung des Grenzzauns von ihrem eigenen Grundstück aus hätte durchführen können.

Hinzu kommt, dass die Aufklärungsrüge grundsätzlich kein Mittel ist, um Versäumnisse der Prozessbeteiligten im erstinstanzlichen Verfahren zu kompensieren. Im Zulassungsverfahren kann eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht in Anlehnung an die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nur geltend gemacht werden, wenn u.a. aufgezeigt wird, dass der Beteiligte bereits erstinstanzlich auf die Vornahme der vermissten Aufklärung des Sachverhalts hingewirkt hat oder dass sich die unterbliebene Sachverhaltsaufklärung auch ohne ein solches Hinwirken hätte aufdrängen müssen (vgl. m.w.N. etwa BVerwG, Beschluss vom 19. Januar 2010 – 4 B 2.10 –, juris). Die auch erstinstanzlich bereits anwaltlich vertretene Klägerin hat es indes versäumt, bereits im dortigen Verfahren, etwa durch Stellung von Beweisanträgen, auf die von ihr vermisste Sachverhaltsaufklärung hinzuwirken. Sie räumt vielmehr ein, dass sie die brandschutzrechtlichen Gesichtspunkte und die Frage der Zaunerrichtung vom Grundstück der Beigeladenen aus nicht gegenüber dem Verwaltungsgericht problematisiert habe. Ebenso wenig ist ihrem Vorbringen zu entnehmen, dass sich eine weitere Aufklärung insoweit aufgedrängt hätte.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Es entsprach der Billigkeit, der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese mit im Zulassungsverfahren gestellten Antrag auch selbst ein Kostenrisiko eingegangen ist (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO). Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).