Toolbar-Menü
 
Sie sind hier: Gerichtsentscheidungen Entscheidung

Entscheidung VK 48/10


Metadaten

Gericht Vergabekammer Potsdam Entscheidungsdatum 15.10.2010
Aktenzeichen VK 48/10 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.

2. Die Antragstellerin trägt die Kosten (Gebühren und Auslagen) des Verfahrens.

3. Die Gebühr wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt und mit dem eingezahlten Kostenvorschuss verrechnet.

Gründe

I.

Die Auftraggeberin, eine 100%ige Tochtergesellschaft der Stadt … schrieb im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union vom … 2010 im Rahmen des Bauvorhabens Errichtung einer Sportmehrzweckhalle die Installation von Lüftungsanlagen (Raumlufttechnik) im Offenen Verfahren europaweit aus. In Ziffer VI.4.1) der Bekanntmachung wird die Vergabekammer des Landes Brandenburg als zuständige Stelle für Nachprüfungsverfahren benannt.

Gemäß Ziffer 3.3. der Bewerbungsbedingungen musste das Angebot die Preise und die in den Verdingungsunterlagen geforderten Erklärungen und Angaben enthalten. Unvollständige Angebote waren auszuschließen.

Auf Seite 14 des Leistungsverzeichnisses heißt es in Position 01.01.1:

„Die technischen Leistungsparameter sind durch eine für den konkreten Gerätetyp durchgeführte EUROVENT Zertifizierung nachzuweisen.“

Eine entsprechende Anforderung enthielt das Leistungsverzeichnis in den Positionen 01.01.1, 01.01.3, 01.01.4, 01.01.5 und 01.01.7, in Position 01.01.2 die Bemerkung „Kombiniertes Zu- und Abluftgerät mit integrierter Hochleistungs-Wärmerückge-winnung und Regelung - wie vorab benannt, mit gleichen Anforderungen und Technischen Daten, jedoch nur zur Versorgung …“.

Am Ende der jeweiligen Position benannte die Auftraggeberin als Fabrikat/Typ: „L… oder gleichwertig“. Jeweils im Anschluss war in gesonderter Zeile einzutragen das Fabrikat/Typ des Bieters.

In ihrem Angebot gab die Antragstellerin in diesen Punkten das Fabrikat „D…“ an. Eine EUROVENT-Zertifizierung für die angebotenen Produkte war dem Angebot der Antragstellerin nicht beigefügt.

Der Submissionstermin fand am … 2010 statt. Nach dessen Ergebnis lag die Antragstellerin mit ihrem Angebot an erster Rangstelle.

Mit E-Mail vom … 2010 bat die für die Auftraggeberin handelnde … die Antragstellerin um Zusendung „der Gerätedaten (Fabr. D…) zum Nachweis der Gleichwertigkeit für die Positionen 01.01.1 bis 01.01.7.“. Mit E-Mail vom … 2010 versandte die Antragstellerin Vergleichsdatenblätter und Geräteskizzen, mit weiterer E-Mail vom … 2010 „…die Gleichwertigkeitsnachweise der von uns angebotenen Lüftungsgeräte vom Fabrikat D…“.

Die … forderte mit E-Mail vom … 2010 die …„Vorlage der Gerätekarten zu den D…-Geräten“. Hierzu wandte sich die D… GmbH an die ... Die gesamte Branche betreibe eine objektbezogene, individuelle Fertigung, „Gerätekarten“ würden mit der Fertigung erstellt und nicht beim Angebot. Was „die Gerätekarte“ im Hinblick auf etwa 20 verschiedene Hersteller und ebenso viele verschiedene interne Kalkulationsprogramme sei, erachtete sie als unklar und bat um Übersendung der für wichtig erachteten neuen, zusätzlichen Parameter in Form einer Vorgabe.

Mit am … 2010 bei der Antragstellerin eingegangenem Schreiben teilte die Auftraggeberin mit, dass ihr Angebot nicht in die engere Wahl gekommen sei, weil das Verhältnis zwischen Preis und Leistung unangemessen sei. Die Positionen 01.01.01, 01.01.2, 01.01.3, 01.01.4, 01.01.5, 01.01.6 und 01.01.7 seien nicht gleichwertig zum Leitfabrikat. Es sei beabsichtigt, den Zuschlag am ... 2010 an die … zu erteilen.

