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Sanierungsrechtlicher Ausgleichsbetrag; Sanierungsgebiet Prenzlauer Berg-Kollwitzplatz; Wirksamkeit der Sanierungssatzung; Erforderlichkeit; Sanierungsziele; Sanierungskonzept; Zielbaummethode; Bodenwert; sanierungsbedingte Bodenwerterhöhung; (keine) Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 10. Senat Entscheidungsdatum 09.09.2013
Aktenzeichen OVG 10 S 12.12 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 80 Abs 2 S 1 Nr 1 VwGO, § 80 Abs 5 VwGO, § 146 Abs 4 VwGO, § 154 Abs 1 BauGB, § 212a BauGB

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 22. März 2012 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 12.978 EUR festgesetzt.

Gründe

Die Antragstellerin ist Eigentümerin des mit einem mehrgeschossigen Wohnhaus bebauten Grundstücks K... in Berlin-Prenzlauer Berg, das im ehemaligen Sanierungsgebiet Prenzlauer Berg-Kollwitzplatz liegt. Sie wendet sich dagegen, dass der Antragsgegner sie mit Bescheid vom 20. Oktober 2011 zu einem sanierungsrechtlichen Ausgleichsbetrag in Höhe von 51.914 EUR herangezogen hat, und möchte im Wege einstweiligen Rechtsschutzes erreichen, dass die aufschiebende Wirkung ihres gegen diesen Bescheid eingelegten Widerspruchs angeordnet wird. Das Verwaltungsgericht hat den dahingehenden Antrag abgelehnt.

Die Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg. Prüfungsmaßstab sind dabei nur die von ihr vorgebrachten Gründe (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), soweit sie sich mit dem angegriffenen Beschluss konkret auseinandersetzen und die Gesichtspunkte bezeichnen, aus denen dessen Fehlerhaftigkeit abgeleitet wird (vgl. zu den Darlegungsanforderungen Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 146 Rn. 41 m.w.N.). Danach rechtfertigt das Beschwerdevorbringen hier keine Änderung des angefochtenen Beschlusses.

Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, kommt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nur in Betracht, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Pflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO, § 212a Abs. 2 BauGB). Der sanierungsrechtliche Ausgleichsbetrag nach § 154 Abs. 1 BauGB stellt eine öffentliche Abgabe dar, deren Anforderung nach dem Willen des Gesetzgebers sofort vollziehbar sein soll ohne Rücksicht auf eine etwaige Anfechtung durch den Pflichtigen. Im Interesse der Funktionsfähigkeit der Verwaltung und einer sinnvollen Haushaltsplanung muss der Abgabepflichtige in der Regel vorleisten und sich im Falle eines späteren Obsiegens im Hauptsacheverfahren auf einen Rückerstattungsanspruch verweisen lassen, dessen Realisierung regelmäßig gesichert ist. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abgabenforderung, die zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs führen können, sind erst dann anzunehmen sind, wenn bei summarischer Prüfung ein Erfolg des Rechtsmittels im Hauptsacheverfahren wahrscheinlicher ist als ein Unterliegen (vgl. OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 3. Februar 2012 - OVG 10 S 50.10 -, NVwZ 2012, 711, juris Rn. 3 und Beschluss vom 17. Dezember 2012 - OVG 2 S 12.12 -, juris Rn. 3 jeweils m.w.N.). Das Beschwerdevorbringen ist nicht geeignet, derartige Zweifel zu wecken.

1. Die Einwendungen der Antragstellerin gegen die Sanierungssatzung, die der Ausgleichsbetragsforderung zugrunde liegt, bleiben ohne Erfolg.

