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Schienenanbindung Ost des Flughafens BBI; Planfeststellungsverfahren; Auflage gegenüber dem Vorhabenträger; Vorbehaltsentscheidung; rechtliche Grundlage für die Vorbehaltsentscheidung; vorangegangenes Plangenehmigungsverfahren; Zulässigkeit eines Problemtransfers


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 12. Senat Entscheidungsdatum 24.11.2010
Aktenzeichen OVG 12 A 1.10 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 74 Abs 2 VwVfG, § 74 Abs 3 VwVfG, § 75 Abs 1 VwVfG

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu voll-streckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Entscheidungsvorbehalt in Teil A Ziffer 3.2.1 des Planfeststellungsbeschlusses - Pfb. - vom 19. Februar 2010 für das Vorhaben „Schienenanbindung Ost Flughafen BBI“ die Rechte der Klägerin verletzt. Mit der genannten Auflage ist die Klägerin verpflichtet worden, innerhalb von sechs Monaten nach Zustellung des Planfeststellungsbeschlusses eine Planung für eine Querungsmöglichkeit über die S- und Fernbahntrasse bei Streckenkilometer 16,4 der Bestandsstrecke Görlitzer Bahn vorzulegen und nach Genehmigung zu errichten und zu unterhalten. Die Querungsmöglichkeit soll danach so geplant werden, dass sie von Fußgängern, Radfahrern und Mobilitätseingeschränkten benutzt werden kann. Im Verwaltungsverfahren vor Klageerhebung hat die Beklagte auf Antrag der Klägerin die sofortige Vollziehung der Nebenbestimmung des Planfeststellungsbeschlusses ausgesetzt.

Die Eisenbahnstrecke zwischen Berlin und Görlitz (Inbetriebnahme im Jahre 1866) verläuft im Abschnitt zwischen dem Grünauer Kreuz und der Gemeinde Eichwalde zweigleisig durch den Berliner Stadtwald. In den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts wurde zusätzlich die Berliner S-Bahn über Grünau hinaus parallel zur Fernbahntrasse bis Königs Wusterhausen verlängert. Die beiden zweigleisigen Strecken sind elektrifiziert und wurden im Berliner Stadtwald bei Kilometer 16,4 durch einen Waldweg gekreuzt. Die Kreuzung war bis zum Jahre 2004 als niveaugleicher Bahnübergang mit Blinklichtanlage und Halbschranken ausgebildet. Die nächsten Querungsmöglichkeiten der Trasse befinden sich nördlich in Berlin-Bohnsdorf (Kablower Weg) in einer Entfernung von 1,5 Kilometern und im Süden in Eichwalde (Waldstraße) in einer Entfernung von 2,1 Kilometern. Im Jahre 2004 plante die Klägerin, die in dem genannten Streckenabschnitt noch vorhandene mechanische Stellwerkstechnik durch moderne Elektronik zu ersetzen. Da die Einbeziehung des Bahnübergangs bei Kilometer 16,4 in die neue Technik erheblichen Investitionsaufwand ausgelöst hätte, beantragte die Klägerin eine Plangenehmigung zur Schließung des Überganges. Im Erläuterungsbericht dazu führte sie aus, der über den Bahnübergang führende Weg sei ein Privatweg, der der forstwirtschaftlichen Nutzung diene. Auf Seite 7 unter Ziffer 4 enthält der Erläuterungsbericht der Klägerin folgende Aussage:

Im Rahmen des separaten Bauvorhabens und des Planrechtsverfahrens „Flughafenausbau Berlin-Schönefeld“ wird zu einem späteren Zeitpunkt ein Kreuzungsbauwerk errichtet, da mit diesem Vorhaben die Erreichbarkeit des umliegenden Geländes nicht mehr gewährleistet ist.“

Die Berliner Forstverwaltung stimmte seinerzeit der Schließung des Bahnüberganges zu, wohingegen die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung des Landes Berlin und das Bezirksamt Treptow-Köpenick widersprachen. Die letztgenannten Verwaltungen wiesen darauf hin, dass es sich bei der Wegeverbindung zwischen dem Sandbacher Weg in Bohnsdorf, dem Alten Radelander Weg im Grünauer Forst und dem Langen See um einen wichtigen Bestandteil der Wege- und Freiraumplanung im Süd-Ost-Raum Berlins handele. Berlin wolle hier ein verzweigtes Netz von Wander-, Radwander- und Reitwegen entwickeln.

