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Entscheidung 1 Ws 19/10


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 1. Strafsenat Entscheidungsdatum 26.04.2010
Aktenzeichen 1 Ws 19/10 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen SDÜREO, ÜberstÜbkREO, IRG

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Frankfort (Oder) vom 15. September 2009 wird kostenpflichtig als unbegründet verworfen.

2. Der (Hilfs-)Antrag des Verurteilten, die Vollstreckung der Freiheitsstrafe von zwei Jahren zur Bewährung auszusetzen, wird zurückgewiesen.

3. Der (Hilfs-)Antrag des Verurteilten, festzustellen, dass zur Entschädigung für die überlange Verfahrensdauer die verhängte Freiheitsstrafe zum Teil als vollstreckt gilt, wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Das Kreisgericht Olkusz hat den Beschwerdeführer mit Urteil vom 2. November 2004 wegen fahrlässiger Tötung in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren, deren Vollstreckung für die Dauer von fünf Jahren zur Bewährung ausgesetzt wurde, zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 50 PLN sowie zur Zahlung von 3000,00 PLN Schadensersatz an die Nebenkläger verurteilt. Der Tag der Festnahme vom 23. März 2004 wurde mit zwei Tagessätzen auf die Geldstrafe angerechnet.

Auf die Rechtsmittel (Appellation) des Beschwerdeführers und der Nebenkläger hat das Bezirksgerichts Krakow mit Urteil vom 24. Mai 2005 das erstinstanzliche Urteil im Schuldspruch bestätigt. Den Strafausspruch hat das Bezirksgericht dahingehend abgeändert, dass die Strafaussetzung zur Bewährung und die Geldstrafe in Wegfall gerieten. Der Tag der Festnahme vom 23. März 2004 wurde mit einem Tag auf die Freiheitsstrafe angerechnet.

Das weitere Rechtsmittel (Kassationsantrag) des Beschwerdeführers wurde durch das Oberste Gericht am 10. April 2006 als unbegründet verworfen. Die verhängte Freiheitsstrafe wurde bis heute nicht vollstreckt. Wegen unfallbedingter Erkrankung des Beschwerdeführers wurde die Vollstreckung der Freiheitsstrafe um insgesamt 8 Monate aufgeschoben.

Zwischenzeitlich hat der Beschwerdeführer wieder seinen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland genommen. Einer Ladung zum Strafantritt durch die Vollstreckungssektion des Kreisgerichts Olkusz vom 31. Oktober 2006 ist der Beschwerdeführer nicht gefolgt.

Das Justizministerium der Republik Polen hat mit Schreiben vom 8. November 2007 das Ministerium der Justiz des Landes Brandenburg aufgrund des Übereinkommens über die Überstellung verurteilter Personen vom 21. März 1983 sowie Artikel 2 des Zusatzprotokolls zu diesem Übereinkommen vom 18. Dezember 1997 und Artikeln 67-69 des Übereinkommens vom 19. Juni 1990 zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen von 1985 um Übernahme der weiteren Vollstreckung der mit dem rechtskräftigen Gesamturteil des Kreisgerichts Olkusz vom 2. November 2005 (Senat: 200 4 ) gegen den Beschwerdeführer verhängten Freiheitsstrafe von zwei Jahren durch die Bundesrepublik Deutschland ersucht.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Landgericht Frankfurt (Oder) - Strafvollstreckungskammer – am 15. September 2009 auf Antrag der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) vom 9. April 2008 die Vollstreckung der Freiheitsstrafe von 2 Jahren aus dem Urteil des Kreisgerichts Olkusz vom 02.11.2004 — Az.: II K 206/04 — in Verbindung mit dem Urteil des Bezirksgerichts Krakow vom 24.05.2005 — Az.: IV Ka 145/05 — in Deutschland für zulässig erklärt, im Wege der Umwandlung eine Freiheitsstrafe von 2 Jahren festgesetzt und die am 23. März 2004 durch die Festnahme erfolgte Freiheitsentziehung auf die Strafe angerechnet.