Die Erhebung eines sanierungsrechtlichen Ausgleichsbetrags nach § 154 Abs. 1 Satz 1 BauGB setzt voraus, dass der Pflichtige Eigentümer eines Grundstücks ist, das in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet liegt, und die Sanierung abgeschlossen ist (§ 154 Abs. 3 BauGB). Das Grundstück der Antragstellerin befindet sich in einem Bereich, der nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Anlage 3 der Neunten Verordnung über die förmliche Festlegung von Sanierungsgebieten vom 21. September 1993 (GVBl. S. 403) - künftig: 9. VO - als Sanierungsgebiet Prenzlauer Berg-Kollwitzplatz förmlich festgesetzt worden ist. Diese Festsetzung ist durch Art. 1 Nr. 1 Buchst. a), Nr. 3 der Zehnten Verordnung zur Änderung von Verordnungen über die förmliche Festlegung von Sanierungsgebieten vom 6. Januar 2009 (GVBl. S. 13) mit Wirkung vom 28. Januar 2009 aufgehoben worden. Ohne Erfolg beruft sich die Antragstellerin auf eine Rechtswidrigkeit der 9. VO. Es gehört zwar zu den Voraussetzungen für die Heranziehung zu einem sanierungsrechtlichen Ausgleichsbetrag, dass das veranlagte Grundstück wirksam in den Bereich eines förmlich festgelegten Sanierungsgebiets einbezogen worden ist (vgl. etwa OVG NW, Urteil vom 5. Dezember 1996 - 22 A 2639/93 -, juris Rn. 9; OVG SH, Urteil vom 23. Mai 2006 - 1 LB 8/04 -, NVwZ-RR 2007, 811, juris Rn. 31, 33), daran bestehen auf der Grundlage des Beschwerdevorbringens aber keine ernsthaften Zweifel.

Die Antragstellerin bestreitet nicht das Vorliegen städtebaulicher Missstände, sondern macht geltend, es habe keine Notwendigkeit für den Erlass der Verordnung bestanden. Wegen des Eingriffscharakters einer solchen Maßnahme sei erforderlich, dass Missstände bestünden und diese ohne den öffentlichen Eingriff sich verfestigten, jedenfalls aber nicht beseitigt werden würden. Hieran fehle es. Die Sanierungssatzung habe private Investitionen nicht gefördert, sondern gehindert, ohne die Satzung wären die Sanierungen schneller und effizienter durchgeführt worden. Die Satzung sei vorgeschoben worden, um in Wahrheit andere soziale Ziele zu verwirklichen und die Mieter vor sozialer Verdrängung und hohen Mieten zu schützen. Dieses Vorbringen vermag nicht zu überzeugen.

