Gericht | VG Cottbus 1. Kammer | Entscheidungsdatum | 30.03.2012 | |
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Aktenzeichen | 1 K 392/08 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 11 Abs 2 InVorG, § 16 Abs 1 InVorG, Art 3 Abs 1 REAO BE, Art 3 Abs 3 REAO BE, § 1 Abs 6 VermG |
Ziffer 3. des Bescheides des Bundesamtes vom 3. April 2008 wird aufgehoben, soweit bezüglich der aus den Flurstücken 151/1 und 151/2 getrennten Flurstücke 151/4, 151/6, 151/16, 151/17, 151/18, 151/19, 151/20, 151/21 und 151/22 der Flur 25 (Grundbuch von S. Blatt ...) ein Anspruch der Beigeladenen auf Auskehr des Erlöses aus der Veräußerung oder Zahlung des Verkehrswertes festgestellt wird.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 1/2, die Beklagte zu 1/4 und die Beigeladenen jeweils zu 1/12. Von den außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen trägt der Kläger die Hälfte, im Übrigen tragen die Beigeladenen diese selbst.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem jeweiligen Vollstreckungsschuldner wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v.H. der zu vollstreckenden Kosten abzuwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Kläger wendet sich gegen die Feststellung eines Erlösauskehranspruches hinsichtlich der ursprünglich im Grundbuch von S. Band x Blatt ... eingetragenen Vermögenswerte von F. D. (im Folgenden: Alteigentümer).
Der Kläger ist der Sohn von F. A. (im Folgenden: Rechtsvorgänger). Ausweislich des (in Ablichtung) vorliegenden vereinigten gemeinschaftlichen Erbscheins des Staatlichen Notariats S. vom 2. Februar 1988 hat er (zu 3/8) seinen mit Wirkung vom 31. Juli 1949 für tot erklärten Vater gemeinsam mit seiner Mutter A. A. (zu 1/4) und seiner Schwester (zu 3/8) beerbt. Nach demselben Erbschein sind Erben der am 12. November 1977 verstorbenen A. A. der Kläger und dessen Schwester (je zur Hälfte).
Am 5. Dezember 1932 wurde der Alteigentümer, ein Fabrikant jüdischer Herkunft aus S., aufgrund eines Zuschlagsbeschlusses vom 10. September 1932 als Eigentümer der im Grundbuch von S. Band x Blatt ... eingetragenen Grundstücke eingetragen. Diese umfassten unter anderem die auf dem Kartenblatt 4 der Gemarkung S. verzeichneten Parzellen 179 (4.900 m²), 180 (2.810 m²) und 181 (1.480 m²).
Der Landrat des Keises S. erteilte dem Rechtsvorgänger unter dem 25. April 1934 "aufgrund des § 1 des Ansiedlungsgesetzes vom 10. August 1904 die Genehmigung zur Errichtung eines Wohnhauses auf seinem Grundstücke in S., Grundbuch Äcker Bd. 24 Bl. 809, Parz. 179/180" unter der Maßgabe, dass das Gebäude zu entfernen sei, wenn das Grundstück für bergbauliche Zwecke in Anspruch genommen werde.
Unter dem 18. Mai 1934 stellte der Rechtsvorgänger beim Landrat des Kreises S. einen "Bauantrag zum Wohnhausbau nebst Stallgebäude auf dem Grundstück N-weg Grundbuch S. Band x Blatt 809". Der Bauschein wurde ihm unter dem 8. Juni 1934 ausgestellt, in dem ihm die Genehmigung erteilt wurde "auf dem Grundstück N-Weg, eingetragen im Grundbuch von S. Band x Bl-Nr. 809 … ein Wohnhaus nebst Stallgebäude zu errichten." Am 27. Mai 1935 erging an den Rechtsvorgänger ein Nachtragsbauschein des Landrats des Kreises S., mit dem die Herstellung einer Behelfswohnung (im Stallgebäude) genehmigt wurde. Unter dem 7. Juli 1936 hob der Landrat die Gültigkeit des Bauscheins vom 8. Juni 1934 auf, da mit dem Bau des Wohnhauses noch nicht begonnen und eine Gültigkeitsverlängerung nicht beantragt worden sei.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 30. Dezember 1938 (Urkundenrolle Nr. ... für 1938 des Notars L., S.) verkaufte der Alteigentümer - der sich nach dieser Urkunde in Luxemburg aufhielt und durch den Kaufmann M. vertreten wurde, der in Untervollmacht des Bücherrevisors R. V. auftrat, dem der Alteigentümer am 13. August 1938 eine notarielle unbeschränkte Grundstücksvollmacht u.a. für die Grundstücke Grundbuch S. Band x Blatt ... erteilt hatte - von dem ihm gehörenden in S. gelegenen im Grundbuch S.-Äcker Band x Blatt ... verzeichneten Grundbesitz die Parzellen Kartenblatt IV der Gemarkung S. Nr. 179 (4.900 m²), Nr. 180 (2.810 m²) und Nr. 181 (1.480 m²) an den Rechtsvorgänger. Über den Eigentumsübergang seien sich die Parteien einig. § 2 des Kaufvertrags lautet: "Der Kaufpreis beträgt 1.202,50 … Reichsmark. Er ist bereits in den Jahren 1935 bis 1937 in Raten an den Veräußerer gezahlt worden." Die Übergabe der Parzellen habe nach § 3 bereits stattgefunden. Nach § 5 seien die Erschienenen unter anderem darauf hingewiesen worden, dass der Vertrag der Genehmigung auf Grund der Verordnung vom 3. Dezember 1938 bedürfe, da der Veräußerer Jude sei.
Am 6. Februar 1939 gab der Landrat des Kreises S. gegenüber dem Regierungspräsidenten in F. eine "Stellungnahme zu dem Antrage auf Erteilung der Genehmigung aufgrund der Verordnung über den Einsatz jüdischen Vermögens vom 3.12.1938 zum Ankauf der landwirtschaftlichen Grundstücke von dem Juden D. durch den Schlosser F. A. …" ab und führte aus, dass er Bedenken gegen die Erteilung der Genehmigung nicht geltend zu machen habe. "Der anteilige Einheitswert des von dem Schlosser A. erworbenen Grundstücks beträgt 500,- RM, der von diesem Käufer gezahlte Kaufpreis dagegen 1.202,50 RM. Der … Preisunterschied erklärt sich daraus, dass A. mit dem Juden D. bereits im Jahre 1935 Vereinbarungen über den Ankauf des Grundstücks getroffen und seit dieser Zeit ratenweise Abzahlungen geleistet hat, die jetzt bei Abschluss des Kaufvertrages die Höhe von 1.202,50 RM erreicht haben. Dieses Grundstück hat auch insoweit einen höheren Wert, als es noch im Baugebiet liegt und von dem Erwerber inzwischen auch mit einem Wohnhause bebaut worden ist. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass, wenn man mit Rücksicht darauf, dass der Veräußerer Jude ist, an die Errechnung des volkswirtschaftlich gerechtfertigten Preises etwas schärfere Anforderungen stellt, der Kaufpreis für alle 3 Grundstücke als angemessen angesehen werden kann. Ich bitte davon Abstand zu nehmen den Erwerbern, die Auflage gemäß § 15 der Verordnung zu machen, dass sie im Hinblick auf den niedrigen Preis einen bestimmten Betrag an das Reich abzuführen haben."
Der Oberpräsident der Provinz Brandenburg erteilte am 27. April 1939 gemäß der Verordnung über den Einsatz jüdischen Vermögens die Genehmigung zum Kaufvertrag vom 30. Dezember 1938.