Gegen diesen dem Beschwerdeführer am 23. September 2009 zugestellten Beschluss wendet sich dieser mit seiner am 25. September 2009 bei dem Landgericht Frankfurt (Oder) eingegangenen sofortigen Beschwerde, mit der er beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Vollstreckung der Freiheitsstrafe von zwei Jahren aus dem Urteil des Kreisgerichts Olkusz vom 2. November 2004 - Az.: II K 206/04 - in Verbindung mit dem Urteil des Bezirksgerichtes Krakow vom 24. Mai 2005 - .Az.: IV Ka 145/05 – in Deutschland für unzulässig zu erklären, hilfsweise festzustellen, dass die Vollstreckung der Freiheitsstrafe von zwei Jahren aus dem Urteil des Kreisgerichts Olkusz vom 2. November 2004 - Az.: II K 206/04 - in Verbindung mit dem Urteil des Bezirksgerichtes Krakow vom 24. Mai 2005 - Az.: IV Ka 145/05 - zur Bewährung ausgesetzt wird, sowie äußerst hilfsweise festzustellen, dass zur Entschädigung für die überlange Verfahrensdauer die im Antrag zuvor konkret bezeichnete Freiheitsstrafe zum Teil als vollstreckt gilt.

Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, das in seiner und seines Verteidigers Abwesenheit erlassene Urteil des Bezirksgerichts Krakow vom 24. Mai 2005 sei nicht nach anerkannten verfahrensrechtlichen Standards, insbesondere unter Verstoß gegen das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs vor Gericht (Art. 103 Abs. 1 GG) zu Stande gekommen, da er zur Berufungshauptverhandlung weder geladen worden sei noch sonst Kenntnis vom Termin erlangt habe. Zudem entspreche die Durchführung einer Hauptverhandlung, die im Ergebnis zu einer Verböserung und damit einer einhergehenden Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe führen kann, nicht den verfassungsrechtlich gewährleisteten Mindeststandards. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe sei hilfsweise zur Bewährung auszusetzen, zumindest sei wegen rechtsstaatswidriger überlanger Verfahrensdauer zumindest ein Teil der Strafe als vollstreckt zu erklären.

Die Generalstaatsanwaltschaft ist der sofortigen Beschwerde entgegengetreten.

II.

Der gemäß §§ 55 Abs. 2 IRG, 311 StPO statthaften, fristgemäß eingelegten und auch im Übrigen zulässigen sofortigen Beschwerde bleibt der Erfolg in der Sache versagt, denn das Landgericht Frankfurt (Oder) hat die Vollstreckung der vom Kreisgerichts Olkusz vom 2. November 2004 - Az.: II K 206/04 - in Verbindung mit dem Urteil des Bezirksgerichtes Krakow vom 24. Mai 2005 - Az.: IV Ka 145/05 – verhängten Freiheitsstrafe zu Recht für zulässig erklärt, in eine unbedingte Freiheitsstrafe von zwei Jahren umgewandelt sowie einen Tag für erlittene Freiheitsentziehung angerechnet.

1. Rechtsgrundlage sind zunächst die Art. 67 - 69 des Übereinkommens vom 19. Juni 1990 zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 (SDÜ), das Übereinkommen über die Überstellung verurteilter Personen vom 21. März 1983 (Überstellungsübereinkommen – ÜberstÜbk) nebst Zusatzprotokoll vom 18. Dezember 1997 (ZP-ÜberstÜbk) und die §§ 48 ff. des Gesetzes über die Internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG). Den sogenannten „Schengen-Besitzstand“, so auch die genannten Vorschriften, hat die Republik Polen (gemäß Art. 3 der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Polen... und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge) mit ihrem Beitritt zur Europäischen Union übernommen; sie sind damit für diese und im Verhältnis zu ihr bindend und anzuwenden (ABl. EU Nr. L 236 vom 23. September 2003, S. 33; S. 50: Verzeichnis der Bestimmungen des in den Rahmen der EU einbezogenen Schengen-Besitzstandes (gemäß Art. 3 der Beitrittsakte) Nr. 2). Gemäß Art. 67 SDÜ sind die Art. 68 und 69 SDÜ zwischen der Republik Polen und Deutschland anwendbar, denn beide Staaten sind dem ÜberstÜbk beigetreten (für die Republik Polen am 1. März 1995, BGBl. 1995 II, 176, 528; für Deutschland in Kraft getreten am 1. Februar 1992 gemäß Art. 2 Abs. 2 des Gesetzes vom 26. September 1991 zu dem genannten Übereinkommen (BGBl. Teil II, S. 1006) in Verbindung mit der Bekanntmachung vom 19. Dezember 1991 über das Inkrafttreten dieses Übereinkommens (BGBl. Teil II, S. 98)).