Dafür, dass die Sanierungssatzung nur vorgeschoben worden wäre und in Wirklichkeit sanierungsrechtlich unzulässige Ziele verfolgt worden wären, fehlen verlässliche Anhaltspunkte. Die Frage, ob und mit welchem Ziel eine Sanierungssatzung erlassen wird, ist Teil der Entscheidung der Gemeinde über die zukünftige städtebauliche Entwicklung und unterfällt ihrer Planungshoheit. Ihr steht dabei ein weiter Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum zu (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. März 2010 - BVerwG 4 BN 60.09 -, NVwZ 2010, 1490, juris Rn. 3 m.w.N.). Die Gemeinde ist nicht darauf beschränkt, mit ihrem Sanierungskonzept Ziele zu verfolgen, die auf die Verbesserung der baulichen Struktur des Gebietes gerichtet sind, denn das Baugesetzbuch grenzt die Art der zulässigen Ziele der Sanierung nicht ein. Die Sanierung ist nach den Vorstellungen des Gesetzgebers ein Prozess, der als Gesamtmaßnahme eine Koordination sehr unterschiedlicher Einzelmaßnahmen erfordert (BVerwG, Beschluss vom 24. März 2010, a.a.O., Rn. 7). Für den Erlass einer Sanierungssatzung genügt dabei ein Sanierungskonzept mit der Feststellung, dass städtebauliche Missstände vorliegen, der Benennung der Ziele und Zwecke der Sanierung und der Feststellung, dass die Sanierung im Allgemeinen durchführbar erscheint; im Laufe des Sanierungsverfahrens hat dann die Verdichtung und zunehmende Konkretisierung der Sanierungsziele zu erfolgen (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Mai 2006 - BVerwG 4 C 9.04 -, BVerwGE 126, 104, juris Rn. 22, 24; Beschluss vom 24. März 2010, a.a.O., Rn. 7, 10). Bei summarischer Prüfung spricht alles dafür, dass die Sanierungssatzung vorliegend diesen Anforderungen gerecht wird.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin erschöpfen sich die mit der Sanierungssatzung verfolgten Ziele nicht in der Instandsetzung und Modernisierung aller Wohngebäude unter Beibehaltung der angestammten Bevölkerung. In der von der Antragstellerin zitierten Begründung für die 9. VO (Vorlage an das Abgeordnetenhaus zur Verordnung Nr. 12/354 vom 21. September 1993) wird im allgemeinen Teil betreffend alle Sanierungsgebiete (S. 2-4) nicht nur auf massive bauliche Missstände hingewiesen, sondern ebenso auf die mangelhafte Ausstattung der Gebiete mit technischer Infrastruktur sowie Gemeinbedarfs- und Folgeeinrichtungen bzw. deren schlechten Zustand. Als zu behebende städtebauliche Missstände werden nicht nur der Zustand der Wohnungen genannt, der umfassende Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen erforderlich mache, sondern auch erhebliche städtebaulich-funktionale Missstände wegen der qualitativ und quantitativ mangelhaften Versorgung der Gebiete mit Schulen, Kindertagesstätten, Jugend-, Freizeit- und kulturellen Einrichtungen, der unzureichenden Versorgung mit öffentlichen Grün- und Freiflächen, dem Fehlen von Sportflächen und dem Neuordnungsbedarf im Bereich des Straßenverkehrs. In der Beschreibung der Ziele und Zwecke der Sanierung gerade des hier streitgegenständlichen Gebiets verweist die Begründung (S. 62 ff.) auf die Funktion des Gebiets als Cityrandgebiet und dessen zukünftige Bedeutung als zentrumsnahes Wohn- und Mischgebiet und erörtert neben den Anforderungen, die zur Erhaltung und Stärkung der Wohnnutzung bei der Erneuerung der Gebäude zu erfüllen seien, auch Ziele im Zusammenhang mit der Verkehrsplanung sowie der Erhaltung, Erneuerung und Ausweitung von sozialen und kulturellen Infrastruktureinrichtungen (Kindertagesstätten, Schulen, Jugendeinrichtungen, Angebote für alte und hilfsbedürftige Menschen sowie kulturelle Angebote).

Das weite Spektrum der mit der Sanierung verfolgten Ziele zeigt sich gleichermaßen in der Begründung der Entscheidung über die Aufhebung des Sanierungsgebiets, die auch die im Sanierungsprozess beschlossenen Konkretisierungen und Änderungen von Sanierungszielen berücksichtigt (Vorlage an das Abgeordnetenhaus von Berlin zur 10. Verordnung zur Änderung von Verordnungen über die förmliche Festlegung von Sanierungsgebieten, abrufbar als Download-pdf-Datei auf der Internetseite der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt unter der Rubrik Städtebau/Förderprogramm/Stadterneuerung/Rechtsgrundlagen). Danach war wesentliches städtebauliches Ziel der Sanierung die Stärkung des Sanierungsgebiets als zentrumnahes Wohngebiet in seiner typischen Mischung aus Wohnen, Gewerbe und sozialer Infrastruktur, wobei im Folgenden die Ziele im Einzelnen unter den Stichworten „Bauliche Ziele“, „Wohnen“, „Soziale Infrastruktur“, „Gewerbe“, „Grün- und Freiflächen“, „Umwelt“, „Verkehr“ und „Soziale Ziele“ beschrieben werden und lediglich im Rahmen der zuletzt genannten Rubrik ausgeführt wird, dass die Erneuerungsmaßnahmen sozialverträglich durchgeführt werden und es den Bewohnerinnen und Bewohnern grundsätzlich ermöglichen sollten, im Gebiet zu verbleiben (S. 19-21).