Die Antragstellerin beanstandete diese Entscheidung mit Schreiben vom … 2010. Im Leistungsverzeichnis habe sie mit dem Fabrikat D… gleichwertige Geräte zum Ausschreibungsfabrikat L… angeboten. Nachträglich sei sie der Forderung nachgekommen, technische Datenblätter zur Prüfung der Gleichwertigkeit zur Verfügung zu stellen. Zusätzlich habe sich der Lieferant D… angeboten, einen Termin beim Planungsbüro wahrzunehmen, um die Prüfung der Gleichwertigkeit zu unterstützen und eventuell aufkommende Fragen zu klären, was vom Planungsbüro nicht angenommen worden sei. Der Lieferant D… habe des Weiteren per E-Mail seine Kooperation angeboten und um Zusendung der zusätzlichen Parameter … gebeten, woraufhin keine Reaktion vom Planungsbüro erfolgt sei. In einem darauf folgenden Telefonat habe man mitgeteilt, dass keine weiteren Parameter/Unterlagen notwendig seien. Die Antragstellerin gehe davon aus, dass eine sorgfältige Prüfung zur Gleichwertigkeit der angebotenen Geräte nicht stattgefunden habe. Das Leistungsverzeichnis müsse alle aus ihrer Sicht wichtigen Vorgaben für die Gerätekonfiguration enthalten. Genau dies habe sie mit ihrem Angebot vorgelegt. Wenn die Auftraggeberin nun nachträglich und zusätzlich zum Leistungsverzeichnis weitere Daten für wichtig erachte, widerspreche dies den Forderungen und Regeln der VOB und des Vergaberechts und behindere den fairen Wettbewerb.

Die Auftraggeberin erwiderte mit Schreiben vom … 2010. Sie habe ihre Vergabeentscheidung nochmals geprüft. Zusätzlich zu technischen und konstruktiven Parametern sei gemäß Leistungsverzeichnis für den konkreten Gerätetyp eine durchgeführte EUROVENT-Zertifizierung nachzuweisen gewesen. Dies sei nicht erfolgt. Sie weise daraufhin, dass gemäß § 21 VOB/A Nachweise der Gleichwertigkeit mit Angebotsabgabe hätten erfolgen müssen.

Mit E-Mail vom ... 2010 übersandte die Antragstellerin der Auftraggeberin eine Stellungnahme des Lieferanten D… zur EUROVENT-Zertifizierung, der sie sich in vollem Umfang anschließe. Die Stellungnahme des Lieferanten D… enthält u.a. folgende Punkte: D… sei nicht EUROVENT-zertifiziert, wie augenscheinlich die Mehrzahl der namhaften deutschen RLT-Gerätehersteller (…) auch nicht (Ausnahme: …). Eine EUROVENT-Zertifizierung sage nichts über die tatsächliche Qualität eines Produktes aus. Auch „schlechte“ Qualität werde zertifiziert, sofern die Eingangsparameter der Prüfung entsprechend festgelegt seien. Dies verstehe sich als reine Feststellung ohne Bezug zu dem hier ausgeschriebenen Produkt, das sicherlich qualitativ in Ordnung sei. Am Ende stehe EUROVENT nur für „zuverlässige, korrekte und genaue Herstellerangaben“. Diese Voraussetzung erfülle D… allein schon durch ein zertifiziertes Qualitätsmanagementsystem … Da es sich um eine öffentliche Ausschreibung handle, sei mindestens zweifelhaft, dass eine derart einschränkende technische Spezifikation zulässig sei und als Ausschlusskriterium dienen solle. Bei jeder Bezugnahme auf ein bestimmtes Produkt oder spezielle Anforderungen sei immer nach dem Grundsatz „oder gleichwertig“ zu prüfen und zu bewerten. Die technische Gleichwertigkeit sei hinreichend und nachvollziehbar nachgewiesen.

Auch mit Schreiben vom … 2010 half die Auftraggeberin den Beanstandungen nicht ab.