Die förmlichen und sachlichen Voraussetzungen für die Vollstreckungsübernahme nach Art. 69 SDÜ, Art. 2 Abs. 2, 3 Abs. 1 a) - f), 7 ÜberstÜbk, §§ 48 S. 1, 49 Abs. 1, 3 IRG liegen vor.

a) Zwar setzt das ÜberstÜbk grundsätzlich die Übergabe der verurteilten Person an den Heimatstaat voraus; die Anwendbarkeit des ÜberstÜbk auch auf die Fallkonstellation, in der es der Übergabe nicht mehr bedarf, weil der Verurteilte - wie hier - in sein Heimatland zurückgekehrt ist, ergibt sich jedoch aus Art. 2 des Zusatzprotokolls zum ÜberstÜbk vom 18. Dezember 1997 (BGBl. 2002 II, 2867). Das Zusatzprotokoll wurde gerade zu dem Zweck unterzeichnet und ratifiziert, um diese Lücke zu schließen (vgl. die Präambel des Zusatzprotokolls sowie die Denkschrift BT-Drucks. 14/8995, S. 1 und den Erläuternden Bericht S. 16). In Polen ist das Zusatzprotokoll in Kraft seit dem 1. Juni 2006 (vgl. die Vertragstabelle ZP-ÜberstÜbk bei Schomburg/Lagodny/Gleß/Hackner, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, 4. Aufl., II C 1.). Die demnach anwendbaren Vorschriften des ÜberstÜbk sind innerstaatliches Recht und haben gemäß § 1 Abs. 3 IRG vor den Bestimmungen des Gesetztes über die Internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG) insoweit Vorrang, als sie speziellere Regelungen enthalten (vgl. BVerfG EuGRZ 2009, 46; OLG Schleswig NStZ 2004, 406; OLG Stuttgart NStZ-RR 2005, 383; OLG Saarbrücken Beschluss vom 16. Juni 2008 -1 Ws 46/08-).

b) Der Vollstreckungsübernahme steht nicht entgegen, dass der Verurteilte dieser nicht ausdrücklich zugestimmt (Art. 3 Abs. 1 d) ÜberstÜbk), ihr sogar widersprochen hat. Nach Art. 68 Abs. 1 SDÜ kann ein Mitglied der EU, das den Staatsangehörigen eines anderen Mitglieds rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe verurteilt hat, dieses um die Vollstreckung der Sanktion ersuchen, wenn der Betroffene sich ihr durch Flucht in sein eigenes Land entzogen hat. Dabei ist der Begriff der Flucht nicht im Sinne des § 112 Abs. 2 Nr. 1 1. Alt. StPO zu verstehen (vgl. KG Beschluss vom 16. Juli 2007 -1 AR 105/06-). Ausreichend ist, dass sich der Verurteilte nicht der Vollstreckung der gegen ihn verhängten Strafe in dem Land, in dem die Verurteilung erfolgt ist, zur Verfügung hält. Gemäß Art. 2 ZP-ÜberstÜbk, § 69 SDÜ bedarf es im vorliegenden Fall aufgrund der Rückkehr des Verfolgten in sein Heimatland und der erfolglosen Ladung des Beschwerdeführers zum Strafantritt durch die polnischen Behörden einer Zustimmung des Beschwerdeführers zur Vollstreckungsübernahme nicht.

c) Mit dem Justizministerium der Republik Polen hat eine zuständige Stelle eines ausländischen Staates unter Vorlage des vollständigen, rechtskräftigen und vollstreckbaren Erkenntnisses um Vollstreckungshilfe ersucht (§ 49 Abs. 1 Nr. 1 IRG). Das Urteil ist rechtskräftig und vollstreckbar, da bisher weder eine Verbüßung erfolgte noch eine Gnaden- oder Amnestieentscheidung ergangen ist, infolge deren die Vollstreckbarkeit der Freiheitsstrafe von zwei Jahren modifiziert worden wäre. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Beschwerdeführer entsprechend Art 12 ÜberstÜbk zwischenzeitlich eine Entscheidung im Gnadenwege angestrengt hat, über die noch nicht befunden worden ist.