Mit Plangenehmigung vom 1. April 2004 genehmigte die Planfeststellungsbehörde das Vorhaben einer Schließung des Bahnüberganges bei Kilometer 16,4. In der Begründung wurde den Belangen Berlins das vorrangige Interesse der Klägerin gegenübergestellt, 2004 nicht in die Erhaltung eines Bahnüberganges investieren zu müssen, der im Rahmen eines anderen Bauvorhabens künftig durch eine Wegeüberführung ersetzt werden solle. Da die Erholungsnutzung im Stadtwald nur zeitlich begrenzt eingeschränkt werde, müsse der Vorhabenträger die Ausstattung der Strecke mit elektronischer Sicherungstechnik nicht zurückstellen, bis über die Wegeführung entschieden sei. Die Beseitigung des Bahnübergangs und der beabsichtigte Bau der Wegeüberführung stehe den Berliner Entwicklungszielen nicht entgegen, sondern fördere diese sogar, weil sich die Sicherheit der Erholungssuchenden zukünftig erhöhen werde. Die Plangenehmigung ist bestandskräftig.

Im Januar 2007 stellte die Klägerin bei der Beklagten den Antrag auf Feststellung ihrer Planung zur Schienen-Ost-Anbindung des Flughafens BBI. Die Planung sieht den Bau einer zweigleisigen elektrifizierten Bahnstrecke in West-Ostrichtung zwischen dem im Bau befindlichen Flughafenbahnhof und der Görlitzer Bahn vor. In Höhe des Plumpengrabens (Landesgrenze zwischen Brandenburg und Berlin) beginnt je eine nördliche und südliche Verbindungskurve, die bei den Kilometern 15,4 und 17,2 in die Görlitzer Bahn einfädeln. Dadurch entsteht ein von Bahntrassen eingeschlossenes Walddreieck von ca. 10 ha Größe. Der im Januar 2007 eingereichte Planfeststellungsantrag der Klägerin sah zunächst je eine Straßenüberführung über die künftige nördliche Verbindungskurve (im Folgenden: SÜ Sandbacher Weg), über die künftige südliche Verbindungskurve (SÜ Forstweg) sowie über die Görlitzer Bahn bei Kilometer 16,4 vor. Nach Einreichung des Planfeststellungsantrages erfolgte auf Wunsch des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung zunächst eine Überprüfung der Zuwendungsfähigkeit der Planung aus Mitteln des Vorhabens Schienenanbindung BBI. Mit Schreiben vom 4. Mai 2007 an die Klägerin teilte das Bundesministerium als „abschließende Entscheidung zur Zuwendungsfähigkeit“ mit, dass der Finanzierung der Straßenübergänge Sandbacher Weg und bei Kilometer 16,4 nicht zugestimmt werde. In dem Schreiben wurde ausgeführt, sofern sich im Verfahrensgang der Planfeststellung zur Ostanbindung die rechtliche Verpflichtung zur Erstellung weiterer Übergänge an der Einbindung in die Görlitzer Bahn zwingend ergäbe, würden diese aus dem Vorhaben BBI finanziert. Sofern die Klägerin sich doch noch zu einer Finanzierung aus Eigenmitteln entschließe bzw. Dritte als Finanziers der entfallenden Bauwerke gewinnen könne, stehe es ihr frei, diese Bauwerke auch ohne konkrete Verpflichtung aus dem Planfeststellungsverfahren zu errichten.

Aufgrund dieser Festlegung zur Finanzierung änderte die Klägerin ihre Planung und strich die Übergänge Sandbacher Weg und Kilometer 16,4.

Die damit geplante Wegesituation wurde im Planfeststellungsverfahren durch Berliner Behörden und zahlreiche Einwender kritisiert. Die Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung beantragte zudem gemäß § 75 Abs. 2 Satz 2 VwVfG eine nachträgliche Ergänzung der Plangenehmigung vom 1. April 2004 um die Verpflichtung zur Neuerrichtung einer Wegequerung bei Kilometer 16,4. Demgegenüber stellte die Klägerin im Planfeststellungsverfahren eine entsprechende Verpflichtung in Abrede und verwies auf die Bestandskraft der Plangenehmigung. Diese könne auch in dem entscheidenden Punkt nicht widerrufen oder zurückgenommen werden.