Von einem Sanierungsziel, das auf die Begrenzung von Mieten und den Schutz der Mieter vor Verdrängung beschränkt wäre, kann danach keine Rede sein. Der Hinweis der Antragstellerin auf die „Kernbegründung der gesamten Satzung“, dass ohne die Preiskontrolle nach § 153 Abs. 3 BauGB die Durchführung der Sanierung erheblich erschwert oder undurchführbar wäre, missversteht die fragliche Passage auf Seite 5 f. der Begründung der 9. VO. Der dortige Hinweis auf eine Preiskontrolle nach § 153 Abs. 3 BauGB und die Möglichkeit der Abschöpfung sanierungsbedingter Wertverbesserung durch den Ausgleichsbetrag betrifft nicht die förmliche Festlegung als Sanierungsgebiet als solches, sondern die im Rahmen dieser Festlegung zu treffende Entscheidung, ob die Anwendung der besonderen sanierungsrechtlichen Vorschriften der §§ 153 ff. BauGB nach § 142 Abs. 4 BauGB ausgeschlossen wird oder ob diese Vorschriften nach § 152 BauGB anzuwenden sind, wobei das Gesetz davon ausgeht, dass bei Vorliegen städtebaulicher Missstände im Sinne des § 136 Abs. 2 und 3 BauGB, die durch Sanierungsmaßnahmen behoben werden sollen, die Anwendung des gesamten besonderen Sanierungsrechts grundsätzlich gerechtfertigt ist (vgl. Krautzberger in: Battis/ Krautzberger/Löhr, BauGB, 11. Aufl. 2009, § 142 Rn. 35). Im Übrigen darf mit einer Sanierungssatzung auch das Ziel verfolgt werden, die angestammte Wohnbevölkerung des Gebiets vor Verdrängung infolge sanierungsbedingter Mietsteigerungen zu schützen (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Mai 2006, a.a.O. Rn. 23).

Soweit die Antragstellerin die Erforderlichkeit der Sanierungssatzung zur Beseitigung der städtebaulichen Missstände bezweifelt, legt sie zudem einen zu strengen Maßstab an. Zutreffend ist allerdings, dass die Rechtmäßigkeit einer Sanierungsmaßnahme neben dem Vorliegen städtebaulicher Missstände voraussetzt, dass die förmliche Festlegung des Sanierungsgebiets erforderlich ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. März 2010, a.a.O., Rn. 3; OVG NW, Urteil vom 19. Januar 2011 - 2 D 146/08.NE -, BRS 78 Nr. 213, juris Rn. 41). Dem Sanierungsrecht liegt jedoch die Vorstellung zugrunde, dass bei Vorliegen städtebaulicher Missstände im Sinne von § 136 BauGB die Anwendung des gesamten sanierungsrechtlichen Instrumentariums erforderlich und auch gerechtfertigt ist (Krautzberger in: Battis u.a., a.a.O., § 142 Rn. 6). Die Erforderlichkeit der Sanierungssatzung setzt dabei nicht den Nachweis voraus, dass die Sanierung ohne Anwendung des Sanierungsrechts nicht möglich wäre. Sie ist vielmehr bereits dann zu bejahen, wenn die Gemeinde aufgrund vertretbarer, plausibler Einschätzung die Anwendung des sanierungsrechtlichen Instrumentariums für geboten ansieht. Daran fehlt es regelmäßig nur, wenn die Sanierung von keiner erkennbaren Konzeption getragen ist oder wenn sonstige Maßnahmen des Städtebaurechts, also Maßnahmen und Planungen ohne Anwendung des städtebaulichen Sanierungsrechts, zur Behebung der städtebaulichen Missstände ausreichen (vgl. OVG NW, Urteil vom 19. Januar 2011, a.a.O., Rn. 86 ff. m.w.N.). Dies ist nach dem Vorbringen der Antragstellerin nicht ersichtlich. Soweit sie geltend macht, die Sanierungen wären ohne Satzung schneller und effizienter durchgeführt worden, wird dies nicht nachvollziehbar begründet. Da die Antragstellerin offenbar ausschließlich die Sanierung der einzelnen Wohngebäude im Blick hat, fehlen nähere Angaben dazu, dass auch die oben dargestellten weiteren sanierungsrechtlichen Ziele etwa hinsichtlich der Versorgung des Gebiets mit sozialen und kulturellen Einrichtungen sowie öffentlichen Grün- und Freiflächen ohne Anwendung sanierungsrechtlicher Maßnahmen in gleicher Weise erreicht worden wären.