d) Auch die Voraussetzungen des Ausschlusstatbestandes des § 49 Abs. 1 Nr. 2 IRG sind nicht erfüllt. Die Regelung stellt klar, dass im hiesigen Rechtsgebiet eine Entscheidung nicht vollstreckt werden darf, die unter Verstoß gegen den anerkannten verfahrensrechtlichen Mindeststandard zustande gekommen ist. Nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 IRG - der Spezialnorm gegenüber § 73 IRG - muss das Verfahren, das zu dem zu vollstreckenden Urteil geführt hat, dem unverzichtbaren Bestand der öffentlichen Ordnung ebenso entsprechen wie dem völkerrechtlichen Mindeststandard (etwa Art. 14 IPBPR und Art. 6 MRK, der über Art. 25 GG Bestandteil des deutschen Rechts ist; vgl. KG a.a.O.; OLG Saarbrücken a.a.O. ). Da die §§ 48 ff. IRG in erster Linie auf humanitären und Fürsorgeerwägungen beruhen, ist bei der Bejahung der Ausnahmetatbestände des § 49 Abs. 1 Nr. 2 IRG größte Zurückhaltung geboten. Lediglich eklatante Verstöße gegen den im Grundgesetz und der Menschenrechtskonvention verankerten rechtsstaatlichen Mindeststandard sollen dazu führen können, dass eine auch von dem Betroffenen begehrte Rechtshilfe versagt wird (vgl. OLG Saarbrücken a.a.O.; Schomburg/Lagodny/Gleß/Hackner, § 49 IRG Rn. 6).

Nach den bisherigen für ausländische Abwesenheitsverfahren in Zusammenhang mit Auslieferungen in Entscheidungen entwickelten Grundsätzen des Bundesverfassungsgerichts hängt die Beantwortung der Frage, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen eine Auslieferung zur Vollstreckung eines ausländischen Abwesenheitsurteils zulässig ist, entscheidend davon ab, ob und inwieweit die Verurteilung in einem ausländischen Verfahren gegen übergeordnete von allen Rechtsstaaten anerkannte Grundsätze verstoßen könnte. Maßgebliche Anhaltspunkte dafür, ob die unverzichtbaren rechtlichen Mindesterfordernisse in diesem Sinne gewahrt worden sind, sind dem übergeordneten Rechtsgrundsatz des „ fair trail“ zu entnehmen, der insbesondere die Gewährleistung ausreichenden rechtlichen Gehörs und die Wahrung der Mindestrechte einer angemessenen Verteidigung beinhaltet (vgl. BVerfGE 59, 280; 63, 332). Zum Grundsatz des „fair trail“ gehört, dass der Verfolgte im Rahmen des nach den Bestimmungen der ausländischen Verfahrensordnung durchgeführten Strafverfahrens die tatsächliche Möglichkeit haben muss - und sie auch tatsächlich nutzen kann -‚ auf das gegen ihn gerichtete Strafverfahren einzuwirken, sich persönlich zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen zu äußern und dabei entlastende Umstände vorzutragen sowie deren umfassende und erschöpfende Nachprüfung - ggf. auch deren Berücksichtigung - durch das ausländische Gericht zu erreichen (vgl. BVerfGE 63, 332). Dies ist aber nur dann ausreichend gesichert, wenn der Verfolgte nachweislich von dem konkret gegen ihn durchgeführten Strafverfahren und von anstehenden oder zu erwartenden Hauptverhandlungsterminen Kenntnis erhalten hat und wenn diese Kenntnis auf einer amtlichen Mitteilung beruht. Wenn sich ergibt, dass diese Voraussetzungen erfüllt sind, steht der Auslieferung des Verfolgten zur Vollstreckung des in einem ausländischen Verfahren ergangenen Abwesenheitsurteils kein rechtlich beachtliches Hindernis entgegen. Ein Verfolgter, dem die Wahrung seiner Rechte in einem solchen Umfange garantiert war, der sich jedoch gleichwohl dann dem ausländischen Verfahren willentlich entzogen hat, und der insbesondere der dortigen Hauptverhandlung absichtlich ferngeblieben ist, hat im gerichtlichen Auslieferungsverfahren des ersuchten Staates keinen Anspruch auf weitergehenden Rechtsschutz (vgl. OLG Karlsruhe NStZ 1983, 225; OLG Düsseldorf NStZ 1987,466). Entscheidend sind stets die Umstände des Einzelfalls (OLG Düsseldorf OLGSt IRG § 15 Nr. 6).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze, die in ihrem Kerngehalt auf die Vollstreckungsübernahmeverfahren übertragbar sind, ist im vorliegenden Fall nicht zu befürchten, dass die polnischen Urteile unter Verstoß gegen anerkannte verfahrensrechtliche Mindeststandards zustande gekommen sind.