Der Rechtsvorgänger wurde - nachdem die Parzellen 179, 180, 181 des Kartenblatts 4 der Gemarkung S. vom Grundbuch Band x Blatt ... zum Grundbuch S. Band 47 Blatt 1558 umgeschrieben worden waren - am 2. März 1940 als Eigentümer im Grundbuch eingetragen.
Das Bestandsverzeichnis dieses Grundbuchblatts wurde am 10. Juli 1958 auf das Einheitskataster zurückgeführt und unter dem Bestandsblatt 2293 fortgeführt. Aus den Parzellen 179, 180, und 181 entstand das Flurstück 151 der Flur 25 der Gemarkung S. mit einer Größe von 9.190 m². Durch Zerlegung entstanden 1982 die Flurstücke 151/1 (8.478 m²) und 151/2 (712 m²).
Am 15. März 1994 wurden der Kläger und dessen Schwester aufgrund des Erbscheins vom 2. Februar 1988 als Eigentümer dieser Grundstücke im Grundbuch eingetragen.
Mit Schreiben vom 19. September 1990, 21. September 1990 und 25. September 1990 meldeten die Beigeladenen vermögensrechtliche Ansprüche u.a. an den streitgegenständlichen Grundstücken als Rechtsnachfolger des Alteigentümers an.
Am 30. Mai 1996 erließ der Landrat des Landkreises betreffend die Grundstücke Gemarkung S. Flur 25 Flurstücke 151/1 und 151/2 einen Investitionsvorrangbescheid. Als investiver Zweck nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 InVorG wurde die Schaffung von zehn Eigenheimen angegeben. Zuvor hatten die Bevollmächtigten der Beigeladenen mit Schreiben vom 23. Mai 1996 erklärt, dass keine Einwände gegen den Erlass des Investitionsvorrangbescheides bestünden, es werde jedoch gebeten, in diesen aufzunehmen, dass der Verkehrswerterstattungsanspruch der Beigeladenen gesichert werde und der Vorhabenträger verpflichtet werde, eine dem Verkehrswert entsprechende Sicherheit zu leisten.
Die Flurstücke 151/1 und 151/2 wurden in der Folge in insgesamt 18 Flurstücke zerlegt. Von diesen wurden neun (Flurstücke 151/7, 151/8, 151/9, 151/10, 151/11, 151/12, 151/13, 151/14 und 151/15) von den Verfügungsberechtigten zwischen 1996 und 2001 eräußert. Die verbliebenen Flurstücke (151/4, 151/6, 151/16, 151/17, 151/18, 151/19, 151/20, 151/21 und 151/22) wurden in der Folge einer notariellen Erbteilsübertragung am 18. April 2006 auf das Blatt 6246 des Grundbuchs von S. übertragen; sie stehen im Alleineigentum des Klägers.
Im Rahmen des Verwaltungsverfahrens nahm der Kläger zum Restitutionsbegehren der Beigeladenen wie folgt Stellung: Die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 VermG seien nicht gegeben, denn die in Rede stehenden Grundstücke hätten keiner schädigenden Maßnahme unterlegen. Es bestehe bereits dem Grunde nach kein Anspruch nach § 1 Abs. 6 VermG, denn der Anwendungsbereich dieser Vorschrift sei vorliegend nicht eröffnet. Im vorliegenden Fall fehle es an einer Kausalität zwischen der Verfolgung aus rassischen Gründen und einem dadurch eingetretenen Vermögensverlust. Im vorliegenden Fall habe der Alteigentümer das Eigentum an dem streitgegenständlichen Grundstück nicht infolge eines Zwangsverkaufs oder auf andere Art und Weise verloren. Vielmehr habe dem Eigentumserwerb ein Rechtsgeschäft zugrunde gelegen, dass seinem wesentlichen Inhalt nach auch ohne die Herrschaft des Nationalsozialismus abgeschlossen worden wäre. Zwischen dem Rechtsvorgänger und dem Alteigentümer habe sich ein persönlicher freundschaftlicher Kontakt aufgrund beruflicher Begegnungen entwickelt. Aus diesem, von gegenseitigem Respekt getragenen Kontakt sei es auch zur Anbahnung des Grundstückskaufes kommen. Der Rechtsvorgänger habe sich bereits im Jahr 1932 an den Alteigentümer mit der Bitte gewandt, das Brachland zu erwerben. Der Alteigentümer, der für dieses Ackerland als Tuchfabrikant keine Verwendung gehabt habe, habe dem Ansinnen positiv gegenüberstanden. Aus diesem Grunde sei noch im Jahr 1932 das streitgegenständliche Ackergrundstück per Handschlagvertrag an den Rechtsvorgänger veräußert worden. Derartige Handschlagverträge seien zum damaligen Zeitpunkt gängige Geschäftspraxis gewesen. Es sei für den Erwerb des Brachlandes ein Kaufpreis von 1202,50 RM vereinbart worden. Der Kaufpreis habe nicht sofort zur Zahlung fällig sein sollen. Die Parteien hätten vereinbart, dass für die Nutzung des Grundstückes in den Jahren 1933 und 1934 ein Pachtzins zu entrichten sei. Darüber hinaus sei vereinbart worden, dass der Kaufpreis in Höhe von 1202,50 RM in Raten zwischen 1935 und 1937 zu zahlen sei. Es habe zwischen den Parteien Einigkeit bestanden, dass eine Urbarmachung und Bebauung des Brachlandes bereits vor Zahlung des vollständigen Kaufpreises habe vorgenommen werden dürfen. Nach Übergabe des Grundstückes im Jahr 1933 habe der Rechtsvorgänger mit der Urbarmachung des Grundstückes begonnen und Vorarbeiten getätigt für den geplanten künftigen Bau eines Wohnhauses. Die Baugenehmigung sei unter dem 8. Juni 1934 erteilt worden. Mit Einverständnis des damaligen formellen Grundstückseigentümers, des Alteigentümers, habe der Rechtsvorgänger die Erteilung des Bauscheins beantragt. In den Jahren 1935 bis 1937 habe der Rechtsvorgänger die entsprechenden Raten des vereinbarten Kaufpreises gezahlt. Der Kaufvertrag vom 30. Dezember 1938 habe nur eine Formalie dargestellt, um den Formerfordernissen an Grundstückskaufverträge genüge zu tun. Der eigentliche Erwerbsvorgang habe im Jahr 1932 mit Abschluss des Handschlagvertrages stattgefunden. Damit sei die in § 1 Abs. 6 Satz 2 VermG normierte Vermutung der Verfolgungsbedingtheit des Vermögensverlustes widerlegt. Der Kläger verwies zudem auf eine öffentliche Bekanntmachung des Bürgermeisters der Stadt S. vom 15. März 1934, nach der "der Wachmann F. A. … beabsichtigt, auf dem außerhalb der geschlossenen Ortslage in der Stadt S. auf seinem Grundstück am N-Weg ein Wohnhaus zu errichten." Der vereinbarte Kaufpreis habe bei weitem über dem anteiligen Einsatzwert gelegen. Der Kläger legte zudem Erklärungen vom früheren Nachbarn seines Rechtsvorgängers vor.