Im Übrigen dürfte selbst dann, wenn dem Antragsgegner im Rahmen der ihm bei der Festlegung des Sanierungskonzepts und der darauf beruhenden Entscheidung über die Durchführung von Sanierungsmaßnahmen obliegenden Abwägung (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 24. März 2010, a.a.O., Rn. 3) ein Fehler unterlaufen sein sollte, dieser Fehler mittlerweile wegen Ablaufs der (im Jahr 1993 noch geltenden siebenjährigen) Rügefrist unbeachtlich geworden sein (vgl. zu einer solchen Fallkonstellation BVerwG, Urteil vom 4. März 1999 - BVerwG 4 C 8.98 -, NVwZ 1999, 1336, juris).

2. Hinsichtlich der Zulässigkeit des zur Berechnung des Ausgleichsbetrages angewandten Verfahrens erhebt die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren keine konkreten Einwände (mehr). Die pauschale Bezugnahme auf die bereits im Widerspruchsverfahren vor der Behörde vorgelegte und der Beschwerdebegründung erneut beigefügte „Stellungnahme zur beabsichtigten Festsetzung eines Sanierungsausgleichsbetrages für das Grundstück K... Straße …, S... Straße ...“ dürfte ohne Auseinandersetzung mit den konkreten Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss den Darlegungsanforderungen kaum genügen. Im Übrigen ist eine nähere Prüfung dieses Punktes im Rahmen des vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahrens jedenfalls nicht veranlasst.

Die Höhe des Ausgleichsbetrages bemisst sich nach der sanierungsbedingten Bodenwerterhöhung. Diese besteht nach § 154 Abs. 2 BauGB aus dem Unterschied zwischen dem Bodenwert, der sich für das Grundstück ergeben würde, wenn eine Sanierung weder beabsichtigt noch durchgeführt worden wäre (Anfangswert), und dem Bodenwert, der sich für das Grundstück durch die rechtliche und tatsächliche Neuordnung des förmlich festgelegten Sanierungsgebietes ergibt (Endwert).

Der Antragsgegner hat seiner Berechnung die vom Stadtentwicklungsamt des Bezirksamtes Pankow vorgelegte „Ermittlung der sanierungsbedingten Bodenwerterhöhung zur Erhebung des Ausgleichsbetrages“ für das streitgegenständliche Grundstück vom 12. Januar 2011 (Bl. 64 ff. des Verwaltungsvorgangs) zugrunde gelegt. Danach ist der Anfangswert auf der Grundlage des vom Gutachterausschuss für Grundstückswerte in Berlin zum Stichtag 1. Januar 2009 ermittelten Bodenrichtwerts festgelegt worden. Dabei wurde werterhöhend berücksichtigt, dass für das streitgegenständliche Grundstück nicht die gebietstypische Geschossflächenzahl von 2,5, sondern eine Geschossflächenzahl von 5,0 zulässig ist, zudem wurde wegen der verkehrslärmbelasteten Lage des Grundstücks ein Abschlag in Höhe von 10 % vorgenommen. Zur Feststellung des Endwertes wurde mangels Ermittlung entsprechender Bodenrichtwerte durch den Gutachterausschuss auf die sogenannte Zielbaumethode oder Multifaktorenanalyse zurückgegriffen, mit deren Hilfe sich aus dem bekannten Anfangswert der zugehörige Endwert ableiten ließ. Diese Vorgehensweise ist vom Grundsatz her nicht zu beanstanden.