In dem Verfahren, das dem ausländischen Erkenntnis zugrunde liegt, ist dem Beschwerdeführer ausweislich des Urteils des Kreisgerichts Olkusz vom 02. November 2004 rechtliches Gehör und eine angemessene Verteidigung gewährt worden. Die Hauptverhandlung vor dem Kreisgericht fand in Anwesenheit des Beschwerdeführers und seines Verteidigers statt. Der Beschwerdeführer hatte Gelegenheit, sich zur Sache zu äußern und Anträge zu stellen und hat von dieser Gelegenheit auch erkennbar Gebrauch gemacht.

Zwar hat die Berufungshauptverhandlung vor dem Bezirksgericht Krakow dem Vortrag des Beschwerdeführers entsprechend nicht in dessen Anwesenheit und seines Verteidigers stattgefunden. Dass der Beschwerdeführer vom Hauptverhandlungstermin des Bezirksgerichtes Krakow keine Kenntnis hatte und demzufolge an der Hauptverhandlung nicht teilgenommen hat, verkürzt indes weder seinen Anspruch auf rechtliches Gehör noch seinen Anspruch auf angemessene Verteidigung. Die Berufungshauptverhandlung hat nicht nur auf die Berufung des Beschwerdeführers, sondern auch auf die Berufung der Nebenkläger stattgefunden. Die polnischen Behörden haben auf entsprechende Nachfrage mitgeteilt, dass sowohl dem Beschwerdeführer (am 18. Januar 2005) als auch dessen Verteidiger (am 17. Januar 2005) die Berufungsschrift der Nebenkläger zugestellt worden sind. Es war dem Beschwerdeführer mithin möglich, den von der Nebenklage erhobenen Rügen entgegenzutreten. Auch hat der Beschwerdeführer eingeräumt, dass sein Verteidiger Kenntnis vom Termin der Berufungshauptverhandlung hatte, warum der Verteidiger dem Termin ferngeblieben ist, wird nicht mitgeteilt. Zudem ist das polnische Rechtsmittelverfahren, obwohl es Züge eines Berufungsverfahrens nach deutschem Recht aufweist, eher einem Revisionsverfahren angenähert. Der Ablauf der Appellationsverhandlung richtet sich Kraft des Verweises in Art. 458 StVfGB nach den Vorschriften über die Hauptverhandlung in erster Instanz. Besonderheiten ergeben sich u.a. im Hinblick auf die Teilnahme der Beteiligten an der Appellationsverhandlung. Zwar sind die Parteien und ihre Rechtsbeistände über den Termin der Appellationsverhandlung zu benachrichtigen, gem. Art. 450 § 1 StVfGB ist aber nur die Teilnahme des Staatsanwalts und des Verteidigers in Fällen obligatorischer Verteidigung nach den Art. 79 f. StVfGB Pflicht. Sonst ist die Teilnahme anderer Parteien und ihrer Rechtsbeistände gem. Art. 450 § 2 StVfGB grundsätzlich fakultativ (vgl. Jakowczyk, Polnisches Strafprozessrecht 2008, Rnn. 755, 767). Ein Fall notwendiger Verteidigung im Sinne der genannten Vorschriften lag indes nicht vor. Es war dem Bezirksgericht Krakow als Rechtsmittelgericht grundsätzlich nicht erlaubt, ein Beweisverfahren über Tatsachen (den Kern der Sache) zu führen. Gemäß Art. 438 StVfGB kann das Rechtsmittelgericht eine Entscheidung aufheben oder abändern, wenn eine Verletzung des materiellen Rechts, eine sich auf den Inhalt der Entscheidung auswirkende Verletzung des Verfahrensrechts, ein sich auf den Inhalt der Entscheidung auswirkender Fehler bei den Tatsachenfeststellungen, eine grobe Unangemessenheit der Strafe oder eine unberechtigte Anordnung oder das unberechtigte Unterlassen der Anordnung einer Maßregel der Sicherung oder einer anderen Maßnahme festgestellt wurde. Die vom Beschwerdeführer im schriftlichen Verfahren vorgetragenen Äußerungen und Anträge sind ausweislich der Urteilsgründe vom Rechtsmittelgericht berücksichtigt worden, auf die Rüge der Nebenkläger ist die Strafe wegen unangemessener Milde einer Bewährungsstrafe in eine unbedingte Freiheitsstrafe abgeändert worden.