Das Bundesamt erließ am 3. April 2008 einen vermögensrechtlichen Bescheid. Darin lehnte es den Antrag der Erbengemeinschaft nach dem Alteigentümer (bestehend aus den Beigeladenen zu 1. bis 3.) auf Rückübertragung des Eigentums an den Grundstücken Grundbuch S. Band x Blatt ... ab (Ziffer 1. des Bescheidtenors), lehnte den Antrag der Conference on Jewish Material Claims Against Germany auf Rückübertragung des Eigentums an diesen Grundstücken ab und erklärte, dass ein Anspruch auf Entschädigung nicht bestehe (Ziffer 2. des Bescheidtenors), stellte fest, dass die Erbengemeinschaft nach dem Alteigentümer gegenüber den Verfügungsberechtigten einen Anspruch auf Auskehr des Erlöses aus der Veräußerung der beantragten Grundstücke in S. entsprechend dem Investitionsvorrangbescheid vom 30. Mai 1996 habe; sei ein Erlös nicht erzielt worden oder unterschreite dieser den im Zeitpunkt der Vollziehung des Investitionsvorrangbescheides gegebenen Verkehrswert, so stehe der Erbengemeinschaft die Zahlung des Verkehrswertes zu (Ziffer 3. des Bescheidtenors), erklärte, dass ein Ablösebetrag nicht zu hinterlegen sei (Ziffer 4.) und kein Wertausgleich geschuldet werde (Ziffer 5.), und bestimmte, dass die Erbengemeinschaft an die Verfügungsberechtigten eine Gegenleistung in Höhe von 30,74 € zu zahlen habe (Ziffer 6.). Der Restitutionsantrag der Erbengemeinschaft sei zulässig und begründet. Anspruchsgrundlage sei § 3 Abs. 1, Abs. 4 i.V.m. § 1 Abs. 6 VermG. Die Erbengemeinschaft sei Rechtsnachfolgerin nach dem Alteigentümer geworden. Dieser sei jüdischer Bürger im Sinne der NS-Rassengesetzgebung gewesen. Er habe sein Vermögen zum größten Teil durch Zwangsverkäufe in der Zeit nach dem 15. September 1935 verloren. Entsprechend der Regelung des Art. 3 Abs. 1 Buchst. b) der Rückerstattungsanordnung (REAO) werde hinsichtlich des zu prüfenden Veräußerungsgeschäftes zugunsten der Erbengemeinschaft von einem verfolgungsbedingten Vermögensverlust und zwar einem Zwangsverkauf im Sinn des § 1 Abs. 6 VermG ausgegangen. Diese Vermutung könne der damalige Erwerber, sein Rechtsnachfolger oder der jetzt Verfügungsberechtigte gemäß Art. 3 Abs. 2 REAO durch den Beweis widerlegen, dass der Veräußerer einen angemessenen Kaufpreis erhalten habe und dass er über den Kaufpreis frei habe verfügen können. Für Rechtsgeschäfte nach dem 15. September 1935 gelte die verschärfte Vermutung der verfolgungsbedingten Verkaufs, die nur dann widerlegt werden könne, wenn neben den beiden vorgenannten Voraussetzungen zusätzlich der Beweis erbracht werde, dass das Rechtsgeschäft seinem wesentlichen Inhalt nach auch ohne die Herrschaft des Nationalsozialismus so abgeschlossen worden wäre. Diese drei Voraussetzungen müssten in jedem Fall sämtlich vorliegen. Der Kaufpreis in Höhe von 1.202,50 RM sei angemessen. Der Kaufpreis sei in die Verfügung des Verkäufers gelangt, da er ausweislich des Kaufvertrages seit 1935 in monatlichen Raten gezahlt worden sei. Die Frage, ob das Rechtsgeschäft seinem wesentlichen Inhalt nach auch ohne die Herrschaft des Nationalsozialismus so abgeschlossen worden wäre, sei zu verneinen. Dies sei nur dann der Fall, wenn der Vertragsabschluss vom nationalsozialistischen Verfolgungsdruck unbeeinflusst gewesen wäre und auf anderen Ursachen beruht hätte. Hingegen reiche jeder adäquat kausale Verursachungsbeitrag, der auf einem Verfolgungsmotiv beruhe aus, um die Annahme auszuschließen, das Rechtsgeschäft wäre auch ohne die Herrschaft des Nationalsozialismus abgeschlossen worden. Im vorliegenden Fall sei zwar erwiesen, dass der gestellte Bauantrag und die Bekanntmachung im Reichsanzeiger bereits 1934 registriert worden seien. Der Bauantrag wäre ohne die Zustimmung des Eigentümers nicht zustande gekommen. In 1934 habe jedoch bereits der Nationalsozialismus in Deutschland geherrscht. Die Aussage der Verfügungsberechtigten, dass im S. Raum die Verfolgung der jüdischen Bevölkerung in einem relativ späten Zeitraum eingesetzt habe, habe nicht nachvollzogen werden können. Der durch die Verfügungsberechtigten dargestellte freundschaftliche Kontakt zwischen dem Alteigentümer und dem Rechtsvorgänger werde nicht infrage gestellt. Ob der Alteigentümer eventuell doch nicht habe verkaufen wollen und nur durch die immer schärfer werdende Verfolgung, infolge dessen er schließlich nach Luxemburg geflohen sei, am 30. Dezember 1938 den Kaufvertrag abgeschlossen habe, könne dahingestellt bleiben, denn es könne nicht mit Sicherheit gesagt werden, dass der Vermögenswert auch ohne die herrschenden nationalsozialistischen Machthaber veräußert worden wäre. Der beantragten Rückübertragung der Eigentumsrechte an den Grundstücken stehe der Investitionsvorrangbescheid des Landkreises vom 30. Mai 1996 entgegen. Der infolge dessen zu prüfende Anspruch auf Erlösauskehr nach § 16 Abs. 1 Satz 1 InVorG sei gegeben. Es sei festzustellen, dass die Erbengemeinschaft nach dem Alteigentümer auch ohne die investiven Maßnahmen Berechtigte für eine Rückübertragung der Grundstücke gewesen wäre, weil zum hier relevanten Zeitpunkt keine Ausschlussgründe nach dem Vermögensgesetz vorgelegen hätten.
Der Kläger hat am 29. April 2008 Klage erhoben, die er unter Wiederholung und Vertiefung seines vorgerichtlichen Vorbringens begründet.
Der Kläger beantragt,
Ziffer 3 des Bescheides des Bundesamtes vom 3. April 2008 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie wiederholt und vertieft in Auseinandersetzung mit dem klägerischen Vorbringen die Ausführungen des angefochtenen Bescheides.
Die Beigeladenen beantragen,
die Klage abzuweisen.
Sie führen aus, der Bescheid vom 3. April 2008 sei rechtmäßig. Ihnen stehe ein Anspruch auf Auskehr des Erlöses zu, den der Kläger aus der Veräußerung der Grundstücke gemäß dem Investitionsvorrangbescheid vom 30. Mai 1996 erzielt habe. Entgegen der klägerischen Ansicht sei für die Prüfung des verfolgungsbedingten Verlusts nach § 1 Abs. 6 VermG allein das Datum des Kaufvertrages entscheidend. Es sei durch den Kläger nicht bewiesen, dass der Alteigentümer das Grundstück auch ohne die Herrschaft des Nationalsozialismus veräußert hätte. Zum Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses sei der Alteigentümer schon nicht mehr anwesend gewesen, sondern von seinem Schwager M. vertreten worden. Neben der Kollektivverfolgung sei der Alteigentümer und seine Mutter auch individuellen Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt gewesen. Mit Vertrag vom 18. August 1938 habe sich die Familie D. gezwungen gesehen, die D.- KG und den Grundbesitz der KG in S. an den Tuchmacher K. zu veräußern. Der verfolgungsbedingte Verlust der KG sei bereits durch Bescheid des Landesamtes vom 21. März 2000 festgestellt worden. Vor diesem Hintergrund seien die Auswanderung des Alteigentümers im Oktober 1938 nach Luxemburg und die Veräußerung des Grundstücks im Dezember 1938 in Abwesenheit des Veräußerers erfolgt.
Die Kammer hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 28. April 2011 dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, insbesondere des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen, wird auf die Gerichtsakte und den von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgang (Beiakte I) Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung.