Die Bewertung von Grundstücken unterliegt einem Wertermittlungsspielraum, weil die eigentliche Bewertung immer nur eine Schätzung darstellen kann, die Erfahrung und Sachkunde voraussetzt (vgl. OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 3. Februar 2012, a.a.O., Rn. 6; Urteil vom 5. November 2009 - OVG 2 B 7.07 -, juris Rn. 15). Nach der zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses geltenden Verordnung über die Grundsätze für die Ermittlung der Verkehrswerte von Grundstücken - Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) - vom 19. Mai 2010 (BGBl. I S. 639), die die zuvor geltende Wertermittlungsverordnung (WertV) abgelöst hat, ist der Wert des Bodens vorrangig im sogenannten Vergleichswertverfahren zu ermitteln (§ 16 Abs. 1 Satz 1 ImmowertV). Diese Regelung entspricht der bereits zuvor nach §§ 15 Abs. 2, 21 Abs. 2 WertV geltenden Rechtslage. Es ist in diesem Zusammenhang anerkannt, dass das Vergleichswertverfahren bei der Ermittlung der sanierungsrechtlich maßgebenden Bodenwerterhöhung nur anzuwenden ist, wenn ausreichende Daten zur Verfügung stehen, die gewährleisten, dass der Verkehrswert und dessen Erhöhung zuverlässig zu ermitteln sind. Fehlt es an aussagekräftigem Datenmaterial ist eine andere Methode anzuwenden, wobei jede Methode zulässig ist, mit der der gesetzliche Auftrag, die Bodenwerterhöhung und damit den Ausgleichsbetrag nach dem Unterschied zwischen Anfangs- und Endwert zu ermitteln, erfüllt werden kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. November 2004 - BVerwG 4 B 71.04 -, NVwZ 2005, 449, juris Rn. 6; Beschluss vom 28. Juli 2010 - BVerwG 4 B 11.10 -, BRS 76 Nr. 229, juris Rn. 6). Zu diesen grundsätzlich geeigneten Methoden gehört auch die im vorliegenden Fall angewandte Zielbaummethode (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. November 2004, a.a.O. gerade zu der hier vorliegenden Konstellation, dass der Endwert aus dem festgestellten Anfangswert und dem modellhaft berechneten Betrag der sanierungsbedingten Wertsteigerung abgeleitet wird). Soweit die Antragstellerin im erstinstanzlichen Verfahren geltend gemacht hat, die Zielbaumethode sei wegen der Verfehlung der Sanierungsziele nicht anwendbar, ist diese Argumentation schon vom Ansatz her nicht nachvollziehbar. Im Übrigen dürfte keine Verfehlung der oben beschriebenen vielfältigen Sanierungsziele vorliegen.

Der Hinweis der Antragstellerin auf ausreichende Vergleichswerte kann ihrer Beschwerde ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen, weil die Prüfung, ob eine Datenlage ermittelt werden kann, die für die Anwendung des Vergleichsverfahrens ausreicht, den Rahmen eines vorläufigen Rechtsschutzverfahrens übersteigt (vgl. OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 17. Dezember 2012 - OVG 2 S 12.12 -, juris Rn. 23). In diesem Zusammenhang ist zudem anzumerken, dass der Vortrag der Antragstellerin, das Gebiet um den Kollwitzplatz sei durchgängig eine stark nachgefragte Gegend gewesen, in der erhebliche Grundstücksaktionen stattgefunden hätten, allein nicht aussagekräftig ist. Denn es geht bei der Bodenwertermittlung um den Wert (nur) des Grundstücks ohne Berücksichtigung der vorhandenen baulichen Anlagen, wobei der Wert nach Abschluss der Sanierungsmaßnahme und der (hypothetische) Wert ohne Sanierungsabsicht und -durchführung einander gegenüberzustellen sind, so dass Preise, die beim Verkauf eines bebauten Grundstücks während der Durchführung von Sanierungsmaßnahmen erzielt wurden, nicht ohne weiteres als Vergleichsdaten geeignet sind.

3. Auch die Einwendungen der Antragstellerin gegen die Berechnung der sanierungsbedingten Bodenwerterhöhung im Einzelnen begründen keine ernstlichen Zweifel, die die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Festsetzung des Ausgleichsbetrages rechtfertigen könnten.