Der Beschwerdeführer musste auch damit rechnen, dass das Bezirksgericht Krakow eine Entscheidung zu seinen Ungunsten treffen würde, denn dazu war das Gericht nach Art. 434 § 1 StVfGB befugt, nachdem die Nebenkläger Rechtsmittel eingelegt hatten. Zwar ist nach deutschem Recht (§ 400 Abs. 1 1. Alt. StPO) einem Nebenkläger die Anfechtung einer Entscheidung mit dem Ziel einer anderen Rechtsfolge der Tat versagt. Hingegen ist nach polnischem Recht (Art. 425 StVfGB) das einem Nebenkläger zustehende Rechtsmittel nicht derart eingeschränkt.

Darüber hinaus widerspricht die Entscheidung über den Wegfall der Bewährung nicht verfassungsrechtlich gewährten Mindeststandards. Auch das Strafprozessrecht der Bundesrepublik Deutschland schließt eine Verschlechterung der Sanktion nicht generell aus, so kann sich ein Angeklagter nicht auf ein Verbot der Schlechterstellung nach § 331 Abs. 1 StPO berufen, wenn die Staatsanwaltschaft zu seinen Ungunsten ein Rechtsmittel eingelegt hat.

Im weiteren Verlauf ist, wie dem Zustellungsnachweis zu entnehmen ist, dem Verteidiger das Berufungsurteil zugestellt worden, gegen das er am 20. Juli 2005 Revision eingelegt hat, diese ist mit Beschluss des Obersten Gerichts vom 10. April 2006 als unbegründet verworfen worden.

Angesichts dieses Verfahrensverlaufs liegen keine Anhaltspunkte vor, dass das polnische Verfahren nicht mit unabdingbaren verfassungsrechtlichen Grundsätzen der öffentlichen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland und mit dem völkerrechtlichen Mindeststandard an elementarer Verfahrensgerechtigkeit, der über Art. 25 GG Bestandteil des in der Bundesrepublik geltenden innerstaatlichen Rechts ist, vereinbar ist (vgl. BVerfGE 63, 332; 59, 280; NJW 1991, 1411 m.w.N.; BGHSt 47, 120; 20, 198; OLG Hamm NStZ- RR 2001, 62; KG StV 1993, 207). Auch widersprach das Verfahren, das zu dem zu vollstreckenden Urteil geführt hat, entsprechend § 73 IRG nicht den wesentlichen Grundsätzen der deutschen Rechtsordnung. In diesem Zusammenhang sei nur ergänzend darauf hingewiesen, dass sich die Problematik von Abwesenheitsurteilen ausschließlich bei erstinstanzlichen Urteilen aufdrängt, sich die hierzu ergangene bundesverfassungsgerichtliche Rechtsprechung nicht auf in Abwesenheit des Verurteilten ergangene Rechtsmittelentscheidungen übertragen lässt (vgl. Schomburg /Lagodny/Gleß/Hackner, § 73 Rn. 76 m.w.N.).

e) Bei der dem polnischen Urteil zugrunde liegenden Tat handelt es sich um eine solche, für die auch in der Bundesrepublik Deutschland Strafe hätte verhängt werden können (Art. 3 Abs. 1 e) ÜberstÜbk, § 49 Abs. 1 Nr. 3 IRG). Das Erfordernis der beiderseitigen Strafbarkeit setzt keine eigene Beweiswürdigung und auch keine eigene Subsumtion voraus. Vielmehr ist das deutsche Gericht an die tatsächlichen Feststellungen des ausländischen Urteils gebunden.

Diese Feststellungen des Kreisgerichts Olkusz tragen die Verurteilung des Beschwerdeführers wegen fahrlässigen Tötung gemäß § 222 StGB in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung gemäß § 229 StGB.

f) Die Vollstreckung wird nicht nach § 49 Abs. 1 Nr. 4 IRG durch Vollstreckungsverjährung gehindert, da diese nicht eingetreten ist.

g) Schließlich wäre die Vollstreckbarerklärung auch nicht an der Härte der Rechtsfolge gescheitert (§ 73 IRG). Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. OLG Stuttgart NStZ-RR 2002, 180 m.w.N.) wird Rechtshilfe erst unzulässig, wenn die ausländische Rechtsfolge schlechterdings unerträglich und in keiner Weise mehr vertretbar ist; dass sie als hart oder sogar in hohem Maße hart anzusehen ist, genügt nicht. Eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren als Strafe für eine fahrlässige Tötung eines Menschen und fahrlässige Verletzung eines weiteren Menschen kann auch dann nicht als schlechterdings unerträglich und in keiner Weise mehr vertretbar gelten, wenn Alkohol nicht im Spiel war und der Täter nicht vorbestraft ist. Dass das Bezirksgericht Krakow die Vollstreckung nicht zur Bewährung ausgesetzt hat, kann gleichfalls nicht als schlechterdings unerträglich und in keiner Weise mehr vertretbar gelten. Auch im deutschen Recht können besonders schwere Tatfolgen Anlass zur Prüfung geben, ob die Vollstreckung zur Verteidigung der Rechtsordnung geboten ist (vgl. BGHSt 24, 40; OLG Stuttgart Beschluss vom 14. Februar 2003 -3 Ws 11/02-).