Die zulässige Klage ist nur im tenorierten Umfang begründet. Die angefochtene Ziffer 3. des Bescheides des Bundesamtes vom 3. April 2008 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, soweit darin ein Erlösauskehr- und Verkehrswerterstattungsanspruch der Beigeladenen auch für die Teile des streitgegenständlichen Vermögensgegenstandes ausgesprochen wird, die der Kläger nicht veräußert hat (s. hierzu unter 1.). Im Übrigen jedoch verletzt der Bescheid im angefochtenen Rahmen den Kläger jedenfalls nicht in seinen Rechten (unter 2.) (§ 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung [VwGO]).
1. Die von der Beklagten getroffene Feststellung eines Erlösauskehr- und Verkehrswerterstattungsanspruches der Beigeladenen ist rechtswidrig, soweit sie sich auf die jetzigen, aus den Flurstücken 151/1 und 151/2 getrennten Flurstücke 151/4, 151/6, 151/16, 151/17, 151/18, 151/19, 151/20, 151/21 und 151/22 der Flur 25 (Grundbuch von S. Blatt ...) bezieht, bei denen es zu einer Veräußerung in der Folge des Investitionsvorrangbescheides des Landrates des Landkreises vom 30. Mai 1996 nicht gekommen ist und die sich nach wie vor im Eigentum des Klägers befinden. Insoweit liegen die Voraussetzungen der allein in Betracht kommenden Rechtsgrundlage des § 16 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 des Gesetzes über den Vorrang für Investitionen bei Rückübertragungsansprüchen nach dem Vermögensgesetz (Investitionsvorranggesetz - InVorG) nicht vor.
Nach § 16 Abs. 1 Satz 1 InVorG kann jeder Berechtigte nach Feststellung oder Nachweis seiner Berechtigung von dem Verfügungsberechtigten die Zahlung eines Geldbetrages in Höhe aller auf den von ihm zu beanspruchenden Vermögenswert entfallenden Geldleistungen aus dem Vertrag verlangen, wenn dem Verfügungsberechtigten infolge seiner Veräußerung die Rückübertragung des Vermögenswertes nicht möglich ist. Ist ein Erlös nicht erzielt worden oder unterschreitet dieser den Verkehrswert, den der Vermögenswert in dem Zeitpunkt hat, in dem der Investitionsvorrangbescheid vollziehbar wird, so kann der Berechtigte die Zahlung des Verkehrswertes gerichtlich geltend machen (§ 16 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 1 InVorG).
Bereits aus dem klaren Wortlaut dieser Norm erschließt sich, dass das Bestehen des Erlösauskehranspruches die Unmöglichkeit des Verfügungsberechtigten zur Rückübertragung des Vermögenswertes infolge seiner Veräußerung voraussetzt. Erforderlich für den Erlösauskehranspruch ist daher, dass der tatsächliche Vollzug des Investitionsvorrangbescheides eingetreten ist, nämlich die investive Veräußerung selbst, die erst eine Unmöglichkeit der Rückübertragung des begehrten Vermögensgegenstandes bewirken kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. November 2002 - BVerwG 8 C 35.01 -, Buchholz 428.1 § 16 InVorG Nr. 8, juris Rn. 28; BVerwG, Urteil vom 6. Juni 2002 - BVerwG 7 C 25.01 -, Buchholz 428.1 § 11 InVorG Nr. 4, juris Rn. 24). Nur wenn eine solche investive Veräußerung vorliegt, also ein investiver Vertrag abgeschlossen ist, kommt der Ausschlussgrund des § 11 Abs. 2 Satz 1 InVorG in Betracht, wonach die Rückübertragung des Vermögenswerts nach Abschnitt II des Vermögensgesetzes im Umfang der Veräußerung auf Grund des Investitionsvorrangbescheids entfällt (BVerwG, Urteil vom 27. August 2003 - BVerwG 8 C 15.02 -, BVerwGE 118, 385, juris Rn. 24). Der Anspruch nach § 16 Abs. 1 Satz 1 InVorG knüpft somit - anders als die Beklagte offenbar meint - nicht allein an den Bestand eines Investitionsvorrangbescheides an (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Juni 2002 - BVerwG 7 C 25.01 -, Buchholz 428.1 § 11 InVorG Nr. 4, juris Rn. 24); dieser dient allein dem Ziel, die Verfügungssperre des § 3 Abs. 3 VermG zu überwinden, die Grundstücksverkehrsgenehmigung zu ersetzen und die Durchführung des investiven Vorhabens zu ermöglichen (vgl. § 8 Abs. 1, § 11 Abs. 1 und § 12 Abs. 3 InVorG).
Wie sich aus dem schon genannten § 11 Abs. 2 Satz 1 InVorG ergibt, entfällt aber die Rückübertragung nur im Umfang der Veräußerung (vgl. Hensel in Kimme, Offene Vermögensfragen, Stand: Juni 2009, InVorG § 11 Rn. 5; Mauer/Riebschläger in Rodenbach/Söfker/Lochen, InVorG, Stand: Dezember 1998, § 11 Rn. 28), so dass auch der Erlösauskehranspruch angesichts seiner Surrogatfunktion - der Erlösauskehranspruch tritt wegen der Unmöglichkeit der Rückgabe infolge investiver Veräußerung eines Grundstücks nach § 16 Abs. 1 Satz 1 InVorG als Surrogat an die Stelle des ursprünglichen Rückübertragungsanspruchs des Berechtigten; dem Berechtigten sollen im Fall der Unmöglichkeit der Rückgabe des Vermögenswertes als Surrogat die Leistungen zukommen, die der Verfügungsberechtigte für die Veräußerung des Vermögenswertes erhalten hat, mindestens aber der heutige Verkehrswert (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. Juli 1996 - BVerwG 7 B 75.96 -, Buchholz 428.1 § 16 InVorG Nr. 3; BVerwG, Urteil vom 27. November 2002 - BVerwG 8 C 35.01 -, Buchholz 428.1 § 16 InVorG Nr. 8, juris Rn. 23; BVerwG, Urteil vom 17. Mai 2001 - BVerwG 7 C 19.00 -, Buchholz 428 § 6 VermG Nr. 43, juris Rn. 20) - nur im Rahmen der erfolgten Veräußerung eingreift.
Der Anspruch nach § 16 Abs. 1 Satz 3 InVorG auf Zahlung des Verkehrswertes geht in seinem Anwendungsbereich nicht darüber hinaus. Insbesondere reicht auch hierfür nicht allein das Vorliegen eines Investitionsvorrangbescheides aus, denn die Regelung trifft nur eine Aussage zur Rechtsfolgenseite, d.h. zum Anspruchsinhalt, was der Berechtigte bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 16 Abs. 1 Satz 1 InVorG als finanziellen Ausgleich dafür vom Verfügungsberechtigten verlangen kann, dass der Vermögenswert für besondere Investitionszwecke verwendet wird.