Mit dem Planfeststellungsbeschluss vom 19. Februar 2010 verfügte die Beklagte gegenüber dem klagenden Vorhabenträger die bereits genannte Vorbehaltsauflage. Sie führte im Planfeststellungsbeschluss (S. 313 ff.) zur Begründung aus, die Plangenehmigung vom 1. April 2004 habe das Problem einer Querung der Görlitzer Bahn bei Kilometer 16,4 nicht endgültig, sondern nur vorübergehend bis zu einer endgültigen Problembewältigung in einem späteren Planungsverfahren geregelt. Daran dürfe im Planfeststellungsverfahren für die Schienenanbindung Ost angeknüpft werden.

Gegen den Vorbehalt im Planfeststellungsbeschluss richtet sich die am 18. März 2010 eingegangene Klage. Die Klägerin macht geltend, es fehle an einer rechtlichen Grundlage für die ihr auferlegte Maßnahme. Es sei bezeichnend, dass der Planfeststellungsbeschluss eine Rechtsgrundlage für die streitige Verfügung nicht anführe. Die Auflage könne nicht auf § 74 Abs. 3 VwVfG gestützt werden, weil es der Beklagten insofern im Sinne des § 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG an der erforderlichen Regelungskompetenz fehle. Die Problematik einer Überführung oder Wegequerung über die Görlitzer Bahn bei Kilometer 16,4 sei keine Folge der jetzt planfestgestellten Schienenanbindung Ost des Flughafens BBI. Vorbehaltsmaßnahmen nach § 74 Abs. 3 VwVfG könnten jedoch nur getroffen werden, wenn sie sich als notwendige Folgemaßnahmen des geplanten Projekts darstellten.

Auch § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG komme als rechtliche Grundlage für die Auflage nicht in Betracht. Schutzmaßnahmen im Sinne der Vorschrift seien nur erforderlich, wenn ihre Notwendigkeit durch das planfestgestellte oder planfestzustellende Vorhaben verursacht sei. Es müsse sich um eine typische Folgewirkung handeln, die nicht ganz überwiegend durch andere Umstände bedingt sei.

Schließlich schieden §§ 48, 49 VwVfG zur Stützung der beanstandeten Auflage aus. Die Plangenehmigung vom 1. April 2004 sei bestandskräftig; im Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses seien der Beklagten die eine Aufhebung der Plangenehmigung rechtfertigenden Tatsachen länger als ein Jahr bekannt gewesen. Deshalb sei die in § 48 Abs. 4, § 49 Abs. 2 Satz 2 VwVfG bestimmte Jahresfrist nicht gewahrt.

Die Klägerin beantragt,

den Entscheidungsvorbehalt A.3.2.1 des Planfeststellungsbeschlusses der Beklagten vom 19. Februar 2010 (Az.: 51136.51125 Pap/2144), wonach der Klägerin auferlegt wird, innerhalb von sechs Monaten der Beklagten eine Planung für eine Querungsmöglichkeit über die S- und Fernbahntrasse bei Strecken-km 16,4 der Strecke 6142 (Görlitzer Bahn) vorzulegen, aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält an der angefochtenen Vorbehaltsentscheidung fest und beruft sich zur Begründung auf die bereits im Planfeststellungsbeschluss niedergelegten Erwägungen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsstreitakte, den Verwaltungsvorgang der Beklagten - insbesondere den Ordner EBA Band 2 - sowie auf die Planungsunterlagen der Klägerin verwiesen. Die genannten Unterlagen haben vorgelegen und sind - soweit wesentlich - zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet. Der in den Planfeststellungsbeschluss vom 19. Februar 2010 aufgenommene Entscheidungsvorbehalt A.3.2.1. ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten - § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Rechtliche Grundlage für die in dem Vorbehalt begründete Verpflichtung, binnen sechs Monaten eine Planung für eine Querungsmöglichkeit über die Görlitzer Bahn vorzulegen, ist § 74 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 74 Abs. 3 VwVfG. Bei der Anordnung zur Planung, anschließenden Errichtung und Unterhaltung eines Überführungsbauwerks handelt es sich um die Auflage zur Errichtung und Unterhaltung einer Anlage, die zum Wohl der Allgemeinheit und zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen, insbesondere für das Land Berlin, erforderlich ist. Mangels Vorliegens einer Planung im Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses durften die weiteren Einzelheiten gemäß § 74 Abs. 3 VwVfG unter Vorbehalt gestellt werden.

