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Entscheidung 3 UF 81/14


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 5. Senat für Familiensachen Entscheidungsdatum 03.11.2014
Aktenzeichen 3 UF 81/14 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Beschwerden des Insolvenzverwalters und der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Lübben vom 4. Juni 2014 werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen dem Insolvenzverwalter und der Antragstellerin je zur Hälfte zur Last.

Der Beschwerdewert wird auf 1.000 € festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über den Versorgungsausgleich.

Auf den am 20.5.1999 zugestellten Antrag hat das Amtsgericht durch Urteil vom 21.9.2001 die am 3.4.1981 geschlossene Ehe der im Jahr 1947 geborenen Antragstellerin (im Folgenden: Ehefrau) und des ebenfalls 1947 geborenen Antragsgegners (im Folgenden: Ehemann) rechtskräftig geschieden, nachdem es zuvor in der mündlichen Verhandlung vom gleichen Tag mit Zustimmung beider Ehegatten die Folgesache betreffend den Versorgungsausgleich vom Scheidungsverbund abgetrennt hatte. Mit Beschluss vom 7.6.2002 wurde das Versorgungsausgleichsverfahren vom Amtsgericht gemäß § 2 VAÜG ausgesetzt. Durch weiteren Beschluss vom 8.4.2005 ist diese Verfahrensaussetzung aufrechterhalten worden.

Mit Beschluss des Amtsgerichts Cottbus vom 3.11.2011 – 63 IN 299/11 – ist über das Vermögen des Ehemannes das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt R… aus C… zum Insolvenzverwalter ernannt worden.

Nach Wiederaufnahme des Versorgungsausgleichsverfahrens Anfang des Jahres 2012 und Einholung neuer Auskünfte hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 4.6.2014 den Versorgungsausgleich gemäß Art. 111 Abs. 3 und 4 FGG-RG, § 48 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VersAusglG unter Anwendung des seit dem 1. September 2009 geltenden Verfahrensrechts und materiellen Rechts durchgeführt. Es hat die während der Ehezeit vom 1.4.1981 bis 30.4.1999 (§ 3 VersAusglG) von beiden geschiedenen Ehegatten erworbenen Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung durch interne Teilung gemäß § 10 VersAusglG ausgeglichen (Ziffer 1. bis 3. des Beschlusstenors). Daneben hat das Amtsgericht die bei der weiteren Beteiligte zu 4. in Form einer Kapitalleistung gemäß einer Versorgungszusage für Beratungsstellenleiter vom 23.12.1996 erworbenen Anrechte des Ehemannes aus einer betrieblichen Altersversorgung in den Versorgungsausgleich einbezogen. Die weitere Beteiligte zu 4. hat die Höhe des betrieblichen Erlebensfallkapitals mit rund 47.688 € und den Ehezeitanteil dieses Alterskapitals mit 18.226,41 € berechnet. Als Ausgleichswert unter Berücksichtigung von Kosten wurde für die ausgleichsberechtigte geschiedene Ehefrau ein Betrag in Höhe von 8.999,29 € vorgeschlagen. Das Amtsgericht hat auch diese betrieblichen Anrechte des Ehemannes intern geteilt und zugunsten der Ehefrau den vom Versorgungsträger vorgeschlagenen Betrag in Höhe von 8.999,29 €, bezogen auf den 30.4.1999, nach Maßgabe der Teilungsregeln für den Versorgungsausgleich vom 30.7.2010 der … Lohnsteuerhilfe e.V. zugunsten der Antragstellerin übertragen (Ziffer 4. des Beschlusstenors).

Gegen die Entscheidung des Amtsgerichts betreffend die Anrechte des Ehemannes aus einer betrieblichen Altersversorgung bei der weiteren Beteiligten zu 4. richten sich die Beschwerden des Insolvenzverwalters und der Ehefrau. Der Insolvenzverwalter vertritt vor allem die Auffassung, das vorhandene Abfindungskapital unterliege dem Insolvenzbeschlag und sei an die Insolvenzmasse auszukehren. Folglich habe es nicht in den Versorgungsausgleich einbezogen werden dürfen. Die Ehefrau trägt insbesondere vor, sie habe rein vorsorglich Beschwerde eingelegt mit dem Ziel, bei Verlust der Anrechte bei der … Lohnsteuerhilfe e. V. in Höhe von 8.999,29 € aufgrund eines wirksamen Verfügungsrechts des Insolvenzverwalters eine entsprechende Kürzung der von ihrem Versicherungskonto zugunsten des Ehemannes zu übertragenden Anwartschaften in der allgemeinen Rentenversicherung (Ost) zu erreichen. Sie gehe allerdings nicht von einem wirksamen Verfügungsrecht des Insolvenzverwalters aus. Nach der Entscheidung des Amtsgerichts sei zulasten ihres Anrechts in der allgemeinen Rentenversicherung (Ost) zugunsten des Ehemannes ein Anrecht in Höhe von 7,0533 Entgeltpunkten (Ost) zu übertragen, was einem Kapitalwert von 31.482,44 € entspreche. Hiervon sei der in Rede stehende Betrag von 8.999,29 € in Abzug zu bringen, so dass nur ein diesem verbleibenden Kapitalwert von 22.483,15 € entsprechendes, in Entgeltpunkte (Ost) umzurechnendes Anrecht zugunsten des Ehemannes auszugleichen sei.