Das Vorbringen der Antragstellerin, diverse Verbesserungen im Sanierungsgebiet seien nicht sanierungsbedingt, genügt insoweit nicht. Soweit die Antragstellerin die Prüfung für erforderlich hält, „ob nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auch ohne Sanierungssatzung sämtliche Investitionen, auf die sich die Antragsgegnerin beruft, durchgeführt worden wären“, überzeugt ihr Ansatz bereits deshalb nicht, weil sie offenbar nur die privaten Investitionen zur Instandsetzung und Modernisierung von Wohngebäuden in den Blick nimmt, ohne die zur Erreichung weiterer Sanierungsziele aufgewendeten Mittel für öffentliche Vorhaben etwa im Bereich der sozialen und kulturellen Infrastruktur, der Schaffung oder Gestaltung von Spielplätzen, Grünflächen und Stadtplätzen oder der Verbesserung der Verkehrssituation zu berücksichtigen. Zu den im Zielbauschema aufgeführten Lagekriterien, deren Bewertung in die Berechnung des Endwerts eingeflossen sind, gehören beispielsweise auch die Aufenthalts- und Gestaltungsqualität des Straßenraums, die öffentlichen Grün- und Freiflächen, die öffentliche Infrastruktur und die Verkehrssituation.

Im Hinblick auf die privat getätigten Investitionen beschränkt sich die Antragstellerin auf die Behauptung, diese wären in gleicher Weise auch ohne Sanierungsmaßnahme erfolgt. Das Verwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, es bestehe eine tatsächliche Vermutung, dass alle in einem Sanierungsgebiet durchgeführten, auch privaten baulichen Maßnahmen durch öffentliche Sanierungsmittel (mit-)bewirkt seien und sich bodenwerterhöhend auf andere Grundstücke auswirken könnten. Die Antragstellerin hält diesen Ansatz für „rechtswidrig“ und verweist auf eine besondere Ausgangslage des Gebiets, ohne jedoch ihrerseits diese Einschätzung hinreichend zu belegen. Es mag im Hinblick auf die innerstädtische Lage des Sanierungsgebiets und die allgemeinen städtebaulichen Entwicklungen in den Jahren nach der deutschen Wiedervereinigung zutreffen, dass wegen eines besonderen Interesses der Investoren gerade an dem Gebiet um den K... die dort erzielten Verbesserungen in einem gewissen Umgang auch ohne die Durchführung von Sanierungsmaßnahmen eingetreten wären. Dies näher zu prüfen und aufzuklären übersteigt jedoch die Möglichkeiten einer summarischen Prüfung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren und muss ggf. dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Allerdings dürfte eine exakte Abgrenzung zwischen sanierungsbedingten und allgemeinen Entwicklungen kaum durchführbar sein (vgl. OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 21. Juni 2010 - OVG 2 S 23.10 -, juris Rn. 6). Die Argumentation des Verwaltungsgerichts ist jedenfalls nicht offensichtlich fehlerhaft, sondern vielmehr ohne Weiteres plausibel.

Dies gilt auch für den Hinweis auf die besondere steuerliche Abschreibungsmöglichkeit nach § 7h EStG. Soweit die Antragstellerin geltend macht, es sei steuerlich nicht auf die Sanierungssatzung angekommen, weil wegen des überwiegend geltenden Denkmalschutzes auch eine sanierungsunabhängige Denkmalsabschreibung hätte in Anspruch genommen werden können, vermag dies schon wegen der teilweise unterschiedlichen rechtlichen Voraussetzungen der beiden Vorschriften nicht zu überzeugen. Zudem unterliegt nach den nicht bestrittenen Angaben des Antragsgegners nicht das gesamte Sanierungsgebiet zugleich dem Denkmalschutz. Der Antragsgegner hat im Übrigen vorgetragen, dass die Sanierungsabschreibung des § 7h EStG von privaten Hauseigentümern für etwa 1.200 Wohnungen in Anspruch genommen worden ist. Dass diese Abschreibungsmöglichkeit für die davon profitierenden privaten Investoren schon bei ihrer Entscheidung über Art und Umfang der durchzuführenden Maßnahmen eine Rolle gespielt hat, ist zumindest naheliegend. Entsprechendes gilt im Hinblick auf die öffentliche Förderung von privaten Erneuerungsvorhaben etwa im Rahmen des Förderprogramms Private Stadterneuerung (vgl. dazu die Angaben der Gesellschaft der behutsamen Stadterneuerung S.T.E.R.N. in ihrer städtebaulichen Stellungnahme zur Ermittlung des Ausgleichsbetrages vom 26. Oktober 2010, S. 6 und 11 sowie im Schriftsatz des Antragsgegners vom 1. Juni 2012).