1. Entgegen der Auffassung der Klägerin bestand im Fehlen einer Querungs-möglichkeit über die Görlitzer Bahn zwischen den Übergängen in Berlin-Bohnsdorf und Eichwalde eine Problematik des durch den Planfeststellungsbeschluss vom 19. Februar 2010 beendeten Planfeststellungsverfahrens. Zwar weist die Klägerin zu Recht darauf hin, dass sich bei Kilometer 16,4 der Görlitzer Bahn seit dem Jahre 2004 kein Übergang - mehr - befunden hat, so dass der Ausgangspunkt des Problems nicht durch die Planung ausgelöst worden ist, für die Anfang 2007 die Planfeststellung beantragt wurde; doch teilt der Senat die rechtlichen Schlussfolgerungen nicht, die die Klägerin an diese Situation knüpfen will.

Hauptaufgabe des Planfeststellungsverfahrens Schienenanbindung Ost war, unter Abwägung aller zu beachtenden Gesichtspunkte in einem bereits vorher hoch verkehrsbelasteten Gebiet eine noch am ehesten verträgliche Trassenführung zu ermitteln und zu bestimmen. Der Planfeststellungsbeschluss vom 19. Februar 2010 hat dieses Hauptproblem durch die Anordnung einer Trassenvariante gelöst, die das Waldgebiet westlich der Görlitzer Bahn und südlich der Ortslage Bohnsdorf mit einer ca. 30 m breiten elektrifizierten Trasse zerschneidet, die zudem in Teilen mit einer bis zu 4 m hohen Lärmschutzwand versehen wird. Dies hat neben negativen Folgen für das Landschaftsbild (Pfb. S. 75) und erheblichen Auswirkungen auf die Schutzgüter Tiere und Pflanzen (vgl. Pfb. S. 81) vor allem auch die Beeinträchtigung des Erholungswaldes südlich von Bohnsdorf zur Folge. Stand mithin das genannte Waldgebiet bis zur begonnenen Realisierung des planfestgestellten Vorhabens den Erholungssuchenden unbeeinträchtigt zur Verfügung, so wird diese Funktion nunmehr massiv betroffen. Vor diesem Hintergrund gewinnt der Umstand des Fehlens einer Querungsmöglichkeit bei Kilometer 16,4 eine neue Qualität, die er vor der hier streitigen Planfeststellung nicht hatte. Der Planfeststellungsbeschluss führt auf Seite 82 ausdrücklich aus, als Ausgleich für die Zerschneidung des Erholungswaldes südlich von Bohnsdorf werde eine neue Wegeführung über den Sandbacher Weg und die Görlitzer Bahn zur Erschließung des Grünauer Forstes - östlich der Görlitzer Bahn - und des Dahme-Seengebietes vorgesehen. Konsequenterweise ist im Zuge dieser Entwicklung der zunächst nach der Entscheidung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung von der Klägerin vorgesehene Übergang über die südliche Verbindungskurve (Forstweg) aufgegeben und durch den nunmehr planfestgestellten Übergang über die nördliche Verbindungskurve (Sandbacher Weg) ersetzt worden. Auch dadurch kommt der hohe Stellenwert, den die Planfeststellungsbehörde der Wegeverbindung Sandbacher Weg-Grünauer Forst (östlich der Görlitzer Bahn) beigemessen hat, deutlich zum Ausdruck. Damit aber wurde das Fehlen einer Querungsmöglichkeit bei Kilometer 16,4 zum Folgeproblem der jetzigen Planfeststellung, insbesondere der mit ihr vorgenommenen Trassenwahl, auch wenn die ursprünglich bestehende Querungsmöglichkeit bereits im Jahre 2004 aufgelassen worden ist. Anders ausgedrückt: Hätte die Planfeststellungsbehörde bei ihrer Beschlussfassung eine andere, den Wald südlich von Bohnsdorf verschonende Trassenvariante festgelegt, wäre das für die erholungssuchende Bevölkerung sich zuspitzende Folgeproblem des fehlenden Übergangs über die Görlitzer Bahn nicht neu virulent geworden. Muss jedoch der Zusammenhang zwischen dem geplanten und jetzt festgestellten Vorhaben und der an der Görlitzer Bahn bestehenden Ursprungssituation so bewertet werden, wie er zuvor beschrieben worden ist, so musste die Planfeststellungsbehörde die fehlende Querungsmöglichkeit bei Kilometer 16,4 über die Görlitzer Bahn als Folgeproblem der jetzigen Planfeststellung in den Blick nehmen, das zu bewältigen und für das notwendige Folgemaßnahmen im Sinne des § 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG zu bestimmen waren. Die Lösung dann in der Anordnung von Schutzvorkehrungen nach § 74 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 74 Abs. 3 VwVfG zu suchen, begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