Daraufhin hat die Antragstellerin mit Schreiben vom … 2010 bei der Vergabekammer des Landes Brandenburg einen Nachprüfungsantrag gestellt, den sie mit Schriftsatz vom … 2010 begründet hat. Die angebotene Klimaanlage der Antragstellerin sei derjenigen der Mitbieterin … GmbH gleichwertig. Die technischen Parameter der EUROVENT-Zertifizierung zur Erfassung der technischen Leistung seien für den konkreten Gerätetyp kein geeigneter Nachweis. Nicht zutreffend sei ferner der Hinweis der Auftraggeberin, der Nachweis der Gleichwertigkeit habe bereits mit der Angebotsabgabe erfolgen müssen. Damit setze sich die Auftraggeberin dem Vorwurf eines widersprüchlichen Verhaltens aus. Wenn sie der Antragstellerin Gelegenheit gegeben habe, fehlende Daten und Unterlagen nachzureichen, habe sie nach einer Erfüllung der Auflage in ihrem weiteren Absageschreiben vom … 2010 nicht den Einwand der Verspätung im Sinne von § 21 VOB/A erheben. Der Antragstellerin sei daher der Nachweis der gleichwertigen Leistung im Sinne des § 9 VOB/A verwehrt worden. Ob Gleichwertigkeit vorliege, habe der Bieter gegebenenfalls darzulegen und nachzuweisen. Im vorliegenden Fall sei Gleichwertigkeit dargelegt worden. Um einen zusätzlichen Nachweis sei die Antragstellerin bemüht.

Die Antragstellerin beantragt,

die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens.

Die Auftraggeberin beantragt,

den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zurückzuweisen.

Der Nachprüfungsantrag sei gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 3 GWB unzulässig. Die Antragstellerin erkläre mit ihrem Schreiben vom … 2010, dass nach ihrer Auffassung die „EUROVENT-Zertifizierung (…) kein geeignetes Kriterium für die Gleichwertigkeit der Produkte“ sei. Mit Schreiben ihres Verfahrensvertreters vom ... 2010 … habe die Antragstellerin diesen Vortrag wiederholt. Dieser Vortrag sei verspätet. Er habe spätestens mit Ende der Angebotsfrist erfolgen müssen. Darüber hinaus fehle es der Antragstellerin an der Antragsbefugnis gemäß § 107 Abs. 2 GWB. Ihr Angebot müsse ausgeschlossen werden mit der Folge, dass sie durch den begründeten Ausschluss von der Wertung nicht betroffen und daher insoweit nicht in ihren Rechten verletzt sei. Der Nachweis der Gleichwertigkeit sei bei Angebotsabgabe nicht erbracht worden. Er sei in Form einer EUROVENT-Zertifizierung ausweislich der Leistungsbeschreibung mit Angebotsabgabe vorzulegen gewesen. Des Weiteren habe die Antragstellerin die in den Verdingungsunterlagen – dort: Ziffer 3.2 Buchstabe c) der „Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes“ – abgefragten Angaben nicht vorgelegt. Auch dies stelle einen zwingenden Ausschlussgrund dar. Der Nachprüfungsantrag habe auch in der Sache keinen Erfolg. Die EUROVENT-Zertifizierung sei ein geeigneter Gleichwertigkeitsnachweis. Selbst wenn man der Vergabestelle verwehren würde, für den Gleichwertigkeitsnachweis eine Zertifizierung zu verlangen, hätte die Antragstellerin bei Angebotsabgabe zumindest entsprechende Gleichwertigkeitsnachweise vorlegen müssen. Dies sei nicht geschehen. Die erstmals unter dem … 2010 nachgereichten Unterlagen der Firma D… hätten lediglich die Qualität einer Eigenerklärung. Die Herstellerfirma habe in ihrer Aufstellung Daten vorgetragen, die seitens der Vergabestelle nicht überprüfbar seien. Insbesondere lasse diese Aufstellung jegliche Nachweise durch unabhängige Dritte vermissen. Selbst wenn man die Angaben der Herstellerfirma heranziehe, ergebe sich hieraus zwanglos, dass das angebotene Produkt der Antragstellerin in den entscheidenden Leistungsdaten gerade nicht den Vorgaben der Leistungsbeschreibung entspreche und somit die Gleichwertigkeit zu verneinen sei.