Von der zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens Ende 2011 vorhandenen Kapitalleistung gemäß Versorgungszusage der weiteren Beteiligten zu 4. in Höhe von rund 47.688 € ist von dem Insolvenzverwalter anschließend ein Kapitalbetrag von 38.414,54 € gepfändet worden. Die Auszahlung dieser Summe sollte in drei Raten erfolgen, und zwar jeweils zum 28.2.2013, 28.2.2014 und 28.2.2015. Im Zeitpunkt dieser Beschlussfassung wurden bereits zwei Raten, mithin ein Gesamtbetrag von 25.609,69 €, an den Insolvenzverwalter zur Auszahlung gebracht. Die letzte Rate in Höhe von 12.804,85 € soll nach den Angaben der weiteren Beteiligten zu 4. in der Beschwerdeinstanz am 28.2.2015 an den Insolvenzverwalter ausgezahlt werden. Nach der Gesamtauszahlung sei - so das Vorbringen der weiteren Beteiligte zu 4. - noch ein Restkapital in Höhe von 9.273,60 € vorhanden. Dieser Betrag solle für den vom Amtsgericht zugunsten der Ehefrau unter Ziffer 4. des Beschlusstenors angeordneten Versorgungsausgleich in Höhe von 8.999,29 € zuzüglich Teilungskosten eingesetzt werden.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstands sowie wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Beschwerden des Insolvenzverwalters und der Ehefrau, über die der Senat nach Gewährung des rechtlichen Gehörs gemäß § 68 Abs. 3 FamFG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, führen nicht zum Erfolg.

1.

Die Beschwerde des Insolvenzverwalters erweist sich als unzulässig.

Der Insolvenzverwalter ist weder im Ehescheidungsverfahren noch in dem Verfahren, das den Versorgungsausgleich betrifft, Beteiligter im Sinne von §§ 219, 7 FamFG (vgl. hierzu auch Raab, jurisPR-InsR 11/2012, Anmerkung 5). Als Nichtbeteiligtem fehlt es ihm jedoch an der erforderlichen Beschwerdeberechtigung im Sinne von § 59 Abs. 1 FamFG.

Aber selbst bei einer unterstellten Beschwerdebefugnis wäre das Rechtsmittel des Insolvenzverwalters jedenfalls in der Sache unbegründet. Er kann sich insbesondere nicht mit Erfolg auf § 91 InsO berufen. Nach dieser Bestimmung können nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens keine Drittrechte an den Gegenständen der Insolvenzmasse mehr entstehen. Um einen solchen Fall geht es vorliegend jedoch nicht.

Auch wenn die Anrechte des Ehemannes aus einer betrieblichen Altersversorgung bei der … Lohnsteuerhilfe e. V. (ausschließlich) auf eine Kapitalzahlung gerichtet sind, fallen sie unabhängig von dieser Leistungsform in den Versorgungsausgleich (vgl. hierzu BGH, FamRZ 2014, 1613).

Im Hinblick auf das Erlebensfallkapital steht der Zweck der Alterssicherung eindeutig fest. Der Ehemann hat aus seiner beruflichen Tätigkeit als Beratungsstellenleiter für die … Lohnsteuerhilfe e. V. keine weiteren Versorgungsleistungen (monatliche Rentenleistungen) erworben, und ihm wurde auch kein Umwandlungsrecht in eine monatliche Rentenzahlung eingeräumt. Vor diesem Hintergrund bestehen schon im Ansatz Bedenken, ob hier die betriebliche Kapitalleistung nach §§ 35, 36 InsO überhaupt (ganz oder teilweise) zur Insolvenzmasse gehört und deshalb mit einem Beschlagrecht der Gläubiger des Ehemannes bzw. des Insolvenzverwalters belegt werden kann.

