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Beseitigungsanordnung; Anordnung sofortiger Vollziehung; Werbeanlage; formelle Illegalität; Brandwand; Schriftzug; Stätte der Leistung; Funktionszusammenhang; Plakatanschlagstafel; Veranstaltungswerbung; untergeordnete Warenwerbung; Darlegungsanforderungen


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 2. Senat Entscheidungsdatum 13.01.2012
Aktenzeichen OVG 2 S 92.11 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 80 Abs 5 VwGO, § 146 Abs 4 VwGO, § 10 Abs 5 S 1 BauO BE

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 8. September 2011 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Beschwerde trägt der Antragsteller.

Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird insoweit unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses für beide Instanzen auf jeweils 2.500 EUR festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Beschwerdevorbringen, das allein Gegenstand der Prüfung des Oberverwaltungsgerichts ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigt keine Änderung oder Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.

Das Verwaltungsgericht hat den auf § 80 Abs. 5 VwGO gestützten Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 28. Juni 2011 anzuordnen, mit der Begründung abgelehnt, die angeordnete Beseitigung der an der nördlichen Brandwand des Gebäudes auf dem Grundstück P… in B… angebrachten Werbeanlage in Form von Einzelbuchstaben und 9 Scheinwerfern sowie einer Werbefläche für Plakatwerbung im Erdgeschossbereich erweise sich als offensichtlich rechtmäßig, so dass das überwiegende öffentliche Interesse die vom Antragsgegner gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnete sofortige Vollziehung der Verfügung rechtfertige.

1. Entgegen der Ansicht des Antragstellers ist es für den Ausgang des vorliegenden Verfahrens ohne Relevanz, ob die beanstandete Werbeanlage in anderer Ausführungsart bauordnungsrechtlich nicht zu beanstanden wäre und ob die Werbefläche im Erdgeschossbereich lediglich dem Schutz der Fassade vor früher regelmäßig erfolgter wilder Plakatierung dient. Zu beurteilen ist allein die streitgegenständliche Werbeanlage in ihrer konkreten Ausführungsart. Ebenso wenig kommt es darauf an, dass der Antragsteller nach seiner Ansicht mit der Werbefläche erst der Verunstaltung der Fassade entgegen wirkt, da das Verwaltungsgericht die Frage, ob ein Verstoß gegen das Verunstaltungsverbot der Berliner Bauordnung vorliegt, offen gelassen hat.

2. Ohne Erfolg wendet sich der Antragsteller gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, es bestehe kein Funktionszusammenhang zwischen der Werbeanlage und dem Ort der Leistung. Auch im Beschwerdeverfahren hat der Antragsteller weder die Vermietung möblierter Hostelzimmer in der P… noch das Vorhandensein entsprechender Büroräume im 1. Obergeschoss in der gebotenen Weise belegt oder glaubhaft gemacht. Das schlichte Angebot einer Augenscheineinnahme reicht hierfür nicht aus. Gegen die Behauptung des Antragstellers spricht bereits der Inhalt der von ihm angegebenen Internetseite, auf den er sich in der Beschwerdebegründung beruft. Zwar ist auf der Startseite u.a. ein Foto des Gebäudes in der P… zu finden, die eingestellten Gebäudefotos dienen aber ersichtlich lediglich der Illustration der Seite, da bei einem Anklicken der Fotos keine weitere Seite geöffnet wird. Darüber hinaus werden auf der Startseite drei Firmen genannt, auf deren dazugehörigen Internetseiten jeweils für konkrete Jugendhotels geworben wird (www.A….de, www.B….de, S….com). Keine dieser Seiten enthält jedoch einen Hinweis auf eine Vermietung von Hostelzimmern in der P… oder darauf, dass sich dort ein Büro für eine Zimmervermietung befindet. Hinzu kommt, dass der Antragsteller auf die E-Mail eines sich beschwerenden Anwohners am 12. Januar 2011 in seiner Antwort-Mail selbst erklärt: „Es ist lediglich eine website-Werbung an dem Gebäude P… und die Adressen der von uns verwalteten Hostels sind gleich auf der Startseite im Internet erkennbar. Gerne können wir Aushänge in ihrem Hausflur machen mit der Mitteilung, dass sich im Haus kein Hostel befindet". Auch der an die Bauaufsicht des Bezirksamts Mitte gerichteten E-Mail des Antragstellers vom 4. Oktober 2011 ist nicht mit der nötigen Klarheit zu entnehmen, dass in dem Gebäude P… eine Vermietung von Hostelzimmern stattfindet. Auf beide Umstände weist der Antragsgegner in seiner Beschwerdeerwiderung zu Recht hin.