Mit weiterem Schriftsatz vom … 2010 hat die Antragstellerin im Einzelnen zum Vortrag der Auftraggeberin Stellung genommen und eine Ausfertigung des Gutachtens eines von der … öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für Lüftungs-, Klima- und Kältetechnik zur Akte gereicht. Zusammenfassend habe der Sachverständige unter Nr. 4 seines Gutachtens festgestellt, dass in der Mehrzahl der Hauptmerkmale eine technische Gleichwertigkeit gegeben sei. Lediglich beim Schallpegel weise das Alternativfabrikat teilweise schlechtere Werte auf. Hinsichtlich der wirtschaftlichen Betriebsweise, insbesondere der Stromaufnahme der Ventilatoren und der Wärmerückgewinnung, würden sich bei dem Alternativfabrikat Vorteile gegenüber dem ausgeschriebenen Produkt ergeben. Eine weitere Abweichung bestehe darin, dass das Alternativfabrikat nicht nach EUROVENT zertifiziert sei. Dies stelle nach Auffassung des Sachverständigen jedoch keinen wesentlichen Nachteil dar, da bei der EUROVENT-Zertifizierung lediglich wenige Geräte stichprobenartig geprüft würden, sodass auch bei zertifizierten Fabrikaten durchaus Abweichungen entstehen könnten. Zusätzlich werde darauf hingewiesen, dass eine Vielzahl von renommierten Händlern nicht über eine EUROVENT-Zertifizierung verfüge.

Mit weiterem Schriftsatz vom ... 2010 hat die Antragstellerin ihren Vortrag vertieft.

Durch Verfügung der stellvertretenden Vorsitzenden der Kammer vom ... 2010 wurde die Entscheidungsfrist nach § 113 Abs. 1 GWB bis zum ... 2010 verlängert.

Auf die Vergabeakten, soweit sie der Vergabekammer vorgelegen haben, sowie die eingereichten Schriftsätze der Beteiligten wird ergänzend Bezug genommen.

II.

Der Nachprüfungsantrag ist teilweise zulässig, aber offensichtlich unbegründet.

Die angerufene Vergabekammer ist für die Entscheidung über den Nachprüfungsantrag zuständig. Der ausgeschriebene Bauauftrag ist dem Land Brandenburg zuzurechnen, § 104 Abs. 1 GWB.

Die … GmbH ist als öffentlicher Auftraggeber im Sinne von § 98 Nr. 2 GWB zu qualifizieren. Sie ist als GmbH juristische Person des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurde, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen. Gegenstand des Unternehmens ist die Erhaltung und Modernisierung des Wohnungsbestandes und seine den Grundsätzen der Stadtentwicklung entsprechende ständige bedarfsgerechte Erweiterung durch eine kontinuierliche Investitionstätigkeit sowie ein darauf abgestimmtes Betreiben von Immobilien – im Rahmen der kommunalen Aufgaben. Die Auftraggeberin wird auch von einer Stelle, die unter § 98 Nr. 1 GWB fällt, überwiegend finanziert bzw. beherrscht. Alleinige Gesellschafterin ist die …stadt …

Bei der ausgeschriebenen Leistung handelt es sich um einen Bauauftrag im Sinne des § 99 Abs. 3 GWB. Der Gesamtauftragswert für den Neubau der Sportmehrzweckhalle liegt über 4.845.000,00 EUR gemäß §§ 100 Abs. 1, 127 Nr. 1 GWB i.V.m. Artikel 2 EG-VO Nr. 1177/2009 vom 30. November 2009. Werden Bauaufträge – wie vorliegend – losweise ausgeschrieben, so gilt gemäß § 2 Nr. 7 VgV ein Schwellenwert in Höhe von 1 Mio. EUR oder bei Losen unterhalb von 1 Mio. EUR deren addierter Wert ab 20 % des Gesamtwertes aller Lose. Das ausgeschriebene Los 12 erreicht nicht 1 Mio. EUR. Gleichwohl ist hier der Anwendungsbereich des 4. Teils des GWB eröffnet. Die Auftraggeberin hat das streitbefangene Los nämlich im Offenen Verfahren europaweit ausgeschrieben und als zuständige Stelle für Nachprüfungsverfahren die Vergabekammer des Landes Brandenburg angegeben. Dadurch hat sie den rechtlichen Rahmen für die Nachprüfung festgelegt. Die Wirkung dieser Festlegung besteht in einer Selbstbindung der Verwaltung dahingehend, dass die Auftraggeberin das Los nicht dem 20 %-Kontingent nach § 2 Nr. 7 VgV zuordnet, für das das Nachprüfungsverfahren nicht eröffnet wäre (vgl. BayObLG, Beschluss vom 1. Oktober 2001 – Verg 6/01).