Zudem wird im Streitfall der Schutzzweck des § 91 InsO - der im Wesentlichen vor einem den Zwecken der Gläubiger des Ehemannes zuwiderlaufenden Erwerb von Vermögensgegenständen des Schuldners schützen soll - nicht tangiert. Der Versorgungsausgleich beruht auf dem Gedanken der hälftigen Teilhabe des einen Ehegatten an der in der Ehezeit erworbenen Versorgung des anderen Ehegatten. Vorliegend endete die Ehezeit bereits am 30.4.1999 und damit über 12 Jahre vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens Ende des Jahres 2011. Mit Inkrafttreten des neuen Versorgungsausgleichsrechts zum 1.9.2009, und damit ebenfalls lange vor der Insolvenzeröffnung, ist der Anspruch der Ehefrau auf Teilhabe an der betrieblichen Altersversorgung des Ehemannes und auf einen Ausgleich des von ihm in der Ehezeit vom 1.4.1981 bis 30.4.1999 erworbenen Erlebensfallkapitals, der entsprechend den Vorgaben des Versorgungsträgers durch eine interne Teilung gemäß § 10 VersAusglG erfolgen soll, entstanden. Der richterliche Gestaltungsakt, der eine solche Übertragung der Anrechte des Ehemannes aus seiner betrieblichen Altersversorgung anordnet, stellt bloß noch die Umsetzung und den Vollzug dar. In der vom Amtsgericht angeordneten Übertragung des vorgeschlagenen Ausgleichswerts in Höhe von 8.999,29 € ist deshalb kein Erwerb im Sinne von § 91 InsO zu sehen. Mit Blick auf die von der … Lohnsteuerhilfe e. V. mit Schriftsatz vom 13.8.2014 mitgeteilten Höhe des noch insgesamt vorhandenen betrieblichen Erlebensfallkapitals sowie des von ihr für den Versorgungsausgleich vorgesehenen Teilbetrages der Kapitalleistung unterliegt jedenfalls der für die geschuldete Übertragung auf die Ehefrau vorgesehene Betrag von 8.999,29 € nebst Teilungskosten nicht dem Insolvenzbeschlag und ist nicht an die Insolvenzmasse auszukehren.

2.

Die Beschwerde der Ehefrau ist ebenfalls nicht zulässig. Ihr fehlt die hierfür erforderliche Beschwerdebefugnis bzw. das Rechtsschutzbedürfnis.

Nach § 59 Abs. 1 FamFG steht die Beschwerde demjenigen zu, der durch einen Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt wird. Auch für Ehegatten gilt im Versorgungsausgleichsverfahren für ihre Beschwerdeberechtigung das Erfordernis eines unmittelbaren Eingriffs in ein bestehendes subjektives Recht (vgl. hierzu z. B. OLG Köln, FamRZ 2014, 1642 m.w.N.). Insoweit reicht es für eine Rechtsbeeinträchtigung im Sinne von § 59 Abs. 1 FamFG allerdings aus, dass der Beschwerdeführer geltend macht, durch die Regelung des Versorgungsausgleichs werde in einer dem Gesetz nicht entsprechenden Weise in seine Rechtsstellung eingegriffen (vgl. hierzu BGH, FamRZ 2005, 1240).

Vorliegend fehlt es bereits an der Darlegung einer solchen unmittelbaren Beeinträchtigung und materiellen Beschwer durch die Ehefrau. Sie wird durch die bezüglich des streitgegenständlichen Anrechts zu ihren Gunsten ergangene Entscheidung des Amtsgerichts nicht belastet. Die Ehefrau macht auch selbst keine Rechtsbeeinträchtigung durch den angefochtenen Beschluss geltend. Vielmehr hält sie die Anordnung der internen Teilung und Übertragung von 8.999,29 € in Ziffer 4. des Beschlusstenors des Amtsgerichts in der Sache für zutreffend und verteidigt diese in erster Linie gegenüber den mit der Beschwerde vorgebrachten Angriffen des Insolvenzverwalters. Mangels Rechtsbeeinträchtigung ist für die Ehefrau danach kein Rechtsmittel gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 4.6.2014 eröffnet.

Im Übrigen könnte die Ehefrau aber auch in der Sache mit ihrem Rechtsmittel nicht durchdringen. Es fehlt an einer Grundlage für die von ihr „vorsorglich“ beantragte Ausgleichsform. Zudem ist eine interne Teilung des von dem Ehemann in der Ehezeit erworbenen betrieblichen Erlebensfallkapitals, wie ausgeführt, möglich und hat auch stattzufinden.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 84 FamFG, 40, 50 Abs. 1 Satz 2 FamGKG.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen. Die in diesem Beschluss behandelten Fragen haben grundsätzliche Bedeutung und sind nach Kenntnis des Senats höchstrichterlich noch nicht geklärt (§ 70 Abs. 2 Satz 1 Ziffer 2 FamFG).