Gericht | OLG Brandenburg 5. Senat für Familiensachen | Entscheidungsdatum | 20.06.2013 | |
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Aktenzeichen | 3 WF 68/13 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Als Ablehnungsgründe kommen alle Fälle unsachlichen, auf Voreingenommenheit oder Willkür hindeutenden Verhaltens des Richters im laufenden Verfahren in Frage, so etwa die Kundgabe einer negativen Einstellung gegenüber einer Partei durch unsachliche Äußerungen in der mündlichen Verhandlung. Hierher gehört auch die Verletzung richterlichen Verhandlungsstils durch Kundgabe negativer Stimmungen, wie etwa Gereiztheit, Ungeduld oder Unmutsäußerungen.
1. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 13.05.2013 wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.
2. Der Beschwerdewert wird auf 30.768,00 € festgesetzt.
I.
Der Antragsgegner wendet sich mit der vorliegenden sofortigen Beschwerde gegen einen Beschluss des Amtsgerichts, mit dem dieses ein Ablehnungsgesuch gegen den für das Verfahren zwischen den Beteiligten zuständigen Amtsrichter für unbegründet erklärt hat.
Die Antragstellerin begehrt im vorliegenden Verfahren von dem Antragsgegner, ihrem von ihr getrennt lebenden Ehemann, Unterhalt für die gemeinsamen Kinder A… und J….
Mit Verfügung vom 22.02.2013 beraumte der zuständige Richter am Amtsgericht einen Termin zur mündlichen Verhandlung für den 26.03.2013 an. Auf Antrag des Antragsgegners verlegte der Amtsrichter mit Verfügung vom 05.03.2013 den Termin wegen des Osterurlaubes des Antragsgegners mit den Kindern der Beteiligten auf den 11.04.2013. Ein am 13.03.2013 beim Amtsgericht eingegangener Schriftsatz der Antragstellerin wurde dem Antragsgegnervertreter aufgrund gerichtlicher Verfügung vom 27.03.2013 am 02.04.2013 zugestellt.
In einem weiteren Verfahren zwischen den Beteiligten, in dem die hiesige Antragstellerin Trennungsunterhalt vom Antragsgegner begehrt (10 F 564/12), beantragte der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 04.02.2013, den im dortigen Verfahren im Wege der einstweiligen Anordnung ergangenen Beschluss abzuändern und die Vollstreckung auszusetzen. Über den Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung entschied der Amtsrichter nach Gewährung rechtlichen Gehörs am 01.03.2013.
In einem weiteren Verfahren der Beteiligten vor dem abgelehnten Richter (10 F 490/12) fand am 15.01.2013 eine mündliche Verhandlung statt, während derer der hiesige Antragsgegner den Richter wegen Befangenheit abgelehnt hat. Der sofortigen Beschwerde des Antragsgegners gegen die das Befangenheitsgesuch zurückweisende Entscheidung des Amtsgerichts hat der Senat mit Beschluss vom 17.05.2013 zurückgewiesen.
In einem weiteren Verfahren zwischen den Beteiligten (10 F 129/13) erfolgte die Zustellung eines Antrages der Antragsstellerin an den Antragsgegner nicht an die im Antrag angegebene Anschrift des Antragsgegners am Sitz seiner Praxis, sondern an die nach Auffassung des Antragsgegners für eine wirksame Zustellung ungeeignete Wohnanschrift.
Der Antragsgegner hat den zur Entscheidung befugten Richter am Amtsgericht … aufgrund der oben geschilderten Abläufe mit Schriftsatz vom 09.04.2013 wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Dessen Verhalten erwecke, jedenfalls in der Gesamtschau, Zweifel an der Unvoreingenommenheit des Richters ihm gegenüber.
Der abgelehnte Richter hat sich am 10.04.2013 dienstlich geäußert. Wegen des Inhalts der dienstlichen Stellungnahme wird auf Blatt 255 bis 257 der Akte Bezug genommen.
Durch Beschluss vom 13.05.2013, auf den hinsichtlich der Einzelheiten der Begründung Bezug genommen wird, hat das Amtsgericht das Ablehnungsgesuch zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragsgegners vom 31.05.2013, der das Amtsgericht mit Beschluss vom 05.06.2013 nicht abgeholfen hat.
II.
Die gemäß §§ 6 FamFG, 46 ZPO statthafte, fristgerecht eingelegte und auch ansonsten zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Das Amtsgericht hat zu Recht das Ablehnungsgesuch für unbegründet erklärt.
Die Besorgnis der Befangenheit eines Richters ist anzunehmen, wenn Umstände vorliegen, die berechtigte Zweifel an seiner Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit aufkommen lassen. Geeignet, Misstrauen gegen eine unparteiliche Amtsausübung des Richters zu rechtfertigen, sind nur objektive Gründe, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber (Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 42 Rn 9 m.w.N.).