Die Antragstellerin ist antragsbefugt. Ihr Interesse am Auftrag hat sie durch die Abgabe eines Angebotes dokumentiert. Sie trägt auch die Möglichkeit einer Rechtsverletzung sowie eines ihr deshalb drohenden Schadens vor, indem die Auftraggeberin ihr Angebot mangels Gleichwertigkeit nicht für den Zuschlag vorgesehen habe.

Ohne Bedeutung für die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrages ist die Antwort auf die Frage, ob das Angebot der Antragstellerin wegen angeblichem Widerspruch zu den Anforderungen des Leistungsverzeichnisses zwingend auszuschließen ist. Diese Frage muss bei der Prüfung der Begründetheit des Nachprüfungsantrages beantwortet werden. Es würde dem Vergaberechtsschutz zuwider laufen, wenn in der Zulässigkeitsprüfung die Begründetheit vorweggenommen und dem Bieter der Zugang zum Verfahren mit der fehlenden Begründetheit seines Rechtsschutzbegehrens verweigert würde.

Die Antragstellerin ist mit einem Teil ihrer Rügen nach § 107 Abs. 3 GWB präkludiert. Sie hat die ihr mit Schreiben der Auftraggeberin vom … 2010 nach § 101 a GWB mitgeteilte beabsichtigte Vergabeentscheidung am … 2010 und damit unverzüglich gerügt. Auch die Antragsfrist nach § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GWB hat sie eingehalten.

Soweit die Antragstellerin erstmalig mit ihrer E-Mail vom … 2010 – unter Bezugnahme auf die Stellungnahme der D… GmbH – die Zulässigkeit der Vorgabe einer EUROVENT-Zertifizierung beanstandet, ist sie mit ihrem Rügevortrag präkludiert.

Nach § 107 Abs. 3 Nr. 3 GWB sind Nachprüfungsanträge dann unzulässig, wenn sie sich auf Verstöße beziehen, die bereits aus den Vergabeunterlagen erkennbar waren und nicht bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung genannten Frist zur Angebotsabgabe oder zur Bewerbung gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden.

Erkennbar sind solche Vergaberechtsverstöße dann, wenn sich ihre Vergaberechtswidrigkeit bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt bereits aus den Vergabeunterlagen erschließt (vgl. BGH, Beschluss vom 26. September 2006 – X ZB 14/06). Das ist vorliegend der Fall.

Unmissverständlich und mit einer die Ausschließlichkeit betonenden Diktion hatte die Auftraggeberin bereits in dem an die Antragstellerin versandten Leistungsverzeichnis, Positionen 01.01.1, 01.01.3, 01.01.4, 01.01.5 und 01.01.7 bzw. durch entsprechenden Verweis in Position 01.01.2, zum Ausdruck gebracht, dass – auch hinsichtlich gleichwertiger Fabrikate/Typen – die technischen Leistungsparameter durch eine für den konkreten Gerätetyp durchgeführte EUROVENT-Zertifizierung nachzuweisen waren.

Diese beanstandete Vorgabe hätte bis zum Abschluss der Angebotsfrist am … 2010 gerügt werden müssen. Die insoweit mit E-Mail der Antragstellerin vom … 2010 erhobene Rüge war somit verspätet.

Eine schlüssige Rügeerklärung i.S.d. § 107 Abs. 3 GWB liegt auch nicht in der Abgabe des Angebotes mit verändertem Inhalt, d.h. ohne die geforderten Nachweise der EUROVENT-Zertifizierung. An eine solche Rüge sind zwar im formalen Sinne keine hohen Anforderungen zu stellen. Dennoch muss zu erkennen sein, dass der Bieter ein bestimmtes Verhalten der Vergabestelle mit dem Ziel der Fehlerkorrektur konkret als vergaberechtswidrig angreifen will. Allein in der Abgabe des vom Ausschreibungsinhalt anweichenden Angebotes durch die Antragstellerin liegt jedoch keine durch schlüssiges Verhalten erhobene Rüge (vgl. hierzu OLG Dresden, Beschluss vom 11. September 2006 – WVerg 13/06).