Soweit sich die Antragstellerin gegen die konkrete Bewertung einzelner Lagekriterien im Rahmen der Zielbaummethode wendet, ist wiederum zu berücksichtigen, dass für die Klärung schwieriger Tatsachenfragen im einstweiligen Rechtsschutzverfahren wegen dessen summarischen Charakters kein Raum ist. Allein der Umstand, dass die Antragstellerin einzelne Bewertungen des Antragsgegners in Frage stellt und durch ihre eigene Einschätzung ersetzt, vermag keine ernsthaften Zweifel zu begründen, die die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs rechtfertigen könnten. Soweit auch unter Berücksichtigung des bestehenden Wertermittlungsspielraums eine nähere - gegebenenfalls sachverständige - Aufklärung erforderlich sein sollte, muss diese dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Dass die Berechnung des Antragsgegners auf offensichtlich fehlerhaften oder widersprüchlichen Grundlagen beruhen könnte, ist nach dem Beschwerdevorbringen jedenfalls nicht ersichtlich.

Dies gilt auch im Hinblick auf das Lagekriterium „Bebauungsdichte“. Soweit die Antragstellerin geltend macht, es sei „anhand öffentlich-rechtlicher Informationen bewiesen“, dass die Stellungnahme von S.T.E.R.N. hier von falschen Zahlen ausgehe, ist dies nicht zutreffend. Die Antragstellerin bezieht sich auf die Ausführungen auf Seite 10 der städtebaulichen Stellungnahme zum Endwert des Lagekriteriums „Bebauungsdichte“, wo es heißt, im Wohnungsneubau seien bis zur Aufhebung des Sanierungsgebiets 870 Wohnungen entstanden. Diese Zahlen entsprechen denen, die der Senat von Berlin seiner Entscheidung über die Aufhebung des Sanierungsgebiets zugrunde gelegt hat (vgl. S. 22 der oben genannten Vorlage zur Aufhebungsverordnung, wonach im Wohnungsneubau im Sanierungsgebiet 874 Wohnungen entstanden sind). Die Antragstellerin beruft sich demgegenüber auf Angaben, die eine aus Stadtplanern und Architekten bestehende Planungsgruppe WERKSTADT im Entwurf eines Gutachtens, das der Bezirk Pankow von Berlin in Auftrag gegeben hatte, zur Wohnanlage „Belforter Straße“ gemacht hat, wonach in dem Gebiet um den Kollwitzplatz in einem Zeitraum von 15 Jahren 980 Wohnungen neu gebaut worden seien. Diese Angaben, die keine „öffentlich-rechtlichen Informationen“ darstellen, lassen nicht erkennen, auf welcher Grundlage sie beruhen. Sie müssen zudem nicht im Widerspruch zu den von der Antragsgegnerin zugrunde gelegten Zahlen stehen, weil die zitierte Passage sich zwar auf die Sanierungsmaßnahme bezieht, sich ihr aber nicht entnehmen lässt, dass mit dem „Gebiet um den Kollwitzplatz“ ausschließlich das Sanierungsgebiet gemeint sein und der genannte Zeitraum von 15 Jahren genau den Zeitraum der Sanierungsmaßnahme umfassen soll. Dass die Stellungnahme von S.T.E.R.N. „zweifelsfrei“ falsche Zahlen zugrunde gelegt haben soll, ist danach nicht ersichtlich. Wenn die Antragstellerin in diesem Zusammenhang zudem rügt, die Zunahme der Bevölkerungszahl im Sanierungsgebiet liege in Wahrheit bei mindestens 10,5 % und nicht nur bei 8 %, geht sie bereits am Inhalt der Stellungnahme von S.T.E.R.N. vorbei, die von einer Zunahme der Bevölkerungszahl um 10 % ausgeht (S. 10). Im Übrigen gilt auch insoweit, dass nähere Erläuterungen zu den Zahlenangaben der Planungsgruppe WERKSTADT fehlen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG, wobei sich der Senat - wie das Verwaltungsgericht - an der Empfehlung in Ziff. II.1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Fassung Juli 2004, NVwZ 2004, 1327) orientiert hat.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).