Da ein Richter zu einer objektiven und neutralen Amtsführung verpflichtet ist, kommen als Ablehnungsgründe auch Verstöße gegen die gebotene Objektivität, Neutralität und Distanz in Betracht. Diese verlangt strenge Sachlichkeit und Wahrung des gleichen „Abstands“ zu den Parteien. Damit kommen als Ablehnungsgründe auch alle Fälle unsachlichen, auf Voreingenommenheit oder Willkür hindeutenden Verhaltens des Richters im laufenden Verfahren in Frage, so etwa die Kundgabe einer negativen Einstellung gegenüber einer Partei durch unsachliche Äußerungen in der mündlichen Verhandlung. Hierher gehört auch die Verletzung richterlichen Verhandlungsstils durch Kundgabe negativer Stimmungen, wie etwa Gereiztheit, Ungeduld oder Unmutsäußerungen (Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 42, Rn. 20, 22, 23.
Verfahrensverstöße können dann eine Befangenheit begründen, wenn das prozessuale Vorgehen eines Richters einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage entbehrt und sich so sehr von dem normalerweise geübten Verfahren entfernt, dass sich für die dadurch betroffene Partei der Eindruck einer sachwidrigen, auf Voreingenommenheit beruhenden Benachteiligung aufdrängt (Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 42, Rn. 24). Gleiches gilt für inhaltlich fehlerhafte Entscheidungen, die nur dann eine Ablehnung wegen Befangenheit rechtfertigen können, wenn Gründe dargetan werden, die dafür sprechen, dass die Fehlerhaftigkeit auf Voreingenommenheit des Richters gegenüber der ablehnenden Partei oder Willkür beruht (Zöller, a.a.O., § 42, Rn. 28).
Dies zugrunde gelegt hat das Amtsgericht mit zutreffenden Erwägungen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen werden kann, das Ablehnungsgesuch für unbegründet erklärt.
Soweit die Ablehnung auf die Äußerung des abgelehnten Richters in der mündlichen Verhandlung am 15.01.2013 in dem Verfahren 10 F 490/12 gestützt wird, wird darüber hinaus auf die im dortigen Verfahren ergangene, den Parteien bekannte Entscheidung des Senates vom 17.05.2013 (3 WF 29/13), die denselben Ablehnungsgrund betrifft, Bezug genommen.
Vorliegend lassen sich auch keine Verfahrensfehler feststellen.
Der abgelehnte Richter hat über den Antrag des Antragsgegners im Verfahren 10 F 564/12, der mit vollständigen Anlagen am 07.02.2013 eingegangen ist, nach Gewährung rechtlichen Gehörs, am 01.03.2013 entschieden. Dies entspricht dem üblichen Ablauf, ist in keiner Weise zu beanstanden und lässt keine Rückschlüsse auf eine Voreingenommenheit des Richters gegenüber dem Antragsgegner zu.
Dass im hiesigen Verfahren der Schriftsatz vom 13.03.2013 erst aufgrund einer richterlichen Verfügung vom 27.03.2013 übersandt wurde, ist ebenfalls nicht geeignet, Zweifel an der Voreingenommenheit des Richters dem Antragsgegner gegenüber zu begründen. Dass der Schriftsatz etwas verzögert übermittelt wurde, sagt nichts über die Einstellung des Richters zum Antragsgegner aus. Gleiches gilt für die Terminierung auf den 26.03.2013. Es ist nicht erkennbar, worin sich in diesem Vorgehen eine negative Einstellung gegenüber dem Antragsgegner zeigen soll. Es kann nicht erwartet werden, dass dem Richter bei der Terminierung der Urlaub des Antragsgegners erinnerlich war. Darüber hinaus hat der abgelehnte Richter sofort nach Bekanntwerden der Verhinderung kurzfristig einen neuen Termin bestimmt.
Dass im Verfahren 10 F 129/13 die Zustellung an die Wohnanschrift erfolgte und der Richter daraufhin wegen Abwesenheit des Antragsgegners bzw. dessen Vertreters ein Versäumnisurteil und einen Ordnungsgeldbeschluss erlassen hat, begründet ebenfalls keine Zweifel an der Unvoreingenommenheit des abgelehnten Richters. Warum die Geschäftsstelle im dortigen Verfahren eine Zustellung an die – jedenfalls existierende – Wohnanschrift des Antragsgegners veranlasste, ist nicht bekannt, hat aber jedenfalls auf die Einstellung des Richters zum Antragsgegner keinen Einfluss. Dass der abgelehnte Richter die Zustellung für wirksam hielt und ein Versäumnisurteil und einen Ordnungsgeldbeschluss erlassen hat, ist seiner Rechtsauffassung geschuldet und sagt ebenfalls nichts über seine Einstellung gegenüber dem Antragsgegner aus. Auf eine – vermeintlich – fehlerhafte Sachentscheidung kann ein Befangenheitsgesuch wie dargelegt grundsätzlich nicht gestützt werden (Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 42 Rn. 28).
Insgesamt lässt das Verhalten des abgelehnten Richters, weder jeweils für sich genommen noch in der Gesamtschau, Zweifel an seiner Neutralität gegenüber dem Antragsgegner erkennen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.
Der Festsetzung des Beschwerdewertes folgt aus §§ 40, 42 FamGKG. Der Gegenstandswert für Ablehnungsgesuche entspricht nach hier vertretener Auffassung dem Wert des zugrundeliegenden Rechtsstreits (vergl. Brandenburgisches Oberlandesgericht, NJW-RR 2000, 1091; zum Streitstand siehe Zöller/Herget, ZPO, a.a.O., § 3, Rn 16, Stichwort „Ablehnung eines Richters“).