2. Im Übrigen, d.h. hinsichtlich der durch den Kläger veräußerten, aus den Flurstücken 151/1 und 151/2 getrennten neun Flurstücke 151/7, 151/8, 151/9, 151/10, 151/11, 151/12, 151/13, 151/14 und 151/15, fehlt es jedenfalls an der für eine gerichtliche Aufhebung nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO erforderlichen Rechtsverletzung des Klägers.
a. Die Tatbestandsvoraussetzungen für den Erlösauskehranspruch der Beigeladenen nach § 16 Abs. 1 Satz 1 InVorG liegen vor.
aa. Der nach § 16 Abs. 1 Satz 2 InVorG erforderliche Antrag auf Erlösauskehr bzw. Zahlung des Verkehrswertes nach § 16 Abs. 1 InVorG ist gegeben, denn er ist als Minus in dem Restitutionsantrag enthalten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. August 2002 - BVerwG 8 B 77.02 -, Buchholz 428.1 § 16 InVorG Nr. 9, juris Rn. 2 f.; BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2006 - BVerwG 8 C 25.05 -, Buchholz 428 § 1 Abs. 8 VermG Nr. 34, juris Rn. 35).
bb. Die genannten Flurstücke wurden durch den Kläger - wie sich den vorliegenden Grundbuchauszügen entnehmen lässt - in der Folge des Investitionsvorrangbescheides vom 30. Mai 1996 veräußert und das Eigentum daran an Dritte übertragen. Eine Unmöglichkeit der Rückübertragung liegt mithin insoweit vor. Da auch eine Schenkung unter den Begriff der Veräußerung im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 InVorG fällt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. August 2002 - BVerwG 8 B 77.02 -, Buchholz 428.1 § 16 InVorG Nr. 9, juris Rn. 8), bedarf es keiner weitergehenden Aufklärung, in welcher Form der Kläger die Flurstücke 151/7 und 151/15 an seinen Sohn D. A. übertragen hat.
cc. Die Beigeladenen, denen nach dem Bescheid vom 3. April 2008 der Erlösauskehranspruch zugesprochen wurde, sind auch hinsichtlich der Ansprüche aus § 16 Abs. 1 InVorG im Sinne der Definition des § 16 Abs. 6 Satz 1 InVorG anspruchsberechtigt. Danach ist berechtigt ein Anmelder, der ohne die Durchführung des besonderen Investitionszwecks die Rückübertragung des Vermögenswerts nach dem Vermögensgesetz hätte verlangen können (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 29. Juli 1999 - BVerwG 7 C 31.98 -, Buchholz 428 § 4 Abs. 1 VermG Nr. 2, juris Rn. 10). Die Beigeladenen erfüllen die danach notwendigen Voraussetzungen der vermögensrechtlichen Berechtigung an den fraglichen Flurstücken.
Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen (Vermögensgesetz - VermG) sind Berechtigte im Sinne des Vermögensgesetzes natürliche und juristische Personen sowie Personenhandelsgesellschaften, deren Vermögenswerte von Maßnahmen gemäß § 1 betroffen sind, sowie ihre Rechtsnachfolger.
(1) Der nach § 30 und § 30a VermG erforderliche Restitutionsantrag der Beigeladenen liegt vor, denn sie haben mit den Schreiben vom 19., 21. bzw. 25. September 1990 ihre Ansprüche auch an den hier fraglichen Grundstücken angemeldet.
(2) Der Nachweis der (Erb-)Berechtigung der Beigeladenen nach dem Alteigentümer unterliegt nach Maßgabe des § 31 Abs. 1c VermG i.V.m. § 181 des Bundesentschädigungsgesetzes (BEG) keinen Bedenken. Weder wurde sie von den Beteiligten in Frage gestellt noch ergibt sich mit Blick auf die Feststellungen des Landesamtes im bestandskräftigen Bescheid vom 21. März 2000 Anlass zu weiterer Ermittlung.
(3) Die ursprünglichen Flurstücke 179, 180 und 181 im Grundbuch S. Band x Blatt 37 Nr. 890, aus denen die hier noch fraglichen Flurstücke hervorgegangen sind, waren auch Gegenstand einer schädigenden Maßnahme im Sinne des § 1 VermG. Insoweit allein einschlägig und zwischen den Beteiligten allein streitig ist hier der Tatbestand des § 1 Abs. 6 VermG. Danach ist das Vermögensgesetz entsprechend auf vermögensrechtliche Ansprüche von Bürgern und Vereinigungen anzuwenden, die in der Zeit vom 30. Januar 1933 bis zum 8. Mai 1945 aus rassischen, politischen, religiösen oder weltanschaulichen Gründen verfolgt wurden und deshalb ihr Vermögen infolge von Zwangsverkäufen, Enteignungen oder auf andere Weise verloren haben. Zugunsten des Berechtigten wird ein verfolgungsbedingter Vermögensverlust nach Maßgabe des II. Abschnitts der Anordnung BK/O (49) 180 der Alliierten Kommandantur Berlin (im Folgenden: Rückerstattungsanordnung - REAO) vom 26. Juli 1949 (VOBl. für Groß-Berlin I S. 221) vermutet (zur Verfassungsmäßigkeit der Vermutungsregel und der normierten Stichtage vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. Dezember 1994 - BVerwG 7 B 180.94 -, Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 34, juris Rn. 4 f.; BVerwG, Beschluss vom 26. Mai 2003 - BVerwG 8 B 76.03 -, Buchholz 428 § 1 Abs. 6 VermG Nr. 21, juris Rn. 6; BVerwG, Urteil vom 26. November 2003 - BVerwG 8 C 10.03 -, BVerwGE 119, 232, juris Rn. 48). Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Alteigentümer gehörte zum Kreis der Verfolgten im Sinne des § 1 Abs. 6 Satz 1 VermG (s. unter (a)) und er hat die hier fraglichen Flurstücke nach Maßgabe der auf § 1 Abs. 6 Satz 2 VermG i.V.m. Art. 3 REAO gründenden Vermutungen, die der Kläger nicht widerlegt hat, infolge Zwangsverkaufs verloren (s. unter (b)).
(a) Die Zugehörigkeit des Alteigentümers zum Kreis der Verfolgten im Sinne von § 1 Abs. 6 Satz 1 VermG, Art. 3 Abs. 1 REAO ist zu bejahen. Dabei kann - entgegen der Auffassung des Klägers - hier dahinstehen, ob und ab wann er individueller Verfolgung im Sinne des Art. 3 Abs. 1 lit. a REAO ausgesetzt war, denn er gehörte jedenfalls zu einem Personenkreis, den in seiner Gesamtheit die deutsche Regierung oder die NSDAP durch ihre Maßnahmen unter anderem aus Gründen der Rasse, Religion oder Nationalität vom kulturellen und wirtschaftlichen Leben Deutschlands auszuschließen beabsichtigte (§ 1 Abs. 6 Satz 2 VermG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 lit. b REAO). Alle jüdischen Mitbürger gehörten bereits ab dem 30. Januar 1933 (und nicht erst ab Erlass der Nürnberger Rassegesetze am 15. September 1935, vgl. Art. 3 Abs. 3 REAO) zu einem Personenkreis, den in seiner Gesamtheit die deutsche Regierung und die NSDAP durch ihre Maßnahmen aus den obengenannten Gründen vom kulturellen und wirtschaftlichen Leben Deutschlands auszuschließen beabsichtigten. Dies ist als historisches Ereignis eine allgemeinkundige Tatsache (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Juni 1998 - BVerwG 8 B 56.98 -, Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 154, juris Rn. 5; BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 1998 - BVerwG 8 C 14.98 -, BVerwGE 108, 157, juris Rn. 24; BVerwG, Urteil vom 24. Februar 1999 - BVerwG 8 C 15.98 -, BVerwGE 108, 301, juris Rn. 26; BVerwG, Urteil vom 25. Oktober 2006 - BVerwG 8 C 20.05 -, BVerwGE 127, 79, juris Rn. 36).