2. Würde den unter 1. dargestellten Erwägungen nicht gefolgt und die fehlende Querungsmöglichkeit über die Görlitzer Bahn bei Kilometer 16,4 nicht als Folgeproblem der jetzigen Planfeststellung, sondern als im Plangenehmigungsverfahren des Jahres 2004 behandelte Problematik der damaligen Planfeststellung betrachtet, so ergäbe sich kein anderes Ergebnis. Dann nämlich handelte es sich um einen Problemtransfer, der unter den besonderen Umständen der vorliegenden Konstellation als zulässig erachtet werden müsste. Der Senat stützt deshalb die von ihm getroffene Entscheidung selbstständig tragend auch auf die nachfolgende Argumentation.

Gegenstand der Plangenehmigung vom 1. April 2004 war die Schließung des bis dahin bestehenden höhengleichen Bahnüberganges bei Kilometer 16,4. Tragender Grund der damaligen Erwägungen der Plangenehmigungsbehörde war, dem damaligen Vorhabenträger, der Klägerin, hohe finanzielle Aufwendungen in der Erwartung zu ersparen, dass in der nachfolgenden Planung für die Schienenanbindung Ost des Flughafen BBI eine neue Lösung der Bahnübergangsproblematik erfolgen würde. Es war die Klägerin selbst, die im Erläuterungsbericht zu dem damaligen Antrag auf Erteilung einer Plangenehmigung diese Perspektive eröffnet und gestützt hat. Zu Recht ist deshalb die Planfeststellungsbehörde in dem jetzigen Verfahren davon ausgegangen, dass der damalige Konflikt des Bestehens/Nichtbestehens eines Bahnüberganges bei Kilometer 16,4 materiell gesehen im Plangenehmigungsverfahren 2004 nicht gewissermaßen für alle Zeiten endgültig gelöst, sondern materiell auf die lange Bank geschoben worden ist, wobei zunächst noch offen bleiben kann, ob dies in formeller Hinsicht bedenkenfrei geregelt wurde. Bei Bewertung der seinerzeit entstandenen Unterlagen musste jedenfalls klar sein, dass die Frage des Bahnübergangs bei Kilometer 16,4 allenfalls vorübergehend aus Kostenersparnisgründen, nicht jedoch endgültig bewältigt worden war. Damit lag ein fortbestehendes materielles Problem vor, das, wie zuvor dargestellt, im jetzt streitigen Planungsverfahren durch die Trassenwahl verschärft und „hochgezont“ worden ist.

In der Plangenehmigung vom 1. April 2004 ist eine formelle Entscheidung in Bezug auf das Fortbestehen und einen etwaigen Transfer der Übergangsproblematik nicht erfolgt. Kennzeichnend für die dadurch eingetretene rechtliche Situation ist deshalb, dass ein in einem früheren Planungsverfahren aufgetretenes materielles Problem eindeutig materiell ungelöst geblieben, jedoch in einer formell klaren und eindeutigen Weise nicht auf ein nachfolgendes Planungsverfahren transferiert worden ist. Es mag im Ausgangspunkt im Anschluss an die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. Februar 2005 (9 VR 15/04 - Juris; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2004 – BVerwGE 121, 72 m.w.N.) zutreffen, dass eine solche Handhabung eines Problemtransfers unter Beachtung der Erfordernisse einer wünschenswerten Rechtssicherheit zweifelhaft und nicht zulässig ist; doch müssen angesichts der Besonderheiten der vorliegenden Fallkonstellation ausnahmsweise andere Maßstäbe zugrunde gelegt werden.