Der Nachprüfungsantrag ist offensichtlich unbegründet.

Die Zurückweisung eines Nachprüfungsantrages gemäß § 112 Abs. 1 Satz 3 GWB ohne mündliche Verhandlung als „offensichtlich unbegründet“ sollte die Ausnahme bleiben, die nur dann aus prozessökonomischen Gründen statthaft ist, wenn eine Verhandlung von vornherein unnötig und für das Ergebnis irrelevant erscheint (Maier, NZBau 2004, 667 [669]), etwa wenn nach Durchsicht der Vergabeakten kein Zweifel mehr daran bestehen kann, dass es die von der Antragstellerin behaupteten Vergaberechtsverstöße tatsächlich nicht gibt.

So liegt der Fall hier.

Das von der Antragstellerin abgegebene Angebot war zwingend von der Wertung auszuschließen, weil es nicht den in den Verdingungsunterlagen festgelegten Mindestbedingungen entspricht.

Angebote, die die in den Verdingungsunterlagen aufgestellten Mindestanforderungen von vornherein nicht einhalten, sind auszuschließen (OLG Brandenburg, Beschluss vom 5. Januar 2006 – Verg W 12/05).

Es kann insoweit dahinstehen, ob das Abweichen zwischen angebotener und der in den Verdingungsunterlagen beschriebenen Leistung dogmatisch als Fall der unzulässigen Änderung an den Verdingungsunterlagen nach § 21 Nr. 1 Abs. 3 VOB/A einzuordnen ist, welcher zum zwingenden Ausschluss nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b) VOB/A führt, oder ob ein nicht ausdrücklich in der Verdingungsordnung enthaltener zwingender Ausschlussgrund wegen der sich nicht deckenden und damit nicht zu einem Vertrag führenden Willenserklärungen vorliegt. Die Rechtsfolge des zwingenden Ausschlusses ist in jedem Fall gegeben (vgl. OLG München, Beschluss vom 28. Juli 2008 – Verg 10/08).

Die EUROVENT-Zertifizierung stellt eine Mindestbedingung dar,die der konkret angebotene Gerätetyp – L… oder gleichwertig – zu erfüllen hat. Ihr Bedeutungsgehalt ist nach Maßgabe des objektiven Empfängerhorizontes aus dem Blickwinkel eines verständigen und mit der ausgeschriebenen Leistung vertrauten Durchschnittsanbieters zu bestimmen (§§ 133, 157 BGB). Die getroffene Regelung eröffnet für die Anforderung einer EUROVENT-Zertifizierung nach objektiver Auslegung keinen Spielraum für alternative bzw. abweichende Lösungen. Die Auftraggeberin hatte dies zunächst dadurch manifestiert, dass sie den Hinweis auf die geforderte Zertifizierung zwingend ausgestaltet hatte. Deshalb heißt es in den Positionen 01.01.1, 01.01.3, 01.01.4, 01.01.5 und 01.01.7 bzw. durch entsprechenden Verweis in Position 01.01.2: „Die technischen Leistungsparameter sind durch eine für den konkreten Gerätetyp durchgeführte EUROVENT Zertifizierung nachzuweisen.“ Dies hatte die Auftraggeberin noch einmal dadurch verdeutlicht, dass sie diese Verpflichtung separat im Anschluss an die Auflistung der festgelegten technischen Leistungsparameter und losgelöst von der Benennung des jeweiligen Fabrikats/Typ und der Angabe „oder gleichwertig“ schriftlich fixiert hatte.

An diese Vorgabe war die Antragstellerin aus Gründen der Transparenz des Vergabeverfahrens (§ 97 Abs. 1 GWB) und der Gleichbehandlung der Bieter (§ 97 Abs. 2 GWB) gebunden. Die Antragstellerin hat diesen Anforderungen nicht genügt; ihr Angebot war im Rahmen der Wertung nicht weiter zu berücksichtigen.