3. Das Beschwerdevorbringen, welches sich gegen die vom Verwaltungsgericht verneinte Genehmigungsfähigkeit der Plakatanschlagtafel richtet, ist gleichfalls nicht geeignet, das Ergebnis der erstinstanzlichen Entscheidung in Zweifel zu ziehen. Dabei bedarf es weder einer Auseinandersetzung mit dem Vortrag des Antragstellers zum Betreiber der Plakatwand noch zum Verhältnis zwischen kulturellem und finanziellem Aspekt der Anlage. Denn der Antragsteller bestätigt die Feststellung des Verwaltungsgerichts, Gegenstand der Werbung seien nicht nur Veranstaltungen, sondern auch Zeitschriften und Musikalben. Dass es sich hierbei nach Ansicht des Antragstellers offensichtlich um kulturelle Erzeugnisse handelt und damit die Informationsfunktion der Anlage im Vordergrund steht, reicht für die Genehmigungsfähigkeit der Plakatwand nicht aus. Zwar darf der Betreiber einer Werbeanlage in den in § 10 Abs. 5 S. 1 BauO Bln genannten Baugebieten, soweit die vorhandene Anschlagsfläche zeitweise nicht von amtlichen Mitteilungen oder Bekanntmachungen der im Gesetzestext genannten Art in Anspruch genommen wird, auf der jeweils freien Fläche Anschläge anderen, beliebigen Inhalts, also auch z.B. der Warenwerbung, anbringen. Diese eingeräumte, mit dem eigentlichen Zweck der Anlage nicht konforme Möglichkeit setzt jedoch voraus, dass die zulässigen Anlagen in flächen- und zeitgemäßer Hinsicht eindeutig vorrangig für amtliche Mitteilungen und für Veranstaltungswerbung zur Verfügung stehen sowie nach Art und Größe die hierdurch bedingten Notwendigkeiten nicht überschreiten (vgl. z. wortgleichen § 13 Abs. 4 Satz 1 BauO NRW: Johlen, in: Gädtke, Czepuck, Johlen, Plietz, Wenzel, BauO NRW, 12. Aufl. 2011, § 13 Rn. 124; OVG Nordrh.-Westf., Urteil vom 10. April 1973 - XI A 479/72 -, BRS 27, Nr. 118). Dass diese Anforderungen vorliegend erfüllt sind, hat der Antragsteller nicht dargetan.

4. Soweit der Antragsteller angibt, Anwohnerbeschwerden seien ihm nicht bekannt, er sei vom Antragsgegner auf solche nicht hingewiesen worden, auch habe dieser im bisherigen Verfahren Entsprechendes nicht vorgetragen, ist sein Vorbringen nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen. Abgesehen davon, dass der Antragsteller ausweislich des Verwaltungsvorganges selbst unter dem 12. Januar 2011 eine Anwohnerbeschwerde per E-Mail beantwortet hat, sind die vom Verwaltungsgericht im Rahmen der Prüfung des besonderen Vollzugsinteresses für die Anordnung der sofortigen Vollziehung angeführten Anwohnerbeschwerden in Form von ausgedruckten E-Mails auf den ersten Seiten des Verwaltungsvorganges dokumentiert. Diesen hat der Antragsgegner im erstinstanzlichen Verfahren mit Schriftsatz vom 17. August 2011, von dem der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers Kenntnis erlangt hat, mit ausdrücklichem Hinweis auf die Vorlage überreicht, so dass eine Akteneinsicht jederzeit möglich gewesen wäre.

5. Der Einwand, der Antragsgegner habe zu Unrecht einen Funktionszusammenhang verneint und sein Ermessen durch die angeblich negative Vorbildwirkung fehlerhaft eingeschränkt gesehen, genügt nicht den an eine Beschwerdebegründung zu stellenden Anforderungen, da es an der gebotenen Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Beschluss fehlt. Das gleiche gilt für die vom Antragsteller geäußerte Ansicht, es könne nicht verhältnismäßig und ermessensfehlerfrei sein, wie der Antragsgegner nach offensichtlich lediglich oberflächlicher Prüfung der tatsächlichen Begebenheiten entschieden habe. Die abschließende pauschale Bezugnahme auf den bereits erfolgten erstinstanzlichen Vortrag genügt nicht dem Begründungserfordernis von § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG. Der Senat orientiert sich insoweit an dem in Ziffer 9.1.6, 1.5 und 1.6.2 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung von Juli 2004 (DVBl. 2004, 1525) für Klagen auf Erteilung einer Baugenehmigung für eine großflächige Werbetafel empfohlenen Wert, der für das vorliegende Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren ist. Die nach Ansicht des Senats eher geringfügigen Beseitigungskosten werden von dem festgesetzten Streitwert umfasst; ein hierdurch eintretender baulicher Substanzverlust ist eher zu vernachlässigen. Die neben der Grundverfügung streitgegenständliche Androhung der Ersatzvornahme bleibt gemäß 1.6.2 Streitwertkataloges außer Betracht. Die erstinstanzliche Entscheidung war zu ändern (§ 63 Abs. 3 S. 1 GKG).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).