Die formellen und sachlichen Voraussetzungen für die von der Republik Polen begehrte Vollstreckungsübernahme sind damit erfüllt, so dass die Vollstreckung der Strafe von dem Landgericht Frankfurt (Oder) zu Recht für zulässig erklärt wurde.

3. Nicht zu beanstanden ist auch die Umwandlungsentscheidung als solche.

a) Art. 11 ÜberstÜbk gestattet die Umwandlung der zu vollstreckenden Sanktion in einem Gerichts- oder Verwaltungsverfahren des Vollstreckungsstaates, durch das eine im Urteilsstaat verhängte Sanktion durch eine nach dem Recht des Vollstreckungsstaates vorgesehene Sanktion ersetzt wird („Exequatur“ vgl. Art. 9 Abs. 1 b) ÜberstÜbk). Soweit das ausländische Erkenntnis durch die deutsche Vollstreckungsbehörde vollstreckt wird, verliert der ersuchende Staat das Recht, selbst die Vollstreckung durchzuführen. Gemäß Art. 11 Abs. 1 S. 1 ÜberstÜbk richtet sich die Umwandlung der Sanktion nach dem Recht des Vollstreckungsstaates, d.h. vorliegend für die Bundesrepublik Deutschland nach §§ 48 ff IRG (vgl. Schomburg/Lagodny/Gleß/Hackner, Art. 11 ÜberstÜbk Rn. 2). Nach § 54 Abs. 1 S. 2 IRG (entsprechend Art. 11 Abs. 1 S. 2 ÜberstÜbk) ist die ausländische Sanktion in die ihr in Deutschland am meisten entsprechende Sanktion umzuwandeln.

§ 54 Abs. 1 S. 3 IRG bestimmt, dass die Höhe der ausländischen Sanktion für die nach deutschem Recht zu bildende Strafe grundsätzlich verbindlich ist. Das entspricht der rechtshilferechtlichen Natur der Vollstreckungsübernahme, die der Unterstützung fremder Strafverfolgung und dem Interesse eines funktionierenden wechselseitigen Rechtshilfeverkehrs dient. Das Exequaturverfahren ist kein eigenes, wenn auch durch die Übernahme des ausländischen Schuldspruchs modifiziertes Strafverfahren. Eine eigene Strafzumessung findet bei der Umwandlungsentscheidung daher nicht statt (vgl. Schomburg/Lagodny/Gleß/Hackner, § 54 IRG Rn. 1; KG NStZ 1995, 415; OLG München, NStZ 1995, 207; OLG Saarbrücken NStZ-RR 2004, 216). Eine Anpassung des Strafmaßes nach deutschem Strafzumessungsrecht kommt nicht in Betracht (KG Beschl. vom 27. Februar 2002 – 5 Ws 80/02-).

Gemäß Art. 11 Abs. 1 ÜberstÜbk ist lediglich das zulässige Ausmaß der Umwandlung dahingehend eingeschränkt, dass eine freiheitsentziehende Sanktion nicht in eine Geldstrafe oder Geldbuße umgewandelt werden darf (Art. 11 Abs. 1 b) ÜberstÜbk) und die strafrechtliche Situation der verurteilten Person durch die Umwandlung nicht erschwert werden darf (Art. 11 Abs. 1 d) ÜberstÜbk).

Vollstreckung und Vollzug der umgewandelten ausländischen Sanktion richten sich andererseits gemäß § 57 IRG sowie Art 9 Abs. 3 ÜberstÜbk nach den entsprechenden deutschen Vorschriften. Das für den Verurteilten günstigste Strafbemessungs- bzw. Strafaussetzungsrecht ist in Anwendung und auf der Grundlage des ÜberstÜbk nicht anzuwenden (vgl. Schomburg/Lagodny/Gleß/Hackner, § 57 IRG Rn. 8c).