Keine Rolle spielt, dass die Auftraggeberin von der Antragstellerin zunächst mit E-Mail vom ... 2010 die Gerätedaten bzw. mit E-Mail vom ... 2010 die Gerätekarten zu den D…-Geräten abforderte. Ist der öffentliche Auftraggeber aus rechtlichen Gründen zum Angebotsausschluss verpflichtet, kann ein schützenswertes Vertrauen des betreffenden Bieters, sein Angebot werde von der Wertung nicht ausgeschlossen, nicht entstehen. Im Falle der Nichteinhaltung von Mindestbedingungen ist ein zwingender Ausschluss bereits aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz heraus geboten. Dieser gebietet es, nur solche Angebote zu werten, die bei Angebotsabgabe den Mindestbedingungen der Ausschreibung entsprechen und keine wesentlichen Abweichungen enthalten.Der Auftraggeber ist folglich nicht gehindert, auch noch in einem späteren Verfahrensstadium auf den zwingenden Ausschlussgrund zurückzugreifen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14. Juli 2003 – Verg 11/03).

Daher kann im Ergebnis offen bleiben, ob das Angebot der Antragstellerin möglicherweise weitere in den Verdingungsunterlagen festgelegte Mindestbedingungen nicht erfüllt hat, die angebotenen Produkte der Firma D… GmbH im Sinne von § 9 Nr. 10 VOB/A gleichwertig zu den L…-Fabrikaten sind und, ob das Angebot der Antragstellerin darüber hinaus wegen Nichtvorlage der in Ziffer 3.2 Buchstabe c) der Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes abgefragten Angaben ebenfalls zwingend von der Wertung auszuschließen wäre.

Gemäß § 112 Abs. 1 Satz 3 GWB konnte die Vergabekammer aufgrund der Unzulässigkeit bzw. offensichtlichen Unbegründetheit des Nachprüfungsantrages ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein Beteiligter die Kosten zu tragen, soweit er im Verfahren unterliegt.

Die Vergabekammer hält die Festsetzung der Mindestgebühr von 2.500,00 EUR gemäß § 128 Abs. 2 Satz 1 GWB bei Abwägung des Aufwandes einerseits und der wirtschaftlichen Bedeutung des dem Vergabeverfahren zugrunde liegenden Auftrages für die Antragstellerin andererseits für angemessen, zumal keine Beiladung erfolgt ist und eine mündliche Verhandlung nicht stattgefunden hat.

IV.

Gegen die Entscheidung der Vergabekammer ist die sofortige Beschwerde zulässig. Sie ist schriftlich innerhalb einer Frist von zwei Wochen, die mit der Zustellung der Entscheidung beginnt, beim Brandenburgischen Oberlandesgericht, Gertrud-Piter-Platz 11, 14770 Brandenburg, einzulegen.

Die sofortige Beschwerde ist zugleich mit ihrer Einlegung zu begründen. Die Beschwerdebegründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Entscheidung der Vergabekammer angefochten und eine abweichende Entscheidung beantragt wird, und die Tatsachen und Beweismittel angeben, auf die sich die Beschwerde stützt.

Die Beschwerdeschrift muss durch einen Rechtsanwalt unterschrieben sein. Dies gilt nicht für Beschwerden von juristischen Personen des öffentlichen Rechts (§ 117 Abs. 3 GWB).

Mit der Einlegung der Beschwerde sind die anderen Beteiligten des Verfahrens vor der Vergabekammer vom Beschwerdeführer durch Übermittlung einer Ausfertigung der Beschwerdeschrift zu unterrichten (§ 117 Abs. 4 GWB).

Die sofortige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung gegenüber der Entscheidung der Vergabekammer. Die aufschiebende Wirkung entfällt zwei Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist. Hat die Vergabekammer den Antrag auf Nachprüfung abgelehnt, so kann das Beschwerdegericht auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung bis zur Entscheidung über die Beschwerde verlängern (§ 118 Abs. 1 GWB).

Gemäß § 6 Abs. 1 der Geschäftsordnung der Vergabekammern des Landes Brandenburg vom 26. Mai 2009, Amtsblatt für Brandenburg S. 1225, ist die Unterzeichnung des Beschlusses durch den ehrenamtlichen Beisitzer nicht erforderlich.