Die Schienenanbindung Ost des Flughafens BBI gehörte ursprünglich zum Gegenstand des für das Flughafenprojekt beantragten Planfeststellungsverfahrens. Mit Änderungsantrag der Vorhabenträger für dieses Projekt vom 17. Juni/19. August 2003 wurde allerdings die Abspaltung der Schienenanbindung Ost beantragt mit dem Ziel, diesen Teil des Gesamtkonzepts zum Gegenstand eines eigenständigen Planfeststellungsverfahrens zu machen (vgl. dazu Pfb. S. 54). Im Zeitpunkt der Plangenehmigung vom 1. April 2004 und des zuvor durchgeführten Verfahrens hatte also die jetzige Klägerin, die bereits für das Flughafenprojekt neben anderen Gesellschaften Vorhabenträger war und ist, die Herauslösung des jetzt streitigen Planungsverfahrens aus dem Großverfahren BBI verlangt. Es war nach dem Verlauf des Verfahrens ohne weiteres erkennbar, dass die damals zuständige Planfeststellungsbehörde diesem Abspaltungsantrag entsprechen würde, wie es im Planfeststellungsbeschluss BBI vom 13. August 2004 (S. 276, 293 ff., 341 ff.) dann auch geschah. Vor diesem Hintergrund ist die Plangenehmigung vom 1. April 2004 erfolgt. Daraus wird die Einbindung der Klägerin in den Gesamtzusammenhang, in die Abspaltung des Planungsteiles Schienenanbindung Ost und in die Notwendigkeit eines neuen und eigenständigen Planungsverfahrens für diesen Teil des Gesamtkonzepts deutlich. Die Klägerin selbst hat die Situation, wie sich aus dem im Tatbestand zitierten Passus im Erläuterungsbericht zu dem früheren Plangenehmigungsantrag ergibt, entsprechend bewertet. Demzufolge erscheint es zulässig, aber auch geboten, die in der bereits zitierten Rechtsprechung genannten Anforderungen an die formelle Klarheit und Verbindlichkeit eines Problemtransfers im vorliegenden Ausnahmefall zu senken, weil Gründe der Rechtssicherheit insbesondere aus der Sicht des Vorhabenträgers keine andere Vorgehensweise erforderten. Vielmehr war die Klägerin sich im Jahre 2004 selbst offenbar im Klaren darüber, das materiell im seinerzeitigen Plangenehmigungsverfahren ungelöste Problem einer Querungsmöglichkeit bei Kilometer 16,4 in dem nachfolgend von ihr in Angriff zu nehmenden Planungsverfahren für die Schienenanbindung Ost erneut aufgreifen zu müssen. Der Verlauf des Planfeststellungsverfahrens weist nach, dass dies zunächst auch geschah, in dem die ursprünglich mit dem Antrag auf Planfeststellung vorgelegten Planungsunterlagen Übergänge über den Sandbacher Weg, den Forstweg und bei Kilometer 16,4 über die Görlitzer Bahn vorsahen. Auch daraus folgt, dass die Klägerin in ihrem eigenen Handeln die nach der Plangenehmigung vom 1. April 2004 eingetretene Situation an der Görlitzer Bahn als weiterhin oder erneut bearbeitungsbedürftig angesehen hat.

Selbst wenn also die fehlende Querungsmöglichkeit bei Kilometer 16,4 der Görlitzer Bahn nicht jedenfalls auch als zu bewältigendes Folgeproblem der streitgegenständlichen neuen Planfeststellung, sondern allein als materiell ungelöst gebliebenes Problem des früheren Plangenehmigungsverfahrens betrachtet würde, konnte die Planfeststellungsbehörde von einem Transfer der Fragestellung in das neue Planfeststellungsverfahren in rechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgehen. Wiederum wäre auch dann in § 74 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 eine tragfähige Grundlage für die angeordnete Auflage zu sehen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil ein Zulassungsgrund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben ist.