(b) Der unzweifelhaft durch die Veräußerung und die Übereignung der Grundstücke an den Rechtsvorgänger des Klägers beim Alteigentümer eingetretene Verlust der Vermögensgegenstände der Flurstücke 179, 180 und 181 ist als verfolgungsbedingter Vermögensverlust in Form des Zwangsverkaufs zu bewerten. Ein Zwangsverkauf im Sinne des § 1 Abs. 6 Satz 1 VermG liegt vor, wenn in der maßgeblichen Zeit ein individuell oder kollektiv Verfolgter durch entgeltliches Veräußerungsgeschäft einen unmittelbaren Vermögensverlust erlitten hat und zwischen der Verfolgung und dem Vermögensverlust (sei es durch Nachweis, sei es aufgrund der gesetzlichen Vermutung) eine Kausalität besteht, die Veräußerung also verfolgungsbedingt ("zwangsweise") erfolgte (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 1998 - BVerwG 8 C 14.98 -, BVerwGE 108, 157, juris Rn. 27). Vorliegend greift die Vermutungsbestimmung des Art. 3 Abs. 1 REAO ein, nach der zugunsten des Veräußerers von Vermögensgegenständen vermutet wird, dass ein in der Zeit vom 30. Januar 1933 bis zum 8. Mai 1945 abgeschlossenes Rechtsgeschäft eine ungerechtfertigte Vermögensentziehung ist.
(aa) Der vorliegend fragliche Verkauf der Flurstücke wird von dieser Bestimmung erfasst, denn er fällt insbesondere in den zeitlichen Anwendungsbereich. Ausgangspunkt ist der Begriff der Veräußerung im Sinne des Art. 3 REAO, unter dem jedes Rechtsgeschäft zu verstehen ist, das den Vermögensverlust unmittelbar bewirkt (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 1998 - BVerwG 8 C 14.98 -, BVerwGE 108, 157, juris Rn. 29). Der Vermögensverlust ist dabei auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Kausalgeschäfts, und nicht erst auf den Vollzug des Erfüllungsgeschäfts zu datieren. Die nach dem für das Vermögensrecht geltenden faktischen Enteignungsbegriff maßgebliche tatsächliche vollständige und endgültige Verdrängung des Berechtigten aus seiner Rechtsposition tritt bei Zwangsveräußerungen schon mit Abschluss des Verpflichtungsgeschäfts ein, weil dies die Grundlage für eine Durchsetzung der Rechtsübertragung auch gegen den Willen des Geschädigten schafft (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 1998 - BVerwG 8 C 14.98 - BVerwGE 108, 157, juris Rn. 26; BVerwG, Urteil vom 25. November 2009 - BVerwG 8 C 12.08 -, BVerwGE 135, 272, juris Rn. 52). Vorvertragliche Verhandlungen und vorbereitende Maßnahmen bezieht das Gesetz aus Gründen der Beweiserleichterung für die Betroffenen bewusst nicht ein. Unerheblich ist, wann die Verständigung über die wesentlichen Vertragsbedingungen erzielt worden war (BVerwG, Beschluss vom 26. Mai 2003 - BVerwG 8 B 76.03 -, Buchholz 428 § 1 Abs. 6 VermG Nr. 21, juris Rn. 5; BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2003 - BVerwG 7 C 64.02 -, Buchholz 428 § 1 Abs. 6 VermG Nr. 22, juris Rn. 24).
Ausgehend davon ist für die zeitliche Einordnung vorliegend allein auf den notariellen Kaufvertrag vom 30. Dezember 1938 abzustellen, da erst dieser die Grundlage für den Eigentumsverlust geschaffen hat. Die vom Kläger angeführte - von ihm bereits in 1932 datierte - Einigung zwischen seinem Rechtsvorgänger und dem Alteigentümer in Form eines "Handschlagvertrages" ist insoweit irrelevant, denn diese konnte eine Grundlage für eine Durchsetzung der Rechtsübertragung auch gegen den Willen des Geschädigten nicht bilden, da sie wegen Verstoßes gegen § 313 BGB a.F. formunwirksam war.
Die hier zu beurteilende Konstellation ist auch nicht dem Sachverhalt vergleichbar, der dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Dezember 2006 - BVerwG 8 C 3.06 -, Buchholz 428 § 1 Abs. 6 VermG Nr. 39 zugrunde lag, in dem ein formunwirksamer, privatschriftlicher Kaufvertrag als maßgebliches Kausalgeschäft angesehen wurde, weil durch die gemeinsame Erklärung der Auflassung durch beide Vertragspartner gegenüber dem Grundbuchamt eine bindende Wirkung eingetreten war. Denn im vorliegenden Fall war der Erklärung der Auflassung in der Notarurkunde vom 30. Dezember 1938 ein notariell beurkundetes Verpflichtungsgeschäft in derselben Urkunde vorangegangen, das - und nicht der behauptete frühere "Handschlagvertrag" - die Grundlage für die dingliche Einigung bildete.
(bb) Dem Kläger ist die Widerlegung der Vermutung der Verfolgungsbedingtheit des Vermögensverlustes nach Art. 3 Abs. 1 REAO nicht gelungen. Dies ist nur durch die in Art. 3 Abs. 2 und 3 REAO vorgesehenen Beweise zulässig; ein "direkter Gegenbeweis" als Mittel, um die Verfolgungsvermutung auf andere Weise zu entkräften, ist dagegen nicht statthaft (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. April 2003 - BVerwG 8 C 9.02 -, Buchholz 428 § 1 Abs. 6 VermG Nr. 18, juris Rn. 23; BVerwG, Beschluss vom 26. April 2005 - BVerwG 8 B 32.05 -, Buchholz 428 § 1 Abs. 6 VermG Nr. 33, juris Rn. 12). Die gesetzliche Vermutung ist nur dann widerlegt, wenn die in Art. 3 Abs. 2 und 3 REAO aufgeführten Hilfstatsachen zur Überzeugung des Gerichts und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit festgestellt sind. Es reicht nicht aus, dass nur die Überzeugung des Richters von der Wahrheit einer vermuteten Tatsache nach der Art eines prima-facie-Beweises erschüttert wird, mithin nur ein anderer Hergang des Geschehens plausibel dargetan wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. November 2003 - BVerwG 8 C 10.03 -, BVerwGE 119, 232, juris Rn. 47).
Es bedarf vorliegend keiner abschließenden Entscheidung, ob der im Kaufvertrag vom 30. Dezember 1938 vereinbarte Kaufpreis von 1.202,50 RM angemessen war und dieser für den Alteigentümer frei verfügbar war (Art. 3 Abs. 2 REAO). Bezüglich der Angemessenheit des Kaufpreises jedenfalls ergeben sich Zweifel. Der angemessene Kaufpreis ist nach der Definition des Art. 3 Abs. 2 Halbs. 2 REAO der Geldbetrag, den ein Kauflustiger zu zahlen und ein Verkaufslustiger anzunehmen bereit wäre. Gemeint ist damit der objektive Verkehrswert, d.h. der Preis, der im gewöhnlichen Verkehr nach der Beschaffenheit des zu veräußernden Grundstücks im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages zu erzielen gewesen wäre, wenn das Objekt keinem Verfolgten gehört hätte (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Mai 1997 - BVerwG 7 C 67.96 -, Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 112, juris Rn. 20; BVerwG, Beschluss vom 18. Juni 1998 - BVerwG 8 B 56.98 -, Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 154, juris Rn. 8; BVerwG, Urteil vom 24. Februar 1999 - BVerwG 8 C 15.98 -, BVerwGE 108, 301, juris Rn. 36). Zwar gehen die Beteiligten offenbar davon aus, dass der Kaufpreis von 1.202,50 RM angemessen gewesen sei. Jedoch ist eine tragfähige Grundlage hierfür nicht zu erkennen. Das Schreiben des Landrats des Kreises S. vom 6. Februar 1939 spricht zwar davon, dass der Kaufpreis angemessen sei. Es kommt aber als taugliche Basis für die Bewertung der Angemessenheit nicht in Betracht. Schon angesichts des Umstands, dass die fragliche Passage im Zusammenhang mit der Einleitung steht "wenn man mit Rücksicht darauf, dass der Veräußerer Jude ist, an die Errechnung des volkswirtschaftlich gerechtfertigten Preises etwas schärfere Anforderungen stellt", ist damit gerade nicht eindeutig klar, dass dies den Verkehrswert beschreibt, der bei Veräußerung durch einen Nicht-Verfolgten erzielbar gewesen wäre. Einzubeziehen ist zudem der Umstand, dass sich das Schreiben des Landrats auch auf die beiden weiteren vom Alteigentümer am 30. Dezember 1938 erfolgten Grundstücksverkäufe (an den Gendarmeriemeister und den Bürgermeister) bezieht. Auch das Verhältnis zum Einheitswert - der nach Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in der Regel die unterste Grenze des Verkehrswertes beschreibt (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Mai 1997 - BVerwG 7 C 67.96 -, Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 112, juris Rn. 20; BVerwG, Urteil vom 24. Februar 1999 - BVerwG 8 C 15.98 -, BVerwGE 108, 301, juris Rn. 43; BVerwG, Urteil vom 17. Januar 2002 - BVerwG 7 C 13.01 -, Buchholz 428 § 1 Abs. 6 VermG Nr. 12, juris Rn. 15; BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 2003 - BVerwG 7 B 37.03 -, juris Rn. 2) - als sonstiger Bezug für die Beurteilung der Angemessenheit des Kaufpreises bestätigt den Preis von 1.202,50 RM nicht ohne weiteres. Denn bei dem im Schreiben des Landrats des Kreises S. vom 6. Februar 1939 angeführten anteiligen Einheitswert von 500 RM für das an den Rechtsvorgänger des Klägers verkaufte Grundstück ist zweifelhaft, ob er hier herangezogen werden könnte, da er offensichtlich nicht die realen Bedingungen im Zeitpunkt des Verkaufs wiedergibt. Denn nach dem Schreiben selbst war das Grundstück zwischenzeitlich bebaut worden und war nach dem Grundsteuermessbescheid vom 5. Mai 1939 der Einheitswert für das Einfamilienhaus N-Weg 5 auf den 1. Januar 1938 auf 2.700 RM festgesetzt worden.