b) Bei Zugrundelegung der maßgeblichen Unterscheidung zwischen Strafzumessungs- und Strafvollstreckungsrecht und Anwendung des infolge der rechtshilferechtlichen Natur der Vollstreckungsübernahme eingeschränkten Prüfungsmaßstabes ist die Entscheidung des Landgerichts, die vom Kreisgericht Olkusz i.V.m. dem Urteil des Bezirksgerichts Krakow festgesetzte Freiheitsstrafe von zwei Jahren in eine zu verbüßende Freiheitsstrafe von zwei Jahren umzuwandeln, nicht zu beanstanden.

c) Auch die Entscheidung des Landgerichts, die verhängte Strafe nicht in eine Bewährungsstrafe umzuwandeln ist entgegen der Ausfassung des Beschwerdeführers nicht zu beanstanden. Die von dem Beschwerdeführer begehrte Überprüfung dahingehend, ob die Strafe nach den Strafzumessungsregeln des deutschen Rechts bei Vorliegen einer günstigen Prognose obligatorisch (§ 56 Abs. 1 StGB) oder bei Vorliegen besonderer Umstände fakultativ (§ 56 Abs. 2 StGB) zur Bewährung auszusetzen wäre, ist ebenso nicht möglich wie die weiteren von der Verteidigung angeführten Strafzumessungstatsachen der lange zurückliegenden Tat und der (behaupteten) überlangen Verfahrensdauer im Rahmen der Umwandlungsentscheidung Berücksichtigung finden können.

Wie bereits dargelegt, ist dem einschlägigen Rechtshilferecht eine grundsätzliche Unterscheidung zwischen den Bereichen der Strafzumessung und der Strafvollstreckung zu entnehmen

Die Strafvollstreckung liegt nach Art. 9 Abs. 3 des Überstellungsübereinkommens in der Kompetenz des die Vollstreckung übernehmenden Staates; eine Grundentscheidung, die § 57 IRG im Einzelnen ausführt. Demgegenüber wird die Strafzumessungsentscheidung durch die Vollstreckungsübernahme nicht in die Hände des vollstreckenden Staates gelegt. Für das Vollstreckungsfortsetzungsverfahren sieht Art. 10 Abs. 1 des ÜberstÜbk eine Bindung an Art und Dauer der im Ausland verhängten Sanktion vor; für das Umwandlungsverfahren regelt Art. 11 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe a), b) und d) des Übereinkommens, dass eine Bindung an die tatsächlichen Feststellungen besteht, dass eine freiheitsentziehende Sanktion nicht in eine Geldstrafe umgewandelt werden darf und dass die strafrechtliche Lage des Verurteilten nicht erschwert werden darf. In Konkretisierung dieser völkerrechtlichen Grundentscheidung sieht § 54 Abs. 1 Satz 3 IRG vor, dass für die Höhe der festzusetzenden Sanktion das ausländische Erkenntnis maßgebend ist. Die Entscheidung über die primäre Strafaussetzung ist als Bestandteil der Strafzumessung anzusehen und nach § 54 Abs. 1 Satz 3 IRG eine Bindung an die Verhängung einer vollstreckbaren Freiheitsstrafe anzunehmen. Im vorliegenden Fall kann auch kein Zweifel daran bestehen, dass der Entscheidung durch das Bezirksgericht Krakow über den Wegfall der Bewährung ausschließlich Strafzumessungserwägungen zu Grunde lagen, wenn im Urteil wird ausgeführt, dass u.a. im Hinblick auf die vorsätzliche Verletzung grundsätzlicher Verkehrsregeln und der tragischen Folgen der Tat eine „Freiheitsstrafe mit Bewährung unangemessen mild wäre.“

Die vom Beschwerdeführer angeführte Norm des § 57 Abs.2 IRG betrifft die Aussetzung der noch zu verbüßenden Reststrafe im Vollstreckungsverfahren und verweist damit ausschließlich auf die Regelungen zur Reststrafenaussetzung (§§ 57 ff. StGB), nicht aber auf die Regelung zur primären Strafaussetzung; hierzu findet sich im Gesetz über die Internationale Rechtshilfe in Strafsachen nichts (vgl. OLG Saarbrücken Beschluss a.a.O.; BVerG Beschluss vom 14.01.2009—2 BvR 1492/08 = EuGRZ 2009, 46).

Die Hilfsanträge unterlagen deshalb der Zurückweisung.

Die Anrechnung der am 23. März 2004 durch die Festnahme erfolgten Freiheitsentziehung auf die Strafe mit einem Tag ist weder ausdrücklich angefochten noch zu beanstanden.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.