Der Kläger hat den im vorliegenden Verfahren aufgrund des nach dem 15. September 1935 liegenden bindenden Vertragsschlusses (vgl. zu Maßgeblichkeit dieses Zeitpunkts BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2003 - BVerwG 7 C 64.02 -, Buchholz 428 § 1 Abs. 6 VermG Nr. 22, juris Rn. 24) gemäß Art. 3 Abs. 3 lit. a REAO (lit. b ist hier ersichtlich nicht einschlägig) erforderlichen zusätzlichen, d.h. kumulativ notwendigen Nachweis (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. November 2003 - BVerwG 8 C 10.03 -, BVerwGE 119, 232, juris Rn. 75) nicht erbracht, dass das fragliche Geschäft auch ohne Herrschaft des Nationalsozialismus abgeschlossen worden wäre. Die erschwerten Voraussetzungen der Widerlegung der Entziehungsvermutung für die ab dem 15. September 1935 vorgenommenen Veräußerungen haben ihren Grund darin, dass durch die Nürnberger Gesetze vom 15. September 1935 die bis dahin bestehende Zwangslage der Juden wesentlich verschärft worden ist und deshalb für die ab diesem Datum abgeschlossenen Veräußerungsgeschäfte in erhöhtem Maß vermutet werden muss, dass das Rechtsgeschäft von Seiten des Veräußerers nicht freiwillig getätigt worden war (BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2003 - BVerwG 7 C 64.02 -, Buchholz 428 § 1 Abs. 6 VermG Nr. 22, juris Rn. 23). Die gesetzliche Vermutung der verfolgungsbedingten Entziehung (des Zwangsverkaufs) kann mit dem Beweis der hypothetischen Tatsache widerlegt werden, "dass das Rechtsgeschäft seinem wesentlichen Inhalt nach auch ohne die Herrschaft des Nationalsozialismus abgeschlossen worden wäre". Ein Rechtsgeschäft wäre seinem wesentlichen Inhalt nach auch ohne die Herrschaft des Nationalsozialismus zustande gekommen, wenn der Vertragsschluss von nationalsozialistischem Verfolgungsdruck unbeeinflusst war und auf anderen Ursachen beruhte. Die nationalsozialistischen Unrechtsmaßnahmen müssen beim Vorliegen dieser hypothetischen Tatsache hinweggedacht werden können, ohne dass der konkrete Erfolg des Vertragsschlusses entfiele. Damit muss der Ursachenzusammenhang mit Sicherheit ausgeschlossen sein. Eine bloße Wahrscheinlichkeit genügt nicht. Solche Fälle fehlenden Ursachenzusammenhangs sind etwa bei Veräußerung von Vermögenswerten im Rahmen regulärer Geschäftstätigkeit, zum Zwecke der Sanierung eines Unternehmens oder anlässlich üblicher Nachlassauseinandersetzungen oder bei Feilbieten einer Ware vor dem 30. Januar 1933, sowie bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten/Überschuldung ohne Zusammenhang mit der NS-Herrschaft bejaht worden. Hingegen reicht jeder adäquat kausale Verursachungsbeitrag, der auf einem Verfolgungsmotiv beruht, aus, um die Annahme auszuschließen, das Rechtsgeschäft wäre auch ohne die Herrschaft des Nationalsozialismus abgeschlossen worden. Dabei belegt bereits der Wortlaut des Art. 3 Abs. 3 REAO, dass die Widerlegung durch Beweis, dass das Rechtsgeschäft auch ohne die Herrschaft des Nationalsozialismus abgeschlossen worden wäre, schon bei Mitursächlichkeit der Herrschaft des Nationalsozialismus ausgeschlossen ist. Es ist insoweit zumindest eine gesteigerte Wahrscheinlichkeit erforderlich, die nach der Lebenserfahrung der Gewissheit so gut wie gleich kommt, damit eine Mitursächlichkeit ausgeschlossen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Januar 2002 - BVerwG 8 C 12.01 -, BVerwGE 115, 360, juris Rn. 30 f.; BVerwG, Urteil vom 26. November 2003 - BVerwG 8 C 10.03 -, BVerwGE 119, 232, juris Rn. 61 ff.). Die Vermutung, es liege ein Zwangsverkauf vor, kann insbesondere nicht bereits durch den Nachweis widerlegt werden kann, das Rechtsgeschäft weise nach Inhalt und Form keine Abweichungen von Rechtsgeschäften "Nichtverfolgter" auf (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. Mai 2004 - BVerwG 7 B 31.04 -, juris Rn. 6 f.). Weiter kann bei Grundstücksveräußerungen von Bürgern jüdischer Herkunft nach dem Sommer 1938 von einem Anscheinsbeweis dafür ausgegangen werden, dass sie auf die allgemeine Diskriminierung und Verfolgung jüdischer Menschen durch den NS-Staat zurückzuführen waren, wenn die Veräußerung in engem zeitlichen Zusammenhang mit einer nachfolgenden Auswanderung aus Deutschland stand. Es ist eine historische Erfahrungstatsache, dass derartige Veräußerungen zum fraglichen Zeitpunkt in aller Regel nicht "freiwillig", sondern im Hinblick darauf getätigt wurden, die wegen des zunehmenden staatlichen Verfolgungsdrucks dringlich gewordene Emigration in materieller Hinsicht abzusichern, solange derartige Verkäufe noch möglich waren. Diese Vermutung ist umso mehr berechtigt, als mit der Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden vom 26. April 1938 (RGBl. I S. 414) ein weiterer Schritt des Staates in Richtung auf das Ziel erfolgt war, sich im Gewande des Rechts des Vermögens jüdischer Bürger zu bemächtigen. (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Oktober 1996 - BVerwG 7 B 254/96 -, Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 92, juris Rn. 4; BVerwG, Urteil vom 24. August 2000 - BVerwG 7 C 85.99 -, Buchholz 428 § 1 Abs. 6 VermG Nr. 7, juris Rn. 26).
Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass das konkrete Rechtsgeschäft vom 30. Dezember 1938 von der Herrschaft des Nationalsozialismus und den nationalsozialistischen Unrechtsmaßnahmen jedenfalls mitbeeinflusst wurde, was nach den vorstehend aufgeführten Maßgaben die Widerlegung der Vermutung ausschließt. Denn es besteht ein enger zeitlicher Bezug des notariellen Vertrages zur Emigration des Alteigentümers, die nach den zuletzt von den Beigeladenen vorgelegten Unterlagen (bestätigt durch die Angaben in der Notarurkunde vom 30. Dezember 1938) im Oktober 1938 erfolgte. In Vorbereitung dessen hatte der Alteigentümer bereits am 13. August 1938 eine notarielle unbeschränkte Grundstücksvollmacht unter anderem für die hier streitgegenständlichen Grundstücke in S. ausgestellt. Außerdem steht der Grundstücksverkauf vom 30. Dezember 1938 an den Rechtsvorgänger des Klägers nicht isoliert. Vielmehr hat sich der Alteigentümer im Zusammenhang mit seiner Ausreise von zahlreichen weiteren Vermögensgegenständen getrennt. So erfolgte bereits am 19. August 1938 der Verkauf des Unternehmens des Alteigentümers, der L. D. Tuchfabrik KG. Vor allem aber veräußerte der Alteigentümer am Tag der Beurkundung des Kaufvertrages über die streitgegenständlichen Flurstücke am 30. Dezember 1938 weitere Grundstücke im S., nämlich an ... sowie an ....
Angesichts dieser jedenfalls für eine Mitursächlichkeit des nationalsozialistischen Unrechtssystems für das Zustandekommen des konkreten Kaufvertrages vom 30. Dezember 1938 zu diesem Zeitpunkt und diesem Inhalt sprechenden Anhaltspunkte ist auch das Vorbringen des Klägers, der notarielle Vertrag stelle sich lediglich als Vollzug einer bereits zuvor getroffenen formlosen Einigung dar, nicht geeignet, die einschlägige Vermutung des verfolgungsbedingten Vermögensverlusts zu entkräften. Ungeachtet sonstiger Ungereimtheiten (so ist beispielsweise schon unklar geblieben, welchen konkreten Inhalt die angeführte Vereinbarung zwischen dem Alteigentümer und dem Rechtsvorgänger des Klägers gehabt haben soll und wann sie genau getroffen worden sein soll: das Schreiben des Landrats vom 6. Februar 1939 spricht nur von "Vereinbarungen über den Ankauf", was eine Art Vorvertrag meinen könnte; in der Notarurkunde findet eine solche Kaufvereinbarung keine konkrete Erwähnung; mal sei eine Einigung noch 1932 per Handschlagvertrag erfolgt, mal hätten Gespräche [erst] im Frühjahr 1933 stattgefunden) bietet das Vorbringen des Klägers keinen Anhaltspunkt einer Erklärung, warum nach der Zahlung der letzten "vereinbarten" Rate im Jahr 1937 erst im Dezember 1938 nach der Ausreise der notarielle "Vollzug" nachgeholt wurde, so dass jedenfalls nicht auszuschließen ist, dass der Entschluss des Alteigentümers, den notariellen Kaufvertrag wie erfolgt abzuschließen, unter dem Eindruck der verfolgungsbedingten Ausreise getroffen wurde.
dd. Ausschlussgründe im Sinne von §§ 4, 5 VermG, die einem Restitutionsbegehren der Beigeladenen im Zeitpunkt der investiven Veräußerung entgegengestanden hätten und die somit auch einen Erlösauskehranspruch ausschließen würden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. Mai 1996 - BVerwG 7 B 125.96 -, Buchholz 428.1 § 16 InVorG Nr. 2, juris Rn. 3; BVerwG, Beschluss vom 5. Juni 2001 - BVerwG 8 B 64.01 -, Buchholz 428.1 § 16 InVorG Nr. 6, juris Rn. 4; BVerwG, Urteil vom 11. April 2002 - BVerwG 7 C 20.01 -, Buchholz 428.1 § 16 InVorG Nr. 7, juris Rn. 12; BVerwG, Urteil vom 6. Juni 2002 - BVerwG 7 C 25.01 -, Buchholz 428.1 § 11 InVorG Nr. 4, juris Rn. 20; BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 2002 - BVerwG 7 C 21.02 -, VIZ 2003, 286, juris Rn. 12; BVerwG, Urteil vom 22. April 2004 - BVerwG 7 C 35.03 -, Buchholz 428 § 5 VermG Nr. 41, juris Rn. 13; Rapp in Clemm/Etzbach/Fassbender/Messerschmidt/Schmidt-Räntsch, Rechtshandbuch Vermögen und Investition in der ehemaligen DDR [RVI], Stand: Oktober 2011, InVorG § 16 Rn. 19 f.), sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
b. Liegen nach den vorstehenden Ausführungen die Voraussetzungen eines Erlösauskehranspruches nach § 16 Abs. 1 InVorG jedenfalls bezüglich der veräußerten Flurstücke vor, unterliegt der angefochtene Bescheid in Ziffer 3. des Tenors dennoch Bedenken hinsichtlich seiner Rechtmäßigkeit aufgrund des Umstandes, dass die Beklagte darin nur das Bestehen eines Erlösauskehranspruches festgestellt und nicht auch den auszukehrenden Erlös festgesetzt hat. Nach Rapp in Clemm/Etzbach/Fassbender/Messerschmidt/Schmidt-Räntsch, RVI, InVorG § 16 Rn. 70, der auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Mai 2001 - BVerwG 7 C 19.00 -, Buchholz 428 § 6 VermG Nr. 43, Bezug nimmt, in dem eine konkrete Ermittlung des tatsächlich erzielten Erlöses und abzugsfähiger Positionen erfolgte, ist der auszukehrende Erlös durch die Behörde im Bescheid über den Erlösauskehranspruch festzusetzen (die zu § 3 Abs. 4 Satz 3 VermG ergangene Entscheidung der Kammer vom 16. April 2009 - 1 K 829/02 -, juris Rn. 91 f., dürfte hiergegen nicht angeführt werden können, denn die Kammer hat ihre Rechtsauffassung unter anderem mit dem Hinweis begründet, dass weder der Vorschrift des § 3 Abs. 4 Satz 3 VermG noch den sonstigen Regelungen des Vermögensgesetzes eine etwa § 16 Abs. 1 Satz 1 und 2 InVorG vergleichbare konkrete Regelung zu entnehmen sei, wonach das Amt oder Landesamt durch Bescheid auf Antrag des Berechtigten über den Anspruch auf Zahlung eines Geldbetrages in Höhe aller auf den vom Berechtigten zu beanspruchenden Vermögenswert entfallenden Geldleistungen aus dem Vertrag zu entscheiden hat). Einer abschließenden Bewertung dieser Rechtsfrage bedarf es vorliegend indes nicht. Denn selbst wenn daraus eine Rechtswidrigkeit der Ziffer 3. des Tenors des Bescheides vom 3. April 2008 folgen sollte, könnte eine gerichtliche Aufhebung nicht erfolgen, da es insoweit an der nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO erforderlichen Verletzung des Klägers in seinen Rechten fehlt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 i.V.m. § 154 Abs. 3 VwGO. Soweit die Klage der Abweisung unterliegt, entspricht es der Billigkeit dem Kläger die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, denn diese haben eine Sachantrag gestellt und ein Kostenrisiko auf sich genommen haben.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
Die Nichtzulassung der Revision folgt aus §§ 135, 132 Abs. 2 VwGO.